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Das Gegengeschenk

Seit Frau Pfeifer von ihrer Reise nach Fürstenwald zurückgekehrt war, sprach man in der Familie des reichen Holzhändlers auch von den Schrecknissen des Winters am Kamme des Böhmerwaldes, dem gastfreundlichen Boirseppen und dem kleinen Boirseppenhansl. Seinem Versprechen nach sandte der Herr Pfeifer Letzterem zu Weihnachten eine Menge Spielsachen und stiftete damit viel Gutes, weil der Hansl, welcher sich sonst den ganzen Tag herumtrieb, den Erwachsenen die Fenster und seinen Kameraden die Köpfe einwarf, nun mäuschenstill beim Tische saß, die zu blass geratenen »Tuifl« seiner Bilderbücher mit Tinte anstrich oder seine Bleisoldaten schmelzte und das flüssige Blei ins Wasser goss, wo es zu allerlei rätselhaften Figuren erstarrte, welche viel interessanter waren als die platten Dinger. Nur mit dem »Honig«-Farben stellt er einmal ein kleines Malheur an; er leckte nämlich so lange an den »giftfreien« Honig-Farben, insbesondere an der Gummi-»gut«, bis er ein gewaltiges Erbrechen und eine kleine Cholerine bekam.

Zum Danke für die Geschenke schickte die Boirseppin der Frau Pfeifer dasselbe Kistl voll frischer Eier und einen Stritz Butter von der Gestalt und Größe eines Säuglings. Darob herrschte wieder bei Pfeifers große Freude, und sämtliche Wohnparteien bekamen von der »Naturbutter« zu kosten und die Rieseneier – zu sehen.

Ein solches Geschenk verpflichtet aber zu einem Gegengeschenk, und Frau Pfeifer entschloss sich endlich, der »guten Seele«, der Frau Veronika, welche am 4. Februar ihren Namenstag hatte, etwas »Passendes« zu verehren. Aber was? Da war guter Rat teuer; denn die Frau Pfeifer wusste zwar in Wien und Paris Bescheid, nicht aber im Böhmerwalde und hatte daher von den Bedürfnissen der Einschichtbewohnerinnen noch immer keine ganz klare Vorstellung.

Der Herr Pfeifer riet zwar: »Schick ihr fünf Kilo gebrannten Kaffee und einen Hut Zucker«, das schien aber der feinfühlenden Dame zu ordinär. Auch seine übrigen Vorschläge, ein Kistel Emailgeschirr, ein Album »mit Musik« u. dgl. m. fanden ihren Beifall nicht, so dass der Hausherr schließlich ausrief: »So kauf' ihr von mir aus einen elfenbeinernen Spucknapf mit einem Goldreifen, wenn dir alles zu ordinär ist, – lasse mich aber in Ruhe!«

Tief beleidigt, zog sich die Dame zurück und beriet sich mit der Zofe, der Luise. »Gnädige Frau«, sagte diese, »ich verstehe Sie ganz gut; Sie wollen ihr etwas nicht allzu Alltägliches schicken, sondern etwas, was ihr der eigene Mann kaum je kaufen dürfte, mehr einen Luxusartikel, und da haben Sie ganz recht; weil »Weib bleibt Weib«, soweit die Welt reicht, und hängt am »Pflanz«, und etwas, was zum Putz oder zum Toilettenmachen gehört, freut's mehr, als eine Million gewöhnlicher Gebrauchssachen. Kaufen Sie ihr eine Pompadur und ein Necessair oder so was.«

»Ganz meine Meinung, du hast meine eigenen Gedanken erraten, liebe Luise«, pflichtete ihr die Frau Pfeifer bei, und demgemäß kauften beide am Graben für die Frau Veronika Baier eine Pompadur aus grünem Samt mit Goldstickerei, ein imitiertes Palisanderkästchen und Nagelbürste und dergleichen höchst notwendige Gegenstände mehr. –

Als der Landpostbote mit dem Prager Paket ankam, war der Boirsepp allein in der Stube, und da er die Adresse für nebensächlich und sich auch hierzu berechtigt hielt, alle Sendungen entgegenzunehmen und zu öffnen, so tat er's auch heute, und bald lagen all die Herrlichkeiten vor ihm. Gleich darauf kam die Seppin in die Stube, und stolz zeigte ihr der Gatte ein Stück nach dem anderen und erklärte: »Schau ner her, Wei(b), wos mir d Pfeifrleut für a schöni Soch gschickt hobn! Sakrdi, is dös wos feines! Seg ner her, wos dös vor a feinr Tuwakbeutl is, gor aus dem Samet und vargold isr a no. Und do is a dös Kastel am Tuwak, und do host a Schar zum Tuwakschneidn, zum Kommistuwak, vaschtehst – dr Pfo'r hot a a eigeni Schar drzou; und do is wiedr a Bortpomadi und hoißn touts Kalodont. Das Bürstl do ghört si a am Bort und dös (er hielt das Parfümflakon in der Hand) is gor a extrafeins Brasiltuwakglasl zu Schnupfn. Un' dich, Weib, losst's schöi grüßn af derer Visittrkortn. Is obr olls amol z fein für insaoans, z fein. Stells olls in Glosrkostn eini, obr schöi voron, doss a jeds segt, wenn wer einikimmt. Gfreit mi obr recht, doss so denkt hobn an mi, d Pfeifrleut. – Ner a wenig z fein is.« –

Mit Neid sah die Seppin all die schönen Sachen an; denn manches davon, so die Schere, das Fläschchen, das Kästchen und manches andere Stück hätte sie auch verwenden können; der »Tabakbeutel« jedoch und die »Bartschmiere« bewiesen zur Genüge, dass das Geschenk nur für den Mann bestimmt wäre. Sie sagte nichts, seufzte bloß, stellte alles in den Parade-Glaskasten und dachte bei sich: »I hon ehr'r n Budr und Oir gschickt – und ehm schickts dös Zeug! Vo mir kriegt d Frau Pfeifr ehr Lebetog koan Budr und sinst a nix nimmer!«

*

Indes fügte es das Schicksal, dass Frau Pfeifer doch wieder von der Seppin Butter und Eier bekam, sogar noch mehr als das erste Mal. Als nämlich kurz vor Pfingsten Herr Pfeifer anlässlich einer Geschäftsreise beim Boirseppn einkehrte und die Geschenke seiner Gattin (von deren Beschaffenheit er nachträglich erfuhr), im Glaskasten erblickte, kam alles an den Tag, und das Geschenk an die richtige Adresse. Zwar hatte der Boirsepp ganz verdutzt eingewendet: »Mei Wei' raucht jo net und hot jo a koan Schnauzbort; vor wos wär derer hernochr dr Tuwakbeutl und s Bürstei«, es nützte ihm aber nichts; die Frau Vroni erhielt alles nebst – »Gebrauchsanweisung«. Die Seppin frohlockte und vertraute dem Herrn Pfeifer: »Dös hon i mir glei denkt, doss d fein Sochn do net für an so törrischen Karl san, weil, wissens, Herr Pfeifr, »Weib bleibt Weib, soweit d Welt reicht« und i hons am erstn Schaur kennt, doss dös net für ehm is.« Doch um des Boirseppn Schmerz und Schmach zu lindern, erhielt er bald darauf, zu Josefi, einen richtigen Tabakbeutel mit roten Troddeln und einer »Mischung«, von der er gestand: »Koan bessrn raucht unsr Kaisr, moan i, a net.«


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