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[Vorworte]

Heimatliebe ist eine natürliche Empfindung des unverdorbenen Gemütes. Sie wächst und gedeiht wie die Blume der Heide auch ohne Zutun und Nachhilfe des Menschen.

Wenn aber der Dampfpflug seine Furchen durch die Heide zieht, dann müssen ihre Blumen und Gräser verschwinden, um Kulturpflanzen Platz zu machen. So verkümmert auch die Heimatliebe da, wo ihr der Nährboden, wo ihr die natürliche Voraussetzung ihres Daseins von der modernen Kultur entzogen wird.

Nun ist aber ihre Erhaltung und Pflege eine der vornehmsten Aufgaben der Volkserziehung. Denn in der Heimat wurzelt unsere Volkskraft. Die Heimat gleicht der Mutter: sie trägt, nährt, bildet und formt ihre Kinder an Leib und Seele; sie verleiht ihnen eigenartiges Gepräge, so daß sie in ihrer Art sich gebärden, in ihrer Art denken und reden, schaffen und wirken. Und selbst auf den Gebieten des freien Schaffens – der Kunst –, die sich in den Dienst der ganzen Menschheit stellt, verleugnet das Meisterwerk heimatliche Art und Ursprung am wenigsten; denn echte Kunst ist universell und doch bodenständig.

In der Heimat wurzelt auch die Vaterlandsliebe. Hier sind die starken Wurzeln ihrer Kraft. Ohne die lebensvolle Grundlage der Heimatliebe bliebe die Vaterlandsliebe ein toter, kalter Schulbegriff, ein blutloser Schemen ohne Triebkraft zur Tat.

Die Kultur der Gegenwart hat einen stark ausgeprägten internationalen Zug. Hochmütig blickt sie herab auf völkische und heimatliche Eigenart. Unter ihrem nivellierenden Einfluß ist die Volkstracht bereits so gut wie verschwunden, die heimatliche Mundart im Aussterben; die naive, zum Herzen sprechende Volkskunst findet eine Heimstätte kaum noch in den abgelegensten Dörfern, so daß sie sich mit den Resten ihrer Schöpfungen in die städtischen Museen flüchten muß.

In der Loslösung des Volksempfindens von der Heimat liegt eine Gefahr für unser Volksleben. Aber es ist ein erfreuliches Zeichen der Zeit, daß sie erkannt ist, und daß sich allerorten Kräfte regen zum Schutz und zur Pflege eines gesunden Heimatsinnes.

In den Dienst dieser Aufgabe will sich auch unser Buch stellen. Es will ein Heimatbuch sein für die Kinder der Nordmark, des meerumschlungenen Schleswig-Holsteins mit Einschluß der geographisch und kulturell zu ihr gehörenden Städte Hamburg und Lübeck. Es will sie hinausbegleiten aus der Schule ins Leben, will ihr Auge schärfen und ihr Herz erwärmen für heimatliche Eigenart, wie sie zur Erscheinung kommt in Natur- und Menschenwerken, wie sie sich widerspiegelt in eigenartigen Landschaftsbildern, in Denkmälern der Heimatgeschichte und Heimatliteratur.

Dieses Ziel ist von den Herausgebern der »Nordmark« nicht erstrebt worden durch Darbietung eines schulbuchmäßig bearbeiteten Stoffes aus geographischen, geschichtlichen und literarischen Wissensgebieten, nicht durch eine schematische Aufmachung und Vollständigkeit – auf Vollständigkeit mußte bei der großen Fülle des Stoffes von vornherein verzichtet werden – sondern dadurch, daß die heimischen Schriftsteller und Dichter der Vergangenheit und der Gegenwart selber zu Worte kommen.

Bei der Auslese ihrer Darstellungen mußten sich zwei Gesichtspunkte als maßgebend in den Vordergrund drängen: einmal das Moment des Typischen und zum andern das der Lesbarkeit. Wir mußten uns bei der Auswahl daher auf solche Stoffe beschränken, die die Eigenart der Heimat nach irgendeiner Seite hin zur Erscheinung bringen, und die gleichzeitig mit den Eigenschaften ausgestattet sind, die das Interesse unserer gereiften Jugend zu fesseln vermögen und ihnen die Freude eines veredelnden Genießens gewährleisten. Beiden Aufgaben will auch der von Künstlerhand geschaffene, den Text nicht so sehr illustrierende als ihn vielmehr ergänzende Bilderschmuck des Buches gerecht werden.

So möge denn das Heimatbuch unsere Jugend aus der Schule ins Haus und auf ihrem ferneren Lebensweg begleiten und sich als ein rechtes Gedenkbuch erweisen, das in stillen Stunden die Fäden spinnt, aus denen im Verein mit gleichartigen Bestrebungen ein festes Band gewoben wird zwischen der Nordmark und ihren Kindern. Mit diesem Wunsche verbinden wir den innigen Dank an alle Verfasser und Verleger, die unser Unternehmen bereitwilligst unterstützt haben.

Altona, im August 1910.
Die Herausgeber.

Vorwort zur 3. Auflage.

Die 3. Auflage der »Nordmark«, die bisher in unserer Heimat und darüber hinaus eine freundliche Aufnahme gefunden hat, erscheint zu einer Zeit, da unser hart geprüftes deutsches Vaterland, aus tausend Wunden blutend, geschlagen und tief gedemütigt am Boden liegt. Das Elend unseres Volkes ermutigt nicht zu literarischen Unternehmungen, und man möchte wohl meinen, daß jetzt, wo so vieles zertrümmert und vernichtet ist, sei auch unsere »Nordmark« überflüssig geworden.

Wir sind anderer Ansicht. Überall an unsern Grenzen steht der lauernde Feind in Bereitschaft, Glieder vom Leibe des Deutschen Reiches abzureißen. Auch unserm meerumschlungenen Lande droht die Gefahr gewaltsamer Zerstückelung. Schleswig-Holstein bedarf des Heimatschutzes, bedarf der starken Liebe seiner Kinder, um solche Schmach von sich und unserm deutschen Vaterlande abzuwenden. Und in den Dienst dieser Liebe stellt sich aufs neue unsere »Nordmark« in der frohen Hoffnung, daß das aus Schutt und Trümmern sich emporringende neue Deutschland stark genug werde, jetzt und in Zukunft seine nördlichen Grenzgebiete vor Vergewaltigung zu schützen, auf daß Schleswig-Holstein bleibe »up ewig ungedeelt«.

Altona, im Februar 1919.
Die Herausgeber.


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