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Sechsundzwanzigstes Kapitel.

Perikles. Das ist Euer Aberglaube.
Matrose. Ich muß um Verzeihung bitten, Herr; aber bei uns auf der See hat man es bis jetzt immer beobachtet, und wir halten fest daran.

Shakspeare.

 

Das Wetter war schön und die See ruhig, als eines Morgens die Aspasia an dem Felsenriff anlangte, das, obwohl bekannt, doch noch nicht genau untersucht war. Kapitän M. hielt es für räthlicher, schon hier die Anker auszuwerfen, als in der Nähe so gefährlicher Felsen, die sich vielleicht weiter in's Meer hinaus erstreckten, als man wußte, hin und her zu laviren. Die Fregatte wurde deshalb bei achtzehn Faden Tiefe vor Anker gelegt, ungefähr zwei Meilen von dem Theile des Riffs entfernt, der über das Wasser hervorragte.

Der Kapitän und der Schiffer unternahmen die Untersuchung; jedoch es war allen Offizieren, welche freiwillig Beistand leisten wollten, ebenso den Midshipmen, die bei dieser Gelegenheit praktische Kenntnisse zu erwerben wünschten, gestattet, sich der Partie anzuschließen und ein zweites Boot wurde für sie hinuntergelassen. Hektor, des Kapitäns Neufoundländerhund, sprang auf den Verdecken umher, ganz toll vor Freude, wie er immer zu sein pflegte, wenn ein Boot hinunter gelassen wurde, indem er das Vergnügen eines Bades vor sich sah.

Kapitän M. erschien, nachdem er gefrühstückt hatte und sein Boot bemannt war, auf dem Verdecke. Der Hund wedelte um ihn her, und er befahl, daß man demselben sein breites ledernes Halsband, auf welchem der Name des Schiffes mit großen messingenen Buchstaben stand, abnehmen sollte, damit es von dem Salzwasser nicht beschädigt würde. Jerry, der sich auf dem Verdecke befand, erhielt diesen Auftrag. Er ließ sich nun vom Kapitän den Schlüssel zum Schlößchen vom Halsbande geben, und nachdem Kapitän M. ihm seinen Bund Schlüssel, woran auch der betreffende hing, gegeben und gesagt hatte, er solle, sobald er das Halsband abgenommen, ihm die Schlüssel zurückgeben, ging er in seine Kajüte hinab.

Nachdem Jerry dem Hund das Band abgenommen, begab er sich, zum Unheilstiften ausgelegt, hinunter in die Midshipmenkajüte, wo er Prose allein fand, indem die Andern sämmtlich auf dem Verdecke oder sonst wo im Schiffe zerstreut waren. Auf Prose hatte er es abgesehen, indem dieser der Einzige war, gegen den er sich einen recht derben Spaß erlauben konnte, ohne sich nachteiligen Folgen auszusetzen. Jerry fing damit an, daß er sich das Halsband selbst umlegte und sagte: »Ich wünschte gar zu gerne befördert zu werden. Wäre jetzt nur die Stelle eines Kapitänhundes vakant, ich würde sie mit dem größten Vergnügen annehmen. Ich würde bald fett werden und glaube auch, daß mir dieses Halsband recht gut stünde.«

»Nun, Jerry, Sie nehmen sich in diesem Halsbande aus, als wenn es für Sie gemacht wäre; es ist eine wahre Zierde, das muß ich sagen.«

»Hätte ich nur einen Spiegel, um zu sehen, wie es mir steht. Ich würde es Ihnen anprobiren, Prose, aber Sie haben einen so dicken Bullenhals, daß es kaum halb herum ginge.«

»Was, ich einen Bullenhals, Jerry? Nun, ich wette mit Ihnen sechs Pence, daß mein Hals fast so dünn ist, als der Ihre; ja, ich wette einen Schilling, daß das Halsband ganz um meinen Hals geht.«

»Top! Wir wollen sehen, aber bedenken Sie, das Schloß muß sich gut schließen lassen, sonst haben Sie verloren,« sagte Jerry, legte Prose das Halsband um, behauptete immer, er könne das Schloß nicht zubringen, bis er den Schlüssel umgedreht und herausgezogen hatte.

»Nun, ich habe allerdings verloren, Prose; ich muß Ihnen Ihren Schilling holen,« fuhr Jerry fort, indem er sich zur Kajüte hinausmachte und Prose mit dem Halsbande zurückließ, das demselben so dicht unter dem Kinne aufstand, daß er kaum seinen Mund öffnen konnte. Jerry kam gerade auf dem Halbdecke an, als der Kapitän im Begriffe war, in das Boot zu steigen. Er ging zu ihm hin, griff an den Hut und überreichte ihm die Schlüssel.

»Danke Ihnen, Mr. Jerry; ich hätte Sie fast vergessen,« sagte Kapitän M., indem er hinunterstieg und abstoßen ließ.

»Wessen Kleider hängen da auf dem Penterbalkentake?« sagte Mr. Billy, der den Befehl gegeben hatte, daß nach acht Uhr Morgens keine Wäsche mehr daselbst getrocknet werden sollte.

»Ich glaube, Sir, daß sie Mr. Prose gehören, wiewohl ich es nicht ganz gewiß weiß,« antwortete Jerry, der sehr gut wußte, daß sie nicht Prose gehörten, aber wünschte, daß dieser herbeigerufen würde.

»Schiemann, sagen Sie Mr. Prose, er solle sogleich zu mir heraufkommen.«

Jerry sprang augenblicklich in die Kajüte hinunter.

»Nun, Jerry, das ist doch zu arg; das erkläre ich. Lieber Jerry, nehmen Sie mir doch das Halsband wieder ab.«

»Mr. Prose,« sagte der Schiemann, der erste Lieutenant ruft Sie augenblicklich auf das Verdeck.«

»Sehen Sie jetzt, Jerry, in welche Klemme ich hätte kommen können! Wo ist der Schlüssel?«

»Ich habe ihn nicht; der Kapitän sah mich aus dem Halbdecke und nahm seine Schlüssel mit sich.«

»Was? Ist der Kapitän fort? Nun, ich muß sagen, das ist doch zu arg,« schrie Prose fast rasend.

»Zu arg? Nun, lieber Prose, ärgern Sie sich doch nicht; es ist ja eine Auszeichnung. Ich und der erste Lieutenant machen Sie zum Ritter des Großkreuzes. Ich gab Ihnen das Halsband und er hat Sie beordert; ich rathe Ihnen indeß, schnell zu gehorchen, wenn Sie nicht noch einen höheren Rang als den Mastkorb ersteigen wollen.«

»Mr. Prose, augenblicklich sollen Sie vor dem ersten Lieutenant erscheinen,« sagte der Schiemann, der nun zum zweiten Male an ihn abgeschickt wurde.

»Nun, kann ich denn mit einem Hundshalsbande hinaufgehen?«

»Es thut mir in der That leid, sehr leid, Prose; schadet aber nichts – sagen Sie, ich habe es gethan.«

»Sagen, Sie hätten es gethan! Nun, es ist doch besser, wenn ich sage, ich sei krank.«

»Ja, das geht; worin soll denn Ihre Krankheit bestehen? – In einer Mundsperre? Ich will hinaufgehen und Mr. Bully melden – soll ich?«

»Ja, melden Sie mich unwohl.«

Jerry ging hinauf. »Mr. Prose ist nicht wohl, Sir – er hat so eine Art Mundsperre.«

»Gebe Gott, daß Sie dieselbe Krankheit hätten, Sir,« erwiederte der erste Lieutenant.

»Macallan, ist Mr. Prose krank?«

»Nicht, daß ich wüßte; wenigstens hat er nicht nach mir geschickt. Ich will hinunter gehen und nach ihm sehen, ehe ich mich an's Land begebe.«

Macallan kam lachend wieder herauf; doch nahm er wieder eine ernste Miene an, ehe Bully es bemerkte.

»Nun, Doktor?«

»Mr. Prose kann in der That bei seinem gegenwärtigen Zustande nicht aufs Verdeck kommen,« sagte Macallan und stieg in das Boot hinab, das aus ihn gewartet hatte. Diesmal jedoch wurde Jerry in seiner eigenen Schlinge gefangen.

»Mr. Jerry, wo ist das Halsband? Es muß geölt und geputzt werden,« sagte der erste Lieutenant.

»Soll ich es dem Rüstmeister geben?« erwiederte Jerry.

»Nein, bringen Sie es mir herauf.« Jerry ging hinunter und kehrte nach einigen Minuten wieder zurück.

»Ich kann es nicht finden, Sir; ich ließ es in der Kajüte, als ich auf's Verdeck heraufkam.«

»Das ist wieder eine Ihrer gewöhnlichen Fahrlässigkeiten, Mr. Jerry – gehen Sie nur in den Mastkorb hinauf und bleiben Sie, bis ich Sie herunterrufe.«

Jerry, der mit dieser Wendung des Spaßes gar nicht zufrieden war, stieg sehr langsam hinauf, etwa alle zehn Sekunden eine Tausprosse.

»Nun, Sir, was zaudern Sie so lange? Machen Sie, daß Sie schnell empor kommen!«

»Ich bin kein Emporkömmling, Sir,« erwiederte Jerry dem ersten Lieutenant – eine Stichelei, die so hart verwundete, daß Jerry erst am Abende heruntergelassen wurde.

Schon lange vorher hatte Prose durch des Kapitäns Aufwärter sich den Schlüssel zu verschaffen gewußt und seinen Hals von der lästigen Einjochung befreit.

Das zweite Boot landete an dem Riffe, und während die Leute desselben mit der Untersuchung beschäftigt waren, durchforschte Macallan die Felsenspalten und sammelte verschiedene Naturprodukte, die er dort vorfand.

Das Boot ward an Bord zurückgeschickt, weil es erst Nachmittags wieder nöthig war, um welche Zeit die Offiziere vom Konstabelzimmer zum Diner zurückkehrten.

Der Nachen des Kapitäns blieb am Lande und Macallan übergab dem Führer des Beischiffes die verschiedenen Muscheln und viele Korallenarten, womit die Felsen bedeckt waren.

»Nehmen Sie mir besonders diese Gattung hier in Acht,« sagte der Wundarzt, indem er Marshall, dem Beischiffsführer, einen Bund Korallen in die Hand gab.

»Bitte um Verzeihung, Mr. Macallan – zu was soll denn all' dieser Plunder da dienen?«

»Plunder!« erwiederte der Wundarzt lachend; »Sie wissen nicht, was es ist. Was meinen Sie denn, daß ich Ihnen so eben gegeben habe?«

»Nun, Unkraut ist Plunder, und das hier ist nur Seegras.«

»Nein, es sind Thiere.«

»Thiere!« rief Marshall mit einem ungläubigen Lächeln, »nun, Sir, ich habe immer geglaubt, es seien Pflanzen. Wir leben um zu lernen, das ist wahr. Sind Kohl und Zwiebeln auch Thiere?«

»Nein,« erwiederte der Wundarzt sehr ergötzt, »das sind sie nicht, Marshall; aber dieses hier sind Thiere. Legen Sie nur dieselben in das Boot und zwar an einen sicheren Platz; dann kommen Sie wieder zurück.«

»Sieh da, Bill, was ich habe,« sagte Marshall zu einem Matrosen, der auf den Dosten des Bodens lag. Er hielt ihm die Korallen verächtlich entgegen und fuhr fort: »was zum Teufel glaubst du, daß es sei? Nun, 's ist ein Thier!«

»Ach was.«

»Ich will mich prügeln lassen, wenn der Doktor nicht gesagt hat, es sei ein Thier!«

»Es ist so wenig ein Thier, als ich eins bin,« erwiederte der Matrose, seinen Kopf wieder auf die Doste legend und die Augen schließend.

Nach einigen Minuten kehrte Marshall zum Wundarzt zurück, der, des Herumkletterns zwischen den Felsen müde, sich gesetzt hatte, um ein wenig auszuruhen.

»Nun, Marshall, ich hoffe, Sie haben doch das, was ich Ihnen zur Besorgung übergab, nicht beschädigt?«

»Beschädigt, nein, Sir; nachdem, was Sie mir sagten, hätte ich eben so gerne eine Katze beschädigt.«

»Sie sind also in diesem Punkte auch abergläubisch, wie es bei Seeleuten gewöhnlich der Fall ist?«

»Abergläu – wie Mr. Macallan? Ich weiß blos daß der schlecht weg kommt, welcher eine Katze mißhandelt. Ich habe so bestimmte Beweise davon, seitdem ich im Dienste bin. Ich könnte Ihnen ein Garn davon spinnen.«

»Ei, Marshall, thun Sie das; setzen Sie sich hieher; – ich bin ein Freund von bestimmten Beweisen. Nun lassen Sie mich hören, was Sie wissen; ich werde Sie in Ihrer Erzählung nicht unterbrechen.«

Der Beischiffsführer setzte sich neben Macallan, nahm seinen Tabak aus dem Munde, legte ihn neben sich auf den Felsen und begann, wie folgt:

»Nun sagen Sie mal, Mr. Macallan, ich will Ihnen genau erzählen, wie es war, und dann Ihnen überlassen, zu beurteilen, ob man eine Katze so traktiren soll. Es geschah damals, als ich auf der Fregatte Survellanty diente und wir gerade in der Kawsandbai lagen und auf den Befehl zum Absegeln warteten; wir hatten erst eine Woche den Anker geworfen und durften noch nicht an's Land. Ja, Sir, der Zahlmeister entdeckte, daß sein Aufwärter so ein Stück von einem Schurken war und jagte ihn deßwegen fort. Die Schiffsmannschaft wußte das schon lange, denn er hatte nicht Wenige betrogen und wir sind alle froh gewesen, als wir ihn und seine Habseligkeiten aus dem Schiff hissen sahen. Nun sehen Sie, dieser Bursche hatte eine schwarze Katze, aber die war nicht wie andere Katzen. Als sie noch klein war, hatten sie ihr den Schwanz abgeschnitten dicht am Hintertheile und auch die Ohren hatte man ihr gestutzt, ganz nah am Kopfe, und das Thier setzte sich oft auf seine hintern Füße und wehrte sich wie ein Kaninchen. Es hatte seine Natur ganz verloren und sah ganz aus, wie wenn es so ein kleines Teufelchen wäre. Es hielt sich immer bei dem Aufwärter des Zahlmeisters auf, und wir sahen es blos, wenn man den Zwieback austheilte.

»Nun, Sir, als dieser Schurke von Aufwärter das Schiff verließ, so hatte er keine natürliche Liebe für seine Katze und ließ sie an Bord ohne Herrn, und der Aufwärter, der an seinen Platz kommt, jagt die Katze aus dem Aufwärterzimmer, und so mußte der verstümmelte, arme, kleine Teufel für sich selber sorgen.

»Wir alle zusammen gaben uns Mühe, das arme Thier bald in diese, bald in eine andere Kajüte zu locken, aber es wollte sich an keinen Menschen gewöhnen. Sie wissen, Sir, eine Katze ist kein Freund von Veränderung, und so lief sie im Schiffe umher, miaute bei Tage und stahl bei Nacht. Endlich schleicht sie in des Schiffers Kajüte und setzt dort ihre Sache hin, und der Schiffer wird ganz wild und schwört, daß er sie todtschlagen wolle, sobald sie ihm unter die Hand komme.

»Nun, Sir, es ist so die Natur der Katzen, ihre Sachen immer an denselben Ort zu machen; warum, das weiß nur Gott allein, und so geht dieser arme, schwarze Teufel immer in des Schiffers Kajüte und macht sie so zu sagen zu seinem Hauptquartier. Endlich findet eines Tags der Schiffer, der ein so sanfter Offizier war, als ich jemals einen gesehen, daß sein Sextantenfutter etc. voll Unflath ist; und das brachte ihn in große Wuth und er befahl allen Schiffsjungen, die Katze zu fangen, und man fing die Katze bald und brachte sie in's Konstabelzimmer. ›P…,‹ sagte der Schiffer zum ersten Lieutenant, ›wollen Sie mir helfen das schmutzige Thier todtschlagen?‹ Und der erste Lieutenant, der mehr für die Reinlichkeit seines Verdecks Sorge trug, als für fünfzig Menschenleben, sagte, er wolle; und so rufen sie den Sergeanten der Seesoldaten und befahlen ihm, zwei Schiffsmusketen und ein paar Kugeln zu bringen, und dann gingen sie auf das Verdeck mit der Katze auf dem Arme.

»Nun, Sir, als die Leute die Katze auf dem Verdeck sahen und hörten, daß sie über Bord geworfen werden soll, da kommen sie alle zusammen bei der Leelaufplanke und sagen so ihre Meinung über die Sache – und Einer sagt: ›Wir wollen gehen und mit dem ersten Lieutenant sprechen;‹ und ein Anderer sagt: ›Ja, der wird euch in's schwarze Buch setzen,‹ und so lassen sie's bleiben. Nur Jenkins, der Hochbootsmanngehülfe, der ruft einem Bootsführer aus der Hauptdeck-Vorgate zu und sagt: ›Bootsmann,‹ sagt er: ›wenn sie die Katze über Bord werfen, so fische sie auf; ich will dir einen Schilling geben;‹ und der Bootsführer sagt, daß er es thun wolle; denn schauen Sie, Sir, die Leute wußten nicht, daß man Musketen bringen würde, um das arme Thier todtzuschießen.

»Nun, Sir, der Bootsführer war also darauf gefaßt, und wie die Leute wußten, was Jenkins gethan hatte, so waren sie zufrieden. Wie aber der Sergeant herauf kommt und die Musketen mit Kugeln ladet, so fangen die Leute an zu murren; der Schiffer aber wirft die Katze über Bord an der Leeseite herab, und wo der Bootsführer sie in's Wasser pflumpfen sieht, will er sie auffangen; aber der erste Lieutenant ruft ihm zu, aus dem Weg zu gehen, sonst kriege er eine Kugel durch's Boot. Der rudert hinweg. Der Schiffer feuert zuerst und trifft die Katze am Hals, die sich nun auf die Seite legt, und der erste Lieutenant feuert auch und trifft das arme Thier grad mitten durch, und sie zappelt ein wenig und dann geht sie unter. ›Wir haben beide kapital geschossen,‹ sagt der erste Lieutenant, ›die Katze wird nimmer an Ihren Sextanten denken, Schiffer,‹ und beide gehen herzlich lachend die Leiter hinunter zum Mittagessen.

»Nun, Sir, ich habe meiner Lebtag keine Schiffmannschaft in solcher Wuth oder so einem Lärm zwischen den Verdecken gesehen; 's ging fast so toll zu, wie bei einem Aufstand. Bald darauf wurde zum Grog gepfiffen und die Leute gehen in ihre Kajüten und sprechen mit einander über die Sache, und sie sagen Alle, das könne für das Schiff kein Glück bringen, und sie waren sehr betrübt und mußten immer daran denken.

»Am andern Tag, Sir, bekamen wir Befehl zum Absegeln und der erste Kutter wird an's Land geschickt, um den Kapitän zu holen, und sechs Bootsleute laufen davon und ich weiß gewiß, daß sie nicht desertiren wollten, sondern das geschah Alles wegen der Katze, die man über Bord geworfen und umgebracht hatte – denn Drei davon waren meine Kameraden, und Sie müssen wissen, Sir, wir hatten über diese Sache gesprochen und ich würd' es auch gewußt haben, wenn sie im Sinn gehabt hätten, den Dienst zu verlassen.

»Der Kapitän war so wild, wie ein angeschossener Bär, und that drei Tage lang nichts als brummen, und Jeder that gut dran, ihm aus dem Weg zu gehen, denn er schnappte rechts und links um sich, wie ein wüthender Hund. Ich hatte ihn noch niemals in so böser Laune gesehen, ausgenommen damals, als wir vierzehn Tage lang schlechten Wind hatten.

»Nun, Sir, wir waren eine Woche auf der See gewesen, da stießen wir auf eine große Fregatte und ließen die Trommel schlagen; wir meinten, es sei ein Franzose, aber bald sehen wir auf Kanonenschußweite, da sie ihr Privatsignal aufhißt, daß es der Semiramus sei, der einen unserer höheren Offiziere an Bord hat. Am andern Morgen, wo wir zusammen kreuzten, sehen wir ein Fahrzeug am Lande und der Semiramus segelt darauf los, backbord lavirend und befiehlt uns durch Signal abseits zu halten, um ihn nicht zu verhindern, längs der Küste zu segeln.

»Als das Fahrzeug sah, daß es nicht vorwärts kommen konnte, legte es unter einer Batterie von zwei Kanonen vor Anker, und dann gibt der Kommodore ein Signal, daß die Boote bewaffnet und bemannt werden sollen, um es heraus zu hauen.

»Nun, Sir, war unser erster Lieutenant in der Kajüte an einem Reformatismus krank und konnte keinen Dienst versehen, und so hatte der zweite und dritte Lieutenant und der Schiffer und einer von den Midshipmen das Kommando über unsere vier Boote und der Kommodore schickte sieben von den seinigen. Die Boote ruderten ab und führten das Fahrzeug, so gut es ging, hinweg und dabei wurde kein einziger Mann verwundet. So viele Boote, als daran hinkommen konnten, nahmen es in's Schlepptau und es segelte nun vier Knoten in der Stunde. Ich war der Bootführer der Pinnasse, die unter dem Befehl des Schiffers stand, und wir ruderten an Bord zurück, da nicht alle Boote zum Herausziehen des Schiffes nöthig waren. Und wir waren noch nicht drei Kabeltaulängen dem Schiffe voraus, als ich sah, wie es auf einen Felsen stieß, den daherum kein Mensch vermuthete; es war nicht weit vom Eingange in den Hafen. Als ich dem Schiffer sage, daß es auf dem Grund fitzt, so befiehlt er uns, zurück zu rudern und das Schiff wieder flott machen zu helfen.

»Nun sehen Sie, Sir, als wir ihm an die Seite kommen, so finden wir, daß es schon wieder los war; es hatte nur den Felsen gestreift und die Boote zogen es mit vereinigten Kräften heraus. Jetzt feuerten die Franzosen auf uns mit Musketen, denn wir hatten uns gegen die Batterie geschützt, und als wir fast auf Musketen-Schußweite heraus waren, fielen die Kugeln nur in's Wasser und thaten uns nichts. Ich stand mit dem Schiffer hinten, so daß mein Körper gerade zwischen ihm und dem Ufer war, von dem sie herfeuerten. Es schien nicht möglich, daß eine Kugel ihn treffen könnte, ausgenommen durch mich. Aber doch geht eine Kugel zwischen meinem Arme und meiner Seite gerade hier hindurch und todt lag er auf dem Platze. Kein einziger Mann von allen neun Booten wurde verwundet, und ich will es Ihnen überlassen zu vermuthen, ob die Matrosen nicht sagten, der Schiffer sei blos deßwegen umgekommen, weil er die Katze ermordete.

»Nun sehen Sie, Sir, die Leute glaubten, weil er zuerst gefeuert habe, so sei jetzt Alles abgethan, nur Jenkins, der Hochbootsmannsgehülfe, sagte, daß man dieß noch nicht so genau behaupten könne. Den Tag darauf trennten wir uns von dem Kommodore, und einen Tag nachher kam es vor, daß wir auf eine französische Fregatte stießen. Sie war voraus und hielt uns auf lange Schußweite, aber wir hofften, wenn uns ein wenig Wind begünstigte, sie noch vor ihrem Einlaufen in Brest zu erreichen und zum Fechten zu bringen. Tom Collins, der erste Lieutenant, lag noch in seiner Kajüte an dem Reformatismus krank; aber als er von der französischen Fregatte hörte, stand er auf und kam auf's Verdeck. Als er aber hinaufkommt, fällt er an den Karronaden nieder und sein Hut fällt ihm vom Kopfe. Er wollte wieder aufstehen; aber er war so schwach, daß er nicht wieder auf die Füße kommen konnte.

»Nun sehen Sie, Sir, der Kapitän läuft auf ihn zu und sagt so etwas von Diensteifer und all das Zeug, und sagt, er solle wieder hinuntergehen, denn er sei ja gar nicht kapabel, und befiehlt den Leuten an den vorderen Karronaden, ihn in seine Kajüte zu tragen. Aber jetzt, Sir, gerade, wo wir ihn die Leiter hinunterschleppen, denn ich war Oberfeuerwerker, kommt eine Kugel durch die zweite Stückpforte herein und reißt ihm, wie er in unseren Armen liegt, den Hirnschädel hinweg und beschädigte keinen anderen Menschen. Er war in einem Nu todt, und was noch sonderbarer war, dieser Schuß war der einzige, der die Fregatte traf; der Franzose lief in Brest ein, und so gab es ganz und gar kein Gefecht.

»So sehen Sie, Mr. Macallan, wie in zwei Gefechten von hundert nur zwei Leute getödtet wurden, und es waren eben die Beiden, welche die Katze getödtet hatten! Da haben Sie nun, was ich bestimmte Beweise nenne, denn ich sah das Alles mit meinen eigenen Augen, und ich möchte wissen, ob Sie auch so bestimmte Beweise geben könnten, daß die Dinge Thiere sind.«

»O freilich, Marshall! Morgen sollen Sie es mit Ihren eigenen Augen sehen.«

»Morgen kommt Niemals,« brummte der Beischiffsführer, indem er seinen Kautabak wieder in den Mund steckte.


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