Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Bei Constanzens Gesang.

Von Shelley.

So tief versinken, sterben, ist es nicht
Der Tod vielleicht? Constanze, halte ein,
In deinem Aug' liegt eine Macht wie Licht,
Mag auch verstummt der Klang der Stimme sein,
Der brennend deinem Mund entglüht:
Wie Düfte, die durch Odem, Haar' dir fluten,
Ein Feu'r, das deiner Hand entsprüht,
Näßt sie mir jetzt noch meiner Wange Gluten –
Das wunde Herz kann nicht vergessen – ach, nur bluten!

Jetzt Schau'r, dem schnellen Wechsel gleich,
Unsichtbar, wie durch Jugendtraum sie gehn,
Süß, wild und doch unnennbar wonnereich,
Läßt du durch raschbelebte Klänge wehn.
Des Himmels Decke scheint zerrissen oben
Vor deinem Zauberlied zu weichen,
Das an die Schultern Schwingen mir gewoben,
Um mich ihm nach, empor zu heben;
Ich seh' die mächt'gen Monde fern erbleichen,
Die an den Grenzen die Natur umschweben,
Entschwunden weit der Erde dunkles Kerkerleben.

Die Stimme schwebt um meine Seele – hüllt
In Schatten sie, die sanft die Schwingen breiten;
Das Lebensblut, das diese Finger füllt,
Lehrt Zauberei des Instrumentes Saiten:
In meinen Adern lauscht das Blut,
Mir glüht das Haupt – der Odem schnell –
Gedrängte Schatten näßt die Flut,
Die meine Augen überwallt –
Das Herz ein züngelnder Flammenquell!
Wie Thau im Strahl der Sonne, ohne Halt,
Verzehrt mich dieser Klänge tödtende Gewalt.

Kein Leben hab' ich als in dir, Constanze,
Wenn gleich der Luft, die um die Welt ergossen,
So dein Gesang mit Melodieenglanze
Das All verklärt – bald wie des Sturms Genossen
Ich rasch mich fühl' emporgetragen,
Und über Fels und Wogen schweben,
Froh, wie die Luft beim Morgentagen,
Bald wie ein Hauch der Sommernacht,
Wo sich des Südens Inseln heben
Aus stillen Wässern, duftumfacht,
In seiner Wollust Flut er mich vergehen macht.

Levin Schücking.

—————

 


 << zurück weiter >>