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Vorwort zur 2. Auflage

Die Kindersterblichkeit kolonialer Bücher ist kaum geringer als die der Negervölker Afrikas. Um so mehr darf ich mich freuen, daß meine Blätter und Briefe den Gefahren des frühen Kindesalters getrotzt haben. Als sie sich zum ersten Male schüchtern an die Öffentlichkeit wagten, stand Deutschland gerade in der uns allen noch in der Erinnerung haftenden Periode des kolonialen Erwachens, durch die eine neue Epoche der Entwicklung unseres überseeischen Besitzes eingeleitet wurde. Seither haben sich viele unserer Hoffnungen verwirklicht, während wir andere noch haben zurückstellen müssen; denn auch im kolonialen Leben liegt zwischen Ackerbestellung, Aussaat und Ernte eine oft große Spanne Zeit.

Ich habe nichts an dem Texte des Buches geändert. Es wird hoffentlich auch heute noch in seiner ursprünglichen Gestalt nicht ohne Interesse sein. Denn wie der Stand unserer kolonialen Entwicklung heute ist, wissen daheim die meisten; wie er vor kurzem noch war, das werden bald nur noch wenige wissen. Damit der Leser aber trotzdem am Beispiele unserer vielleicht aussichtsreichsten Tropenkolonie verfolgen kann, wie wir einesteils vorwärtsgekommen sind und wohin wir andernteils streben müssen, so habe ich mich entschlossen, als Anhang einen kurzen Überblick über die Entwicklung Kameruns während der letzten Jahre zu geben. Hierbei wolle man mir nicht verübeln, wenn ich die mir beruflich am nächsten liegenden Fragen eingehender als die anderen berücksichtige.

Es ist keines von den gemachten oder erdachten Büchern, es ist erschaut, erwandert und erlebt. Daraus erkläre ich mir auch, daß es mir zwar nicht den geräuschvollen Beifall einer großen Menge eingetragen hat, wohl aber manches herzlich gesprochene oder geschriebene Wort eines Genossen aus Freud' und Leid oder solcher Zeitgenossen, die ein Herz für unsere deutschen Neuländer haben. Viele Monate bin ich seitdem wieder im afrikanischen Inlande umhergewandert, manche früher gewonnene Überzeugung habe ich dabei immer wieder bestätigt gefunden, manches neue Problem ist vor meinen Augen aufgetaucht. Hie und da ging eine Illusion in Trümmer – welchem alten Afrikaner geschähe es nicht ebenso? Aber eins habe ich nicht aufgegeben: das ist der feste Glaube an die Entwicklungsfähigkeit unserer deutschen Kolonien!

Victoria in Kamerun, im Mai 1910

Dr. Ludwig Külz


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