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Das sechzehnte Kapitel

Welches in der Stube der Kindbetterin spielt und sehr nützliche Mittel wider den bösen Feind schildert

 

Die Stube der Kindbetterin war natürlich, was uns der hochgünstige Leser ohne weiteres glauben wird, mit allen möglichen Segen des heiligen Ordens durchbenediziert worden.

Die Wiege und die Windeln hatte der Pater Guardian schon lange vorher selbst mit kraftvollen, lauten und kaum weniger starken gemurmelten lateinischen Worten geweiht; unter dem Kissen der Frau Mutter waren ganz heimlich Teufelsgeißeln gleich listigen Fuchseisen versteckt; von der ersten Kindbettsuppe an mußte die Wöchnerin bei jeder Mahlzeit mit dem ersten Löffel, den sie zum Munde führte, einen heiligen Lukaszettel einnehmen, auf dem Worte und Zeichen von größter bannender Gewalt geschrieben waren. Außerdem war jedesmal vom Wachs der geweihten Osterkerze eine kleine Portion in die Suppe verschmolzen worden, die Fettaugen machte gleich winzigen Heiligenscheinen, und dem höllischen Kochlöffel, so er etwa mitgewirkt hätte, jegliche Macht nahm.

Aber es fehlten gleichwohl noch allerhand kräftige Hausmittel.

Es war gut, daß ein spezialiter zum Teufels- und Hexenbanner ausgebildeter Pater des Klosters mit seiner großen Erfahrung und seinem heiligen Eifer einsprang. Wir bitten ihn Pater Dekoratius nennen zu dürfen.

Er klebte das Bild der heiligen Margarete auf die Wiege, weil die heilige Margarete gerne heimlich bei den Wiegen wacht (aus altbekannter Liebhaberei) und die mit ihrem Bilde natürlich am liebsten aufsucht. Am Rosenkranz der Frau Mutter brachte der Pater Dekoratius zur steten Erinnerung und zur Erweckung der Dankbarkeit ein Bild des heiligen Corleone an. Und dann entdeckte er (nicht ohne blassen Schrecken), daß kein Kreuzvogel im Zimmer war. Es gibt, wie man wissen muß, von jeher nichts Besseres in den Kinderstuben, als einen Kreuzvogel. Wo dieses Tier ist, da können die bösen Menschen niemand verhexen und müssen an dem Kreuzvogel ihre höllischen Kräfte auslassen, bis sie ermatten und sich verausgabt haben mit ihren Künsten. Also brachte der Pater Dekoratius einen Kreuzvogel ins Zimmer und mahnte ihn mit drohendem Zeigefinger an seine Pflicht.

Und ferner weiß ein jeder, daß es auch Wechselbälge gibt und wo diese bösartigen Wesen herkommen.

Die Wechselbälge zeugt der Satan mit einer nichtswürdigen Hexe und vertauscht sie dann mit ehrlichen Christenkindern, daß sie an ihrer Statt die armen Mütter leertrinken und töten durch ihre unbändige Naschsucht. Aber alles das kann man verhindern, und das unternahm wieder der Pater Guardian selbst; er klebte an das Fenster sowie an die Tür einen geheimnisvollen Zettel und schrieb auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen und Erfolge die riesenstarken kabalistischen Zeichen dazu:

        +                                     +        
2   +       +   E. V. C. F. E. H. I. N. M. L. I. M.   +       +   2
        +                                     +        

Und an die Bettstätte der Frau Mutter kreidete er das völlig zerschmetternde Zeichen Salomonis wider die bösen Geister und auch das vielgerühmte heilige Scheyrerkreuz. Und wo solche Worte, natürlich mit geweihter Tinte und geweihter Feder auf geweihtes Papier geschrieben oder wenigstens mit geweihter Kreide gemalt freilich am besten durch fromme Religiosen, minder gern durch Weltgeistliche) sichtbar sind, da laufen Teufel und Hexen mit klapperndem Pferdefuß und schweißverklebtem Haar oft weiter als bis zum Pfefferland, und es vergeht ihnen jede Lust, ihren abscheulichen Wechselbalg mit unschuldigen Christenkindern zu vertauschen.

Und das weiß man auch, daß aus den Wechselbälgen meistens Advokaten werden, die dann das Geld aus dem Haus heraus und dafür Papier hineintragen.

Und also können wir alle froh sein, daß geübte Teufelskämpfer so sehr für die Zukunft des kleinen Pankraz besorgt waren.

 


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