Karl Simrock
Der Rhein
Karl Simrock

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Taunusgegenden

Die Höhe

Der Name Taunus, der jetzt das gebirgige Land zwischen Rhein, Main, Lahn und der ebenen Wetterau bezeichnet, ist uns von den Römern überliefert. Welches germanische oder keltische Wort ihm zugrunde liegt, wagen wir uns nicht zu entscheiden; die Ableitung von Dun – Höhe – hat wenigstens für sich, daß der deutsche Name des Gebirges Die Höhe zu sein scheint. Denn nicht nur die höchsten Teile desselben, die beiden Feldberge und die ihnen zunächst liegende Strecke (von Eppstein bis zum Herzberg hinter Homburg) nennt das Volk, wie von Kriegk meint, Die Höhe, sondern auch im Rheingau hat sich diese Benennung in der Überhöhe erhalten, indem die einst zum Rheingau gehörigen Orte, welche jenseits des Gebirgskammes liegen, Über der Höhe heißen, wie im Maintal die diesseits des Gebirges gelegenen durch den Zusatz »an der Höhe« oder »vor der Höhe« von anderen gleichnamigen unterschieden werden. Heinrich oder Einrich (Heinrichii silva) wird nur der untere Teil des Gebirges von Rüdesheim bis zur Mündung der Lahn genannt. Der Taunus war ein Teil des großen Hercynischen Waldes (Hercynia silva, nicht Harzwald, sondern Hauptwald, allgemeiner Wald, Herchenwald nach H. Müller), welcher, das südliche und das nördliche Deutschland scheidend, unser Vaterland von Osten gegen Westen in der Mitte durchzog. Er reichte von den Karpaten bis an den Rhein, ja ursprünglich über diesen hinaus, ehe nämlich der Strom den Durchbruch bei Bingen vollbracht, das große Rheinische Schiefergebirge zwischen Rüdesheim und Koblenz in der Mitte gespalten und den Hunsrück vom Taunus abgerissen hatte. Bis dahin hatten die untere Mainebene und das breite Tal des mittleren Rheins von Speyer bis Bingen unter Wasser gestanden und einen großen See gebildet, dem erst jener Durchbruch einen Abfluß nach Norden verschaffte.

Von Homburg vor der Höhe bis Rüdesheim behält der Hauptstrang des Taunusgebirges seine Richtung von Osten nach Westen. Aber nur bis Wiesbaden schützt Die Höhe das Maintal vor den nördlichen Winden, denn weiterhin tritt der Rhein an die Stelle des Mains, dessen südlichen Lauf er, wie dem neuen Gefährten zu Gefallen, von Biebrich bis Bingen fortsetzt. Von Frankfurt bis Rüdesheim fließen also Main und Rhein an den südlichen Abhängen des Taunus hin, dessen sonnige Hügel, wie man glauben sollte, überall einen trefflichen Wein erzeugen müßten. Dies ist auch, wo der Rhein diese Hügel bespiegelt, der Fall, keineswegs aber über der Mainebene. Zwar gedeiht bei Hochheim, wo das Gebirge sich dem mündenden Fluß genähert hat, ein trinkbarer Wein; höher hinauf aber, wo Fluß und Gebirge weiter auseinander liegen, hat man die Reben, die nur ein saures Getränk lieferten, längst rausgeworfen und Obstbäume dafür gepflanzt, deren süße Früchte bis nach Holland versandt werden.

Hier soll uns nur der Maintaunus, von Homburg bis Wiesbaden, beschäftigen; die andere Hälfte des südlichen Gebirgsrandes von Wiesbaden bis Rüdesheim bildet den Gegenstand des folgenden Artikels. Von Wiesbaden aus werden wir die ihm benachbarten Taunusbäder, Schlangenbad auf der Höhe und Langenschwalbach auf der Überhöhe, besuchen.

 


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