Fjodor Ssologub
Der Kuß des Ungeborenen und andere Novellen
Fjodor Ssologub

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VI.

In dieser Nacht sah Kolja im Traume die Krähe. Sie war so widerlich und schrecklich. Kolja erwachte. Es war noch Nacht, eine helle nordische Nacht.

Dann sah er im Traume Wanja mit seinen hellen Augen. Wanja blickte ihn unverwandt an und sagte etwas Unverständliches, – Kolja bekam Herzklopfen und erwachte.

Später träumte ihm, daß er sich von seinem Bett erhoben hätte und unter der Zimmerdecke fliege. Das Herz stand ihm still. Er hatte ein schwindelnd süßes Gefühl. Sein Körper schwebte ohne die geringste Mühe durch die Luft. Er fürchtete nur, an die Wand über den Türen anzustoßen. Es lief aber glücklich ab, – Kolja flog, wo es nötig war, tiefer und schwebte im nächsten Zimmer wieder zur dunklen Decke hinauf. Es waren viele Zimmer, eines immer höher als das andere, und sein Flug war immer schneller und schwindelnder. Endlich öffnete sich vor ihm lautlos ein großes, dunkles Fenster, er flog in den freien Raum hinaus, stieg in den Himmel, kreiste eine Zeitlang mit unsagbarer Wonne in der abgrundtiefen Hohe, stürzte ab, fiel zu Boden und erwachte.


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