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Das einundzwanzigste Kapitel

Ist das kürzeste Kapitel dieses Romanbuches, aber das gewürzigste

 

Der Pater Guardian blieb die stumme Person bei diesen heiligen Gesprächen. Er nickte nur ab und zu ernst, würdig, und wärmte mit gnädigen Augen jeden, der zu ihm aufsah.

Aber die Hebammin Rosina schnarchte.

Die Frau Gevatterin dagegen wurde immer lebhafter und sprach mit begeisterten Worten über die unendliche Opferwilligkeit der Kapuziner.

»Kleinigkeiten,« sagte der Pater Collektor bescheiden.

»Kleinigkeiten!?« entsetzte sich die Frau Gevatterin, so laut, daß die Hebammin ihr Schnarchen eine Weile unterbrach.

»Ja,« ereiferte sich der Collektor, »Sie wissen eben noch gar nicht, was wir schon alles für die armen Sünder getan haben! Wir sprechen nur nie davon, liebe fromme Frau – das ist es!«

Die Frau Gevatterin faltete die Hände und seufzte hochverwundert auf.

»Da war einmal,« sagte der Collektor gedämpften Tones, »da war zum Beispiel einmal bei uns ein junger Novize, der hatte eine abscheuliche Sünde begangen und war so schamhaft, daß er sie verschwieg und auch nicht damit heraus wollte, als ihm der Pater Provinzial zu Herzen sprach.

Sappramost! sagte der Pater Provinzial zu sich selbst, wie fange ich es doch an, diese kostbare Seele wieder zu gewinnen?

Und der Himmel erleuchtete ihn und zeigte ihm den Weg.

Als der Novize einmal auf dem salva venia heimlichen Örtchen (mit Verzeihung gesprochen, Frau Gevatterin) eine niedrige Arbeit zu verrichten hatte, da nahm ihm der heiligmäßige Pater Provinzial Sand und Strohriegel ab und fegte mit eigener hoher väterlicher Hand den Sitz ab, küßte demütig das Brett wohl zehnmal, kniete davor nieder, klopfte ans Herz und opferte ein gutes Werk der Selbsterniedrigung für den schamhaften Sünder auf, daß dieser in sich einkehren möge.

Und ging weiter.

Aber da lief ihm der Sünder schon nach, zerknirscht, beschämt und gerührt durch die Aufopferung des hohen väterlichen Herrn und beichtete ihm alle seine vielen verschwiegenen Sünden so reumütig, daß er vom Mund auf zum Himmel gefahren wäre, wenn ihn der liebe Gott auf der Stelle hätte sterben lassen. (Welches ich allen Sündern herzlich wünsche, wenn sie sich bekehrt haben.)«

Als die Frau Gevatterin aus ihrem grenzenlosen Erstaunen zurückgefunden hatte, fiel ihr eine praktische Angelegenheit ein und sie frug eifrig: »So ist also das Häuslputzen auch eine Tugend?«

»Für einen Pater Provinzial gewiß. Sie sehen ja, wie der Himmel seine Demütigung sofort belohnt hat.«

»Dann werde ich's aber dem Trampel sagen,« schimpfte die Frau Gevatterin. »Stellen Sie sich vor: mein Hausmädl glaubt immer, sie ist zu dieser Arbeit zu gut. Der werde ich die schöne Geschichte heute noch erzählen. Häuslreiben muß der Trampel, daß ihm das Blut bei den Nägeln rausspritzt! Die Kanallje, die mistige!«

 


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