Timm Kröger
Des Lebens Wegzölle
Timm Kröger

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13

Alle drei gingen. Im Gartenhaus wurden die Sachen nach dem Verzeichnis noch einmal vorgezeigt.

»Ihr Bruder war lange krank?«

»Jawohl.«

»Und Sie besorgten seine Geschäfte?«

»Ist auch was vergessen, was nicht im Protokoll steht?«

»Ich glaube nicht.«

»Sie selbst haben nichts?«

»Wie sollte ich was haben?«

»Die Frage kommt Ihnen wunderlich vor?«

»Ein bißchen wunderlich ist mir das.«

»Und doch muß ich noch einmal fragen: Schmidt, Sie haben doch nichts weggebracht?«

Hinnerk Schmidts sonnverbranntes Gesicht wurde um einen Ton bleicher.

Karl Schnoor ging im Zimmer umher, er kam zufällig in Hinnerks Nähe, zwei Finger an den Lippen.

Der in seinen Akten blätternde Richter sah auf und warf ihm einen scharfen Blick zu. »Zurzeit ist hier eine nichtöffentliche, gerichtliche Verhandlung« sagte er. »Ich darf Sie wohl bitten, mich so lange mit Schmidt allein zu lassen.«

»Wie Sie befehlen!« Karl Ohm Schnoor verbeugte sich weltmännisch und verließ das Zimmer.

»Schmidt«, fing der Richter wieder an, »nun komme ich auf meine Frage zurück. Sie haben doch nichts weggebracht?«

»Herr Rat, ich weiß nicht, ob ich nötig habe, darauf zu antworten. Aber ich wills tun und sagen, ich habe nichts weggebracht, was zum Nachlaß gehört.«

Der Amtsrichter sah ihm scharf in die Augen. »Sie betonen: was zum Nachlaß gehört. Haben Sie denn was weggebracht, was nach Ihrer Ansicht nicht dazu gehört?«

Hinnerk Schmidt schwieg.

»Besinnen Sie sich!«

»Da brauch ich mich nicht zu besinnen, ich habe nichts weggebracht, was zum Nachlaß gehört.«

»Also nichts, was zum Nachlaß gehört?«

»Nein.«

»Schönt Da muß ich weiter fragen: Hat Ihr Bruder in der Lotterie gewonnen?«

»Ja.«

»Wieviel?«

»Das möcht ich nicht gern sagen.«

»Es soll viel gewesen sein.«

»Herr Rat, was wissen da andre Leute von.«

»Nun einerlei, ob viel, ob wenig: Wo ist das Geld?«

Hinnerk Schmidt antwortete nicht.

»Ist es in den aufgeführten Hypotheken angelegt?«

»Nein.«

»Also in den Staatspapieren?«

»Nein.«

»Da frage ich: Wo ist der Gewinn?«

»Der gehörte Peter nicht mehr.«

»Wem gehörte er denn?«

Hinnerk Schmidt schwieg. Mit verschleierten Augen und festgeschlossenen Lippen stand er vor dem Richter.

»Ich meine«, fing der Beamte wieder an, »wenn der Verstorbene den Gewinn nicht mehr hatte, wo ist er denn geblieben? Sie sollten es wissen, Sie besorgten ja Ihres Bruders Geschäfte.«

»Herr Rat, nehmen Sie mir nicht übel! Sie fragen und fragen, wie es Ihre Pflicht ist. Ich möchte aber nichts sagen.«

»Schmidt, das kommt nicht von Ihnen.«

Hinnerk Schmidt schwieg.

»Sie verweigern die Auskunft?«

»Herr Rat, wenn das der Name dafür ist, dann ist es wohl so. Ich nehme an, daß ich das darf.«

»Dürfen?« antwortete der Richter. »Nein, denn weder das Gesetz, noch Ihr Gewissen geben Ihnen dazu ein Recht. Sie dürfen es nur insoweit, als ich für heute kein Mittel habe. Sie zur Antwort zu nötigen. Aber damit ist die Sache nicht gut und nicht vorbei. Ich muß Sie darauf aufmerksam machen. Ihr Bruder, der Miterbe, kann einen Schwur vor Gericht verlangen, daß Sie den Nachlaß vollständig und richtig angegeben und auch von ihm nichts abhanden gebracht haben.«

»Wenn er das kann, dann muß er das tun«, erwiderte Hinnerk mitn Fellerbüdel trocken.

Damit war das Verhör zu Ende, der Richter schrieb nur noch das Protokoll. Es stand darin die vorläufig unbeeidigte Versicherung Hinnerk Schmidts, daß seine Angaben wahr seien, ferner seine Bereitwilligkeit, das auf Erfordern zu beschwören.

»Nicht wahr, das ist so richtig?«

»Ganz richtig, Herr Rat.«

»Dann unterschreiben Sie.«

Das tat Hinnerk.


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