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Aus dem Briefwechsel der Boierseppin und der Frau Pfeifer

Im Spätherbste kam es zwischen beiden Frauen zu einem kleine schriftlichen Verkehr; Frau Baier schreib zwei Briefe an Frau Pfeifer und diese einen an jene. Die wortgetreue Abschrift dieser drei Briefe nachstehend.

Geehrte Frau Pfeifr!

Wern schon entschuldigen, wenn ich Ihnen mit einer Bitt angeh. Ich habe eine Schwester in Oberlichtbuchet, und die muss i ausheiraten und die Hochzeit ausrichten, weil dös im Tastamend war und so ausgemacht war. Jetzt wenn das so eine gleiche Bauernhochzeit wär, wüsst ich eh alles, aber der Ihrige ist bei der Finanzwach, aber schon etwas Höheres, und schreibt sich Oberberger. Und weil dieselbige Schwester schon seiter Ihrer Jugend alleweil in der Statt war und ganz anders gepüldet ist, so wirds eine Herrnleuthochzeit, und da kenne ich mich nicht a so aus und möchte Ihnen wegen dem um einen guten Rat bitten. Schon wegn dem Mahl und dem Brautkleidl und die Bräuch. A Sau haben wir wegen dem schon abgestochen, und am Samstag kommt ein Kalbl dran.

Aufboten werdens einmal für dreimal.

Neues ist nicht viel, nur das der Hansl bald derfroren wäre, weil er sich Ski gemacht hat und mit denen in eine Gwadn hineingefallen ist mit den Füssen obenauf, und der Meinige hat Ihm herausziehen müssn und hat Ihm paar Tetschen gegeben, das er damit gelangt hat.

Ich grüsse Ihnen am allerschönsten und bitt um eine baldige Post und verbleibe

Ihre Besti Freundin

Veronika Baier.

Liebe Frau Baier!

Im Besitze Ihres lieben Schreibens vom 15. d. M. beeile ich mich, Ihrem Wunsche nachzukommen. Bezüglich der Hochzeitstafel rate ich Ihnen, ein gutes Kochbuch zurate zu ziehen. Wenn ich nicht irre, so sah ich in Ihrem sogenannten Schüsselkorbe das Buch von der Rettig – der Stärke und der Formate nach dürfte es dasselbe sein – und kann es Ihnen nur aufs beste empfehlen. Sie finden da auf Seite 612 ein Menü für eine große Tafel und auf der vorhergehenden (in Beispiel 3 und 4) solche für etwas bescheidenere Ansprüche, Tafeln für 14-17 Gänge. Natürlich wählen Sie als Vorspeise Forellen anstatt Lachs oder dergl.; denn Sie haben dort vortreffliche Forellen. Anstatt solcher im Kochbuche angeführter Speisen, welche dort nicht zu haben oder für Sie zu schwierig zu kochen wären, wählen Sie andere, so anstatt Spinat fachierten Kohl, ect. Torten und Zuckerwerk beziehen Sie am besten von Prag oder Wien, da man heutzutage nicht imstande ist, diese Sachen besser und billiger selbst herzustellen, Sie ja auch schließlich in der Herstellung solcher weniger Übung haben.

Als Suppe empfehle ich Ihnen braune Suppe mit Spritzkrapfen oder Gemisch. Übrigens werden Sie im Kochbuche über all dies erschöpfende Auskunft finden. – Es war sehr klug von Ihnen, das Schweinchen beizeiten schlachten zu lassen; Sie haben auf diese Weise schon Schinken, welche Sie verschiedenartig verwenden können, so z. B. zu Schinkenrouladen. – In die Mitte der Tafel stellen Sie die blaue Vase, welche ich in Ihrem Glaskasten gesehen habe, und füllen sie mit duftenden Blumen, und um die Vase herum stellen Sie schöne Teller mit Backwerk und Obst. – Was die Brauttoilette anbelangt, sende ich Ihnen als bestes Auskunftsmittel die letzte Nummer des »Bazar« in Kreuzband; es ist nämlich sehr schwierig, ohne persönliche Bekanntschaft, wenn man Wuchs, Haarfarbe usw. der betreffenden Dame nicht kennt, diesbezüglich Ratschläge zu erteilen. Man muss ja hierbei auf so vieles Rücksicht nehmen, Figur, Augenfarbe, Teint usf. Bemerken will ich nur noch, dass heuer nicht Mode ist, den Brautschleier über das Antlitz herabhängend zu tragen und Schmuck geradezu verpönt ist. Bei der Kürze der Zeit wird es vielleicht nicht gut möglich sein, die Toiletten erst anfertigen zu lassen, man kennt ja unsere Schneider, und ich lege Ihnen darum einige Adresse renommierter Firmen bei, welche Ihnen fertige und doch maßgenaue Roben postwendend liefern können. Sie finden da ganz prächtige Brautroben zu wahren Spottpreisen, schon von 90 Kronen an. –

Das Haus können Sie nach ländlichem Brauche schmücken; ober der Haustür können Sie z. B. eine Tafel mit »Salve!« anbringen, herum Reißiggirlanden usf. Am Lande nimmt man ja das nicht so genau. Die Karten beziehen Sie am billigsten aus Prag oder Wien, wie ich Ihnen überhaupt nur raten kann, sich im Bedarfsfalle nur an erste Stadtfirmen zu wenden; man weiß dann wenigstens immer, wie man daran ist und spart manche Enttäuschung (Adressen verlässlicher Firmen sende ich mit der Zeitschrift.)

Nun aber eine Frage, deren Beantwortung ich nicht zu vergessen bitte! Sie schreiben, dass Ihr zukünftiger Schwager ein höherer Finanzbeamter sei und Oberberger heiße. Wenn ich nicht irre, so habe ich bereits das Vergnügen, diesen zu kennen. Vor zwei Jahren kamen wir nämlich in Marienbad, u. z. im Hause eines dänischen Konsuls wiederholt mit einem Oberfinanzrat namens Oberberger zusammen. Sollte dieser mit Ihrem Herrn Schwager in spe identisch sein? – Er war groß, brünett und ein äußerst interessanter Mann und interessierte sich schon dazumal für eine junge Dame aus Südböhmen, welche möglicher Weise, ja sogar höchst wahrscheinlich niemand anderer war als ihr liebes Fräulein Schwester? – So vermute ich wenigstens. Also vergessen Sie ja nicht, liebe Frau Baier darauf, und sollten Sie noch irgendeines Rates bedürfen, so wenden Sie sich nur ohne Scheu an

Ihre Sie alle freundlichst begrüßende

Klara Pfeifer.

Geehrte Frau Pfeifer!

Sie werden schon entschuldigen aber kein Kochbuch habe ich nicht, weil das Buch, was Sie im Schüsselkor gesehen haben, ist ein Roman vom boirischn Hiesl, der sehr schön zum lesen ist, weil er gar so kurzweilig ist. Überhaupts kann ich nach keinem Kochbüchel kochen.

Aber mein Lebtag werde ich an die Hozet denken und wenn ich 99 alt werd und Geltsgott tausendmal weils nur schon vorbei ist.

Die braune Suppe hab ich richtig gemacht, ich hab einen schönen Batzn recht braune Einbrenn genommen und die Spritzkrapfen hab ich auch zusammengebracht. Der Krapfenteig hat aus der Wurstspritzn nicht herauswolln, weil er sich anpappt hat, aber es ist doch ganz schön geworden und ein jedes hat gesagt, das so eine braune Suppe fein ist. Blaue Forellen habe ich keine bekommen, weil die unsrigen sind alle scheckig aber samt dem waren sie sehr gut und dazu habe ich Zwetschgenkombott gegeben weil alle die Woika so gern trinken. Stattn Spinat hab ich Sauerkraut gegeben. Schweinernes gekocht und gebraten mit Reiberknödel, die was Ihnen nicht geschmeckt haben, aber uns schon, dann Schöpsernes, Kalbfleisch, Rindfleisch, einen Hasen und Zuckerbach haben wir auch gehabt. Mit dem Zuckerbach hab ich mich aber so sehr ärgern müssen. Ich hab um zwei Gulden eins von Prag bringen lassen und es waren nur 20 Bröckeln, grod nur zum kosten für die Weiber und Menscher und die Mannsleut haben Krapfen essen müssen und bei »Pschoit« hats auf die Art kein Zuckerbach nicht gegeben. Lebendige Blumen gibts bei uns um die Zeit gar keine, aber die Liesl hat einen sehr schön Buschn von alle Farben aus Pappier gemacht und geschmeckt (gerochen) habens auch weil sies mit Rosenwasser besprenkt hat. Obst war auch keins da, so hab ich immer eine Schüssel Krapfen und ein Teller Zwetschgen herumgesetzt.

Mit dem Hochzeitskleidl wars aber nicht, wie Sies vermeint haben, so eins um 90 Kronen passt für steinreiche Leut, bei uns tuts auch ein Seidenkleid um die Halbscheit. Und mit dem Schleier wars auch nichts, weil das hätt der Pfarrer nicht gelittn, weil die Agatha schon ledigerweis mit dem Oberberger Zwei gehabt hat. Dagegen hat sie ihren ganzen Schmuck angelegt. Sie hat gemeint I pfeif auf die Mod, wenn i den teurn Schmuck, was siebn Guldn 50 Krz. gekostet hat, nicht anlegn därfet. Mit dem Salve haben wir uns zerst nicht ausgekannt, aber der Granitzrjakoberlfranz is bei die 91er Korporal gewesen, und der hats uns ausgedeutscht und statts dass am Weg geschossen hätten, habens bei uns vor der Haustür alle aufamal geschossen und das hat er gesagt ist eine Salve. Die Kartn haben wir in Außergefild gekauft, spielt haben mir aber bei der Hochzeit nicht, weil das bei uns nicht der Brauch ist. Wegn mein Schwager muss ich noch schreiben. In Spe ist er noch nie gewesen aber in Marienbad ist er schon gewesen als ein Aufseher noch, jetzt ist er aber schon Oberaufseher und die Schwester hat er in Wien sich aufgeredet, wo sie bei einem Selcher drei Jahr gedient hat. Rath hat er gesagt, kann er nicht werden, weil er die höheren Schulen nicht hat, aber er steht nicht an darauf, weil bis er noch zehn Jahre bei der Finanz ist, lasst er sich professionieren und lebt danach wie der Herrgott in Frankreich weil er über einen Gulden am Tag dann hat und mitm Holzschuhmachen auch noch zwei Gulden am Tag verdient, indem er früher Holzschuhmacher war. Die Hochzeit war sehr schön, die Brautmutter und der Hochzeitsbitter haben allerlei Faxn gemacht und die Musik haben wir aus Zdikau gehabt. Schön Dank noch für alle guten Ratschläg und so verbleib ich mit die allerschönsten Grüßen

Ihre Besti Freundin

Veronika Baier.


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