Sagen aus Bayern
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Der Freier von Rothenburg

Zu Rothenburg an der Tauber ist zum öftern einer, welcher sich nicht allein in Kleidern prächtig und stattlich gehalten, sondern sich auch großen Reichtums und vornehmen Geschlechtes gerühmt, in eines ehrlichen Mannes Haus gekommen. Zwei andere Gesellen, die er bei sich gehabt, waren gleichermaßen schön und herrlich gekleidet, und einer von ihnen konnte pfeifen, der andere geigen. Er hatte auch öfter stattliche Gastereien und Abendtänze ausgerichtet und getan, als wollte er um des Hauswirtes Tochter freien. Er gab darum an, er wäre eines vornehmen adligen Geschlechtes, hätte auch großes Gut und Reichtum an Schlössern, Landgütern und vielen Städten in fremden und fernen Ländern, so daß es ihm an keinem Dinge als an einem frommen und tugendreichen Ehegemahl mangelte. Der Wirt aber hatte an dieses Gastes Weise und Wesen ein großes Mißfallen, verweigerte ihm darum seine Tochter, zumal sie nicht edel wäre, und verbot ihnen allen das Haus, daß sie nicht mehr sollten zu ihm kommen. Aber der Gast ist mit seinen Mitgesellen so unverschämt gewesen, daß er nichtsdestoweniger etliche Abende schön geputzt wiedergekommen in der Absicht, seinen Handel und sein Vorhaben zu vollstrecken. Das hat dann den Wirt bewogen, daß er auch die Prädikanten des Orts zu Gast geladen, mit denen hat er dann über Tisch aus Gottes Wort konferiert und allerlei gelehrte Unterhaltung gepflegt. Diese christlichen Gespräche sind dem Gast und seinen Gesellen sehr verdrießlich gewesen, sie haben darum angefangen, von anderen Dingen zu reden und gesagt: Das reime sich ja gar nicht, daß er die Gäste mit Predigen wolle fröhlich machen, es wären doch sonst wohl andere scherzhafte und kurzweilige Reden, die in einem solchen Konvivio zur Lustigkeit viel dienlicher, als daß man viel predigte und von Gottes Wort und der Heiligen Schrift disputierte. Daran erkannte der Wirt dieser Gäste teuflische Art und Natur, und weil er mit Gottes Wort gegen Teufels List und Betrug wohl gerüstet war, hieß er sie in Christi Namen von ihm weichen. Darauf ist der Bösewicht samt seinen Gesellen mit großem Brausen alsbald verschwunden und hat einen großen Gestank und drei tote Körper von Personen, die wegen ihrer Missetaten mit dem Strang vom Leben zum Tod befördert waren, in der Stube zurückgelassen.

 


 


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