Karl Simrock
Der Rhein
Karl Simrock

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Die übrigen Rheinfälle

Stolz auf die neugewonnenen Schätze, die ihn um mehr als das Doppelte bereichert haben, eilt nun der Rhein den vier Waldstädten zu, nicht jenen eidgenössischen, sondern den anderen im ehemals österreichischen Fricktal. Auch von diesen, Waldshut, Laufenburg, Säckingen und Rheinfelden, ist eine vom Wald genannt, wie dort der Schweizer Kanton Unterwalden, der in Ob dem Wald und Nid dem Wald zerfällt, deutlich auf Wald hinweist. Sonst bliebe wohl erst zu untersuchen, ob der Name beider vier Waldstädte nicht eher von Gewalt abzuleiten sei. Nach dem Wald, der den rheinischen Waldstädten den Namen gegeben haben soll, brauchen wir nicht lange zu fragen, da links das Juragebirge, rechts der Schwarzwald zur Hand sind. Daß das Juragebirge die noch zu besprechenden Rheinfälle verursacht, ist viel unbezweifelter als bei den schon besprochenen.

Am bedeutendsten und schönsten, obwohl dem schaffhausischen bei weitem nachstehend, ist unter den Rheinfällen der Kleine Laufen bei der zweiten Waldstadt Laufenburg. Er hindert die Talfahrt nicht ganz, indem die Schiffe ausgeladen und an Seilen hinabgelassen werden. Es wäre keineswegs unmöglich, eine sichere Strombahn durch das Felsenriff zu sprengen; aber den Laufenburgern geschähe damit so wenig ein Gefallen als den Schaffhausern, wenn man nach dem Vorschlag, der ganz im Ernst gemacht worden ist, den dortigen Stromsturz durch einen bequemen Handelskanal abgrübe und umginge. Man hat diesen Gedanken, der uns um eines der schönsten Naturschauspiele brächte, einen gottlosen genannt. Wer weiß indes, wie bald ihm in unserer industriösen Zeit die Ausführung bevorsteht. Und am Ende fragt es sich noch, ob nicht in einem frömmeren Weltalter, als dieses ist, die Lücke im Felsendamm des mittleren Rheinfalls von Menschenhänden gesprengt worden ist. Um den Großen Lauffen freilich wäre es schade; doch hier kann man es wohl dem Strom überlassen, sich selbst sein Bett zu ebnen. Er wird es früher vollbracht haben, als man gewöhnlich glaubt.

Der vierte Rheinfall, der Höllhaken, das Gewild oder Die Wölfe genannt, beginnt schon eine Stunde oberhalb Rheinfelden und hat eine, wiewohl sehr schmale Durchfahrt, bei der es aber der größten Behutsamkeit bedarf. In Säckingen pflegt man erfahrene Steuerleute aufzunehmen, um die Schiffe über diese gefährliche Stelle bis nach Rheinfelden zu steuern, wo der Fall unter der Brücke aufhört und der Strom sich beruhigt.

Säckingen, die dritte Waldstadt, würde uns veranlaßt haben, die Legende des heiligen Fridolin, der als ihr Stifter gelten kann, einzuflechten, wenn diese nicht in allen Reisebüchern erzählt würde. Mit dem Fridolin in Schillers »Gang nach dem Eisenhammer« hat er nichts gemein. Vermutlich verdankt aber der Kanton Glarus diesem Heiligen den Namen. Ihm wurde es nämlich zu Ehren des heiligen Hilarius, welchem Fridolin besondere Andacht gewidmet hatte, geschenkt. Wer die Kehllaute der schweizerischen Mundart kennt, wird den Übergang von Hilarius in Glarus begreiflich finden. Schwerer ist Säckingen selbst abzuleiten. Weder der Sack, den die Stadt im Wappen führt, noch die alten Sequaner, die freilich den meisten Anspruch haben, wollen dazu gefallen. Die reizende Lage des Ortes, auf einer Rheininsel, von anmutigen Höhen umgeben, macht die dritte, an sich schon barbarische Ableitung: weil sie gleichsam in einem Sack liege, gar zuschanden.

 


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