Karl Simrock
Der Rhein
Karl Simrock

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Rupertsberg

Der erste merkwürdige Gegenstand, der uns unterhalb der Bingener Brücke begegnet, sind die wenigen Überreste von Kloster Rupertsberg, die man dicht bei dem neuen Zollhaus über dem Naheufer erblickt. Wir haben schon erwähnt, daß es die heilige Hildegard mit Hilfe der Grafen von Sponheim erbaut hat. Die von ihr erhaltene Legende des heiligen Rupert, dem zu Ehren es gegründet wurde, findet man in meinen ›Rheinsagen‹; sie steht aber mit aller Geschichte im schneidensten Widerspruch. Die Heilige selbst war eine geistreiche Frau und mehr als Schwärmerin, das bezeugen ihre Schriften sowie das Ansehen und der Einfluß, den sie bei den Mitlebenden genoß. Kaiser und Päpste, Fürsten, Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte empfahlen sich ihrem Gebet und suchten Rat und Beistand bei ihr. Bekannt ist, wie der heilige Bernhard sie besuchte und für den Kreuzzug, den er predigte, gewann. Ihre Gefühle und Prophezeiungen beurteile man aus dem Geist jener Zeit. Daß sich so viele ihrer Vorhersagen erfüllten, ist freilich kein Wunder, aber das innere Licht, auf das sie sich beruft, das Licht der Vernunft, leuchtete ihr heller als den meisten ihrer Zeitgenossen. Ein vollständiger Codex ihrer Schriften ist von Eubingen, das später ein Priorat von Rupertsberg wurde, nach Wiesbaden gekommen; aber Bernhards Geschenk, der Ring mit der Inschrift ›Ich leide gern‹, bleibt spurlos verschwunden.

 


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