Ferdinand Gregorovius
Der Kaiser Hadrian
Ferdinand Gregorovius

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Zwölftes Capitel.

Aufenthalt Hadrians in Athen und andern Städten Altgriechenlands. Rückkehr des Kaisers über Sicilien nach Rom.

Kein anderes Land konnte Hadrian so mächtig anziehen, als Hellas, die Schatzkammer der höchsten Ideale des Altertums und deshalb noch immer, wie zu Ciceros Zeit, das Reiseziel gebildeter Menschen aus allen Teilen des Reichs. Griechenland war freilich nicht mehr von glänzenden Städten erfüllt wie Kleinasien, sondern schon zur Zeit Strabos so tief verfallen, daß man dasselbe nur noch mit dem Interesse des Antiquars betrachtete.Curtius, Peloponnesos, 3. Abschn. I, 79. Seine Entvölkerung hatte so zugenommen, daß es nach der Versicherung Plutarchs kaum 3000 Hopliten stellen konnte, so viel als Megara einst zur Schlacht bei Platäa geschickt hatte. Der Peloponnes war auf etwa sechzig Städte herabgekommen, von denen nur noch Sparta und Argos einige Bedeutung hatten, und auch in Phokis, Böotien, Attica und Achaja gab es zur Zeit des Pausanias viele verlassene Orte. Tausende von Griechen, aus Althellas wie aus den hellenistischen Ländern, lebten heimatlos in den Provinzen des Westens. Die Welt war ihr Vaterland geworden. Diese massenhafte Zerstreuung der Hellenen im römischen Reich ist die Parallele, aber auch der Gegensatz zu dem Schicksal der Juden seit Pompejus und Titus, deren Vaterland im Exil nicht die gebildete Welt wurde, sondern ihre Synagoge blieb.

Trotz des Schwindens alles politischen Lebens dauerten in Hellas viele Freistädte mit ihren Monumenten fort, und Pausanias, welcher ein Menschenalter nach Hadrian Griechenland besuchte und mit schwermütiger Liebe seine Trümmer verzeichnete, konnte sich damit trösten, daß die altberühmten Landschaften und Städte ihre Verfassung, ihre Bundestage, Gerichtshöfe und Magistrate, endlich alle ihre Festspiele bewahrt hatten.

Achaja, wie Griechenland von den Römern genannt wurde, erfuhr die Launen seiner Herrscher, aber im Ganzen auch ihr pietätvolles Wolwollen. Sie tasteten die Einrichtungen des Altertums nicht an. Augustus hatte Griechenland, wie auch Macedonien, zu einer senatorischen Provinz mit der Hauptstadt Neu-Korinth gemacht; Tiberius aber entzog dasselbe dem Senat, dessen kostspielige, durch Steuern erdrückende und tyrannische Verwaltung den Griechen lästig wurde. Er vereinigte sogar Hellas und Macedonien mit Mösien.Tacit., Annal. I, 80. Aber Claudius gab beide Provinzen dem Senat zurück.Finlay, Griechenl. unter d. Römern, S. 54.

Für Nero, welcher wie Caligula die Kunstschätze der Hellenen mit schamloser Raubgier plünderte, war Griechenland die classische Bühne seiner Eitelkeit gewesen. Er durchzog dasselbe auf seiner Kunstreise als Komödiant und Athlet; nur Athen vermied er wegen des Heiligtums der Muttermord rächenden Eumeniden, auch in seinen Gewissensbissen ein Schauspieler, und Sparta besuchte er nicht aus Widerwillen gegen die Gesetzgebung Lykurgs. Er überschwemmte Hellas mit Blut, aber aus Theaterlaune und um die Schmeicheleien der Griechen zu belohnen, proclamirte er bei den isthmischen Spielen die Freiheit der Hellenen, wie einst Flaminius dasselbe gethan hatte. Bald darauf hob der sparsame Vespasian diese Freiheit, die sich nur auf die Steuern bezog, wieder auf, und er gab Achaja der Verwaltung des Senats zurück.Pausan., Achaica XVII, 4. Die flavische Dynastie erneuerte mit der Provincialregierung die finanzielle Bedrückung Griechenlands, und es half den Athenern nichts, daß Domitian im Jahre 93 die Würde ihres Archon Eponymus annahm.Philostr., Vita Apollonii VIII, 16. Hertzberg, Gesch. Griechenl. unter der Herrsch. der Römer II, 137. Dieselbe Ehre erhielt auch Hadrian im Jahre 112, noch als Privatmann. Zwei Jahre später besuchte Trajan Athen. In Olympia stellten die Panhellenen die Bildsäule dieses gerechten Kaisers auf.

Die Griechen überhäuften ihre Gebieter mit schamlosen Ehren. Die Vergötterung des Imperators war bei ihnen seit Cäsar und Antonius zu einem Landescultus geworden. Auf dem Hauptplatze Spartas standen die Tempel des Cäsar und Augustus,Pausan., Lacon. XI, 4. und auf der Akropolis Athens der Tempel des Genius Roms und des Augustus. Wie die freien Athener dem Mitleid einen Altar errichtet hatten, so hätten ihre geknechteten Nachkommen der Schmeichelei die gleiche Ehre erweisen sollen. Der Freiheitstrieb war in Hellas erloschen; dies Land hatte sich in sein Schicksal, Rom, ergeben, aber eine tiefe Kluft trennte Römer und Griechen von einander. Jene blickten mit Verachtung auf die herabgekommenen Enkel des Miltiades und Leonidas, und diese fühlten sich als Aristokraten des Geistes und der Weltbildung den Römern überlegen. Die Romanisirung Achajas machte kaum äußerliche Fortschritte, denn der Genius Griechenlands lebte in der großen Literatur, in den unverlöschbaren Erinnerungen und im täglichen Bewußtsein der hellenischen Gemeinden fort. Nur ein paar Handelsstädte, Patras, Korinth und Nikopolis auf der Landzunge Actium, machten als römische Colonien eine Ausnahme in Hellas. In Korinth fand Pausanias keine Nachkommen der alten Bewohner mehr.Korinthiaca I, 2.

Die Korinther nahmen die römischen Sitten und selbst die blutigen Fechterspiele an; als aber die Athener diesem Beispiele folgen wollten, erhob sich der Philosoph Demonax und rief: dann stürzet zuvor den Altar des Mitleids um!Lucian., Demonax 57.

Nun kam Hadrian, und die Griechen empfingen ihn jubelnd als ihren »Heiland und Gründer«. Kein Kaiser Roms hatte ein so innerliches Verhältniß zu ihnen gehabt als dieser, und seinen griechischen Sympathien ist er, der ewig Wechselnde, treu geblieben. Verschwenderischer als über jeden andern Teil des Reichs hat er über Altgriechenland die Segnungen seiner Liberalität ausgeschüttet. Mit ihm begann besonders für Athen ein Nachsommer antiker Herrlichkeit als letzte Renaissance nicht mehr des republikanischen Staatslebens, sondern der Wissenschaft und Literatur. Sie hat sich dann unter den Antoninen voller entfaltet und, wenn auch mit mancher Unterbrechung, während des immer tieferen Verfalles Griechenlands, noch bis zum Erlöschen des Hellenentums unter Justinian fortgesetzt.

In welchem Hafen der Kaiser landete, ist unbekannt. Es gibt nicht einmal hadrianische Adventsmünzen Achajas, nur solche der Restitution.Eckhel VI, 487. Cohen II, n. 1214 s. Weder aus ihnen, noch aus Münzen der Colonie Korinth, welche seine Ankunft verzeichnen, läßt sich eine sichere chronologische Bestimmung gewinnen.Col. L. Jul. Cor. Advent. Aug. mit einer Trireme, Greppo S. 119. Adventsmünzen von Patras fehlen. Keine athenische Adventsmünze des Kaisers ist entdeckt worden. Aber in Inschriften wird von seiner Ankunft in Athen schlechthin, sodann von seiner ersten eine Aera der Stadt gezählt, ohne daß sich daraus das Datum seines ersten und folgenden Besuchs ganz sicher berechnen läßt.Die Formel ist απὸ τη̃ς ‛Αδριανου̃ (πρόωτης) εις ’Αθήνας επιδημίας. Von der ersten Ankunft, nicht vom Archontenamt 112 ist die Aera gerechnet: Dumont, Fastes éponymiques, S. 27. Die 5 Inschriften (Corp. Inscr. Atticar. III, 1, 735, 69ª add., 1107. 1023. 1120) bezeichnen das 3. Jahr (zweimal), das 4., 15., 27. Jahr. Aus diesen Inschriften ergibt sich nur, daß die neue hadrianische Aera nicht vor das Jahr 124–125 fallen und der Kaiser nicht vor dem September 124 nach Athen gekommen sein kann.Dittenberger, Hadrians erste Anwesenheit in Athen, Hermes 1873, S. 225. Diese Schrift ist veranlaßt durch die Abhandl. Hirschfelds, Catalogo de' Pritani ateniensi im Bull. Inst. 1872, S. 118 f. Man darf daher annehmen, daß er im Herbst des Jahres 125 dort angelangt ist, um dann einen längeren Aufenthalt daselbst zu nehmen.Nach Corsini (Fasti attici II, 403) im Monat Boedromion (etwa September), weil die Athener Hadrian zu Ehren den Jahresanfang vom Monat Hekatombaion in den Boedromion verlegten.

Alle seine idealen Neigungen fanden hier volle Befriedigung. In der zaubervollen Idylle, welche das Meer, der Hymettos, der Pentelikon und Parnes umrahmen, konnte er von seinen Mühen ausruhen und die erhabenen Werke des Altertums bewundern, gegen deren ewige Jugendschönheit nach dem Urteile Plutarchs die Zeit machtlos geblieben war. Sie standen noch unversehrt. Die Tempel, die Akademien und Gymnasien, die Säulenhallen und Plätze, die Burg der Athene mit Weihgeschenken, Gemälden und Bildwerken hat noch Pausanias angestaunt, und selbst Lucian war, als er in seiner Jugend zum ersten Mal Athen sah, von der Schönheit und Pracht dieser Stadt und ihre Volksmenge betroffen.Skythes c. 9. In Athen konnte Hadrian mit Künstlern Künstler sein, und in den Sälen der Akademie unter den Platanen am Kephisos mit Philosophen disputiren, die sich die Nachfolger des göttlichen Platon nannten. Die Stadt Athen erzog zur Weisheit und Bedürfnislosigkeit, wie Lucian in seinem Nigrinus gesagt hat, wo er den Gegensatz schildert zwischen ihrer klassischen Stille und dem Getümmel Roms mit seiner prunkvollen Sclaverei, seinen Aufwartungen und Gastmälern, seinen Sykophanten, Giftmischern, Erbschleichern und falschen Freunden.Nigrinus 14 f. In der Patriarchengestalt des Philosophen Demonax hat Lucian das Bild der athenischen Bedürfnißlosigkeit und ihres Glückes gezeichnet, und dieser Weise mochte schon ein Mann von 35 Jahren sein, als Hadrian nach Athen kam. Hier verwandelte sich der Kaiser in einen griechischen Sophisten und Nachträumer des schönen Altertums mit elegischen Empfindungen, die noch heute die Seele jedes Gebildeten bewegen, welcher auf dieser weihevollen Stätte unter Tempelruinen mit den Göttern, den Helden und Weisen Atticas verkehrt.

Aber der Lakonismus der Biographen Hadrians verurteilt uns zu dem Verzicht, diesen musenliebendsten aller Fürsten in seinem Verkehr mit den Athenern zu beobachten.Athenäus (VIII, 361, 3) nennt den Kaiser πάντ' άριστος καὶ μουσικώτατος βασιλεύς. Spartian faßt die Ereignisse seines ersten Besuchs dort in diese Worte zusammen: nach dem Beispiele des Herkules und Philippus nahm er die eleusinischen Weihen; er schenkte vieles den Athenern, und führte auch den Vorsitz als Agonothet.Spart, c. 13.

Ohne Zweifel hat sich Hadrian in die Mysterien der Demeter während seines ersten Aufenthalts in Athen einweihen lassen.Spart, c. 13. Dio 69, 11. Euseb., Chron. ed. Schöne II, 166 f.: εχείμασεν εις ’Αθήνας μυηθεὶς τὰ ’Ελευσίνια. Daß diese Einweihung noch in zwei Stufen geschah, also von Hadrian die zweite große Weihe erst bei seinem zweiten Besuch genommen worden ist, scheint glaublich. Flemmer S. 38. Hertzberg I, 314. Auch Augustus hatte diese Weihe genommen, und noch später nahmen sie Marc Aurel und Alexander Severus.Leake, Topogr. Athens, S. XXI. XXV. Der Gebieter Roms und der Welt verschmähte es nicht, beim Feste der großen Dionysien in griechischer Tracht das Kampfrichteramt zu führen. Da es die Pflicht des Archonten war, diese Feier zu leiten, so muß Hadrian damals zum zweiten Mal Archon der Athener gewesen sein.Ahrens (De Athenar. statu, S. 15). Dio 69, 16 erzählt die Beteiligung Hadrians an den Dionysien im Zusammenhange mit der Vollendung oder Einweihung des Olympieion, welche bei einem späteren Besuch des Kaisers stattfand, aber Spartian (c. 13) verbindet die Agonothesie desselben mit seinem ersten Aufenthalt in Athen. Die Dionysien beging man vom 8. bis 13. Elaphebolion (Ende März bis in den April); demnach befand sich Hadrian in Athen, wo er überwinterte, noch in der Frühlingszeit 126. Die Athener frohlockten, den Kaiser auf der Schaubühne der großen attischen Dichter sitzen und als ernsthaften Richter die Preise verteilen zu sehen, doch wir wissen nicht, welche Stücke damals aufgeführt wurden; vielleicht waren es Komödien des Menander, denn schwerlich setzte man noch Dichtungen des Sophokles und Aristophanes in Scene, noch gab es einen lebenden Poeten, der ein preiswürdiges Drama zu verfassen im Stande war.

Zum Dank für diese dem attischen Theater widerfahrene Ehre, oder aus Erkenntlichkeit für die von Hadrian angeordnete Wiederherstellung desselben, faßten die Athener den Beschluß, dem Kaiser in den Gängen des Zuschauerraums zwölf Ehrenbildsäulen aufzustellen, je eine für jede Phyle der Stadt. Als dreizehnte blieb jene stehen, welche man ihm schon als Archonten des Jahres 112 gesetzt hatte.Einzelne Postamente jener Statuen sind gefunden worden. Die Inschriften bei Dittenberger, Inscr. Att., n. 464. 466 f, Benndorf, Beiträge zur Kenntniß des attisch. Theaters, Zeitschr. für österr. Gymnas. 1875, S. 15 f.

Schon bei seinem ersten Aufenthalt in Athen wird Hadrian beschlossen haben, den Tempel des olympischen Zeus aufzubauen, und auch andre große Bauplane gefaßt haben. Er reformirte auch die athenische Verfassung, wozu er die Einrichtungen der alten Republik benutzte. Worin aber seine Verbesserung bestanden hat, ist unbekannt.Hieron., Chron. I, 45: Atheniensibus leges petentibus ex Draconis et Solonis reliquorumque libris jura componit. Dies klingt ganz phrasenhaft; dazu Hertzberg II, 317. Daß er für das Wol der Stadt sorgte, deren Häfen seit Sulla verödet und deren Handel und Industrie verfallen waren, lehrt noch heute eine Inschrift an der Torhalle der neuen Agora, welche eine Hadrianische Verordnung wegen des Oelverkaufs verzeichnet.C. I. G. I, 355 u. I. A., n. 38. – Gold- und Getreidespenden Hadrians für Athen, Dio 69, 16.

Es ist nicht glaublich, daß der Kaiser bis zu seiner Abreise aus Achaja im Sommer 126 ein Jahr lang in Athen verweilt habe, ohne die Landschaften Altgriechenlands zu bereisen. Sie schickten sicherlich ihre Abgeordneten nach Athen, ihm ihre Gesuche und Einladungen vorzutragen. Es sind aber im Ganzen nicht viele Inschriften griechischer Städte erhalten, welche Hadrian ihren Wolthäter und Gründer nennen, und aus ihnen läßt sich die Zeit seines Besuches nicht bestimmen. Wo er Bauten aufgeführt oder in Tempeln Weihgeschenke gestiftet hat, wie in Korinth, Argos, Mantinea, Nemea, ist er wol auch selbst in Person gewesen.Siehe weiter unten den Abschnitt von den Bauten des Kaisers. Auf Münzen von Argos wird er als »Gründer« verherrlicht.Mionnet, Suppl. IV, 240.

Sparta hat seine Ankunft in einer Inschrift verzeichnet.C. I. G. 1241. Andere Inschriften von Sparta C. I. G. 1308. 1309. 1312 (hier σωτη̃ρος ’Ολυμπίου); Les Bas-Foucart, Laconie, n. 193 (Σεβαστω̃ σωτη̃ρι); siehe Dürr, Anhang 113 f. Diese Stadt war damals die ansehnlichste des Peloponnes.Curtius, Peloponnes II, 226. Sie hatte ihre alten Einrichtungen bewahrt; die Gerusie dauerte fort, und das spartanische Jahr wurde noch immer von einem der fünf Ephoren benannt, wie das athenische von einem Archonten. Pausanias fand in Sparta die historischen Denkmäler unversehrt, so den Marktplatz mit den Regierungsgebäuden und der persischen Stoa, das Erzhaus der Athene auf der Burg, und zahlreiche Tempel, Grabmäler und Kunstgebilde.Pausan., Laconica XI.

In Mantinea stellte Hadrian das Grabmal des Epaminondas wieder her und versah es mit einer Inschrift.Pausan., Arcad. XI, 8. Und sollte der Kaiser, welcher den Tempel des Zeus in Athen ausbaute und dann selbst den Namen des Olympiers annahm, nicht das damals noch immer durch seine Spiele und Heiligtümer glänzende Olympia besucht haben? Keine Inschriften geben Zeugniß davon, aber ihr Mangel kann nur zufällig sein.

Korinth, die prächtigste Stadt Griechenlands, die römische Kolonie Julia des großen Cäsar, ist von Hadrian begünstigt und verschönert worden. Sie besaß wenig alte Sehenswürdigkeiten mehr, denn ihre meisten öffentlichen Gebäude waren seit Cäsar entstanden:, darunter befand sich auch ein Tempel der Schwester des Augustus Octavia.Pausan., Korinth. II, 6.

Im böotischen Thespiä weihte Hadrian in jenem Tempel, aus welchem Caligula den Eros des Praxiteles geraubt hatte, das Fell eines Bären, seine eigene Jagdbeute, mit selbstgedichteten Versen.Kaibel, Epigr. graeca, n. 811. Die Stadt Thespiä setzte Hadrian als ihrem ευεργέτης καὶ κτίστης eine Statue, noch ohne den Titel Olympios. C. I. G. I, 1614. Jenes bewunderte Kunstwerk hatte Claudius der Stadt zurückgegeben, aber Nero wieder entführt, und nur eine Copie desselben vom Athener Menodorus stand im Tempel, als ihn Pausanias besuchte.Boeot. XXVII, 4.

Wie sollte Hadrian nicht auch Theben gesehen haben? Die Stadt des Pindar war freilich zur Zeit des Pausanias schon so zusammengeschwunden, daß nur noch die Burg bewohnt wurde.Zwei Inschriften aus Theben (Dürr, Anhang n. 93. 94) sind später, da sie Hadrian den Titel Olympios geben. Die ganze Landschaft Böotien war herabgekommen; viele ihrer Städte lagen öde. Dem kleinen Chäronea hatte Plutarch Ruhm gebracht, doch dieser edle Mann, welchen Hadrian geehrt und zum Procurator Griechenlands ernannt hatte, war um das Jahr 120 gestorben. Eine der ansehnlichsten böotischen Städte mochte damals Lebadea sein, denn das noch immer stark besuchte Orakel des Trophonius führte ihr viel Leben zu. Es ist nicht bekannt, daß Hadrian dasselbe befragt hat, doch wird ihn seine Neugierde getrieben haben, auch dieses alte Mysterium kennen zu lernen.

Das Orakel zu Delphi befragte er nach dem Vaterlande Homers, sei es durch Boten, oder persönlich. Dort errichteten ihm die Amphiktyonen eine Ehrenstatue.C. I. G. 1713: τὸ κοινὸν τω̃ν ’Αμφικτυόνων, noch ohne den Titel Olympios. Dieser Bund dauerte noch fort, und seine Versammlung bestand zur Zeit des Pausanias aus 30 Mitgliedern, welche Nikopolis, Macedonien und Thessalien, Böotien und Phokis, Doris, Lokris, Euböa, Argos, Sikyon und Korinth, Megara und Athen stellten.Pausan., Phokika VIII, 3. Dem Heiligtum des Apollo hatte Nero 500 eherne Statuen geraubt und die Tempelgüter eingezogen. Der Verfall Delphis war unrettbar, denn auch das pythische Orakel hatte sein Ansehen eingebüßt. Pausanias sagt nicht einmal, daß es zu seiner Zeit noch in Thätigkeit war. Er fand die alten Schatzhäuser leer an Geld, aber in seiner langen Beschreibung der delphischen Merkwürdigkeiten konnte er noch viele alte Weihgeschenke in dem heiligen Bezirk aufzählen, während von den Tempeln einer in Trümmern lag, der zweite keine Statuen mehr hatte, im dritten die Bildsäulen einiger römischer Kaiser standen. Unter diesen mag sich auch die zu Ehren Hadrians errichtete befunden haben.l Phokika VIII, 4: τω̃ν εν ‛Ρώμη βασιλευσάντων – ου πολλω̃ν τινω̃ν εικόνας. – Im Schatzhaus der Korinther fand Plutarch nichts mehr vor, als die eherne Palme. Moralia ed. Wittenbach II, 438.

Im augustischen Actia Nikopolis in Epirus ist Hadrian gewesen, denn Münzen dieser Stadt stellen ihn zu Schiffe dar, und haben die Legende »Erscheinen des Kaisers«.Greppo S. 114. Hadrianische Münzen von Nikopolis sind zahlreich; Mionnet, Suppl. III, 379 f. Von dort kann er Dodona besucht haben.Eine Inschr. C. I. G. 1822 gibt Hadrian den Zunamen Dodonaios. Siehe Greppo S. 115. Daß er das Tempetal in Thessalien gesehen hat, ist zweifellos, da er in seiner Villa zu Tibur eine Anlage nach ihm benennen ließ. Nur wissen wir nicht, ob seine Reisen in Nordgriechenland, Epirus, Thessalien, Macedonien und Thracien, wo er Adrianopolis gründete, in die Zeit seiner ersten Anwesenheit in Hellas gehören, oder nicht. Seine Ankunft in Macedonien und Thracien ist durch Münzen bekundet.Adventui Aug. Macedoniae. Restitutori Maced. Adventui Aug. Thraciae, Eckhel VI, 498. Greppo S. 111 verzeichnet als thracische Städte, deren Kaisermünzen mit H. beginnen, Bizya, Mesembria, Peutalia, Trajanopolis und Cöla im Chersonnes. Cöla nannte sich Aelium Municip. Mionnet, Suppl. II, 527. – Flemmer, S. 89 glaubt, daß H. jene Landschaften während seines Aufenthalts in Athen (nach ihm 876–879 oder 880) i. J. 879 = 126 besucht habe. Dagegen versetzt Dürr S. 56 den Besuch in Nordgriechenland in die Zeit vor seiner Ankunft in Athen, etwa Spätherbst 124 bis Herbst 125.

Nach einem Aufenthalt von etwa drei Jahren im Orient und den hellenischen Ländern kehrte Hadrian nach Rom zurück, und zwar über Sicilien.Adventui Aug. Sicil. Eckhel VI, 500. Er bestieg dort den Aetna, um den Aufgang der Sonne zu sehen, welcher, wie man wissen wollte, in Farben des Regenbogens zu geschehen pflegte.Spart, c. 13. Er besuchte also auf dieser Reise die berühmten Städte Messena, Tauromenium, Catina, Syrakus und Thermiä. Sie waren römische Colonien, und außer ihnen wurden auf der Insel 63 Communen gezählt, welche meist das lateinische Recht besaßen.Plin. (H. N. III, 14).

Wenn der vielleicht nur zufällige Mangel an Urkunden über das Verhältniß Hadrians zu Sicilien einen Schluß erlauben dürfte, so hat er diese Schatzkammer Roms, wie noch Strabo die Insel nannte, nicht mit großer Freigebigkeit behandelt. Nur eine Münze des Senats nennt ihn im Allgemeinen den Wiederhersteller Siciliens; der Kaiser richtet eine knieende Frauengestalt auf, die mit Aehren bekränzt ist und Aehren in der Hand trägt.Eckhel VI, 500. Eine Hadriansmünze Vaillants mit dem Haupt der Medusa (?), darüber ein Meermonstrum mit der Legende Sicilia S. C. bezweifelt Eckhel. Zumpt, Comm. Ep. I, 409 glaubt, daß Hadrian den Städten Lilybäum und Panhormus das Colonialrecht gegeben hat, und spricht ihm in Sardinien die Colonien Uselis und Cornul zu.

Nach Rom kehrte Hadrian zurück, entweder am Ende des Jahres 126, oder im Beginne des folgenden.


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