Sagen aus Bayern
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Der Teufelsbeschwörer

Vor hundert und mehr Jahren lebten zu Keilberg zwei Nachbarn, Hans und Peter geheißen. Beide hatten von ihren Eltern ganz hübsche Gütchen ererbt, worauf sie sich wohl ernähren konnten – und Peter nährte sich auch gut; er war ein fleißiger, sparsamer Mann, der erste aus den Federn, und der letzte in Feld, Hof und Stall. Darum standen seine Felder auch am besten, darum hatte er auch das schönste Vieh im ganzen Dorfe. Hans dagegen war lieber hinter dem Kruge, als hinter dem Pfluge, und wenn er ja zu Hause blieb, so stöberte er in einem alten Buche, das er in einem vergessenen Winkel gefunden hatte, und das von Geisterbeschwörungen und dergleichen Teufelskünsten handelte. Feld und Vieh waren fremden Leuten überlassen: kein Wunder wenn Feld und Vieh gleich mager waren. So kam er immer mehr in Rückgang, während Peter, der von Haus aus nicht mehr hatte als er, täglich wohlhabender wurde. Wenn Hans die vollen Getreidewägen seines Nachbars von glänzenden Kühen mit strotzenden Eutern heimführen sah, während sein hungriges Vieh ein armseliges Führchen mühsam herbeischleppte, so erwachte in ihm ein Neid, der sich zu dem unversöhnlichsten Hasse gegen seinen glücklichen Nachbarn steigerte. Es wurde sein sehnlichster Wunsch, daß sein Nachbar wenigstens so arm, als er selbst werden möge, er versuchte sogar öfters, ihn in Schaden zu bringen, aber alles mißlang. – Eines Tages, als er sich wieder über den Wohlstand seines Nachbars recht erbost hatte, beschloß er, bei dem Teufel Hilfe zu suchen. Er schlug sein Zauberbuch auf, und las laut die Formeln ab, die den Teufel zu seinem Dienste zwingen sollten, – und der Teufel, der immer nahe ist, wenn der Mensch des Herrn vergißt, erschien wirklich. Hans, der doch nicht so recht an das Erscheinen des Teufels geglaubt hatte, erschrak dergestalt, daß er keine Worte finden konnte; aber als der Teufel ihn grimmig aufforderte zu reden, da er ihn doch einmal gerufen, bat er zitternd und bebend um ein Mittel, den Wohlstand seines Nachbars ohne Gefahr für sich zu vernichten. Der Teufel sagte ihm das zu, verlangte jedoch, daß Hans verspreche, nach zehn Jahren sein eigen zu werden. Hans versprachs in seiner Todesangst und der Teufel bezeichnete ihm ein Kraut, das er nachts 12 Uhr im Walde unter Anrufung des Teufels holen und auf das Viehfutter seines Nachbars werfen sollte. Darauf verschwand er im Schwefeldampf.

Hans tat, wie ihm geheißen, und des Tags darauf war sämtliches Vieh des Nachbars gefallen.

Peters Wohlstand war durch den Verlust seines sämtlichen Viehes gänzlich zerrüttet, seine Freude und sein Stolz waren ihm genommen, und er grämte sich so, daß er starb.

Da erwachte in Hans, der im Grunde des Herzens nicht bös war, das Gewissen. Er sah die Schändlichkeit seiner Handlungen ein und verabscheute sie und sich selbst. Er versagte sich alle Freuden der Erde und flehte ganze Nächte auf seinen Knien Gott und die Seele seines Nachbars um Vergebung seiner Missetat an. Endlich unter harter Buße und guten Werken verflossen die zehn Jahre, nach deren Ablauf Hans des Teufels Eigentum werden sollte. Der verhängnisvolle Tag war gekommen. Zu der nämlichen Stunde, wo der Pakt geschlossen worden, erschien der Teufel und ergriff den zitternden halbtoten Hans. Da schwebte im Glanze des Himmels der selige Geist Peters hernieder und sprach zu dem Teufel: »Weiche, Satan, du hast keinen Teil an ihm. Eine zehnjährige Reue hat sein Schuldbuch gelöscht und der Herr hat ihm vergeben, wie ich ihm schon längst verziehen habe, was er an mir getan.« Darauf ließ ihn der Teufel unwillig los und fuhr mit einem Gepolter, als wenn das ganze Haus zusammenstürze, davon. Auch der selige Geist verschwand, nachdem er Hansen noch freundlich angeblickt hatte. Auf den höllischen Lärm kamen Leute herbei, die Hansen sterbend fanden; er konnte ihnen nur noch erzählen, was vorgefallen, und dann verschied er in Frieden.

In dem Walde, wo in des Teufels Namen das Zauberkraut gesucht worden, ist es aber noch heute nicht geheuer.

 


 


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