Ferdinand Gregorovius
Der Kaiser Hadrian
Ferdinand Gregorovius

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Elftes Capitel.

Erste Reise Hadrians nach dem Orient. Die Länder am Pontus. Ilium. Pergamon. Cyzikus. Rhodus.

Nachdem Hadrian das Abendland durchwandert hatte, segelte er freudiger nach dem Osten seines Reichs, und dort, in Antiochia, hatte er die Herrschaft der Welt erlangt. Wenn ihn im Westen nur die Pflichten des Regenten beschäftigt hatten, so mag man sich vorstellen, welche Genüsse ihm der Orient darzubieten hatte. Dort war alles vereinigt, was einen forschenden Geist reizen konnte: die Urkunden der Menschheit, die Mysterien ihrer Religionen, die Wunder der Schöpfung, und ein noch fortquellendes Leben der Gegenwart. Der Genius Europas ist heute der unbestrittene Herrscher im geschichtlichen Prozeß der Welt, weil er allein noch schöpferisch ist; die Erde empfängt von ihm ihre Schicksale wie das Licht des Wissens und der Humanität, und diese kosmopolitische Größe verdankt das Abendland zuerst den Hellenen, dann den Römern, zumal der Weltstadt Rom. Aber in der Mitte des zweiten Jahrhunderts war Europa erst so weit cultivirt, als die römische Macht reichte, ein geschichtlich junger Weltteil, volkswirtschaftlich minder reich als Asien, und seit dem Falle Griechenlands ideenarm, mit einförmigem Leben ohne Kampf großer Gegensätze des Geistes und der Nationalität. Dagegen war der hellenistische Orient noch eine Schule Europas, und von dorther empfing dieses, das römische Recht ausgenommen, noch immer wissenschaftliche und religiöse Ideen, wie Impulse in vielen, selbst praktischen Richtungen der Cultur. Auch lag der Schwerpunkt des Welthandels fortdauernd in Asien.

Hadrian durchzog jetzt die Länder des Orients, wo jede Küste und Insel von classischen Erinnerungen des Altertums erfüllt war, und wo der wieder aufstrebende Genius von Hellas ihm als seinem Beschützer enthusiastische Huldigungen darbrachte.

Seine erste Orientreise muß innerhalb der Jahre 123 und 125 ausgeführt worden sein. Spartian hat sie in diese eine lakonische Zeile zusammengedrängt: hierauf schiffte er über Asien und die Inseln nach Achaja.Spartian. c. 13. Unter Asien verstanden die Römer die Provinz Asia proconsularis, welche das Reich der Könige Pergamons gewesen war. Dieses hatten sie im Jahre 133 v. Chr. von Attalos III. geerbt und zur Provinz gemacht. Es umfaßte Mysien, Lydien, Phrygien und Karien, Pamphylien, Pisidien und Lykaonia. Zwar lag das römische Asien längst in politischer Abgestorbenheit, doch war es noch erfüllt mit Städten der Ionier, Dorer und Aeolier und der alexandrinischen Zeit, welche ihre griechische Verfassung bewahrt hatten. Denn außer Parium, Alexandria Troas und Tralles gab es dort keine römischen Colonien. Ephesus war der Sitz des Proconsuls, und neben ihr glänzten noch viele andre Städte, deren Wolstand der lange Friede gemehrt und deren Schönheit die Renaissance der Künste erneuert hatte.

Der Umfang der ersten asiatischen Reise Hadrians muß jedoch weiter ausgedehnt werden, mindestens von der cilicischen Nordgränze Syriens bis zum Pontus Euxinus.

Im Allgemeinen beziehen sich auf diese Orientreise Münzen mit der Legende Adventui Augusti Asiae, worauf ein knieendes Weib vorgestellt ist, welches er vom Boden erhebt.Cohen II, n. 24. Auch der Orient findet sich symbolisirt als ein stralendes Sonnenhaupt.Oriens, Cohen II, n. 1003–1005. Das Sonnenhaupt (Oriens Aug.) ist das Symbol des von Trajan eroberten Orients. Eckhel VI, S. 439.

Einzelne Provinzen, Bithynia, Cilicia, Phrygia haben die Ankunft Hadrians verzeichnet, oder ihn Wiederhersteller genannt. Aber weder aus ihnen, noch aus Münzen und Inschriften von Städten kann die Zeit seines Aufenthalts sicher bestimmt, noch erkannt werden, ob sie überhaupt der ersten Orientreise angehören. Inschriften, welche ihm die Göttertitel Olympius und Panhellenius geben, fallen erst in die spätere Zeit, wo er dieselben angenommen hatte. Auch ohne seine Anwesenheit konnte irgend ein Ereigniß Gemeinden veranlassen, ihn zu ehren.

Wir müssen daher darauf verzichten, die Linien der ersten Reise des Kaisers in Asien zu ziehen, und nur im Allgemeinen erkennen wir, daß er damals zwischen 123 und 125 Kleinasien bis zum Pontus durchwandert hat.

Trapezunt ist einer der äußersten Punkte gewesen, welche Hadrian berührt hat, und daß er dort gewesen ist, hat Arrian in seinem Bericht von der Umschiffung des schwarzen Meeres bemerkt.Peripl. Pont. Euxin. 1. Kerasus beginnt die Reihe der Kaisermünzen mit ihm, und von Amisus sind zahlreiche Medaillen mit den Bildnissen Hadrians und der Sabina erhaltenGreppo S. 153. Es ist ungewiß, ob er seine Wanderungen bis an den Phasis ausgedehnt hat. Da seine Anwesenheit in Cappadocien feststeht, hat er sich schwerlich mit einem Besuch in Mazaca begnügt, sondern die römischen Gränzfestungen in Melitai am Euphrat besichtigt. Dort stand die 12. Legion Fulminata, während südlich zu Samosata, der Hauptstadt von Kommagene, die 16. Legion Flavia Firma, nördlich in Kleinarmenien die 15. Legion Apollinaris zu Satala lagerten.Marquardi, R. Staatsr. I², 369. 400. Die hadr. Münzen Exercitus Parthicus (der Kaiser steht auf der Bühne und redet Soldaten an) können sich nur auf die Inspection der Truppen am Euphrat beziehen.

Im Pontuslande trugen den Namen Adriana die Städte Amasia und Neocäsarea, und Tyana in Cappadocien führte seit Hadrian auf Münzen den Titel einer autonomen Stadt. Dies und anderes beweist die Thätigkeit des Kaisers in jenen Ländern.Mionnet, Suppl. VIII, S. 713. Ein Meilenstein bei Nicopolis in Cappad. v. J. 129 läßt auf Straßenbau schließen, C. I. L. III, add. n. 6057. – Die Heeresmünzen Exerc. Cappad. stellen Hadrian in der herkömmlichen Handlung vor den Soldaten dar. Die bis zum Pontus reichende Provinz Cappadocia, welche seit Tiberius römisch war, wurde von consularischen Legaten verwaltet, während Galatien, welches Augustus zur Provinz gemacht hatte, mit der Hauptstadt Ancyra ein prätorischer Legat regierte. In diese beiden Teile aber scheint das weite Gebiet jenseits des Sangarius, das alte Reich des Mithridates, seit Trajan gesondert gewesen zu sein.Perrot, Galatia prov. Roman., S. 61. Die damaligen Verhältnisse der Länder am oberen Euphrat, wo im Norden Cappadociens Armenia Minor das römische Gränzland gegen Großarmenien bildete, und weiterhin bis Kolchis und dem Kaukasus albanische und iberische Völkerschaften saßen, sind im Ganzen dunkel. Von Melitene und Satala aus überwachte die römische Truppenmacht auch die Bewegungen der Parther, und die kaiserliche Regierung bemühte sich, die Häuptlinge jener Völker im Nordosten Kleinasiens in einem Schutzbündniß festzuhalten. Hadrian suchte freundliche Beziehungen mit den Albanern und Iberern anzuknüpfen. Er versammelte einen Friedenscongreß barbarischer Fürsten, die er durch Geschenke gewann. Einige erschienen, andre blieben trotzig aus, wie der Iberer Pharasmanes.

Dem Partherkönige Kosroes gab er sogar seine von Trajan in die Gefangenschaft geführte Tochter zurück.Schneiderwirth (Die Parther, S. 153) setzt dies in die erste Reise Hs., richtiger als Longpérier (Mém. sur la Chronologie des rois Parthes, S. 143), der es in die letzten Jahre Hs. verlegt. Spart. (c. 12) läßt Hadrian einen (drohenden) parthischen Krieg durch Unterredung beilegen; und c. 13 spricht er von jenem Fürstencongreß und scheint ihn in die zweite oriental. Reise Hadrians zu verlegen. Aber sollte H. so lange mit der Ordnung dieser wichtigen Verhältnisse gezögert haben? Nur den goldenen Tron der Arsaciden, die Beute desselben Kaisers aus Ktesiphon, verbot ihm der Stolz der Römer jenem Könige wieder auszuliefern. Die Unterhandlungen mit Kosroes hatten zur Folge, daß die Parther während der ganzen Regierung Hadrians Frieden hielten, und auch Großarmenien blieb ruhig unter arsacidischen Fürsten, die Rom eingesetzt hatte und überwachte, ohne von ihnen Tribut zu empfangen.In Kleinarmenien wird Hadrian die Colonie Sinis, in Galatia Germa zugeschrieben. Zumpt, Comm. Ep. I, 418.

Bithynien, welches erst zu Pontus gehört hatte, dann von Augustus zu einer selbständigen proconsularischen Provinz gemacht worden war, hat Hadrian besonders ausgezeichnet. Wie Pontus und Galatien, hatte auch diese Provinz eine Landesversammlung; sie wird in Münzen und Inschriften bemerkt.Perrot, Inscr. inédites de la mer noire, Rev. Arch. 1874. S. 11. Es gibt bithynische Advents- und Restitutionsmünzen Hadrians.In einer Inschrift mit dem 13. Tribunal Hadrians (a. 129) weiht Apamea in Bithynien ein Balineum Hadrianum: Ephern. Epigr. C. I. L. II, n. 349. Einige Städte legten sich dort seinen Namen bei, wie Cius und Bithynion oder Claudiopolis, die Vaterstadt seines Lieblings, des schönen Antinous, und dieser Umstand erklärt auch die Fülle seiner Wolthaten in jenem Lande. Er stellte die durch Erdbeben zerstörte Hauptstadt Nicomedia und auch Nicäa wieder her.Chron. Paschale 254. Bithynien war eine senatorische Provinz, doch hat sie Hadrian später zu einer kaiserlichen gemacht, und den Senat dafür mit Pamphylien entschädigt. Wir besitzen indeß keine urkundlichen Nachrichten über die Zeit, in welcher der Kaiser jene Provinz bereist hat.

Westwärts ist er nach Mysien gegangen; es gab keine passendere Zeit für den Besuch dieses Landes, als seine erste Reise nach Asien. Die Städte Sestos und Abydos ehrten ihn als ihren Heiland und Gründer, und Parium, eine Colonie Cäsars, nannte sich Hadriana.Sestos, Corp. In. Att. III, 484. Abydos 472. Parium, Le Bas-Waddington n. 1746. Hadriano Conditori, C. I. L. III, n. 374. In dem Berggebiet Olympene gründete er die Städte Hadriani und Hadrianotherä.Mionnet II, S. 428. 433; Suppl. V, 38. 49. Auch Ilium hat Hadrian besucht. Man sagte ihm nach, daß er den Homer verkleinere, aber wie sollte der Philhellene es versäumt haben, die Heldengräber zu ehren, welche dort die Jahrhunderte überdauerten.

Mitten in der Ebene Iliums, einer der anmutigsten Meerlandschaften Kleinasiens, im Angesicht des Eilandes Tenedos, hinter welchem Lemnos, die Insel Philoktets, Imbros und die dunkeln Gebirge Samothrakes aus den Fluten emporsteigen, lag damals Novum Ilium, ein von äolischen Griechen bewohnter Ort, dessen Stelle im ganzen Altertum, wenige Zweifler unter den Philologen ausgenommen, für identisch mit jener des homerischen Troja galt. Die Ilier waren so klug, zu behaupten, daß die Priamusstadt nie ganz verschwunden, sondern nach der Abfahrt der Griechen von den Trojanern wieder besetzt worden sei. Einen kleinen Athenetempel auf der Pergamos oder Burghöhe gab man sogar für den ursprünglichen der Schutzgöttin der Trojaner aus, deren von Diomedes geraubtes Palladium nach Rom gekommen war.Strabo 593 f. So heilig hielten ihn die Römer, daß er zu den acht Tempeln im Reich gehörte, deren Gottheiten das römische Gesetz testamentarische Erbschaften gestattete.Jovem Tarpejum, Apollinem Didymaeum, Martem in Gallia, Minervam Iliensem, Herculem Gaditanum, Dianam Ephesiam. Matiem Deorum Sipelensem (Smyrna), Coelestem Salmensem Carthaginis. Ulp., Fr. XXII, 6.

Schon Xerxes hatte der Athene in Ilium und den homerischen Helden Opfer dargebracht, und dasselbe hatte Alexander der Große gethan. Die Ilier zeigten diesem Enthusiasten Homers sogar die Waffenrüstungen der Heroen und die Lyra des Paris. Nach dem Siege am Granikos stiftete er Weihgeschenke in den Athenetempel, er erklärte den Ort für frei und autonom, und versprach ihn zu einer großen Stadt zu machen. Hierauf vergrößerte und ummauerte ihn Lysimachus; auch Antiochus ehrte die Sagen Iliums voll Pietät, und die Römer endlich betrachteten mit erkünstelter Begeisterung dieses Neu-Ilium als die Wiege ihrer weltgeschichtlichen Macht. Die Quelle alles Ruhmes hat es Plinius genannt.Hist. N. V, 33. Fimbria freilich, der Gegner Sullas, zerstörte die Stadt, doch der Julier Cäsar stellte sie wieder her, und seine Nachfolger, die Cäsaren, fügten ihr umliegende Landschaften hinzu. Die Ilier selbst vergaßen nicht, wenn sie Gesandte an den Kaiser schickten, daran zu erinnern, daß Troja die Mutter Roms sei.Tacit., Annal IV, 55: parentem urbis Romae Trojam.

Troja war unsterblich im Andenken der Menschen, und daß sie dies noch heute ist, hat der Enthusiasmus gezeigt, welchen die Forschungen Schliemanns erregt haben. Wie Griechen und Römer, so hat auch er die Stelle des alten Troja in Novum Ilium gesucht, und dieses letztere ist von ihm zu Hissarlik aufgefunden worden. Denn auch Neu-Ilium verschwand, und »wir sind über seine Stelle in der nämlichen Verlegenheit, wie die Griechen wegen Alt-Ilium«.Mannert VI, 3, 497.

Als nun Hadrian im Jahre 124 oder 125 Novum Ilium besuchte, zweifelte er so wenig, wie die Kaiser vor ihm, oder wie Arrian, Appian und der Sophist Aristides, wie Pausanias und Plutarch daran, daß hier die Stelle der heiligen Troja sei, obwol von der Priamusstadt nach dem Zeugnisse des leise zweifelnden Strabo kein Stein mehr übrig geblieben war. Philostrat erzählt, daß der Kaiser die Gebeine des Ajax im Ajanteum neu bestattet habe, worunter wol eine Leichenfeier zu verstehen ist,Heroica ed. Kayser II, 137. und eine Inschrift aus Neu-Ilium ohne sachlichen Inhalt hat seiner erwähnt.C. I. L. II, n. 466, Trib. Pot. VIII (a. 124|125.) Es gibt ilische Münzen Hadrians, die den fliehenden Aeneas darstellen, seinen Vater auf dem Rücken und den jungen Ascanius an der Hand; darunter ist die römische Wolfamme abgebildet.Schliemann, Ilios, S. 720. Die kaiserlichen Münzen aus Novum Ilium nur von Kupfer mit den Legenden Hektor der Ilieier, Priamus der Ilieier hält Schliemann mit Recht für Beweise des Glaubens an die Identität dieses Orts mit Troja.

Noch ein anderer Ort in jener troischen Landschaft trug damals den antiken Namen, nämlich die römische Colonie Alexandria Troas, südlich von Neu-Ilium. Sie war ursprünglich Sigia genannt, dann Antigonia, weil sie der König Antigonus vergrößert hatte, bis sie von Lysimachus zu Ehren Alexanders den Namen Alexandria Troas erhielt. Die Römer ehrten auch sie, und Cäsar soll in seinem Plane der Verlegung der Residenz des Reichs zwischen Novum Ilium und ihr geschwankt haben.Sueton., Caes. c. 79: Quia etiam varia fama percrebruit, migraturum Alexandream vel Ilium. Noch Constantin wollte, ehe er sich für Byzanz entschied, die Hauptstadt des Reichs in der ilischen Landschaft aufbauen. Hadrian hat auch Alexandria Troas besucht und mit seiner Gunst beschenkt, dort ließ er von Herodes Atticus eine Wasserleitung bauen, deren gewaltige Ueberreste noch in dem heutigen Dorf Eskistambul (Altstadt) gesehen werden. Byzantinische Ruinen beweisen die Fortdauer des Orts bis zum Ende des Mittelalters.Manner. VI, 3, 474. Schliemann, Ilios, S. 67. Einst war in dieser Stadt Troas auf seiner ersten Missionsreise auch Paulus erschienen, der Apostel jener neuen Religion, deren schriftliche Urkunden den Homer und seine Götter verdrängen sollten. Von Troas ist er nach Samothrake und weiter nach Macedonien gefahren.Acta Apost. c. 16, v. 8. 11.

In Mysien fand Hadrian Pergamon, den berühmten Sitz der Attaliden, aus deren Geschenk zu allererst die Erwerbung der Provinz Asta für Rom erwachsen war, als eine blühende Stadt vor. Er konnte dort noch die Akropolis mit dem Prachttempel der Athena Polias bewundern, wie die Heiligtümer des Asklepios und des Augustus, und die Theater, Gymnasien und Basiliken betrachten, mit denen die feingebildeten Könige seit Lysimachus und Eumenes diese Stadt geschmückt hatten; und noch stralten mit unzerstörtem Glanz die Marmorgruppen der Götter und Giganten, welche den großen Altar des Attalus umgaben. Mehr als 17 Jahrhunderte nach dem Besuche Hadrians sollten jene Gebilde aus dem Schutte hervorgezogen und in die Hauptstadt des neuen deutschen Reichs entführt werden.Die Ausgrabungen zu Pergamon 1880–1881, Bericht von A. Conze, Humann und Bohn im Jahrb. der K. Preuß. Kunstsamml. III, 1. 1882. Im Augusteum zu Pergamon sind Reste von Colossalstatuen Trajans und Hadrians gefunden worden. Daß Hadrian auch Pergamon mit Wolthaten ausgezeichnet hat, läßt eine Bildsäule vermuten, welche ihm Volk und Rat der Stadt in seinem 7. Tribunat gesetzt haben.Le Bas-Waddington III, 1, n. 1721.

Mit ganz besonderem Wolwollen hat der Kaiser die Stadt Cyzikus behandelt, die alte Colonie Milets und Schutzverbündete der Könige Pergamons, auf dem Isthmus in der Propontis, gegenüber dem Eiland Prokonnesos. Sie hatte unter Tiberius im Jahre 24 n. Chr. ihre Freiheit verloren, glänzte aber noch zur Zeit Hadrians durch Handel und Gewerbe, und durch die Schönheit ihrer Monumente, namentlich der Tempel der Cybele, der Adrastea und Proserpina. Später hat Hadrian dort einen bewunderten Tempel erbaut. Er verlieh der Stadt die von so vielen andern Gemeinden Asiens begehrte Ehre, den Göttercultus Roms und des Kaisers mit Festspielen zu begehen, was man Neokorie nannte, und seither nahm Cyzikus die Namen Philosebastos und Adriane an.J. H. Krause, Neokoros, S. 36. J. Marquardt, Cyzikus und sein Gebiet, S. 84. Eine Inschr. ans Cyzikus nennt Hadrian σωτὴρ καὶ κτίστης, Rev. Arch. N. S. XXXII, S. 268, bei Dürr, Anh., n. 69.

Daß Hadrian auf derselben Reise auch Smyrna, Sardes, Milet, Ephesus und Halykarnaß, wie andre berühmte Städte Kleinasiens, besucht hat, welche in Münzen und Inschriften seinen Namen verzeichnet haben, kann nicht bezweifelt werden. Weil Spartian sagt, daß er über Asien und die Inseln nach Achaja reiste, so sind es Rhodus, Kos, Samos, Chios, das reiche Lesbos mit dem schönen Mytilene, Lemnos und Samothrake gewesen, die er besuchte. Die uralten Mysterien in Samothrake, in welche sich einst Philipp und Olympias hatten einweihen lassen, waren noch immer so verehrt, daß sie wol Hadrians Wißbegierde reizen konnten. Der Rat und das Volk von Samothrake setzten ihm eine Ehrenbildsäule. Ihre Inschrift ist in den Ruinen des dorischen Marmortempels gefunden worden. Doch kann sie freilich den Besuch Hadrians auf jener Insel nicht beweisen.Die Inschr. verzeichnet den 16. Tribunat Hadrians (132), Arch. Untersuch. auf Samothrake von A. Conze, Hauser u. Niemann 1875, S. 36 f. Daselbst eine Ehreninschr. auf Hadrian aus Maroneia, die ihn σωτὴρ nennt. Dann eine latein. Inschr. mit den Consuln d. Jahres 124, aus welcher gemutmaßt wird, daß man Hadrian in Samothrake das höchste Magistratsamt (rex) übertragen habe. Seine Anwesenheit auf Kreta machen Inschriften und Münzen wahrscheinlich.C. I. G. II, S. 427. Inschr. von Lyttos, und die kretischen Münzen bei Mionnet II, S. 260. Eine schöne Kaiserstatue, welche Hadrian ähnlich sieht, wurde zu Hierapytna auf Kreta gefunden, und steht im Museum zu Constantinopel, Gazette Archéol. VI, 1880, S. 52 f. Seinen Besuch auf Rhodus aber hat er selbst in einem als Marmorinschrift erst vor einigen Jahren zu Ephesus gefundenen Brief an die Archonten und den Rat dieser Stadt bekundet, worin er sagt, daß er von Ephesus nach Rhodus gefahren sei.Wood, Discoveries at Ephesus, App. 5: inscriptions from the Odeum, n. 1. H. empfiehlt dem Stadtrat den ephesischen Bürger L. Erastus, der viel auf dem Meer segele und mit ihm, dem Kaiser, schon zweimal zusammengekommen sei: τὸ πρω̃τον εις ‛Ρόδον απὸ τη̃ς ’Εφέσου κομιζόμεν(ω) νυ̃ν δὲ απὸ ’Ελευσι̃νος πρὸς υμα̃ς αφικυμένω. Das Datum im Brief, worin sich Hadrian pater patr. nennt, δημαρ. εξουσ. τὸ γ', bei Wood hat Dürr (Nachtrag S. 124) richtig ιγ (trib. pot. XIII. d. i. a. 129) ergänzt.

Die herrliche dem Helios geweihte Rhodus, einst groß durch ihre Seemacht und weltberühmt durch ihre Redner und Bildhauerschulen, war seit den cäsarischen Bürgerkriegen sehr herabgekommen, aber noch Strabo durfte ihr den Vorzug vor allen andern Städten geben. Noch kurz vor Hadrian hatte Dio Chrysostomus sie die reichste hellenische Stadt genannt, und selbst noch nach der Zeit dieses Kaisers konnte Lucian von ihr sagen, daß ihre Schönheit des Sonnengottes würdig sei.Strabo 652. Dio Chrys. ed. Dindorf, Orat. XXXI, S. 363. Lucian, Amores c. 8. η πόλις ‛Ηλίου πρέπον έχουσα τω̃ θεω̃ τὸ κάλλος. Ihre Lage auf dem östlichen Vorgebirge der Insel, gegenüber den steilen Felsgestaden Kariens, ihre Arsenale, Häfen und hohen Mauern, ihre Straßen, Tempel und Säulenhallen, und Tausende von Gemälden und Kunstwerken in Marmor und Erz, die selbst Nero nicht geplündert hatte, bildeten einen entzückenden Verein von Anmut, Glanz und Kraft, ehe das große Erdbeben unter Antoninus Pius die Stadt zerstörte.Pausan. VIII, 43, 4. Aristides, Orat. 43. Dio Chrys. XXI. Obwol ihr Vespasian den letzten Rest der Autonomie genommen hatte, muß Rhodus noch zur Zeit Hadrians blühend genug gewesen sein. Es ist freilich nur eine Fabel, was ein späterer Byzantiner erzählt, daß dieser Kaiser den berühmten Coloß wieder aufgerichtet habe, welcher drei Jahrhunderte vorher durch ein Erdbeben zu Fall gekommen war.Malalas 279.


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