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42. Lunch im großen Zelt. Die königlichen Herrschaften unterhalten sich mit mir. Der König lädt mich zu einem Fest auf seinem Schiffe ein.

Beim Lunch, der um 1 Uhr stattfand, wurden die Gäste auf Kosten des kleinen isländischen Volkes auf die vornehmste Weise traktiert, und es herrschte vom Anfang bis zum Ende die heiterste Stimmung. Ich traf dort auch wieder mit den mir bekannten französischen Herren zusammen. Der Kommandant des Kriegsschiffes »Suffren« bat mich bei dieser Gelegenheit, nach den Festtagen noch einmal an Bord seines Schiffes zu kommen und seinen Matrosen einen Vortrag über Island zu halten. Gerne versprach ich der Einladung zu folgen.

Der französische Abgeordnete, der am Nachmittag bei der großen Lögbergversammlung in einer Rede die Grüße der französischen Regierung an das isländische Volk überbringen sollte, fragte mich, ob er seine Rede auf französisch oder vielleicht auf isländisch halten solle. Er lachte, verriet mir aber, daß er in beiden Sprachen reden werde.

»Die Rede«, sagte er, »werde ich auf französisch halten. Am Ende aber werde ich einen Satz, nur einen Satz, in Ihrer schönen isländischen Muttersprache sprechen.«

Ich beglückwünschte ihn zu seiner Kühnheit und versprach ihm, daß ich bei seiner Rede ein sehr aufmerksamer Zuhörer sein werde.

 

Nach dem Lunch ging man ins Freie. Vor dem großen Zelt war ein freier Platz. Dort hielten sich nun viele der fremden Herren auf und plauderten miteinander. Wie ich auch so dastand, kam plötzlich ein vornehm aussehender Herr auf mich zu und grüßte mich auf das liebenswürdigste. Ich erkannte ihn gleich: es war ein isländischer Herr namens Sveinbjörnsson, mit dem ich früher in Dänemark einige Male zusammen gewesen war. Seit vielen Jahren versah er das Amt eines Geheimsekretärs beim König von Dänemark.

Bevor ich ein Wort reden konnte, sagte er leise zu mir: »Gerade hinter uns, ganz in der Nähe, stehen Ihre Majestäten, der König und die Königin von Dänemark, sowie der Kronprinz von Schweden. Möchten Sie mit mir kommen, um sie zu begrüßen?«

Ich wurde natürlich nicht wenig betroffen und wollte sofort versuchen auszuweichen. Da war aber keine Ausflucht möglich.

»Der König und die Königin kennen Ihre Bücher. Sie warten auf Sie und werden sich sehr freuen, wenn Sie kommen. Ich bitte Sie, kommen Sie gleich mit.«

Da war also wirklich kein Entweichen möglich. Ich mußte so, wie ich war, mit ihm gehen.

Sobald ich bei den königlichen Personen war, reichte mir der König leutselig die Hand und sagte: »Es freut mich sehr, daß Sie gekommen sind.« Dann stellte er mich der Königin vor, die mich auf dieselbe gütige Weise begrüßte, und zuletzt dem Kronprinzen von Schweden, der mir ebenfalls freundlich lächelnd die Hand reichte.

So hatte ich also die gänzlich unerwartete Ehre, mit dem König Christian, dessen außerordentliche Liebenswürdigkeit und ungemein gewinnende Natürlichkeit bekannt ist, einige Minuten lang zu sprechen.

Diese große Auszeichnung verdanke ich allein meinen »Nonnibüchern«, die er durch Vermittlung seines Geheimsekretärs alle in die Hand bekommen hatte. Er dankte mir für meine Bücher und besonders dafür, daß ich Island weithin bekannt gemacht und auch Dänemark immer mit Liebe und Hochachtung genannt habe. Am Ende des Gesprächs sagte der König noch zu mir: »Nach der Tausendjahrfeier werde ich auf meinem Schiff, das einige weitere Tage auf der Reede von Reykjavik liegen wird, ein kleines Fest veranstalten. Bei dieser Gelegenheit erwarte ich Sie an Bord.«

Ich dankte dem König für diese neue große Ehre.

Auch die Königin und der Kronprinz von Schweden wechselten noch einige freundliche Worte mit mir. Dann verabschiedeten mich die hohen Herrschaften. Als der König mir die Hand reichte, schaute er mich lächelnd, aber auch fest an und sagte: »Vergessen Sie nicht mein Fest! Sie dürfen nicht ausbleiben.«


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