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Sechsundzwanzigstes Kapitel.
Lamaismus und Katholizismus.

Wie wenig ahnte ich während der unvergeßlichen Tage, die ich in Taschi-lunpo verlebte, daß die Beobachtungen, die ich bei der Feier des Neujahrsfestes machte und aufzeichnete, zwei Jahre darauf in Mitteleuropa Proteste und Mißbilligung von mehreren Seiten her erwecken würden. Ich hatte mir im ersten Bande dieses Buches erlaubt, die vielen Ähnlichkeiten hervorzuheben, die in dem äußern Kultus zwischen Lamaismus und Katholizismus bestehen. Ich ließ mich nicht von einer vorgefaßten Meinung leiten, sondern verließ mich einzig und allein auf mein eigenes Urteil. Mein Eindruck war kräftig und bestimmt, aber ich berührte ihn nur flüchtig bei der Schilderung meiner Tage an dem klösterlichen Hofe des Taschi-Lama. Ich nannte den Labrang Vatikan und den Taschi-Lama Papst und sagte, daß er gleich dem Papste in Rom ein Gefangener in dem tibetischen Vatikan sei. Lamas höchsten Ranges verglich ich mit Kardinälen, und als ich sie alle bei einem Tempelfeste versammelt sah, sprach ich von einem Konklave der Kardinäle. Ich berührte das Mönchs- und Klosterwesen, die Prozessionen, die Totengottesdienste und sah in der Spende an barem Gelde, die alle Pilger der Geistlichkeit opfern müssen, ein Gegenstück zum Peterspfennig in Rom.

Gemein und verwerflich wäre es gewesen, wenn ich damit nur aus Mutwillen bei den Katholiken hätte Ärgernis erregen wollen! Unpassend und dumm wäre es gewesen, da ich doch unter den Katholiken so viele aufrichtige Freunde besitze und aus ihren Häuslichkeiten so viele unauslöschliche Erinnerungen mitgenommen habe! War ich nicht der Gast katholischer Missionare gewesen unter den Palmen im Bagdad der Tausendundeinennacht und in der Kaiserstadt Kalkutta? Hatte ich nicht am Tische ihrer Brüder in Liang-tschu-fu und Peking gesessen, und hatte ich nicht eine außerordentliche Bewunderung mit nach Hause gebracht für alles, was ich bei den liebenswürdigen, gelehrten Jesuiten in Hongkong und Sikawei gesehen hatte? Bei ihnen allen war ich wie ein willkommener Gast aufgenommen worden, und von ihnen allen hatte ich wertvolle Auskünfte über die Gegenden erhalten, nach denen sie ihre Tätigkeit und den Ort ihrer freiwilligen Verbannung verlegt hatten. Weshalb sollte ich die Absicht haben, sie in ihren heiligsten Gefühlen zu kränken und die unübersehbaren Scharen, die hinter ihnen standen, zu verletzen?

Wahrhaft bewunderungswürdig ist die Riesenarbeit, die die katholischen Missionen in rein geographischer Hinsicht Jahrhunderte hindurch in Asien ausgeführt haben. Sie erschlossen die Wege bis in das Herz des größten Festlandes der Erde. Bereits im Mittelalter brachten die Franziskanermönche Piano Carpini und Wilhelm Rubruquis dem Abendland die erste Kunde von dem unermeßlichen Reiche Mangu Chans. Kein Wort des Lobes ist übertrieben, wenn es den Jesuiten gilt, die zur Zeit des unsterblichen Kaisers Kang Hi eine topographische Aufnahme des ganzen chinesischen Reiches ausführten. Die ältesten Entdeckungsreisenden in Tibet waren, nach dem Mönche Odorico, Jesuiten, nämlich Andrade, Grüber, Dorville und Desideri. Jahrzehnte hindurch weilten Kapuziner in Lhasa und trugen in glänzender Weise zur Anbahnung von Beziehungen zwischen dem geheimnisvollen Schneelande und der Welt der Weißen bei. Huc und Gabet waren Lazaristen; man kann nicht an Tibet denken, ohne sich Hucs zu erinnern, des unübertrefflichen, von Herzensgüte, Heiterkeit und Witz übersprudelnden und sprühenden Paters.

Meine recht unschuldigen Äußerungen haben aber bei mehreren katholischen Preßorganen einen Unwillen erregt, dessen kräftige Worte kein Mißverständnis zuließen. Es hieß, ich hätte mir eine grobe Unverschämtheit zuschulden kommen lassen und einen in unserer Zeit freilich nicht seltenen konfessionellen »Unfug« angestiftet, indem ich mir erlaubt hätte, »den Katholizismus mit dem schwärzesten Heidentum und Götzendienst zu vergleichen«. Ein paar ultramontane Zeitungen verkündeten in empörten Ausdrücken, daß mein Vergleich beider Religionen Torheit und Unwissenheit verrate. Aber ihre Entrüstung war ganz unangebracht und unnötig, da ich niemals den geringsten Versuch gemacht hatte, diese letztere Eigenschaft zu leugnen. Einige katholische Geistliche in Süddeutschland und Polen beehrten mich mit Briefen, in denen sie beklagten, daß ich so viele in ihren religiösen Gefühlen verletzt hätte.

Und doch war es nie meine Absicht gewesen, auch nur im geringsten zu der Bewegung, die man »Los von Rom« nennt, beizutragen! Ein kleiner Sturm zog über meine stille Studierstube hin und machte den vergeblichen Versuch, mich in meiner ruhigen Arbeit zu stören. Ich glaubte, ergrimmte Klosterbrüder und ehrwürdige Prälaten mit den Fingern auf mich zeigen zu sehen und mich Erzketzer schelten zu hören. Katholische Glocken läuteten mir in den Ohren, ich spürte Weihrauchduft, hörte die Messe singen und sah Mönche und Nonnen in Prozession zu den Kirchenfesten ziehen. Und all diese herrliche, ansprechende Kirchenpracht hatte ich mit dem Lamaismus verglichen! Ich hatte konfessionellen Unfug getrieben, und es hatte beinahe den Anschein, als habe ich eine Wallfahrt gemacht, um Buße zu tun, zu beichten und Besserung zu geloben, als ich nach Rom reiste, unter den Kuppeln von Sankt Peter umherging und dem ehrwürdigen Pius X. meine Aufwartung machte.

Damals hatte ich weder Zeit, noch Lust oder Geschick, auf jene Angriffe zu antworten. Seitdem sind aber zweieinhalb Jahre vergangen. Während dieser Zeit habe ich alte und neue Quellen zu einer Geschichte der Entdeckungsreisen in Tibet studiert. Ohne danach zu suchen, bin ich auf mehrere Berichte über den Lamaismus gestoßen und ich bin daher bis an die Zähne bewaffnet, wenn ich jetzt ins Feld ziehe, nicht um unter den Katholiken Ärgernis zu erregen, sondern nur, um zu beweisen, daß ich vollkommen recht hatte, als ich von der Ähnlichkeit des äußern Kultus des Lamaismus mit dem des Katholizismus gesprochen habe.

Das Thema ist nicht neu. Es ist so alt wie der Böhmerwald. Die Mönche des Mittelalters haben diese auffallende Ähnlichkeit wahrgenommen und sind darüber erstaunt gewesen. Viele katholische Missionare haben sich in deutlichen Worten darüber ausgesprochen, ohne deshalb von ihren Glaubensbrüdern angegriffen worden zu sein. Oft sind die Angaben unzuverlässig und mit einem Detailreichtum ausgeschmückt, der Argwohn erregt. Einige Schriftsteller haben aus den Erfahrungen anderer geschöpft, ohne die Quelle anzugeben. Manchmal sind auch von großen Autoritäten Mißverständnisse begangen worden. So sagt zum Beispiel Professor Kuehner in seinem glänzenden Werke über Tibet » Opisanie Tibeta« (Wladiwostok), daß Rubruquis, der im Jahre 1253 reiste, »an mehreren Stellen Kunde über den Lamaismus gibt und viele kuriose Ähnlichkeiten nachweist, die zwischen dem äußern Kultus dieser Religion und dem katholischen Gottesdienste bestehen«. In W. W. Rockhills vorzüglicher Übersetzung » The Journey of William of Rubruck to the Eastern Parts of the World 1253–55« (London 1900) steht S. 199 und 232 kein einziges Wort über diesen Punkt; nicht einmal das Wort Lamaismus kommt darin vor. Rubruquis spricht bei einer Gelegenheit von einem »Priester aus China« und ein andermal von einem »Reinkarnierten«, und Rockhill vermutet, daß er damit Lamas aus Tibet gemeint habe. Um so öfter spricht der Franziskaner von nestorianischen Christen, denen er unterwegs begegnete und die schon 600 Jahre vor seiner Zeit zahlreiche Gemeinden in den Ländern im Norden und Osten Tibets hatten.

Ganz kürzlich ist in der von Julius Rodenberg herausgegebenen »Deutschen Rundschau« (Nr. 14, 15. April 1912, S. 89 fg.) unter dem Titel »Ist die Entwicklung des Buddhismus vom Christentum beeinflußt worden?« eine interessante Untersuchung von Richard Garbe erschienen. Bevor wir weitergehen, wird es lehrreich sein, einen flüchtigen Blick auf ihren Inhalt zu werfen.

In der Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr. verbreitete sich der Buddhismus im nordwestlichen Indien, und dort entwickelte sich und blühte bis ins achte Jahrhundert n. Chr. hinein die Schule, die den nördlichen Buddhismus von dem südlichen unterscheidet und unter dem Namen Mahayana oder »das große Schiff« bekannt ist. In dieser Abart der ursprünglichen Lehre haben einige Forscher christlichen Einfluß spüren wollen. Einer von ihnen, der Jesuitenpater Joseph Dahlmann, gegen den Garbes Kritik sich hauptsächlich wendet, ist neuerdings so weit gegangen, daß er den Siegeszug des Buddhismus über das halbe Asien und über den dritten Teil des Menschengeschlechts nicht seiner eigenen Kraft zuschreibt, sondern den christlichen Gedanken und Ideen, die diese Lehre sich im nordwestlichen Indien angeeignet haben soll. Dahlmann behauptet demnach, daß diese verkleidete Form von Christentum die ungeheuer große Verbreitung der neuen Lehre erkläre.

In der katholischen Presse wurde Dahlmanns vermeintliche Entdeckung freudig, ja oft mit Begeisterung begrüßt. Endlich hatte ein scharfsinniger Forscher »dem Humbug des Buddhismus ein Ende gemacht«.

Gestützt auf die besten Autoritäten, die es gibt, auf Grünwedel, M. A. Stein u. a., untersucht Garbe die Beweisführung Dahlmanns in ihren kleinsten Einzelheiten und läßt sie Stück für Stück in Rauch aufgehen. Es würde zu weit führen, hier weiter darauf einzugehen. Es genüge, daß schon chronologische Unmöglichkeiten sich dem Pater entgegenstellen. Mit unbestechlicher Klarheit weist Garbe nach, daß der Mahayana-Buddhismus seinen Siegeszug durch die ostasiatische Welt aus eigener Kraft ausgeführt hat. Dagegen ist er geneigt, die Frage, ob das Christentum in späterer Zeit Spuren in dem nördlichen Buddhismus hinterlassen habe, zu bejahen.

In der Mitte des achten Jahrhunderts stiftete Padma Sambhava den tibetischen Lamaismus, der den einheimischen Schamanismus verdrängte. Der Gründer des Lamaismus war jedoch so klug, der auch mit siwaistischen Elementen untermischten Abart des Buddhismus verschiedene der Lehren und Bräuche der Schamanen einzuverleiben.

Die Möglichkeit eines christlichen Einflusses beginnt im Jahre 635, als die Nestorianer anfingen, Missionare in jene Gegenden zu schicken. Und es war nach dieser Zeit, daß in Tibet und Nepal der Glaube an einen allmächtigen, allwissenden Urbuddha entstand – eine monotheistische Richtung des ursprünglichen, atheistischen Buddhismus. Garbe findet es nicht undenkbar, daß dieser allmächtige Gott von den Nestorianern entlehnt sein könne. Mit um so größerer Bestimmtheit betont er den Einfluß des Christentums auf die spätere Entwicklung des lamaistischen Kultus, »den man geradezu als ein Zerrbild des katholischen Kultus bezeichnet hat«.

Unter andern auffallenden äußerlichen Ähnlichkeiten führt Garbe nach Waddell die Tatsache an, daß hohe Lamas sich vor dem Beginne einer religiösen Verrichtung bekreuzigen. Sie führen auch eine Zeremonie aus, die eine merkwürdige Ähnlichkeit mit dem Abendmahl hat. Es wird Brot und Wein unter der andächtigen Menge verteilt. Das Brot mag aus kleinen Butterteigwecken bestehen und der Wein mag eine Art Bier sein, die »Tschang« heißt. Aber wer davon ißt und trinkt, der gewinnt langes Leben. Garbe sagt: »Stark katholisch mutet uns auch ein Grundgedanke des Lamaismus an, daß nämlich die Priester ›die Schlüssel der Hölle und des Himmels‹ im Besitz haben, denn sie haben den allgemein verbreiteten Satz erfunden: Ohne einen Lama vor sich kann man Gott nicht nahen.«

Garbe fragt schließlich, ob die Ähnlichkeiten zwischen dem katholischen Kultus und dem lamaistischen sich durch die Annahme erklären ließen, daß der Menschengeist, wenn er sich in denselben Gefühls- und Denkbahnen bewege, sich auch äußerlich in dieselbe Form kleide. »Aber,« antwortet er, »die Übereinstimmungen sind zu eng und zu zahlreich, als daß wir ohne die Annahme der Entlehnung auskommen können«. Es versteht sich von selbst, daß der Katholizismus es ist, der dem Lamaismus sein Gepräge aufgedrückt hat, und nicht umgekehrt. Und ebenso klar ist es, daß die beiden Religionen sich in wesentlichen Dingen vollkommen unabhängig voneinander entwickelt haben.

Nach dieser Einleitung gehe ich zur Anführung einiger älterer Aussagen über. In einer deutschen Sammlung verschiedener Reisebeschreibungen unter dem Titel »Allgemeine Historie der Reisen zu Wasser und zu Lande; oder Sammlung aller Reisebeschreibungen« usw. (Leipzig 1750) findet sich im 7. Band (S. 212) eine ganze Abteilung mit der vielsagenden Überschrift: »Religion von Tibet und derselben erstaunliche Übereinstimmung mit der römischen«. Hierin wird ein wenig spöttisch gesagt, daß von den Missionaren, die Tibet besucht haben, also von Grüber, Desideri, della Penna und andern, »wenig mehr geschehen ist, als daß sie die Ähnlichkeit angemerket haben, die sie zwischen der Religion von Tibet und der ihrigen fanden«. Einige Missionare erklären diese Übereinstimmung dadurch, daß das Christentum vielleicht zur Zeit der Apostel in Tibet gepredigt worden sei. Wenn man andern Missionaren glauben darf, so ist sie sehr stark »und geht fast durch alle Lehren und Ceremonien der römischen Kirche. Gerbillon erwähnet folgende von den Ceremonien: 1) das Weihwasser. 2) Singen beim Gottesdienst. 3) Fürbitte für die Todten. 4) Ihre Kleidung, wie die Apostel gemalet werden, sie tragen auch Mützen und Kappen wie die Bischöfe. 5) Ihr großer Lama ist fast das unter ihnen, was der Papst bei den Römischgesinnten ist. Sie hielten das Meßopfer mit Brodt und Wein, gaben die letzte Ölung, segneten, die sich verehelichen wollten, ein, betheten über die Kranken, ehrten die Überbleibsel der Götzen, hätten Mönche und Nonnen, sängen im Chor wie die Mönche, beobachteten verschiedene Fasten im Jahre, unterwürfen sich sehr strengen Bußen und unter andern Geißeln, weihten Bischöfe und schickten Missionarien aus, die in äußerster Armut lebeten und barfuß durch die Wüste bis nach China reiseten.«

Nach Angabe jener Sammlung von Reisebeschreibungen ist der Präfekt der Kapuzinermission Orazio della Penna Verfasser der folgenden Zeilen:

»Die Religion von Tibet ist im Hauptwerke ein Abbild von der römischen. Sie glauben an einen Gott und eine Dreyeinigkeit, aber voll Irrtümer, Paradies, Hölle und Fegefeuer, auch voll Irrtümer. Sie halten Fürbitten, Almosen, Gelübde und Opfer für die Todten, haben eine große Anzahl Klöster, deren Mönche sich auf dreyßigtausend belaufen, und die außer den drey Gelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams noch verschiedene andere tun. Sie haben ihre Beichtväter, welche von ihren Vorgesetzten erwählet werden, und vom Lama – wie von einem Bischofe – die Erlaubnis erhalten, ohne welche sie nicht Beichte hören dürfen. Das Kirchenreglement ist bey ihnen so eingerichtet wie in der römischen Kirche …«

Von Régis und einigen andern katholischen Missionaren wird berichtet, daß sie alles mögliche getan hätten, um diese Ähnlichkeiten nicht bekannt werden zu lassen, weil der Katholizismus nur verlieren könne, wenn er mit einer Religion verglichen werde, welche die gröbste Abgötterei treibe, und weil die Protestanten dadurch Wasser auf ihre Mühle erhalten würden.

Als der Papst und die Kongregationen sich in den vierziger Jahren des 18. Jahrhunderts weigerten, der Kapuzinermission in Lhasa mehr Geld zu bewilligen, verteilte man im Jahre 1742 in Rom einen gedruckten Aufruf, der sich an die allgemeine Mildtätigkeit wandte. Das Dokument stellte Tibet als schon zum größten Teile bekehrt hin; es bedürfe nur noch einiger Missionare, um das Werk zu Ende zu führen.

Eine damalige Kritik spielt diesem Aufrufe übel mit. Es wird gefragt, welche Lehren denn gepredigt worden seien, daß Tibets Volk so bereitwillig das Christentum angenommen habe. Die Heilige Schrift oder das Glaubensbekenntnis Pius' VII. oder die Ordensregeln der Kapuziner? Jesus Christus werde mit keinem Worte erwähnt. Dagegen werde die äußere Ähnlichkeit der Kirchenordnung hervorgehoben. Aber gerade diese Ähnlichkeit müsse ein Hindernis sein, sagt die Kritik, denn wenn der eigentliche Unterschied nur darin liege, daß die Lamas von Tibet die lateinische Messe lernen müssen, um christliche Lamas zu werden, so würden sie sich für die Bekehrung bedanken. Ferner werde als ein Vorteil angeführt, daß die Tibeter nur ein Weib haben dürften. Weshalb sage man nichts von der Sitte, daß eine Ehegattin sich ihre Ehemänner halbdutzendweise halten dürfe? Die Weiber würden sich gegen die neue Lehre wehren und ihre Rechte mit dem Munde und den Nägeln zu verteidigen wissen.

Es war der Präfekt della Penna, der für die Kapuzinermission in Tibet arbeitete. Er erzählt, daß er viele harte Sträuße mit den lamaistischen Mönchen gehabt und einmal einen langen Brief zur Verteidigung des Katholizismus an den König in Lhasa geschrieben habe. In seiner Antwort habe der König die Vorzüge seiner Religion hervorgehoben und das Christentum eine tieferstehende Glaubensform genannt, wenn es auch das eine oder andere Gute enthalte.

Ehre den Kapuzinern auf alle Fälle! Sie benahmen sich in Tibet wie ganze Männer. Wir haben keinen Grund, ihnen gram zu sein, weil sie oder ihr Sprachrohr, der Pater Georgi, in seinem berühmten, aber verworrenen Buche » Alphabetum Tibetanum« (Rom 1762) dem alten Manichäismus die Schuld an den Ähnlichkeiten zwischen den beiden Religionen zuschreiben. Der Erzketzer Manes sollte für alles Teufelszeug in Tibet verantwortlich sein, aber wir erfahren nicht, auf welchen wunderbaren Wegen seine Lehren dorthin gedrungen sind. An einer Stelle (a. a. O., S. 543) spricht Georgi folgende gelungene Befürchtungen aus: » Antiquum hoc & portentosum connubium Manichaicæ hydræ cum Paganismi monstro in Tibeto commixtæ, terret me plurimum, ac nescio quid mali in posterum futurum portendere videtur Ecclesiæ«. (Diese alte und unnatürliche Vermischung der manichäischen Hydra mit dem heidnischen Ungeheuer in Tibet schreckt mich am meisten, und ich weiß nicht, welches Unglück der Kirche für die fernere Zukunft bevorzustehen scheint.) Man vergleiche auch Alberto Magnaghi, » Relazione inedita di Un Viaggio al Tibet del Padre Cassiano Beligatti da Macerata«. (Florenz 1902, S. 7 u. 11.) Es ist nicht richtig, nach Ähnlichkeiten zwischen dem Ritual der Kapuziner und des Schamanismus zu suchen wie Dr. Gutzlaff im » Journal of the Royal Geographical Society« 1851, S. 226, tut, und zu behaupten, daß man deswegen in den Missionaren Lamas aus dem Abendlande gesehen habe. Denn was hat der Schamanismus mit dem Katholizismus zu schaffen?

Wir können in der Zeit weiter als bis auf die Kapuziner zurückgehen. Es ist sehr bezeichnend, daß der erste Europäer, der, soviel man weiß, im Jahre 1328 in Tibet eingedrungen ist, der Franziskanermönch Odorico de Pordenone, den Großlama in Lhasa Papst nennt. Er meint damit den Abt des vornehmsten Tempels, denn die Würde des Dalai-Lama bestand damals noch nicht. Seine eigenen Worte lauten: »In dieser Stadt (Lhasa) wohnt der Obassy, das heißt in ihrer Sprache ihr Papst. Er ist das Oberhaupt aller Götzendiener.« In einer lateinischen Übersetzung (von Hakluyt) heißt es: » Papa eorum, qui est caput et princeps omnium Idolatrorum … sicut noster Papa Romanus est caput omnium Christianorum«. (Henri Cordier, » Les voyages en Asie au XIVe siècle du bienheureux Frère Odoric de Pordenone« [Paris 1891, S. 450.] Vgl. auch Henry Yule, » Cathey and the way thither«, S. 149.)

Unser Freund Andrade erzählt von den Mönchen von Tsaparang, daß sie »ganz wie unsere Klosterleute« beisammenwohnten. Sie heirateten nicht, die Jungen sängen »auf unsere Weise« rein, laut und sympathisch Choräle. Ihre Tempel seien wie unsere Kirchen, aber schöner und reiner, bemalt und mit goldenen Statuen verziert. Er habe ein Bild gesehen, das die Mutter Gottes habe vorstellen sollen. Er habe dort die Beichte, das Weihwasser und eine Benetzung gefunden, die sich mit der Taufe vergleichen lasse.

Athanasius Kircher berichtet in » La Chine Illustrée etc.« (Amsterdam 1670, S. 97) über den Dalai-Lama, daß er in einem mit vielen Lampen erleuchteten Gemache auf einem Kissen sitze. Dorthin kämen die Pilger, die sich vor ihm niederwürfen und zum Zeichen der Ehrfurcht den Boden mit der Stirn berührten. Es sei ihnen aber nicht erlaubt, ihm die Füße zu küssen, wie es bei dem »pontifikalen Souveräne in Rom« zu geschehen pflege. Hierin zeige sich deutlich der Teufelstrug. Um heilige Dinge zu verspotten und Gott die Ehre, die ihm gebührt, zu rauben, habe der Böse durch eine Handlung seiner gewöhnlichen Arglist diese Barbaren uns nachahmen lassen, indem er ihnen erlaube, einem Menschen die Ehrenbezeugungen zu erweisen, die einzig und allein Gott und Jesus Christus gebühren. Er lasse sie die allerheiligsten Mysterien der katholischen Kirche profanieren, indem er diese armen Elenden zwinge, sich der Mysterien an dem Orte zu bedienen, wo sie ihre abscheulichen Götzen haben. Weil er gemerkt habe, daß die Christen den Papst Vater der Väter nennen, lasse er diese götzendienerischen Barbaren jenen falschen Gott auch Großlama oder obersten Priester nennen.

Dieser Kircher war selber Jesuit! Er erklärt die Ähnlichkeit zwischen den beiden Religionen als einen Einfall des Teufels. Auf denselben Ausweg verfiel im Jahre 1661 Grüber. »Nichts fiel ihm«, schreibt Richthofen im ersten Band seines »China« (S. 672), »mehr auf als die Ähnlichkeit des Kultus mit dem katholischen, was er für ein Teufelsspiel ansah.«

Es sind augenscheinlich die Ansichten des Pater Régis, die wir in folgenden Worten des Schriftstellers Du Halde in der » Description de l'Empire de la Chine etc.« (IV, S. 469) wiederfinden. Er sagt, daß »tüchtige Missionare« die Auffassung gewonnen hätten, in Tibets alten Büchern seien Spuren »unserer heiligen Religion« zu finden, die dort zur Zeit der Apostel schon gepredigt worden, im Laufe der Jahrhunderte aber aus Unkenntnis mit einer Unwissenheit vermengt worden sei, die schließlich überhand genommen habe. »Die Indizien, auf die sie ihre Annahme stützen, ist die Tracht der Lamas, die recht ähnlich derjenigen ist, in welcher man auf alten Bildern die Apostel dargestellt sieht; die Subordination, die man bei ihnen findet und die auch einige Ähnlichkeit mit der ekklesiastischen Hierarchie hat; mehrere ihrer Zeremonien, die den unseren nicht fernstehen; ihre Vorstellung von einer Inkarnation, und schließlich die Lehren, die ihre tüchtigsten Doktoren verkünden. Alles dies dürfte es in der Tat nötig machen, daß man ihre Bücher, die in Lhasa sind, und die Monumente, die man dort finden kann, einer gründlichen Untersuchung unterzieht.«

Dieser Du Halde war ebenfalls ein Jesuit!

Nun wollen wir aber hören, was einige der katholischen Missionare der neuern Zeit zu sagen haben. Der unsterbliche Huc, Prêtre missionnaire de la congrégation de Saint-Lazare, berichtet in seinen » Souvenirs d'un voyage dans la Tartarie, le Thibet et la Chine« (Paris 1853, II, S. 110 fg.):

»Wenn man die Reformen und Neuerungen, die Tsong Kapa in den lamaistischen Kultus eingeführt hat, auch noch so oberflächlich untersucht, so ist man doch ganz unvermeidlich über ihre Ähnlichkeit mit dem Katholizismus frappiert. Der Bischofsstab, die Mitra, das Meßgewand, der Kardinalsrock oder der Chorrock, den die höheren Lamas auf Reisen oder beim Vollzug irgendeiner Zeremonie außerhalb des Tempels tragen, der Doppelchor beim Gottesdienst, die Gesänge, die Beschwörungen, das Weihrauchfaß mit den fünf Ketten, das sich nach Belieben öffnen und schließen läßt, der Segen, den die Lamas durch Ausstrecken der rechten Hand über den Köpfen der Gläubigen erteilen, der Rosenkranz, der Zölibat der Geistlichen, die Absonderung der Geistlichen von der Welt, der Heiligenkultus, das Fasten, die Prozessionen, die Litaneien, das Weihwasser: da sind die Berührungspunkte, welche die Buddhisten mit uns haben. Kann man nun sagen, daß diese Berührungspunkte christlichen Ursprunges seien? Wir glauben es, und obwohl wir weder in den Überlieferungen noch in den Altertümern des Landes irgendeinen positiven Beweis einer solchen Entlehnung gefunden haben, so ist es nichtsdestoweniger erlaubt, Vermutungen auszusprechen, die in jeder Hinsicht die größte Wahrscheinlichkeit besitzen.

»Man weiß, daß im 14. Jahrhundert, während der Regierung der mongolischen Kaiser, die Europäer oft mit den Völkern Hochasiens in Verbindung standen. Wir haben schon im ersten Teile unserer Reisebeschreibung von den berühmten Gesandtschaften gesprochen, welche die tatarischen Eroberer nach Rom, Frankreich und England schickten. Ohne Zweifel mußten diese Barbaren über den Glanz und Pomp in den Zeremonien des katholischen Kultus so frappiert sein, daß sie eine unauslöschliche Erinnerung daran mit in ihre Wüsteneien nahmen. Andrerseits weiß man auch, daß um dieselbe Zeit Geistliche verschiedener Orden weite Reisen unternahmen, um in der Tartarei das Christentum einzuführen; sie müssen um dieselbe Zeit in Tibet eingedrungen und zu dem Si-fan-Volke und den Mongolen am Koko-nor gelangt sein. Jean de Montcorvin, der Erzbischof von Peking, hatte bereits einen Chor organisiert, in welchem sich zahlreiche mongolische Mönche täglich im Psalmenhersagen und in katholischen Zeremonien übten. Wenn man beachtet, daß Tsong Kapa um dieselbe Zeit lebte, als das Christentum in Zentralasien Eingang fand, wird man sich nicht wundern, wenn man in der buddhistischen Reform so frappante Ähnlichkeiten mit dem Christentum findet.

»Und sollte man nicht noch Positiveres sagen können? Könnte nicht jene Legende von Tsong Kapa, die wir an seinem Geburtsorte selber gesammelt und von mehreren Lamas direkt gehört haben, unserer Ansicht als Stütze dienen? Nach Ausmerzung all des Seltsamen, was die Einbildungskraft der Lamas jener Erzählung hinzugefügt hat, kann man sagen, daß Tsong Kapa ein Mann war, der durch sein Genie und vielleicht durch seine Tugend die Menge überragte; daß ihn ein Fremdling, der aus dem Abendlande kam, unterrichtete; daß der Schüler nach dem Tode des Meisters westwärts zog und daß er in Tibet blieb, wo er die Lehren, die ihm gegeben worden waren, verbreitete. War nicht jener Fremdling mit der großen Nase ein Europäer, einer der katholischen Missionare, die um diese Zeit in so großer Anzahl in Hochasien eindrangen? Es ist kein Wunder, daß die lamaistischen Überlieferungen das Andenken an jenes europäische Gesicht, dessen Typus dem asiatischen so unähnlich ist, bewahrt haben. Während unseres Aufenthalts in Kum-bum haben wir mehr als einmal gehört, daß Lamas über das Fremdartige unseres Aussehens Bemerkungen machten und, ohne zu zögern, sagten, daß wir aus demselben Lande seien wie Tsong Kapas Lehrer. Man kann annehmen, daß ein zu früher Tod dem katholischen Missionar nicht erlaubt hatte, den Religionsunterricht seines Schülers zum Abschlusse zu bringen, und daß dieser, als er später Apostel werden wollte, nur darauf bedacht gewesen ist, eine neue Liturgie einzuführen, sei es, daß er keine genügende Kenntnis des christlichen Dogmas besaß oder daß er wieder vom Glauben abgefallen war. Der schwache Widerstand, auf den seine Reform stieß, scheint anzudeuten, daß der Fortschritt der christlichen Ideen in jenen Gegenden den Buddhakultus schon in hohem Grade zum Wanken gebracht hatte. Es bleibt nur noch zu untersuchen, ob die zahlreichen Berührungspunkte, welche die Buddhisten mit den Katholiken haben, der Verbreitung des Glaubens in der Tartarei und in Tibet hinderlich oder günstig sind.«

Diese Ähnlichkeiten betreffen natürlich nur den Kultus. Über die Lehre sagt Huc in » Le christianisme en Chine« (Paris 1857, IV, S. 11):

»Pater Desideri macht sich, unserer Meinung nach, sehr übertriebene Vorstellungen von den Berührungspunkten, die er vom dogmatischen Gesichtspunkte aus zwischen dem Christentum und der lamaistischen Lehre entdeckt zu haben glaubt. Es ist wahr, daß man in Tibet erstaunliche Erinnerungen an die großen, primitiven Traditionen und unwiderlegliche Spuren der katholischen Missionare des Mittelalters wiederfindet; aber es ist nicht wahr, daß die Buddhisten eine sehr klare und sehr genaue Idee von der heiligen Dreieinigkeit, der Erlösung der Menschen, der Menschwerdung des Gottessohnes und dem heiligen Abendmahle haben. Der Keim zu allen diesen Dogmen mag möglicherweise ihrem Glauben zugrundeliegen, aber festgelegt sind sie keineswegs.«

An einer andern Stelle desselben Werkes (II, S. 20) ruft Huc aus: » La coïncidence des lieux, celle des époques, les témoignages de l'histoire et de la tradition, tout démontre donc jusqu'à l'évidence que la hiérarchie et le culte lamaïques ont fait des empruntes considérables au christianisme.« (»Die Übereinstimmung von Ort und Zeit, die Zeugnisse der Geschichte und der Überlieferung, alles dies beweist schlagend, daß die lamaistische Hierarchie und ihr Kultus beim Christentum beträchtliche Anleihen gemacht haben.«)

Der liebenswürdige Abbé C. H. Desgodins, der sich ein Menschenalter hindurch im äußersten Osten Tibets aufgehalten hat, bemüht sich, die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Religionen wegzudeuten. Er hat in seinem Werke » Le Thibet d'après la correspondance des missionnaires« (Paris 1885, S. 228) eine besondere Rubrik für das Thema »die lamaistische Hierarchie im Vergleich mit der der katholischen Kirche«, worin er sagt:

»Gewisse Schriftsteller sind sogar so weit gegangen, daß sie die lamaistische Hierarchie der katholischen Kirche, ihrem Papste, ihren Kardinälen, ihrem Primate, ihren Erzbischöfen und ihren Bischöfen vergleichen. Der Vergleich ist mehr als plump, denn innerhalb des Katholizismus ist die Hierarchie der Weltgeistlichen, vom Papst bis auf den letzten Seelsorger herab, die fundamentale Hierarchie der Kirche und deren religiöse Gesellschaften sind nichts anderes als nützliche, obwohl nicht notwendige Hilfstruppen. In Tibet dagegen ist die ganze Hierarchie hauptsächlich Mönchswesen, und man findet dort nicht die geringste Spur einer Weltgeistlichkeit.

»Tatsächlich und von Grund aus gleicht die Organisation der religiösen Gesellschaften in Tibet in viel höherem Grade dem Protestantismus als dem Katholizismus (!). Auf beiden Seiten finden wir auffallenden Parallelismus bei den unabhängigen, miteinander rivalisierenden Sekten, sehr geringen Zusammenhalt innerhalb der Geistlichkeit jeder Sekte und Mitsprechen und Eingreifen der bürgerlichen Macht auf religiösem Gebiete und in religiöse Angelegenheiten. Die einzige Ähnlichkeit, die der Lamaismus mit dem Katholizismus hat, finden wir in der Form des Mönchstums, das innerhalb des Katholizismus Nebensache, dem tibetischen Buddhismus aber eine Hauptsache ist. Gehen wir bis ins 13. Jahrhundert zurück, so finden wir, daß die Geschichte schon Licht über die Vorgeschichte dieser Form verbreitet hat; wir hoffen, daß sie ihr Werk geduldig vollenden und uns untrüglich beweisen wird, daß sowohl die Formen des Mönchswesens wie viele andere Zeremonien in dem äußeren Kultus nichts anderes als Entlehnungen aus dem Christentum sind.«

Ein anonymer Verfasser in der » Calcutta Review« (64. Bd., 1877, S. 115) sagt über George Bogles Schilderungen der Zeremonien in Taschi-lunpo im Jahre 1774, daß sie »uns unwiderstehlich zu Vergleichen zwischen dem Buddhismus Tibets und der römisch-katholischen Religion veranlassen. Im Geiste sieht man das Schauspiel, das sich am Ostertage in der Sankt-Peterskirche darbietet, wenn man liest, wie der Taschi-Lama, auf dem Hofe seines Palastes unter einem Thronhimmel sitzend, von einer gewaltigen Menschenmenge umgeben ist, die auf seinen Segen wartet«.

Nach Aufzählung einer Reihe von Berührungspunkten, in demselben Sinne wie Huc, führt er auch die Analogie zwischen dem buddhistischen Inkarnationssystem und dem Dogma der apostolischen Nachfolge an. Er gibt der buddhistischen Erfindung den Vorzug. Den Gedanken, den Geist eines entschlafenen Lamas ohne menschliche Einmischung in den Leib eines Kindes hinüberwandern zu lassen, findet er viel höher und reiner, sowie auch dem Gemüte viel zusagender als den Gedanken, diese Überführung durch die Wahl eines Kollegiums von Kardinälen geschehen zu lassen.

Um dieselbe Zeit wie der Gesandte Bogle spricht John Stewart im » Annual Register« (1778, S. 36) seine Verwunderung darüber aus, daß der Dalai-Lama »oft kleine Kugeln aus gesegnetem Brot austeilt, genau so wie die Hostie der römischen Katholiken«. Auch er zählt eine Reihe Ähnlichkeiten auf und findet es nicht verwunderlich, daß die Kapuziner bei den Lamas in Tibet jeden Zug ihres eigenen Kultus wiederzuerkennen glaubten.

In den Anmerkungen zur französischen Ausgabe von Carl Peter Thunbergs Reisebeschreibung ( Voyages de C. P. Thunberg au Japon [Paris 1796], III, S. 248) spricht L. Langlès einige weitgehende Reflexionen über Buddhismus und Christentum aus. Im japanischen Buddhismus findet er Gegenstücke zu den Heiligen und den kanonisierten Päpsten der katholischen Kirche. Er zitiert auch die Stelle der » Histoire du Japon« des Jesuiten Charlevoix, wo es heißt: »Das Merkwürdige ist, daß man mitten in diesem formlosen Religionschaos so viele Spuren des Christentums findet, daß wir kaum ein Mysterium, ein Dogma oder auch nur ein Gebot der Barmherzigkeit besitzen, das die Japaner nicht auch schon gekannt zu haben scheinen.« Die Bilder in dem Werke des Paters Georgi verraten, wie Langlès sich äußert, auffallende Ähnlichkeit zwischen der Tracht der Lamas und der Kleidung der katholischen Priester. Alles dies läßt sich nach ihm erklären, wenn man »Tibet oder das Plateau der Tartarei« zur Wiege der Wissenschaften macht!

Vielleicht habe ich meine Leser mit allen diesen Zitaten schon ermüdet. Es sind aber nur noch ein paar übrig. Das Thema ist jedoch fesselnd, und es hat sogar, wenigstens auf einige Minuten, Männer wie Voltaire und Napoleon in seinen Bann gezogen. Jener spricht zwar nicht über unsere Analogien, aber er macht eine spaßhafte Äußerung über den Dalai-Lama, wobei er allerdings den Kern der Sache auch nicht besser getroffen hat als bei seinen Äußerungen über Karl XII. So sagt er im » Essai sur les moeurs et l'esprit« (Paris 1775, II, S. 143): »Es ist sicher, daß der Teil Tibets, wo der Großlama regiert, zu dem Reiche Dschingischans gehörte und daß der oberste Priester in keiner Weise durch den Herrscher belästigt wurde, der in seinen Heeren viele Anbeter dieses Götzen in Menschengestalt hatte.« Abel-Rémusat erwidert daraus ( Mélanges Asiatiques [Paris 1825], I, S. 129 fg.), daß Dschingischan nie Gelegenheit gehabt habe, eine solche Ehrfurcht vor dem obersten Priester zu bekunden, »denn zur Zeit Dschingischan gab es noch keinen Dalai-Lama in Tibet«.

Napoleons Riesengestalt zieht aus reinem Zufall an unserm Blicke vorüber. Der Kapitän Basil Hall landete am 11. August 1817 in Jamestown und hatte zwei Tage darauf bei Napoleon Audienz. Hall erzählt von der Unterredung: »Die Ähnlichkeit zwischen den chinesischen Bonzen und den katholischen Priestern war ihm bekannt. Er wußte, daß auch gewisse katholische und buddhistische Zeremonien einander gleichen. Aber damit, bemerkte er, hört auch die Ähnlichkeit auf, weil die Bonzen keinen Einfluß auf die Denkweise des Volkes ausüben und sich durchaus nicht in weltliche Angelegenheiten mischen.« (Vgl. Frémeaux, Les derniers jours de l'Empereur).

Über die Männer der Kapuzinermission sagt der große Sanskritforscher H. H. Wilson im » Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland« (Nr. XIV, 1843, S. 293): »Sie sind hinsichtlich der Ähnlichkeit zwischen der Lamareligion und dem Christentume alle einer Meinung.« Diese Bemerkung findet sich in einer Note zu dem Berichte des Mir Isset Ullah über eine Reise von Ladak nach Jarkent, worin der Mohammedaner sich die folgende impertinente Bemerkung erlaubt: »Es besteht auch eine auffallende Verwandtschaft zwischen den Lamas in Tibet und den Mönchen der christlichen Länder.« Mir Isset Ullah machte jene Reise im Auftrage des Manasarovarforschers Moorcroft, der selbst bei einem Besuche in Daba im Jahre 1812 beobachtet hatte, daß beim Tode eines reichen Tibeters immer ein bedeutender Teil seines Vermögens an die Kirche fällt und ein Götzenbild denjenigen Priestern geschenkt werden muß, die »ganz wie im römisch-katholischen Glauben« für die Seelenruhe des Verstorbenen beten. (Vgl. Asiatic Researches, XII, 1818, S. 437.)

Der Bischof Dr. Nicholas Wiseman hielt im Jahre 1835 in Rom zwölf Vorträge über den Zusammenhang zwischen wissenschaftlicher Forschung und christlicher Offenbarung; sie wurden unter dem Titel » Twelve lectures on the connection between science and religion« veröffentlicht. In seiner elften Vorlesung spricht Wiseman auch von Tibets religiösen Verhältnissen, wobei er sagt: »Als Europa zuerst mit dieser Götterverehrung bekannt wurde, war es unmöglich, sich nicht über die Analogien zu wundern, die sie mit den religiösen Gebräuchen der Christen und besonders mit denen der Katholiken aufwies. Die Hierarchie der Lamas, die monarchischen Institutionen der Tibeter, ihre Kirchen und ihre Zeremonien glichen den unseren in den kleinsten Zügen so sehr, daß man unwillkürlich glaubte, zwischen beiden müsse irgendeine Berührung stattgefunden haben.«

Sich auf Abel-Rémusat und ein paar andere Gelehrte stützend, gelangt Wiseman indessen zu folgendem Resultat: »Um die Zeit, als sich buddhistische Patriarchen zum erstenmal in Tibet niederließen, stand dieses Land in unmittelbarer Berührung mit dem Christentum. Nicht allein hatten die Nestorianer kirchliche Kolonien in der Tartarei, auch der Hof der Chane wurde von italienischen und französischen Geistlichen besucht, die der Papst und Ludwig der Heilige von Frankreich mit wichtigen Aufträgen dorthin gesandt hatten. Sie nahmen Kirchenschmuck und Altäre mit, um, wenn möglich, einen günstigen Eindruck auf die Gemüter der Eingeborenen zu machen. Zu diesem Zweck feierten sie ihren Gottesdienst in Gegenwart der Tatarenfürsten, von denen sie Erlaubnis erhielten, sogar innerhalb des Gebietes der königlichen Paläste Kapellen zu erbauen. Ein italienischer Erzbischof, den Papst Clemens V. ausgesandt hatte, errichtete sein Bistum in dieser Stadt und baute dort eine Kirche, in die drei Glocken die Gläubigen riefen und an deren Wänden viele heilige Bilder gemalt zu sehen wären. Nichts war leichter, als viele der verschiedenen Sekten, die den mongolischen Hof überschwemmten, zum Bewundern und Annehmen der Zeremonien dieser Religion zu vermögen. Einige Mitglieder des kaiserlichen Hauses bekannten sich im geheimen zum Christentum, viele vereinigten die äußeren Gebräuche mit ihrem eigenen Glaubensbekenntnis, und bald freute sich Europa über die Nachricht, daß fürstliche Personen bekehrt worden, bald trauerte es über die Entdeckung, daß sie wieder vom Glauben abgefallen waren … Inmitten solcher mit römischer Pracht gefeierter Zeremonien und bei den Erzählungen aus dem Munde der Gesandten und Missionare über die Religionssitten und die Hierarchie ihres Landes, ist es kein Wunder, daß die lamaistische Religion, die gerade um diese Zeit Pracht zu entfalten begann, solche Einrichtungen und Gebräuche aufnahm, mit denen sie schon vertraut war und welche diejenigen bewunderten und liebten, die sie für sich zu gewinnen wünschte. Das Zusammentreffen in Zeit und Raum und der Umstand, daß die heilige Monarchie vorher nicht bestand, ist ein mehr als zureichender Beweis, daß die tibetische Religion nur der Versuch zu einer Nachbildung unserer eigenen ist.«

Wiseman verficht also die Ansicht, daß der lamaistische Kultus von Europa nach Tibet importiert sei. Er hat indessen das meiste, was er über dieses Thema anführt, den Werken Abel-Rémusats entlehnt. Dieser sagt in seinem » Discours sur l'origine de la hiérarchie lamaïque« ( Mélanges Asiatiques [Paris 1825] I, S. 129): »Die ersten Missionare, die den Lamaismus kennen lernten, waren nicht wenig erstaunt, im Herzen Asiens zahlreiche Klöster zu finden, sowie auch feierliche Prozessionen, Wallfahrten, Religionsfeste, den Hof eines obersten Priesters und Kollegien höherer Lamas, die ihr Oberhaupt, den Kirchenfürsten und geistigen Vater der Tibeter und der Tataren, wählen. Aber da der Glaube in ihrem Bekenntnisse in nicht geringem Grade eine Tugend war, hatten sie nicht daran gedacht, diese seltsamen Berührungspunkte zu verheimlichen, und um sie zu erklären, beschränkten sie sich darauf, den Lamaismus als eine Art degenerierten Christentums zu betrachten, und in den Zügen, die ihnen überraschend erschienen, sahen sie ebensoviele Spuren ehemaligen Vordringens der syrischen Sekten in diese Gegenden.«

Abel-Rémusat zeigt, daß gerade während dieser Zeit, als aus Europa Gesandte und katholische Mönche nach dem Osten zogen, die neuen Sitze der buddhistischen Patriarchen in Tibet gegründet wurden. »Soll man sich darüber wundern, daß sie in der Begierde, die Zahl ihrer Anhänger zu vergrößern und dem Kultus größeren Glanz zu verleihen, einige liturgische Gebräuche und etwas von dem fremden Pomp, der Eindruck auf die Massen machte, annahmen?«

Abel-Rémusat will also nachweisen, daß die rein äußerlichen Ähnlichkeiten, die vorhanden sein können, darauf beruhen, daß der Lamaismus in neuerer Zeit einen Teil der pomphaften Gebräuche der katholischen Kirche angenommen hat. Er tritt demnach gegen die Ansicht auf, die im Lamaismus ein entartetes Christentum sehen wollte. Unter denjenigen, die diese Ansicht verfochten haben, nennt er Thévenot, Abbé Renaudot, Andrade, della Penna, Georgi, Deguignes, Lacroze »und viele andere«. Wie man die bei den beiden Kirchen vorhandenen Ähnlichkeiten auch erklären will, aus Abel-Rémusats Auseinandersetzung geht doch deutlich genug hervor, daß eine solche Ähnlichkeit von einer ganzen Reihe Katholiken wirklich beobachtet worden ist.

Henry T. Prinsep sagt in dem kleinen Buche » Tibet, Tartary and Mongolia« (London 1851, S. 5, 12, 136, 141, 165 usw.) über das lamaistische Asien: »Die außerordentliche Ähnlichkeit zwischen den Doktrinen, den Büchern, dem Rituale, den Formen und den Institutionen des Buddhismus und denen des römischen Christentums, welche die Jesuiten, die im siebzehnten Jahrhunderte Tibet besuchten, beobachtet haben, muß zu dem Glauben führen, daß die erstere Religion sie von der anderen entlehnt hat. Das tibetische Klosterwesen hat auch eine merkwürdige Ähnlichkeit mit den Verhältnissen, die im Mittelalter innerhalb der römischen und der konstantinopolitanischen Kirche herrschten.«

Prinsep führt auch Hauptmann Turners Erstaunen über den tibetischen Wechselgesang zwischen dem Priester und der Gemeinde und seine Ähnlichkeit mit den Hochamtszeremonien der römischen Kirche an. Csoma de Körös hat einige der tibetischen Kirchenlieder übersetzt, und Prinsep sagt von ihnen, daß er selbst erstaunt gewesen sei über ihre Ähnlichkeit im Geiste und Tone mit Teilen der Litanei und der Psalmen, die in den katholischen Kirchen auf dieselbe Weise gebetet oder gesungen würden.

In der im Jahre 1860 in Paris erschienenen » Géographie Universelle« von Malte-Brun finde ich (III, S. 235) folgende Bemerkung: »Rom und Lhasa, der Papst und der Dalai-Lama, könnten uns sehr interessante Berührungspunkte bieten. Die tibetische Regierung, die ganz und gar lamaistisch ist, scheint gewissermaßen eine Kopie des Kirchenregiments der päpstlichen Staaten zu sein.«

Zum Schlusse nur noch ein Zitat aus Koeppens berühmtem Buche »Die lamaische Hierarchie und Kirche« (Berlin 1859), S. 116 fg.:

»Aeltere, wie jüngere Reisende, die ins Reich des Schnees oder in eins der von dort bekehrten Länder eingedrungen sind, haben oftmals über die vielen Beziehungen zwischen der Form des katholischen und lamaischen Cultus, die Aehnlichkeit, ja Uebereinstimmung der Ceremonien, Priesterkleidung, der heiligen Instrumente u. dgl. ihr Erstaunen ausgesprochen. Im Zeitalter des wüsten Aberglaubens führte man diese Erscheinung auf den Urheber alles Bösen, auf den Satan, zurück. Der Teufel – sagten sie – der ›Affe Gottes‹, hat dem Herrgott auch sein Christenthum nachgemacht und eine Kirche gegründet, die sich äußerlich fast wie die katholische gebärdet, innerlich aber und in Wahrheit nichts ist, als heidnisches Teufelswerk. Die Kapuzinermissionäre des vorigen Jahrhunderts setzten an die Stelle des Teufels den Urketzer Manes, den sie mit Buddha identifizirten und zum Stifter des Lamaismus machten. Die jüngsten Sendboten der Propaganda endlich, welche Lhassa besucht, sind zu der Ueberzeugung gelangt, daß all' jene Analogien zwischen Lamaismus und Katholicismus, selbst das Pontificat, die Ehelosigkeit der Priester, die Verehrung der Heiligen, die Beichte, die Fasten, die Processionen u. s. w., ferner die Anwendung des Exorcismus, des Weihwassers, endlich die Glocken, der Rosenkranz, die Mitra, der Hirtenstab u. a. sammt und sonders dem Christenthume erborgt, und erst in Folge der Neuerungen des Doctor bTsong kha pa in den lamaischen Ritus und Cultus eingeführt worden seyen … Es ist kaum schon möglich, aus die Fragen, was etwa der Lamaismus dem Christenthum und was seinerseits der Katholicismus dem Lamaismus oder Buddhismus überhaupt entlehnt hat, näher einzugehen; hier sey blos bemerkt, daß einmal den Reformen bTsong kha pa's durchaus nicht die Ausdehnung beigelegt werden kann, als habe er gleichsam erst den ganzen lamaischen Cultus, wie dieser jetzt ist, geschaffen, und daß es andrerseits völlig unkritisch und unhistorisch ist, urbuddhistische Einrichtungen und Gebräuche, wie z. B. die Ehelosigkeit, die Beichte, die Fasten, die alle erwiesenermaaßen älter sind, als das Christenthum, für Neuerungen und noch dazu für Nachahmungen des Katholicismus auszugeben.«

Auch der Rosenkranz ist in Indien und sogar in Tibet älter als in Europa. Hierüber sagt Koeppen (a. a. O., S. 319): »Die Heimath des Rosenkranzes scheint Indien zu seyn, von wo ihn die Muslim und durch diese vermuthlich die Christen erhalten haben – denn man darf wohl dem menschlichen Gehirn nicht zutrauen, daß es dieses absonderliche Werkzeug der Devotion öfter als einmal erfunden habe.«

Über die Taufe sagt er (a. a. O., S. 320): »Die Taufe, d. h. der Gebrauch, die Kinder unmittelbar oder bald nach ihrer Geburt mit Wasser zu besprengen oder in dasselbe zu tauchen und ihnen dabei einen Namen zu geben, ist kein ausschließlich christliches Sacrament, sondern wird in vielen sogenannten heidnischen Religionen, selbst bei ganz rohen schamanischen Völkern, und zwar ausdrücklich als ein Act religiöser Weihe und Sühne, als geistliches Reinigungsbad beobachtet. Daß die lamaische Kirche ihn hat, versteht sich bei deren hierarchischer Tendenz von selbst.«

Hinsichtlich der Ehe betont Koeppen eine Verschiedenheit zwischen den beiden Kirchen (a. a. O., S. 321): »Nach katholischen Concilienbeschlüssen soll der verflucht seyn, welcher behauptet, daß der status conjugalis eben so rein und heilig sey, als der status virginitatis. Es ist folglich eine schneidende Inconsequenz, daß die Schließung der Ehe, d. h. der Act, durch welchen zwei Personen aus einem heiligeren in einen weniger heiligen Zustand übergehen, von der katholischen Kirche als Sacrament betrachtet wird.«

Auch Koeppen hat seine Gegner. So sagt W. L. Heeley in » The Calcutta Review« (59. Band, 1874, S. 139) von ihm, daß er offenbar Freidenker sei, über die Priester und ihre Wege schlecht denke und die Lamas hasse, »weil sie ihn an die katholische Kirche erinnern, gerade wie die katholischen Missionare die Lamas hassen, weil sie die Kirche parodieren«.

Bei Adrien Launay finde ich folgendes im ersten Bande der » Histoire de la Mission de Thibet« (I, S. 23): »Im siebzehnten Jahrhundert berichteten indische Karawanen, daß es in Tibet Christen gebe; sie sind ohne Zweifel gleich einigen Geschichtsschreibern durch die Ähnlichkeiten, die man zwischen den katholischen und den lamaistischen Zeremonien wahrnehmen kann, irregeführt worden.«

Harald Hjärne hebt bezüglich der buddhistischen Kirche hervor, daß sie höchstens mit den katholischen Mönchsorden verglichen werden könne. (» Stat och Kyrka«, Stockholm 1912, S. 11).

Einer der großen Männer unserer Zeit in der Kenntnis des Buddhismus, Dr. T. W. Rhys Davids, schließt sein kleines, vortreffliches und beständig in neuen Auflagen erscheinendes Handbuch » Buddhism: being a sketch of the life and teachings of Gautama, the Buddha« (London 1903, S. 250) mit folgenden Zeilen: »Der Lamaismus mit seinen geschorenen Priestern, seinen Glocken und Rosenkränzen, seinen Bildern, seinen prachtvollen Gewändern und seinem Weihwasser, seinem Gottesdienste mit Doppelchören, Prozessionen, Glaubenssätzen, mystischem Ritual und Weihrauch, wobei die Laien nur Zuschauer sind, seinen Äbten, Mönchen und Nonnen vieler verschiedener Grade, seiner Verehrung der Jungfrau, der Heiligen und der Engel, seinen Fasten, seiner Beichte und seinem Fegefeuer, seinen Götzenstatuen und Gemälden, seinen großen Klöstern und prächtigen Kathedralen, seiner mächtigen Hierarchie, seinen Kardinälen und seinem Papste – zeigt, wenigstens äußerlich, eine starke Ähnlichkeit mit der römisch-katholischen Kirche, trotz des wesentlichen Unterschieds in den Lehren und der Denkweise.« –

Im zweiten Bande meines Buches habe ich nur flüchtig einige Ähnlichkeiten zwischen den beiden Kirchen berührt. Jetzt habe ich durch allerlei Zitate bewiesen, daß nicht allein protestantische Religionsforscher, sondern auch eine ganze Reihe katholischer Missionare, die jahrelang in Tibet gelebt haben, in ihren Vergleichen viel weiter gegangen sind als ich. Der Leser mag nun selbst entscheiden, ob ich derjenige bin, welcher »konfessionellen Unfug« getrieben hat, oder ob nicht eher den Katholiken, die über meinen Scheitel die Schalen ihres Zornes ausgegossen haben, der Vorwurf zu machen sei, daß sie sich bedenkliche Abweichungen vom Wege der Wahrheit haben zuschulden kommen lassen. –

Wir hatten uns durch Pater Antonio de Andrades erfolgreiche Missionsreisen nach dem früheren Königreiche Tsaparang aus dem majestätischen Tale des Satledsch auf Abwege in die Ferne verlocken lassen. Daher ist es jetzt an der Zeit, den Faden der Erzählung wiederanzuknüpfen. Wir überlassen das sterbende Dorf seinen Träumen von einer vergangenen Größe beim Rauschen des königlichen Flusses und schicken uns zum Fortziehen aus einer Gegend an, über deren öden Bergen einst die ersten christlichen Glocken in Tibet in hellen Tönen erklungen waren.


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