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In einem Concertsaal.

Von S. T. Coleridge.

Mein Herz ist kalt und hart nicht! doch mich scheucht
Der dumpfe Raum, wo flimmerndem Gedränge
Die Dirne stolz des Busens Heben zeigt
In wirren Trillern mühsamer Gesänge.

Die fühlen ächte Kraft der Musik nicht,
Sind hart bei der Natur wildinn'gen Klagen –
Wenn sich der Sang langathmig trillernd bricht
In Stoßgeschrei – hört man sie Bravo! sagen.

Horch, das Gesumm' von Eitelkeit und Haß!
Mylady mustert lächelnd und gequält
Ein einfach Mädchen – höhnisch, neidesblaß,
Indeß der Pfaff, der freche Hauptmann ihr
Leis von entsprechendem Scandal erzählt.
O könnt' ich fern von dieser Scene hier
Den greisen Spielmann zaubern mir herbei,
(Den einst von meiner Amme Arm ich küßte),
Daß er die Schottenmärsche mir aufs neu
Im Mondschein spiele, in der Sommernacht;
Indeß ich tanze um die Schober Heu
Mit Mädchen, froh, in lichter Lockenpracht.

Und liegt der Abend purpurn auf der Bay
Des glatten See's, möcht ich mich leise nahn
Unhörbar – ungesehn – den Erlenbäumen,
An deren Wurzeln ruht der Fischerkahn,
Der hübsche Sitz von Edmunds läß'gem Träumen,
Wo er, vom Schaukeln auf und abgetragen
So mild und leis läßt seine Flöte klagen,
Daß stilles Weinen seine Wangen netzt.

Doch, meine Anna, wenn der Nachtsturm hetzt
Und tobt in tollen Stößen um die Ställe,
Daß schrill der Hahn den Regensturm ankräht,
O dann dein Lied, das voll des Grames weht, –
Vom todten Schiffer flutend auf der Welle,
Den sein Treulieb in Küstensand begrub!
Du süßes Weib! durchmißt doch deine Brust,
Was nur an Tönen schwermuthsvoller Lust
Geschöpfe hauchen: Vögel, laub'ge Aeste,
Seewinds Geseufz in moos'ger Grotte Bogen,
Die straffen Halme, die im Haidkraut wogen,
Melod'sches Murmeln, schwach, im Hauch der Weste.

Levin Schücking.

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