Karl Simrock
Der Rhein
Karl Simrock

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Falkenstein

Wir wenden uns von Kronberg, dessen Hartmute (denn diesen Vornamen führten seine Ritter) uns an der Nahe wieder begegnen, nach Falkenstein, das höher als seine Schwesternburgen auf einer Abdachung des Altkönigs liegt. Wie die Burg mit der unermeßlichen Aussicht ins Main- und Rheintal sich hoch über alle nachbarlichen erhebt, so waren auch die von ihr ausgegangenen Ritter die mächtigsten Dynasten dieser Gegend, ja der ganzen Wetterau. Einen derselben, jenen Ulrich von Hanau, welcher der Freiheit Frankfurts so gefährlich wurde, haben wir schon kennengelernt. Zuerst finden wir hier Grafen von Nuring, wie auch das unter Falkenstein gelegene Dorf bis ins siebzehnte Jahrhundert hieß; aber der Name Neuring deutet schon auf eine ältere Burg, die vor Nurings Gründung bestand. Vielleicht lag diese an der Stelle des heutigen Königstein, das den Nuringern, als Gaugrafen des Niedgaus und der Königshundert, gehörte.

Als der Mannesstamm der Grafen von Nuringen erlosch, fielen die Güter durch die Töchter auf Werner von Bolanden und Kuno von Minzenberg. Philipp von Bolanden, Werners Enkel, dem der größte Teil der Grafschaft Königstein zuteil geworden war, baute sich in derselben ein neues Stammschloß, das er nach dem älteren am Donnersberg Falkenstein nannte. Den anderen Teil der Nuringschen Erbschaft, der an die von dem Schloß Hagen (Dreieichenhain) stammenden Minzenberger gekommen war, brachte er auch an sich, denn als mit Ulrich II. 1255 dieses Geschlecht gleichfalls erlosch, erwarb Philipp von Falkenstein namens seiner Gemahlin Isengard, einer Minzenbergerin, fünf Sechstel der Erbschaft, während nur ein Sechstel auf Hanau fiel. Seine Schwester Beatrix oder Guda vermählte er, wie wir bei Kaub hören werden, dem deutschen König Richard von Cornwall. Aus seinem Geschlecht entsproß jener gewaltige Kuno von Falkenstein, Erzbischof von Trier, welcher seinem Neffen Werner das Erzbistum abtrat. Mit diesem erlosch aber 1418 der Mannesstamm, und von den Häusern Solms, Eppstein, Sayn, Isenburg und Virneburg, welchen die Besitzungen zufielen, führte letzteres den Namen Falkenstein fort, bis der letzte der neuen Linie 1683 als Domherr zu Mainz verstarb. Die Verschwägerung der Häuser Sayn und Falkenstein setzt auch eine Taunussage voraus, die wir nach der glücklichen Behandlung durch Adelheid von Stolterfoth hier einrücken.

Traurig empor zum Falkenstein
Schaut ein Ritter im Abendschein;
War einst der kühnste vor Saladins Heer,
Schwang mit Gesang seinen deutschen Speer,
Aber nun klagt er: »Alles dahin,
Einsam muß ich von dannen ziehn.

Fluch dir da droben, du falscher Wicht,
Gabst mir die Tochter und gabst sie nicht!
Soll diese Felsen mit menschlicher Macht
Ebnen zum Weg in einer Nacht –
Ja! Könnt' ich hexen und zaubern gar,
Diente von Gnomen mir eine Schar!«

»Kuno von Sayn, Kuno von Sayn!«
Tönt eine Stimme hell und fein,
»Schwör's, zu verschütten den Silberschacht,
Den deine Knappen im Tal gemacht:
Morgen dann reitest du zu deiner Braut
Über die Felsen, der Weg ist gebaut.«

Kuno von Sayn ein Ritter war,
Aber leise sträubt sich sein Haar;
Langsam hat er das Haupt gewandt
Und schlägt drei Kreuze mit kalter Hand,
Denn ein Bergknapp, drei Spannen lang,
Steigt empor aus verschüttetem Gang.

War schon ein Männlein weiß und alt,
Mit langem Bart und verschrumpfter Gestalt,
Aber die Augen glänzten ihm hell,
Schien auch sonst ein guter Gesell:
Hatte nicht Pferdefuß noch Schweif
Und war gepudert mit silbernem Reif.

Als da Kuno den Schwur getan,
Hebt tief unten ein Poltern an:
Aus allen Spalten und Ritzen dringt's,
An allen Felsen hämmert's und klingt's,
Der alte Taunus widerhallt,
Und Nebel umhüllen Berg und Wald.

Dem Ritter graut's – doch niemand sieht,
Wie schnell er in seine Burg entflieht,
Von Hoffen und von Fürchten krank,
Vergißt er selbst den Abendtrank;
Bleich lauscht er in der Sturmesnacht
Und betet, bis der Tag erwacht.

Nun schaut er aus und lobet Gott,
Denn der Weg ist gebahnt, es war kein Spott;
Da schwingt er sich jubelnd auf sein Roß,
Und reitet hinauf aufs Taunusschloß! –
»Hier bin ich, Ritter von Falkenstein,
Und nun schön Irmgard auf ewig mein!«

Der Weg, den die Berggeister gebahnt haben sollen, heißt noch heute Teufelsweg, war aber nach Gerning ein Teil der römischen Heerstraße, die von Heddernheim nach dem Kastell am Feldberg zum Pfahlgraben lief. Daß die Römerwerke dem Teufel zugeschrieben werden, werden wir noch öfter erfahren.

 


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