Sagen aus Bayern
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Das Hemdabwerfen

Zu Coburg saßen am Weihnachtabend mehrere Mädchen zusammen, waren neugierig und wollten ihre künftige Liebhaber erkündigen. Nun hatten sie tags vorher neunerlei Holz geschnitten und als die Mitternacht kam, machten sie ein Feuer im Gemach und die erste zog ihre Kleider ab, warf ihr Hemd vor die Stubentüre hinaus und sprach bei dem Feuer sitzend:

»Hier sitz ich splitterfasernackt und bloß, wenn doch mein Liebster käme und würfe mir mein Hemde in den Schoß! «

Hernach wurde ihr das Hemd wieder hereingeworfen und sie merkte auf das Gesicht dessen, der es tat; dies kam mit dem überein, der sie nachdem freite. Die andern Mädchen kleideten sich auch aus, allein sie fehlten darin, daß sie ihre Hemder zusammen in einen Klump gewickelt hinauswarfen. Da konnten sich die Geister nicht finden, sondern huben an zu lärmen und zu poltern, dermaßen, daß den Mädchen grausete. Flugs gossen sie ihr Feuer aus und krochen zu Bette bis frühe, da lagen ihre Hemder vor der Türe in viel tausend kleine Fetzen zerrissen.

 


 


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