Timm Kröger
Des Lebens Wegzölle
Timm Kröger

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21

Dick und schwül war es schon am Vormittag gewesen. Es ist freilich spät im Herbst, aber, paßt auf! es kommt noch ein Gewitter. So hatten Wettererfahrene prophezeit. Hinnerk Schmidt fuhr in scharfem Trabe nach Hause. In der langen Votshorstwiese lag das Heu vom zweiten Schnitt (Ettgrön) in Schwaden, das mußte vor dem Regen in Diemen gebracht werden, das im Wischhofe konnte zur Not gefahren werden. Und es war nicht mehr zu bezweifeln, daß es regnen werde. Wer sich nur einigermaßen auf die Sprache des Horizonts verstand, der wußte, daß die kleinen, unruhigen scharfeckigen Gebilde, die im Luftmeer schwammen, schwarz aussahen und dabei weißliche Bauchdecken hatten, die Vorboten einer schwarzen Wetterwand seien.

Hinnerk Schmidt ließ die Peitsche über die Pferde pfeifen. Ihn trieb eine Sorge, die er aus dem Bureau des Anwalts mitgenommen hatte, nach Hause, die wirtschaftliche kam erst in zweiter Linie in Betracht. Von der Höhe des Dorfweges aus nahm er wahr, daß das Heu aus dem Wischhof geborgen war, und daß seine Leute jetzt dabei seien, auf der langen Votshorst Diemen zu machen.

Maleen und die Mädchen waren beim Melken; im Hof war niemand, das Fuhrwerk in Empfang zu nehmen. Der Bauer spannte ab, schirrte die Pferde aus, zog sie in den Stall, gab ihnen Futter, schob den Wagen ins Schauer, schloß die ringsum offenstehenden Türen vor dem grollenden Wetter und schritt über die Diele nach den Stuben. Und in dem Augenblick zuckte der erste Blitz fahl über das Dunkel hin. Und als er die Stubentür öffnete und über die Schwelle schritt, erhob sich am Glockengehäuse in der von Wolken und Baumschatten verdunkelten Ecke eine Gestalt – ein Mann.


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