Ferdinand Gregorovius
Der Kaiser Hadrian
Ferdinand Gregorovius

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Siebentes Capitel.

Wissenschaft und Gelehrtentum. Die lateinische und die griechische Literatur. Gelehrte Schulen. Athen. Smyrna. Alexandria. Rom.

Der Kaiserhof ist seit Augustus von großem Einfluß auf das wissenschaftliche Leben im Reich gewesen. Die Bildung der Zeit zu besitzen und sie als Mäcen zu befördern war für jeden römischen Monarchen ein dringendes Gebot. Keine Monarchie irgend in der Welt hat die Wissenschaft höher geachtet als die römische, und kein andrer Herrschertron eine so lange Reihe von gebildeten Fürsten aufzuweisen. Aber die Hofgunst raubte doch der Wissenschaft die freie Entwicklung. Schon unter Augustus und Tiberius wurde die Censur ausgeübt; die Flavier vertrieben die Philosophen aus Rom als Feinde der Monarchie. Die Despotie des ersten Kaiserjahrhunderts machte die Literatur unfruchtbar, bis Nerva den Geistern die Freiheit wiedergab.

Mit Trajan kam der fürstliche Mäcenat und das vom Hof abhängige Gelehrtentum wieder in Blüte. Ganz besonders zog dies Hadrian groß. Er selbst hatte sich das gesammte Gebiet der ernsten und schönen Literatur wie der Kunst als Mann von Geist zu eigen gemacht. Spartian sagt von ihm: »Er war unter den Philosophen mit Epiktet und Heliodorus innig befreundet, und um nicht alle zu nennen, so umgab er sich mit Grammatikern, Rhetoren, Musikern, Geometern, mit Malern und Astrologen. Selbst Gelehrte, die in ihrem Fach untauglich erschienen, pflegte er mit Geschenken und Ehren zu entlassen.Spart, c. 16. Diese Richtung dauerte auch unter den Antoninen fort. Wie damals ein Prinz erzogen wurde, lehrt das Beispiel des Verus; er hörte den Grammatiker Scaurus, dessen Vater der Lehrer Hadrians gewesen war, die Rhetoren Apollonius, Celer, Caninius, Herodes Atticus, die Philosophen Apollonius und Sextus, und für die griechischen Studien den Telephus, Hephästion und Harpokrates.Capitolin., Verus Imp. c. 2. Lehrer und ihre fürstlichen Schüler blieben sogar in einem Verhältniß, welches die Schule fortzusetzen schien. Dies zeigt der Briefwechsel Frontos mit den Antoninen und die Art, wie Marc Aurel von seinen vielen Lehrern spricht.

Hadrian hat freilich seine Hofgelehrten oft zur Zielscheibe seiner Laune gemacht, welche zwischen Urbanität und Tyrannei zu schwanken pflegte; doch hat er überall das Wissen befördert. Wenn die echte Wissenschaft nicht mehr zur Blüte kam, so war dies nicht seine Schuld. Sein eigener Geschmack ist das Product der Zeit gewesen, und geistige Strömungen können auch von den mächtigsten Monarchen nicht beherrscht werden. Die Literatur, welche niemals vorher ein so großes Gebiet besaß, als das römische Reich jener Zeit war, hätte bei vollkommener Lehr- und Denkfreiheit seit Nerva einen mächtigen Aufschwung nehmen können, wenn nicht die Schöpferkraft in ihr bereits erloschen gewesen wäre. Rhetorik und Grammatik herrschten im 2. Jahrhundert, welches keinen classischen Dichter noch großen Prosaschriftsteller mehr hervorbrachte. Die encyklopädische Vielwisserei war das Wesen einer Zeit, in der sich das Römertum zum Weltbewußtsein erweitert hatte. In den Künsten brachte sie es zu einer Renaissance der Stilform ohne Ideengehalt, und in der Literatur zeigt sich eine nur philologische Rückkehr zum Altertum ohne Gedankenkraft.Etwas grell ist dies in Bezug auf die Literatur entwickelt von Martin Hertz, Renaissance und Rococo in der röm. Lit., Berl. 1865. Siehe auch G. Bernhardy, Grundr. der griech. Lit., 5. Aufl., S. 323 f. Diese Richtung ins Antiquarische war schon lange bemerkbar, und vielleicht nur Verirrung des Geschmacks überhaupt, und nicht, wie Niebuhr geglaubt hat, aus dem Bedürfniß entsprungen, die verarmende lateinische Sprache mit dem Wortschatz der ältesten Autoren zu bereichern.Vorträge über röm. Gesch. III, 231. Niebuhr glaubte auch, daß sich damals die Lingua rustica ausbildete. Aus der Barbarei der lat. Inschriften ist aber schwerlich ein Schluß auf die Sprache im Ganzen zu ziehen, Ueber die Reaction gegen die moderne Literatur jener Zeit Friedländer III, 335 f. Schon Augustus war gegen die philologische Altertümelei aufgetreten, die er an Tiberius tadelte.Sueton, Aug. c. 86. Das Wolgefallen Hadrians und der Antonine an dunkeln und veralteten Sprachformen erscheint wie eine Rococomode der Kaiserzeit überhaupt. Spartian sagt, daß Hadrian den Cato dem Virgil, den Cölius Antipater aus der Gracchenzeit dem Sallust vorgezogen habe. Und so soll er auch Platon mißachtet und Antimachus, den Vorläufer der alexandrinischen Kunstdichtung in der Zeit des peloponnesischen Krieges, über Homer gestellt haben.Spart, c. 16. Dio 69, 4.

Während das Interesse an der römischen Literatur sank, nahm die griechische einen neuen Aufschwung, und Hellenen, nicht Lateiner, waren die besten Talente jener Epoche. Der Glanz einer neu aufblühenden Literatur voll schimmernder Pracht der Declamation, welche aus der Sophistenschule Smyrnas ihren Ausgang nahm, stellte die lateinische Sprache in Schatten.Nicolai, Griech. Literaturgesch. II, 425 f. Diese hatte freilich das Abendland und auch Africa mit erstaunlicher Schnelligkeit erobert, und sie behauptete auch im Orient als Sprache des Gesetzes und der Verwaltung das Vorrecht der herrschenden Nation;Im Abendlande gab es mehr latein. als griech. Schulen. Bei Philostrat. (Vita Soph. vol. II, 9) sieht es Favorinus als eine Merkwürdigkeit an, daß er, ein Gallier, griechisch rede. Das Griechische, früher in Marseille und Lyon überwiegend, war dort zurückgedrängt. Doch hat Lucian jahrelang als Rhetor in Gallien gelehrt. doch wich sie in der Literatur und selbst in der aristokratischen Gesellschaft der Uebermacht des Hellenentums. Das Griechische stand als Cultursprache zum Lateinischen in demselben Verhältniß wie zur Zeit Friedrichs des Großen das Französische zum Deutschen, und dies Sprachverhältniß war älter als die Monarchie. Schon Cato hatte den Albinus getadelt, weil er eine römische Geschichte griechisch schrieb. In griechischer Sprache schrieb auch Lucullus den marsischen Krieg und Cicero die Geschichte seines Consulats. Claudius verfaßte tyrrhenische und karthagische Geschichten griechisch, und Titus dichtete griechische Trauerspiele. Der Sophist Aelianus aus Präneste, wie es scheint ein Zeitgenosse Hadrians, schrieb seine Werke »Allerlei Geschichten« und »Ueber die Thiere« griechisch und galt als vollkommener Grieche.Philostrat., Vita Soph., Vol. II, 123. Auch der Philosoph Favorinus, ein Gallier, studirte mit Leidenschaft die hellenische Literatur, und Gellius pries vor der lateinischen die griechische Sprache, wie schon früher Lucrez die Armut seiner Muttersprache beklagt hatte; ein Urteil, welches auch der jüngere Plinius in einem Briefe an Arrius Antoninus bestätigte, und auch dieser Oheim des Antoninus Pius war ein vollendeter Hellenist.Plin., Ep. IV, 3 und 18. Hadrian selbst schrieb mit Vorliebe griechisch, und so nach ihm Marc Aurel. Dasselbe that Fronto, während auch Sueton und Apulejus in beiden Sprachen Schriften verfaßten. Freilich hat das hadrianische Zeitalter auch unter den Griechen keine bahnbrechenden Genies mehr hervorgebracht, aber doch eine verfeinerte hellenische Weltbildung durch das ganze Reich ergossen.

In allen ansehnlichen Städten blüten Schulen in einer oder in der andern Cultursprache oder in beiden zugleich. Während Rom der weltbürgerliche Mittelpunkt der Künste und Wissenschaften war, glänzten Smyrna, Alexandria und Athen als die Hauptsitze des Hellenismus. Seit Hadrian wurde Athen wieder eine gesuchte Universität der Philosophie und Redekunst. Ihre Hörsäle und Bibliotheken, welche dieser Kaiser vermehrt hatte, zogen berühmte Lehrer und zahlreiche Studirende aus allen Provinzen an.Ad capiendum ingenii cultum, Gellius I, 2. Ueber die Bibliothek Athens Aristides, Panathenaikos I, 306 (ed. Dindorf): βιβλίων ταμει̃α, οι̃α ουχ' ετέρωθι γη̃ς φανερω̃ς Von dort strömten dann die Sophisten in die römischen Länder und gewannen Ehren und Reichtümer. In Athen war der erste öffentliche Lehrer der gefeierte Lollianus aus Ephesus. Der Sophist Hadrian, welcher den Lehrstul erst dort, dann später in Rom inne hatte, erhielt von Marc Aurel freien Tisch auf Staatskosten, den Vorsitz bei feierlichen Gelegenheiten, Befreiung von Abgaben, Priesterstellen und andre Ehren.Philostr., Vita Soph., Vol. II, 10. Theodot war der erste Lehrer der athenischen Jugend, der vom Kaiser 10,000 Drachmen Gehalt bezog.Philostr., Vita Soph., Vol. II, 73.

Fast noch heller als Athen glänzte Smyrna, das Haupt der jonischen Sophistenschule. Ganz Jonien, so sagt Philostrat im Leben des Skopelianus, ist ein Museum der gelehrtesten Männer, aber unter den Städten nimmt Smyrna die erste Stelle ein, und sie gibt den Ton an, wie die Cither vor andern Instrumenten.Vita Soph., Vol. II, 29. Dort lehrte Polemon und zog zahllose Zuhörer herbei. Auch andre Städte, wie Tarsus, Antiochia, Berytus und Karthago besaßen berühmte Lehranstalten, doch fällt ihre Blüte nach der Zeit Hadrians.

Alle Städte überstralte Alexandria, die Mutter der griechischen Gelehrsamkeit. Die Jugend vieler Länder des Reicht sammelte sich in ihren weltberühmten Gymnasien und jenen Bibliotheken, welche einst Zenodotos, Kallimachos, Eratosthenes und Aristarchos geordnet hatten. Von diesen Büchersammlungen war die mit dem Museum verbundene im Brucheion, die großartige Stiftung des Ptolemäus Philadelphus, durch Feuer untergegangen, als Cäsar die ägyptische Flotte im Hafen vernichtete. Sodann hatte sie Cleopatra durch die pergamenische ersetzt, welche ihr von Antonius geschenkt worden war. Eine zweite kleinere Bibliothek bestand im Serapeum.Beide Bibliotheken scheint Ptolemäus Philadelphus gestiftet zu haben. Fr. Ritschl, Die alexandrin. Biblioth. unter den ersten Ptolemäern, 1834, S. 14 f.

Die alexandrinische Schule verbreitete einen so lange dauernden Glanz über die gebildete Welt, wie das nachher keine Universität mehr vermocht hat, weder das scholastische Paris, noch Bologna oder Padua. Um die Stiftungen der ersten Lagiden Ptolemäus, Philadelphus und Euergetes, die Bibliothek und das Museum, vereinigte sich, nachdem die Schöpferkraft des griechischen Genius längst erloschen war, die enzyklopädische Gelehrsamkeit und die Sophistik der Hellenen, und alle Disciplinen der philosophischen wie der exacten Wissenschaften fanden Jahrhunderte lang bis zum Aussterben der antiken Welt in Alexandria ihre wenn auch zeitweise unterbrochene Pflege. Dort wurden die Schätze der classischen Literatur gesammelt und geordnet, die Handschriften verbessert und die Texte erklärt. Das Museum freilich, dessen prächtige Marmorhallen nebst dem Tempel der Musen im Umkreise der alten Königsburg lagen, war keine eigentliche Lehranstalt, sondern nur ein Lokal für Zusammenkünfte der Gelehrten, von denen viele Kost und Besoldung auf Staatskosten empfingen. Der Oberpriester Aegyptens, welcher als Präsident an der Spitze dieser akademischen Versorgungsanstalt stand, war vor der römischen Herrschaft von den Königen erwählt worden und wurde jetzt von den Kaisern ernannt.Strabo XVII, 794. Zu dem alten Museum fügte der gelehrte Claudius eine neue Stiftung, das Claudium, hinzu, die Professoren aber wurden die Söldlinge der imperatorischen Eitelkeit.

Auch Hadrian bestätigte die Privilegien dieser ehrwürdigen Anstalt. Da es noch immer als die höchste Auszeichnung eines Gelehrten oder Dichters galt, ihr Mitglied zu sein, und die Ernennung dazu von der Gunst des Kaisers abhing, so konnte leicht mancher Mißbrauch damit getrieben werden. Aber Hadrian ist schwerlich der erste Kaiser gewesen, welcher die Stellen im Museum als Sinecuren auch an fremde nicht dort lebende Männer gegeben hat, wie an den Sophisten Polemon von Smyrna und an Dionys von Milet.Philostr., Vit. Soph., Vol. II, 37. Der Ausdruck dafür ist Αιγυπτία σίτησις oder τράπεζα Αιγυπτία. Selbst einen mittelmäßigen Dichter Pankrates machte er zum Mitgliede der Akademie. Dieser scheint ein Einheimischer gewesen zu sein, aber es mußte das Nationalgefühl der Aegypter tief verletzen, daß Hadrian zum Präsidenten des Museum und deshalb auch zum Oberpriester Aegyptens einen Römer ernannte, den Julius Vestinus, welcher sein Secretär und auch Vorstand der Bibliotheken in Rom gewesen war.Alle seine Aemter zählt auf die Inschr., C. I. G. III, 5900; ’Αρχιερει̃ ’Αλεξανδρείας καὶ Αιγύπτου πάσης . . . καὶ επιστάτη μουσείου καὶ επὶ τω̃ν εν ‛Ρώμη βιβλιοθήκων καὶ επὶ παιδείας ‛Αδριανου̃ . . . Dies ist nicht Cumulation, sondern Reihenfolge, und zwar umgekehrte. Siehe dazu Friedl. I, 165. Matter I, 279 nennt Vestinus den einzigen Präsidenten des Museum, dessen Name uns überliefert worden sei.

Ein Geschichtschreiber der alexandrinischen Schule hat mit Unrecht den Verfall des Museum von dem zu häufigen Mißbrauch der Gunst Hadrians bei der Besetzung seiner Stellen hergeleitet, und auch die Pflege, welche derselbe Kaiser den Lehranstalten in Rom und Athen, wie in andern Städten zu Teil werden ließ, konnte kaum die Bedeutung des schon alternden Instituts mindern.Matter, Hist. de l'école d'Alexandrie, 2. éd., Paris 1840, I, 265 f. Man vergleiche dazu die Preisschriften über das alexandr. Mus. von Parthey und Klippel, 1838, und die betreff. Literatur bei Bernhardy, Grundr. der griech. Lit. I, S. 539 f. Denn schon unter den Flaviern muß dasselbe sehr herabgekommen gewesen sein, denn sonst hätte nicht Dio Chrysostomus sagen können, daß diese Anstalt nur noch durch ihren Namen, nicht durch ihre Thätigkeit ein Museum sei.Orat. XXXII ad Alexandrinos, S. 434 (ed. Dindorf). Die gelehrte Gesellschaft bestand übrigens bis auf Caracalla, den furchtbaren Verderber Alexandrias, welcher sie aufhob; sie wurde zwar wiederhergestellt, konnte aber ihre Bedeutung nicht mehr wiedergewinnen. Die berühmte Bibliothek ist dann mit dem prachtvollen Serapeion im Jahre 389 durch den Fanatismus der Christen zerstört worden.

Was Rom betrifft, so war diese Weltstadt damals der allgemeine Markt der Gelehrten und der Stapelplatz der schon ungeheuren Bücherwelt. Die römischen Bibliotheken mehrten sich seit Lucullus, dem Stifter der ersten öffentlichen Büchersammlung. Fortan konnte Rom in dieser Hinsicht mit Athen und Alexandria wetteifern. Sulla brachte die von ihm geraubte Bibliothek des Apellikon aus Athen nach Rom, Augustus gründete große Büchersammlungen im Tempel des Apollo Palatinus und in der Halle der Octavia. Tiberius schuf eine im Capitol, Vespasian eine andre im Tempel des Friedens, und selbst Domitian bereicherte die römischen Bibliotheken durch Abschriften, die er in Alexandria machen ließ. Endlich gründete Trajan die ulpische Bibliothek. Hadrian legte in seiner tiburtinischen Villa eine Büchersammlung zu seinem Privatgebrauche an; auch in Antium besaß er eine ähnliche.Philost., Vit. Apollon. VIII, 19. Gellius IX, 14, 3; XIX, 5, 4. Gräfenhan, Gesch. der class. Philol. IV, S. 44, und Jahn, Annal. Philol. II, 360. C. I. G. III, 5900 bezeichnet L. Jul. Vestinus als Vorstand der Bibl. Roms unter Hadrian; bei Friedl. I, 165 ein ungenannter Bibliothekar Hadrians aus einer verstümmelten Inschrift von Ephesus; auch bei Flemmer S. 49. Eine dritte war mit seiner berühmten Lehranstalt, dem Athenäum, verbunden.

Rom konnte also den Gelehrten außer allen andern Vorteilen auch die reichsten Bücherschätze darbieten. Ein goldenes Zeitalter erblühte für sie unter den Flaviern, mit alleiniger Ausnahme der Philosophen, welche der durch die Freigeisterei der Cyniker beleidigte Vespasian und dann nochmals Domitian verbannt hatte. Sie kehrten massenhaft wieder. Rhetoren, Philosophen, Pädagogen strömten wie eine Völkerwanderung nach Rom, ihr Glück zu suchen. Mit einem Argonauten, welcher das goldene Vließ zu holen gehe, hat der Athener Demonax den Philosophen Apollonius verglichen, als er von seinen Schülern begleitet aus Athen nach Rom sich einschiffte.Lucian, Demonax, c. 31: Προσέρχεται ο ’Απολλώνιος καὶ οι ’Αργοναυ̃ται αυτου̃.

Schon Vespasian legte den Grund zu einer römischen Studienanstalt, an welcher er zuerst Lehrstüle für griechische und lateinische Rhetoren errichtete und aus dem Fiscus mit 5000 Thalern in Gold besoldete.Sueton. Vesp., c. 18. Dieses Institut hat Hadrian erweitert und Athenäum genannt. Er bestimmte dasselbe, wie dies schon der Name vermuten läßt, zur besondern Pflege der griechischen Literatur, ohne die römische davon auszuschließen.Lampridius (Alex. Sev., c. 35) sagt von diesem Kaiser: ad Athenaeum audiendorum et Graecorum et Latinorum rhetorum vel poetarum causa frequenter processit. Der Lehrstul der Beredsamkeit wurde auch hier wie in Athen Thronos genannt.Philostr., Vit. Soph. II, 93: ο άνω θρόνος. Zur Zeit Marc Aurels nahm ihn der Sophist Hadrian im Athenäum ein. Das Athenäum besaß so geräumige Versammlungssäle, daß später daselbst der Senat bisweilen Sitzungen halten konnte. Rhetoren und Philosophen hielten hier Vorträge, und Dichter ließen sich im Wettkampfe hören. Diese Stiftung Hadrians dauerte noch in der Zeit des Symmachus fort, sie kann daher als die römische Universität seit dem zweiten Jahrhundert betrachtet werden.Zumpt (Bestand d. phil. Schulen in Athen, S. 44) glaubt, das Athenäum sei als ein Tempel der Minerva geweiht gewesen. Aurel. Victor c. 14 nennt dasselbe Ludus ingenuarum artium. Jul. Capitolin., Pertinax, c. 11, Ael. Lampridius, Alex. Sever., c. 35. Kuhn, städt. Verf. I, 95. Grasberger, Erzieh. u. Unterr. im class. Altertum III, 442.

Die vielen Lehranstalten im Reich, welche der Kaiser, die Stadtgemeinden, selbst Privatpersonen errichteten und förderten, erzeugten eine Durchschnittssumme allgemeiner Bildung und einen zahlreichen Gelehrtenstand. Man drängte sich um so mehr zu diesem, als seit den Verordnungen Vespasians und Hadrians Rhetoren, Philosophen, Philologen, selbst Aerzte von den städtischen Lasten und Aemtern befreit waren.Von Gynmasiarchie, Agoranomie, Priesterwürden, Gesandtschaften, Militärpflicht und Einquartirung, Richterämtern u. s. w. Kuhn I, 104, nach Kriegel, Antiqua Versio lat. fragmentor. e Modestini libro de excusationib., S. 44. Dazu Cod. Theod. XIII, 3. Wie groß das Bücherstudium geworden war, kann man aus Gellius ersehen, der seine Attischen Nächte um das Jahr 150 verfaßte. Er ist ganz das Abbild der Gelehrsamkeit seiner Zeit, und sein sonst durch Antiquitäten und Begriffserklärungen schätzbares Werk ist voll von den trivialsten Dingen. Wie er zu all dem Kram gekommen sei, erzählt er selbst: er kauft alte Bücher auf, wo er deren habhaft werden kann, und macht Auszüge daraus.Gellius IX, 4.

Die Gelehrten trieben sich auf den Straßen umher wie die Bettelmönche des Mittelalters. Declamatoren und Redner ließen sich auf öffentlichen Plätzen hören, und Magister saßen vor den Buchläden, wo sie sich marktschreierisch erboten, diese oder jene Schrift zu erklären; denn Autorität und Antiquität beherrschten die geistlos gewordene Zeit. Man erläuterte mit großem Aufwande von Phrasen Stellen der Dichter oder Thatsachen der alten Geschichte; man erforschte ein ungewöhnliches Wort oder ein dunkles Tempus, wobei man mit der Ausbreitung des historischen und philologischen Wissens prunken konnte.Solche wortklaubende Philosophen nannte der Grammatiker Domitius mortuaria glossaria, namque colligitis lexidia, res tetras et inanes, et frivolas. – Gellius XVIII, 7; XIII. 30; XVI, 6; XVIII, 4. Die Zugänglichkeit der Bildungsstoffe brachte Legionen von mittelmäßigen Köpfen in Bewegung, welche sich durch Wissenschaft Geltung verschaffen wollten, und nicht jeder konnte ein Herodes Atticus oder Favorinus sein und wirklichen Nutzen von den Privilegien des Gelehrtenstandes ziehen. Nicht jeder konnte statt des Handwerks oder einer Kunst zu seinem Lebensberufe die Wissenschaft mit demselben Recht erwählen wie Lucian, welchem in seinem Jugendtraum diese Göttin erschien und die Reichtümer, die Ehrenstellen, den Rang und Ruhm vorspiegelte, die ihrer Jünger in der Welt warteten.Enhypnion c. 11.


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