Karl Simrock
Der Rhein
Karl Simrock

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Dom

Den Titel einer königlichen Kapelle führte einst auch die jetzige Domkirche. Sie hieß laut der Schenkungsurkunde der Rudtlint, worin ihrer, unter Ludwig dem Deutschen, zuerst gedacht wird, anfänglich S. Maria in moenibus, weil sie auf die älteste Stadtmauer gelehnt war. Maria und St. Karl (der Große) blieben auch ihre Schutzheiligen. Warum sie schon 880 nicht mehr Marien-, sondern Salvatorkirche heißt, wissen wir nicht. Man hat auf die Exorzisierung Karls des Dicken als die Ursache geraten. Mit dieser war es, nach den Berichten der Annalen, wie folgt zugegangen:

»Als Ludwig der Deutsche das Weihnachtsfest im Palast zu Frankfurt beging, wohin er eine Reichsversammlung ausgeschrieben hatte, kam der Teufel in Gestalt eines Engels des Lichts zu seinem Sohn Karl und sagte ihm: weil sein Vater zugunsten Karlmanns ihn verderben wolle, habe er Gott beleidigt und werde sein Reich, das Gott Karl bestimmt habe, verlieren. Derselbe entfloh erschreckt in die Kirche, wohin ihm der Teufel folgte und sprach: ›Weshalb fürchtest du dich und fliehst? Wenn ich nicht von Gott gesandt wäre, so würde ich dir in das Haus des Herrn nicht nachfolgen dürfen.‹ Auf diese Weise überredete er ihn, das ihm von Gott gesandte Abendmahl aus seiner Hand zu empfangen, und da solches geschehen war, fuhr mit der Hostie der Teufel in ihn. Als er darauf in die Reichsversammlung kam, erhob er sich plötzlich besessen und schrie, er wolle der Welt entsagen und mit seiner Gemahlin in keiner Gemeinschaft leben. Er löste sich das Wehrgehenk mit dem Schwert, schleuderte es zu Boden, riß den Gürtel los, und die Kleider wegwerfend, wurde er heftig hin- und hergeschüttelt. Der Vater und alle Anwesenden erschraken; aber die Bischöfe ergriffen ihn und führten ihn in die Kirche. Der Erzbischof begann die Messe über ihn zu singen, und als er an das Evangelium gelangte, fing Karl in der Muttersprache heftig an, ›Weh!‹ zu rufen, und so schrie er ›Weh!‹ bis zur beendigten Messe. Der Vater überließ ihn den Bischöfen, um ihn an die geweihten Stätten der Märtyrer zu führen, bis er, durch deren Verdienst und Gebet vom Teufel befreit, durch Gottes Barmherzigkeit geheilt wurde.«

Denselben Karl den Dicken, dem allerdings das Reich auf kurze Zeit zuteil wurde, entsetzten in Frankfurt die Fürsten.

 


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