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Trinklied.

Von Byron.

Füllt wieder den Becher, nie stiegen zuvor
So freudige Gluten im Herzen empor,
Auf, trinket! – wer thät's nicht? Im irdischen Rund
Gibt nur sich im Becher die Täuschung nicht kund.

Versucht' ich doch, was ich im Leben gekonnt,
Ich hab' mich an lodernden Augen gesonnt;
Ich liebte – wer liebt nicht? Doch wer wol genoß
Wenn Leidenschaft wild durch die Adern ihm floß?

In Tagen der Jugend, den Lenz in der Brust,
Noch nimmer der Träume der Liebe bewußt
Hatt' ich Freunde – wer hat nicht? Doch wer wohl gibt zu,
Daß Freunde so treu sind, o Rebe, wie du?

Das Herz der Geliebten mag Mancher entziehn,
Der Freund folgt der Sonne. Du kannst nicht entfliehn.
Du alterst – wer thut's nicht? Doch der wird entbehrt,
Deß Tugend im Alter, wie deine, sich mehrt.

Wir werden – wenn Liebe das Aeußerste beut,
Wenn sich der Geliebten ein Andrer erfreut, –
Voll Eifersucht – wer nicht? Du sparst den Verdruß,
Je mehr dich genießen, um so mehr der Genuß.

Wenn Jugend verflog und Fröhlichkeit schwand,
So nehmen zuletzt wir den Becher zur Hand,
Und finden – wer thut's nicht? im Herzen die Qual,
Daß Wahrheit auf ewig nur ruht im Pokal.

In der Büchse Pandora's, als offen sie stand,
Und Erinn'rung den fröhlichen Sinn überwand,
Blieb Hoffnung – war sie's nicht? Den Becher geküßt,
Auch ohne die Hoffnung entbrennt das Gelüst.

Lang lebe die Traube! – wenn Sommer entfloh,
Macht Alter des Nektars das unsrige froh,
Wir sterben – wer stirbt nicht? Gott mög uns verzeihn,
Und müßig im Himmel soll Hebe nicht sein.

A. Böttger.

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