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52. Der zweite Tag des Ausflugs. Skálholt und die Hinrichtungsstätte Jón Arasons. Rückfahrt mit gehemmter Geschwindigkeit.

Nach einem kräftigen Frühstück ging am nächsten Morgen die fesselnde Reise weiter. Das erste Ziel dieses Tages war der uralte katholische Bischofssitz Skálholt, wo zu Anfang der Reformation Jón Arason, der letzte und einer der bedeutendsten Bischöfe Islands, um seines Glaubens willen enthauptet wurde. Skálholt ist jetzt ein bäuerliches Anwesen.

Die Fahrt an diesem zweiten Tag war so angenehm und so interessant wie am ersten, denn immer entdeckten wir neue landschaftliche Schönheiten.

Am Nachmittag kamen wir an einen Bauernhof, von wo aus wir den Weg nach Skálholt zu Pferd machen mußten. Das war eine nette Abwechslung.

Auf dem Hof Skálholt selbst war nichts Besonderes zu sehen. Das früher sehr ansehnliche, große Gut ist jetzt klein und unbedeutend geworden. Mit ausgezeichneter Gastfreundschaft wurden wir aber von der Hausmutter in Skálholt aufgenommen und bewirtet. Der Hauptbestandteil des Mittagessens, das aufgetragen wurde, waren wie fast überall vorzügliche, frische Forellen.

Alle Seen, Flüsse und kleinen Gewässer wimmeln hierzulande von Forellen und Lachsen.

Der Ort, wo der Bischof Jón Arason hingerichtet wurde, befindet sich einige Minuten vom Hofe entfernt. An der Stelle ist ein kleines Monument. Nicht Isländer ließen es errichten, sondern eine englische Dame. In den Stein sind folgende Worte eingehauen:

Jón Arason Biskup
lét hér lífið
fyrir trú sína og ættjörð
7. Nóvember 1550

Das heißt: Jón Arason, Bischof, gab hier sein Leben hin für seinen Glauben und sein Vaterland. 7. November 1550.

Ein Glanzpunkt dieses Ausflugs war der Gullfoß, der »Goldwasserfall«, einer der größten und schönsten isländischen Wasserfälle. Das Naturschauspiel übte besonders auf Viktor eine mächtige Wirkung aus, der so etwas jetzt zum ersten Mal sah.

Spät am Abend erst traten wir den Rückweg nach Reykjavik an. Jetzt stellte der Chauffeur auf höchste Schnelligkeit ein. Wir machten vielfach über 70 km die Stunde. Eigentlich war eine solche Schnelligkeit gegen die polizeilichen Bestimmungen. Da wir aber etwas verspätet waren, ließ es der Chauffeur darauf ankommen. Doch auf einmal wurde die allzu schnelle Fahrt verlangsamt, als ein anderes Auto in weiter Ferne von unserem Chauffeur entdeckt wurde.

»Es ist das Polizeiauto«, sagte er. »Es fährt auf allen Wegen herum und beobachtet die Schnelligkeit der Autos, die es antrifft. Die, welche zu schnell fahren, werden notiert, und später folgt ein Strafzettel.«

»Wie kann der Polizist die Schnelligkeit der Autos aus der Ferne feststellen?« fragte Viktor.

»Das kann er«, sagte der Chauffeur, »mit Hilfe eines Instrumentes, das er immer bei sich hat.«

Aus Vorsicht überschritt unser Wagenlenker die erlaubte Geschwindigkeit nicht mehr, und so kamen wir erst gegen 1 Uhr nachts wohlbehalten in Reykjavik wieder an.

Viktor wurde von der kleinen Reisegesellschaft gefragt, wie der Ausflug ihm gefallen habe. Er erwiderte:

»Je mehr ich in dem Lande herumkomme, desto mehr muß ich bekennen, daß Island ein fabelhaft schönes Land ist.«

Ich mußte lachen, weil ich den Satz so oder so schon etliche Male gehört hatte.

Als wir dem Minister Jónas am folgenden Tage für den herrlichen Ausflug unsern Dank abstatteten, freute er sich sehr, daß alles gut gegangen war und wir zwei genußreiche Tage gehabt hatten.


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