Karl Simrock
Der Rhein
Karl Simrock

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Köln

Auch Kölns nächste Umgebungen sind flach und wenig malerisch, obgleich jenseits die Höhen des Bergischen Landes sich bedeutend genug erheben, hinter ihm das Vorgebirge zu reizenden Ausflügen einlädt und sogar das Siebengebirge noch aus blauer Ferne lockt. Aber Köln bringt das Malerische selbst in seine Landschaft, denn auch jetzt noch, wo von seinen Klöstern, Kirchen und Kapellen – deren es so viele hatte, als das Jahr Tage zählt – mehr als die Hälfte verschwunden ist, bildet es mit seinen hundert Türmen, mit seinem gewaltigen Dom, mit unzähligen hochragenden Dächern und Giebeln eine imposante Masse, die fünf Meilen weit gesehen wird und, je näher man hinantritt, sich immer ehrwürdiger heraushebt, immer malerischer entfaltet. Wer ihm von Bonn aus zu Schiff genaht ist, wird den Eindruck nicht vergessen, den sein erster Anblick hervorbrachte, und auf seiner Schiffbrücke, in den Ufergärten von Deutz wird man sich nicht daran zu sättigen wissen. Betritt man die Stadt selbst und sieht die engen, oft krummen, aber nie einförmigen Straßen, die altfränkischen Häuser neben den modernen, die Baustile aller Zeiten und Geschmäcker auf das bunteste gemischt – die gezackten Giebel, die vorspringenden Stockwerke, die überhängenden Erker, die zierlichen Türmchen der Ritterburgen, die mächtigen städtischen Gebäude, die karolingischen, byzantinischen, alt- und neugotischen Kirchen neben Resten aus der Römerzeit –, so müßte man sich in Mannheim, Karlsruhe, Neuwied bis über die Ohren verliebt haben und gar nicht mehr wissen, was pittoresk ist, wenn man sich hier nicht im Mittelpunkt aller architektonisch-malerischen Schönheit fühlte und allen jüngeren oder verjüngteren Städten vor dieser ältesten und altertümlichsten den Preis gäbe, von der noch heute wie vor dreihundert Jahren der Spruch gilt:

Coellen ein Kroin
Boven allen Steden schoin.

Und in dieses »Alaaf Köln!« müssen wir auch einstimmen in bezug auf das romantische Element: denn seit zwei Jahrtausenden hat sich ein unerschöpflicher Schatz von Geschichte und Sage in Köln angehäuft, und sie schweben nicht lose und ungreifbar in der Luft; sie sind zu Stein geworden und sprechen uns in dauernden Urkunden an. Das wenigste ist hier zu berühren vergönnt, ich muß meine »Rheinsagen« zu Hilfe rufen und mich auf Nachträge zu dem dort Gelieferten beschränken.

 


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