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Schleswig-Holstein vor 300 Jahren.

Von H. Biernatzki.

Die Halbinsel, auf der unser Vaterland liegt, erstreckt sich 12 Tagereisen nach Norden, in der Breite 6 Tagereisen, nämlich zwischen den beiden Inseln Büsum und Fehmarn. Die Gegend ist eben, waldig und fruchtbar, der Boden an einigen Stellen flach und wasserreich, zugleich ungemein ergiebig; die Einwohner nennen ihn dann Marsch oder Märisch, weil er dem Meere abgewonnen ist; das trockne und minder fruchtbare Land nennen sie Geest, so viel wie güst oder unfruchtbar. Berge sind selten; auf zwei der höhern liegen das Segeberger und das Plöner Schloß. An einigen Orten sind Kalkgruben und Salzquellen; die Bewohner des Nordseestrandes kochen aus Meereswasser Salz. Roggen, Gerste, Weizen, Hafer, Hirse und viele Hülsenfrüchte bringt das Land in solchen Mengen hervor, daß man wie aus einer Speisekammer eine Menge davon ausführen kann. Die Viehweidung ist sehr bedeutend, und die Einwohner verdienen sich viel dadurch, daß sie das Vieh in andere Länder ausführen und verkaufen. Aber das Land ist auch waldig und holzreich, und kein Wunder ist es, daß es Adlige gibt, die bloß aus der Waldmast von Schweinen jährlich 4000 Taler machen, denn die Mast eines Schweines kostet in Holstein einen Taler, in Schleswig einen halben. Die meisten Waldungen gehören dem Landesherrn, und einige derselben reichen fast zur Mast von 20 000 Schweinen hin; so fanden z. B. im Jahre 1590 in den Rendsburger Holzungen 14 000, in den Segeberger und den anstoßenden über 17 000, in denen des Stifts Bordesholm 10 000, in den Reinfelder 8000, in den Ahrensböker 4000, in den Reinfelder und Trittauer Holzungen 8000 Stück Schweine ausreichende Mast. Dazu kommt nun noch der große Ertrag aller schleswigschen und der den Adligen zustehenden Holzungen; bloß in einem Jahr, wenn Eicheln und Bucheln nur mittelmäßig gefallen sind, reicht die Waldmast in den zum Schloß Gottorf gehörigen Waldungen für 30 000 Stück. Außerdem gewähren noch die Grasung von Ochsen und Pferden, ferner die Schaf- und Ziegenherden bedeutenden Erwerb. Wassermühlen gibt es in Menge, teils um Getreide und andere Saatfrüchte zu mahlen, ferner Ölmühlen und Lohmühlen, teils bei Goldschlägereien, Eisen- und Kupferhämmern, außerdem noch Sägemühlen, Schleifmühlen, Papier- und Pulvermühlen. In den zahlreichen Waldungen sind eine Menge von wilden Tieren, weshalb die Jagd zur großen Belustigung der Fürsten und Ritter sehr eifrig betrieben wird. Es finden sich namentlich Hirsche, Rehe, Eber, Wölfe, Biber, Dachse, Ottern, ferner Kraniche, Schwäne, Krickenten, Haselhühner, Fasane u. a. m.

Obgleich die Gegend keineswegs Wein und Gewürze hervorbringt, so wird doch beides durch den Handel so reichlich herzugeführt, daß man es sich um einen mäßigen Preis kaufen kann. Auch sind hier mehrere schiffbare Flüsse, und es fehlt nicht an guten und sicheren Häfen an beiden Meeresufern, wie an der Ostsee zu Neustadt, Großenbrode, Heiligenhafen, Kiel, Eckernförde, Schleswig (dessen Hafen nur größtenteils von dänischen Königen in früheren Kriegen verstopft ist), Flensburg, Apenrade, Hadersleben. An der Westküste sind Häfen bei Hamburg, Itzehoe, Sankt Margareten, Brunsbüttel, Meldorf, Lunden, Tönning, Husum, Tondern, Ripen; auch bei Nordstrand ist eine Bucht, Bottergatt genannt (die Gegend vom heutigen Haramshafen bei den Reußen Kögen auf dem Festland), und bei der Insel Ockholm ist die Reede Bolhus. Außer den Flüssen hat das Land eine Menge fischreicher Seen, von denen es in Holstein, Wagrien und Dithmarschen allein 36 größere gibt, die kleineren nicht mitgerechnet; dazu kommen namentlich im Süden eine Menge von Fischteichen; das Kloster Ahrensbök hat allein 400, die Güter Schönweide und Ranzau 24. In allen diesen Gewässern und zumal aus der Ost- und Westsee wird fast das ganze Jahr hindurch eine solche Menge von Fischen gefangen, daß die durch den Kauf und Verkauf derselben gelöste Summe auf einige Tonnen Goldes geschätzt wird. Nicht bloß nach den benachbarten Landen sondern selbst nach den äußersten Gegenden Deutschlands, Frankreichs, Italiens und nach noch entfernteren Küsten wird diese Ware gebracht.

Die Einwohner in Holstein sprechen alle deutsch, insbesondere plattdeutsch. Von den Schleswigern sprechen die einen deutsch, die anderen Dänisch, noch andere friesisch, letzteres nämlich in Nord- oder Kleinfriesland. Obgleich alle die Völker dieses Landes sich anfangs vielleicht untereinander kaum verstehen: haben sie nur etwas untereinander gelebt, so gewöhnen sie sich sehr leicht an die gangbare Volkssprache jeder Gegend.

Die Fürsten unternehmen in wichtigen Dingen hier nichts ohne Einwilligung der Landstände. Die Adligen im Lande besitzen ihre Güter frei mit dem Recht zu jagen und zu fischen. Daß sie nicht mit neuen Auflagen beschwert werden, dafür ist in den Landesprevilegien vorgesehen. Diese müssen die Fürsten, bevor ihnen von den Untertanen der Huldigungseid geleistet wird, mit einem Eide bestätigen; denn die Stände haben auch die freie Befugnis, unter den Söhnen des Fürsten einen, wen sie wollen, zum Landesherrn zu wählen. Die Fürsten dürfen auch ohne Einwilligung der Stände keinen Krieg unternehmen. In Schleswig und Holstein gibt es jetzt 50 adlige Familien; von diesen besteht die der Rantzaus allein aus 118 männlichen Mitgliedern, welche 71 Schlösser besitzen; die der Ahlefeldts und Rumohrs, die ursprünglich ein Geschlecht sind, besteht aus 59 männlichen Mitgliedern mit 31 Gütern; die der Pogwischs und von der Wischs aus 28 mit 18, die der Buchwaldts aus 24 mit 11 Schlössern.

Bauern gibt es zweierlei. Die einen besitzen ihr Gut erblich und frei, die andern pachtweise und frondienstpflichtig. Ihre Streitigkeiten werden entweder nach dem geschriebenen Recht entschieden, oder sie verhandeln sie vor ihren eigenen Richtern in Gegenwart des Amtmanns und zweier Beisitzer. Nachdem dann die Streitenden aufgetreten und die Streitpunkte von beiden Seiten hinreichend dargelegt sind, so tritt das aus Bauern bestehende Gericht ab, um sich über die Sache zu beraten und das Urteil zu fällen. Wenn sie selbiges nach ihrem einfachen Rechtsbewußtsein herausgefunden haben, kehren sie in den Gerichtssaal zurück; und was ihnen dann in Gemäßheit anderer Fälle und ihres natürlichen Urteils für Recht erschienen ist, wird sogleich durch einen Gerichtsdiener den streitenden Parteien verkündigt. Wollen diese sich dabei nicht beruhigen, so können sie an die Räte des Fürsten oder an das Landgericht appellieren.

Das Herzogtum Holstein zerfällt in vier Teile: Stormarn, Wagrien, das eigentliche Holstein und Dithmarschen. Stormarn liegt zwischen Elbe, Bille, Trave, Schwale und Stör, ist ungemein freundlich und fruchtbar an allen Lebensbedürfnissen, nur nicht wegen des ungünstigen Klimas an Wein. Da ist nichts öde und unfruchtbar; wo kein Ackerbau ist, herrscht Viehzucht. Es sind hier 3 Städte: Hamburg, Itzehoe und Krempe; 3 Flecken, 25 landesherrliche und adlige Schlösser, 2 Klöster und 50 Kirchen. Krempe ist unter den Handelsstädten nicht die letzte, sie hat 440 Bürger (d. h. angesessene, stimmberechtigte Bürger, also gewiß über 2000 Einwohner); es sind dort 2 Weinhändler, 2 andere, die fremde Biere verkaufen; ferner 19 Schiffe, von denen die größern nach der Elbe, die kleinern nach Kellinghusen fahren. Eines der Schiffe, das nach Lissabon und Venedig geht, hält 90 Last; außerdem befrachten die Einwohner noch sehr oft Hamburger Schiffe. Itzehoe hat jährlich 2 sehr wichtige Märkte, an denen dort jedesmal gegen 3000 Pferde und ebensoviele Ochsen zu Kauf kommen. Es sind dort fast 40 Bierbrauer, 1 Apotheke, 10 Schenken, in denen Wein und fremde Biere verkauft werden; auch hat die Stadt 22 größere und kleinere Schiffe, die für den Handel der Bürger nach der Elbe und Nordsee dienen. – Die alte slawische Provinz Wagrien enthält die fruchtbarsten Äcker und Viehweiden, die Städte und Flecken Oldesloe, Segeberg, Oldenburg, Neustadt, Plön, Eutin, Preetz, Großenbrode, Heiligenhafen, 54 landesherrliche, bischöfliche und adlige Schlösser und 80 Kirchen, außerdem die Klöster zu Preetz und Plön und die 4 Stifter und Abteien zu Segeberg, Reinfeld, Cismar und Ahrensbök. Oldesloe hat 60 Bierbrauer, 4 Schenken, in denen Wein und fremde Biere verkauft werden, im ganzen 250 Bürger. In Segeberg nähren sich die Einwohner teils von Ackerbau und bürgerlichen Gewerben, besonders Tuchfabrikation, teils von den zahlreichen Kalkgruben. Die stark mit Geschütz befestigte Burg liegt auf dem Gipfel des steilen Kalkberges; sie ist so hoch, daß man von derselben die Türme Hamburgs, Lübecks und Lüneburgs erblickt. Es gibt Leute, die glauben, daß dieser merkwürdige Berg von dem Teufel aus dem dichtanstoßenden See erhoben und dorthin gesetzt sei, woher die Bauern sich auch gegenseitig mit den Worten zu schimpfen pflegen: »Daß dich der tue plagen, der den Segeberg hat getragen.« Oldenburg war ehemals durch Größe und Handel berühmt; die Stadt hatte eine weitläufige Burg auf einem aufgeworfenen Hügel, ein ausgezeichnetes Gebäude, dessen stolze und herrliche Ruinen noch vorhanden sind; sie hatte auch einen sehr sichern Hafen, den jetzt der Strom durch fortwährende Versandung ganz vom Meere ausgeschlossen hat, weshalb die Stadt nunmehr mitten im Lande liegt. In Neustadt nähren sich die Einwohner nicht so sehr von Schiffahrt wie von Ackerbau. Bei Heiligenhafen ist eine Überfahrt nach Laaland, über welche Ochsen, Pferde und Getreide nach den hiesigen Küsten aus Dänemark eingeführt werden; die Einwohner leben von Ackerbau und Seehandel; sie haben auch 18 größere und kleinere Schiffe; auch sind hier 7 Windmühlen. Das Reinfelder Kloster hat außerordentliche Holzungen; bloß aus dem Holzverkauf daselbst zog der Herzog Johann der Jüngere in einem Jahr 5000 Taler. Derselbe Fürst hat zu Ahrensbök ein glänzendes Schloß mit den schönsten Sälen erbaut. Das alte und einträgliche Gut Rantzau hat 1590 der Statthalter Heinrich Rantzau von seinem Vetter Hans gekauft für 59 000 Taler, was freilich allzu teuer ist; es ist mit unglaublichem Aufwands neu aufgebaut und von Albert Lomaier in Versen beschrieben. Das Rantzausche Gut Arfrade hat teils sumpfigen teils salpeterhaltigen Boden; es ist dort auch eine Salpetergrube, ferner ein auf norwegische Weise bloß von Tannen erbautes Wohnhaus. – Das eigentliche Holstein wird von Dithmarschen durch den Kudensee und die Wolbersau getrennt. Es ist wegen seines Waldreichtums sehr ergiebig für Viehzucht und Waldmast; um Rendsburg ist der Boden sandig, aber jetzt durch den Fleiß der Landleute doch schon sehr angebaut und selbst mit Wiesen versehen worden. Holstein hat 4 Städte: Kiel, Rendsburg, Wilster und Neumünster, 35 landesherrliche und adlige Schlösser, 60 Kirchen und ein Stift, nämlich Bordesholm. Kiel ist ausgezeichnet durch seinen bequemen Hafen, beträchtliche Fischerei, den besuchten Umschlag und als Sitz des Appellationsgerichts für die Städte. Die Einwohner treiben auch Handel und haben 20 Schiffe, die in ferne Länder segeln. Der Umschlag war früher in Lübeck und wurde vom Grafen Johann dem Milden mit Einstimmung seines Stiefbruders, Königs Christoph des Zweiten, hierher verlegt, wodurch diese Stadt sich in wenigen Jahren außerordentlich gehoben hat. Rendsburg ist ein sehr stark befestigter Ort, den die Eider umgibt und durchfließt. Mit Hilfe eines Rades wird das Wasser in derselben emporgehoben und selbst in die Häuser geleitet. Das Schloß hat 3 Türme; es ist von Herzog Johann dem Älteren 1578 sehr verschönert. Im Westen der Stadt ist ein sehr guter Hafen. Rendsburg hat 70 Schiffe, 206 Häuser, worunter 25 Bierbrauereien; das Bier ist aber mäßig. Wilster ist eine sehr schöne, fast runde Stadt in einer fruchtbaren Marschgegend an der Wilsterau. Sie hat 340 Bürger, worunter 50 Brauer; auch sind hier außer einer Weinschenke 3 Häuser, in denen Hamburger Bier verkauft wird. Die Stadt hat 26 Schiffe. – Dithmarschen besteht halb aus Marsch, halb aus Geest; die Küste ist seicht, und große Schiffe können dort nicht landen. Diejenigen Einwohner, die sich von ihrem Grundstück nicht nähren können, werden Soldaten oder Seefahrer. Das Land hat eine Menge Wasser- und Windmühlen, die im Eigentum der Besitzer stehen. Im ganzen hat es 3 Städte: Meldorf, Heide und Lunden, 2 adlige Güter: Hattstedt und Friedrichshof, und 21 Kirchspiele.

Das Herzogtum Schleswig hat besonders 8 mit guten Häfen versehene Städte und Flecken, ferner 28 landesherrliche Burgen, über 100 adlige Schlösser und Herrenhäuser und über 400 Kirchen, von denen sehr viele mit Blei gedeckt sind; endlich noch 2 Klöster zu Lügum- und Ruhkloster. Die Stadt Schleswig wird bei den Friesen noch Hadebuy genannt; die ehemals sehr große und reiche Stadt hat jetzt ein im ganzen beklagenswertes Aussehen; denn wie den Menschen so sind auch den Königreichen, Staaten und Städten ihre Tage gezählt. Es sind dort etwa 400 Bürger, unter ihnen 10 Brauer. Nahe dabei liegt das Schloß Gottorf mit einem berühmten Zoll, bei dem bisweilen in einem Jahre 50 000 Ochsen nach Deutschland durchpassiert sind. Flensburg liegt am Meere mit einem vortrefflichen Hafen; es hat schön gebaute Häuser, 2 bedeutende Vorstädte und auf einem Hügel eine ansehnliche Burg. Die Stadt ist 2341 Schritt lang, und es wohnen darin 1134 Bürger; diese treiben fortwährend sehr bedeutenden Handel und haben etwa 200 Schiffe. Hadersleben zerfällt in Alt-Hadersleben und Brobye; es hat einen sehr sichern Hafen und 20 Schiffe; auch wohnen dort viele Adlige. Eine bedeutende Burg auf einem Hügel ließ Herzog Johann der Ältere abbrechen und hat jetzt auf einer Halbinsel das herrliche Schloß Hansburg erbaut. Husum ist die wichtigste Nebenbuhlerin von Flensburg; der Ort ist ungemein lebhaft; Handel und Gewerbe blühen außerordentlich. Der Hafen ist in der Handelswelt berühmt; es werden hierher aus Holland, Zeeland, England, Schottland und anderen Ländern die verschiedenartigsten Waren gebracht und von hier nach Flensburg versandt, so daß sie auf diese Weise von der Westsee in die Ostsee geschafft werden. Die Einwohner sind sehr gebildet und schätzen Gelehrte hoch; gewöhnlich lassen sie ihre Söhne studieren. Tondern hatte ehemals einen Hafen; aber jetzt ist es durch Deiche bewirkt worden, daß die Schiffe nur eine Meile vor der Stadt anlegen können; im Herbst und Frühjahr bloß können Jachten und Schuten bis zu der stark befestigten Burg nahe bei der Stadt kommen. Schwabstedt ist ein schön gelegenes Schloß und ein Flecken, zum Bistum Schleswig gehörig; es sind hier im Osten und Westen nur Waldungen voll von Hirschen, Rehen, Ebern und Hasen, so daß hier die beste Jagd in beiden Herzogtümern ist. Herzog Adolf von Gottorf erlegte hier 1579 an einem Tage 80 Hirsche. Noch jetzt kommen sie oft dem Wanderer in großer Zahl entgegen und lassen sich selbst durch Drohungen nicht verscheuchen.

Außer den genannten Orten gehören zu Schleswig und zu Holstein noch eine Menge von Inseln und Halbinseln, teils an der Westseite teils an der Ostseite gelegen. Büsum ist eine Insel bei Dithmarschen, jetzt mit Deichen umgeben, mit 3 Dörfern, Büsum, Husen und Warren; die Einwohner leben vom Ackerbau und Fischfang, auch vom Handel, da hier ein ziemlich tiefer Ankerplatz für größere Schiffe ist. Stapelholm ist eine Halbinsel, die einen außerordentlichen Überfluß von Hochwild hat. Kleinfriesland oder Nordfriesland umfaßt die Gegend von der Eider bis Tondern; es ist größtenteils Marsch. Dazu gehört Eiderstedt mit den Städten Tönning und Garding und 17 Kirchspielen; dies Land ist ganz mit Häusern besät, so daß man es für eine Stadt halten kann. Die Weiden sind vortrefflich, und es herrscht hier ein Reichtum an Rindvieh von solcher Größe, wie es sonst im ganzen Norden nicht gefunden wird, selbst in Holland nicht, was alle, die dort gewesen sind, sagen. Die Eiderstedter sprechen mit Fremden deutsch, unter sich aber eine ganz besondere Sprache, die niemand sonst versteht. Ferner gehören zu Nordfriesland die Inseln Nordstrand, Ockholm, Amrum, Föhr, Sylt und Jordsand. Nordstrand ist 2 Meilen lang und enthält 36 350 Demat nebst 3200 Demat Außendeichsland, ferner 22 Kirchspiele und 10 sehr gute Reeden. In der Mitte ist ein höher gelegener Landstrich, Moor genannt (jetzt Nordstrandischmoor). Gerhard Rantzau besitzt auf dieser Insel das adlige Gut Morsum. Die Einwohner sind gegen Fremde außerordentlich gastfrei; sonst sind ihnen die Untugenden unserer Zeit keineswegs fremd. Amrum ist besonders von Fischern bewohnt. Die Einwohner rühmen es, daß es dort gar keine Mäuse gäbe. Föhr hat einen großen Gewinst durch das viele Strandgut, das dort beständig antreibt. Sylt enthält 4 Kirchspiele und einen sehr schönen Herrenhof Heinrich Rantzaus, den man fast unter die adligen Güter zählen kann. – Auf der Ostseite Schleswigs liegen Fehmarn, Angeln, Schwansen, Alsen u. a. m. Fehmarn ist ausnehmend angebaut; es hat 4 Kirchen und 5000 Einwohner, welche auch etwas Handel treiben und 50 Schiffe besitzen. Der Roggen und vorzüglich der Weizen gedeiht hier so vortrefflich, daß er wegen seiner Schwere nach Frankreich, Spanien und Italien ausgeführt und dort sehr teuer verkauft wird. Angeln enthält den Flecken Kappeln, 4 Harden, 24 landesherrliche und adlige Schlösser und 38 Kirchspiele. Alsen hat außer der Stadt und dem Schlosse Sonderburg 5 Schlösser, die dem Herzoge Johann dem Jüngeren gehören, ferner noch 5 adlige Güter, 3 Harden und 13 Kirchspiele, die ganz außerordentlich bevölkert sind. Die Insel ist reich an vorzüglichem Getreide, an Fischen, an Rindvieh und edlen Pferden; voll von waldigen Hügeln hat sie eine sehr gute Jagd, und in einigen Holzungen finden 5300 Schweine ihre Mast. Auch die Insel Ärrö (die bekanntlich jetzt auch nicht einen Baum mehr hat) ist mit Wäldern förmlich bedeckt und hat daher vorzügliche Jagd, besonders von Damwild, das sich dort in Menge und von seltener Größe findet. Die Insel Barsö bildet ein Kirchspiel, und die kleine Insel Aarö enthält 4 Dörfer.

Aus der ersten vaterländischen Landesbeschreibung von Heinrich Rantzau auf Breitenburg.


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