Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Auf nach Paris!

Die altehrwürdige, historisch merkwürdige und mit malerisch geschmückten Häusern, mittelalterlichen Stadtmauern, Toren und Türmen versehene Bezirksstadt Prachatitz erzeugte u. a., und zwar schon vor hunderten Jahren einen ausgezeichneten Kornbranntwein, den sog. »Perlschnaps« (»Prachatitzer Perl« kurz genannt), welcher in alle Welt exportiert wurde. Die »Säumer«, welche bis vor etwa 200 Jahren noch aus Passau das Salz auf den »Goldenen Steig« bis hierher brachten, mussten, wollten sie die mehrtägige allwöchentliche Reise nicht vergeblich machen, aus Böhmen Malz, Linnen etc., aber auch viel Prachatitzer Perlschnaps mitbringen, wenn sie als Rückfracht Salz erhalten wollten. In der zweiten Hälfte des verflossenen Jahrhunderts brannte daselbst insbesondere der dortige angesehene und reiche Bürger Hans-Karl-Wimbersky den besten Perl und versandte ihn bis in die fernsten Gegenden und Städte, insbesondere Paris, wo ein aus Böhmen stammender Restaurateur diesen führte. »Hons Korl Wimbersky«, wie er sich schrieb, war ein großer und starker Mann, welcher sich eines sehr kräftigen Organs erfreute, leider aber in seinem späteren Alter viel vom Zipperlein geplagt wurde. Mitten im Gespräche rief er alle fünf Minuten lang »Au! Au!« und griff sich hierbei nach seinem schmerzenden Bein; und wollte ich im Nachfolgenden Wimberskys Erzählung ganz getreu wiedergeben, ich müsste eigentlich ebenfalls das »Auau« recht oft einschalten. Doch es wird wohl genügen, wenn der freundliche Leser sich das hinzudenkt. Also hören wir Hons-Korls Reisebericht und die daran anschließenden Erzählungen desselben in der Sprache des Originals selbst an.

»Amol hob i mehrere gsundi noch jung' Ochs'n kaft, und hons recht fett gfudert. Monnai do worn Eng etla Klachln druntr, wie d Elefantn, und wie i mit denen am Mork(t) komm, sand im Nu etla fufzg so Handler herum um mi und meine Ochs'n do, und wos die kosten. Damisch Luader, sog i zu dem oan Judn, so viel Geld host jo gor net, dass du die Oxn do kaufen kunst; do müssn scho' Leut doher komm'n, und net so Dürrling, wiea du oanr bist! Und richtig, sand do a poor Handler aus Prog, Korlsbod und so weitr do, die a Ziehharmonika voll'r Tausender bei sich hobn und auf meine Ouxn Augen moch'n wej a Trakarschradl, und der Handel geht scho' an a. –

Das selbige Mol hob i an die Ochs'n schwari Tausender profitiert, schware Tausender. – Denk' i mir, könnst dir a mol a wos verginna. Host di gschundn scho gnua dei Lebtog. – Follt m'r wos ein: In Paris is jo grod die Weltausstellung gewesen – fohrst zur Weltausstellung und gehst dabei a zu dem Kaffeesuidr, wos dein Perl seinen Gästen verkaft und schaust noch, obs richtig der echt is, odr ob er taft is. – do hot obr mei Olti gschaut, wie i das sog; mitfohrn hots obr net mögn, af kan Foll net.

Alsdann fohr i holt allein. Dös heißt, grad allein net, weil do d' Leut' aus olli Gegenden hingfohrn san, und i mi' so oanr Gesellschaft an gschloss'n hob.

Long wor die Roas, abr, net longweilig und gsegn hon mir uns grod gnug am Weg. Endla san mir obr do hin kema, und i loschier mi mit an Freund in an deutschen Hotel ein. Z' Mittag san mir ankommen, um a drei Uhr gibt's mir obr ka Ruh' mehr; i nimm mir a Droschkn, gib dem Vierackr d' Adress' von dem Restaurant, und fohr holt hin. – Monna, do hon i obr gschaut? So wos pickfein's und nobl's – na, do ist's beim Waldeckn in Pilsen nix dagegen. Lauter Spiegel und Vorhäng' und Teppich, oll's verguldt, und die noblen Leut drin, Damen und Herren, lauter Leut vo' der erstn Klass'! Na, denk i mir, fressen werd's mi a net, und i setz mi grod mitten in den ersten Sool zu an Tisch und schrei: »Ober, an Prachatitzer Perl!«

Do hobn d Leut umandum gschaut. Recht hell (laut) reden tun i jo, und doss i ka Franzos bin – olli Leut kenn'n jo net lauter Franzosen sein – i red' und bin holt, wie i red und ausschau. Die Gäst' steck'n d' Köpf' zamm und wischpern wos mitanand – sand überhapts recht stade (stille) Leut gwes'n – und endla kimmt a oanr vo die 77 Kellner daher und stellt mr so a Fingerhütl an Schnops hi'. I kost', trink's aus, richtig, is a echter Perl, von Hons Korl; ober so a Tröpferl? »A, na«, sog i, »mit so an Fingerhut fange ich erst gar nicht an; bringen Sie mir so ein Weinglas voll davon!« und zoag auf so a Glaserl, was am Tisch daneben steht.

Der steht und schaut; i obr sog: »Hurti(g)! Hurti, Mossiör! Do geht'r, kimmt obr stots seiner a feiner Herr daher, wie wenn'r am Ball do war, und stellt si' vor, er wär der Restaurateur, und ob i vielleicht zur Ausstellung do wär, und ob i vielleicht aus Österreich wär oder aus Bayern usw. Sog i draf: »Ich bin ausm Böhmerwald, wann's wissen, wo das ist.«

Do locht'r und sogt: »Da sind wir ja Landsleute; denn ich bin auch aus Böhmen.« Und er frogt no': »Dann kennen Sie wohl auch Prachatitz und vielleicht auch den Herrn Wimbersky?« do lahn i mi zruck, zoag mit'm Dam (Daumen) auf mi und sog: »Der Hons-Korl Wimbersky – dös bin i!«

Jetzt schreitr voller Freud: »Sie sind der Herr Hans Karl Wimbersky, von dem ich schon so viele Jahre den ausgezeichneten Perl beziehe? Wie mich das freut! Seien Sie mir herzlichst willkommen!«

Muss abr do no' net traut hab'n; drum sogtr: »Da können Sie mir ja die letzte Fraktura persönlich begleichen«, rennt davon, bringt d' Rechnung und s Geld, und oanr vo' die Kellner bringt a Tintn und a Feder. I nimms her, schreib: »Dankend altiert«, und schreib schöi groß hin Hons Korl Wimbersky.

Jetzt hotrs g'wiss gwusst, weil er jo meine Unterschrift scho poor hundertmol glesn hot, und er draht si' gegen die Gäst hin, die olli glust (gehorcht) hobn und sogt erst af Deutsch: »Meine verehrten Damen und Herren, das ist der Herr Hans Karl Wimbersky aus Prachatitz in Böhmen, von dem wir den guten Perl-Likör haben.« Hernochr sogtr dös gleich a af Französisch.

Hiazt (jetzt) nickns mir olli recht freundli' zu und lochn mi an, und etla von die deutschen Gäst stehn af, kemmn doher und druckn mir d' Hand und frogn mi aus, und der is vo' Münka (München) und der vo' Dresden und so weiter.

Und hernochr frogt der Herr vom Kaffeehaus, wo i meine Sachn hätt'; er wird's holn lossn; und i muss bei ehm loschiern, und olls Reden nutzt nix und i muss bleiben!

Ocht Tog bin i do blieben, a Essen und an Wein hon i ghot, wie der Fürst Pumpsti, und er fohrt mit mir in an sein Wogn mit zwa Rösser umanand, zeigtmr d' gonzi Ausstellung und holbet Paris und zohlt für mi überoll, wo's wos zum Platiti gibt, doss i m'r denk, na do wer i dem an schön Botzn Geld z'ruckgeb'n müssen. Wie's obr zum Hoamfohrn kummt und i zohln will, nimmt der kan Kreuzer Geld vo' mir, absolut net, und sogt mr ner: »Alles auf Rewantsch. Ich komme nächsten Sommer bestimmt nach Böhmen, wo ich alle meine Verwandten und Freunde besuchen werde, und dann komme ich auch zu Ihnen, und Sie revanschieren sich, indem Sie mir auftischen und mir den schönen Böhmerwald gründlich zeigen.« Nutzt also nix, und i muss hoamfohrn und bring mehri' ols d' Holbscheit von mein Geld wieder z'ruck.

Weil i mir obr denk, wer weiß, kummt'r, und wie kummt der Mo (Mann) dazu, dossr mi ocht Täg freiholt und so an Schippl Geld vor mi auslegt, sinnier i, wie i mi rewanschiern könnt. Af amol follts mr ein.« –

(Die Revanche)

»I loss a Eimerfassl mochn und schön schnitzen. Af a jede Daubn kummt a Gravierung, auf den oan Bod'n s Woppn vo' Prachatitz und auf den ondern d Stodt Prachatitz in oltr Zeit. Herno wird dös Fassl mit dem besten, extrafabrizierten Perl ongfüllt, und i schick dem lieben Freund die gonz' Wix und a Rechnung dazu, die i obr gleich alsr bezohlt saldier. Außerdem schreib' i, mit derer Kleinigkeit bezohl i eh ner s Nochtloger bei ehm, und i verloss mi draf, doss er im Summer zu mir kimmt, domit i ehm a no a Kleinigkeit vo' meiner übrigen großen Schuld ozohln konn. – Mocht der Mo a Geseres in sein Brief, und dös war jo oamol z' viel, und er is ejz a großer Schuldner und so weiter. –

S Johr draf – a recht a schöner Tog is gwen – steh i vorm Haus, kummt af amol a Kalesch doher, bleibt vor meiner stehn, und wer steigt aus – mein lieber Freund, der Restaurateur aus Paris is!

Monna, die Freud! Obr wos tu i denn do, doss i dem e Ehr antu? – Richtig, so geht's. Ös wissts, bei mir hots frejr amol »Zu den drei Bären« g'heißn, und erst seit derer Zeit, wo der Kronprinz Rudolf bei mir gwohnt hot übr Nocht, hots den Nom »Zum Kronprinzen« und dös selbige Zimmer, in der der jung' Prinz selber gschlofn hot, (der Graf Bombeles hot donebn gschlof'n und die ondrn wieder wo onders), is seit derer Zeit blieb'n, wies wor, und hot a ka Mensch mehr in dem loschiert seit derer Zeit. Mein lieber Pariser obr, dem muss i scho die Ehr ontun, der kummt eini! –

Wos der olls für mi und meine Olt' mitbracht hat a no, – a mol z' viel! Obr wir hobn dem obr a afkocht olli Täg, und wos'r ner gmögt hot, hot'r kriegt, und umanand gfohrn und gangen bin i mit dem, und wie er endla wieder furt gmüsst hot, hon i den no a schöi Stückl We(g) begleit' und hätt' net viel gfahlt, hättmr oltn Karln beim Obschied gwoant a no.« –


 << zurück weiter >>