Timm Kröger
Des Lebens Wegzölle
Timm Kröger

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Die Tür hatte sich mehrere mal leise geöffnet, das war die gute, alte Abel, die schon lange darauf brannte, den vornehmen Besuch zu bewirten. Und kaum war das ungemütliche Verhandeln vorbei, da kam sie mit Tischtuch und Tellern, eine große, dampfende Suppenterrine folgte, und der gestrenge Rat mußte sich eine bäuerliche Fleischbrühe gefallen lassen.

Karl Schnoor nahm bei Tisch das Wort, soweit es die Schicklichkeit, wie er sie verstand, zuließ. Und das mußte man ihm lassen: erzählen, das konnte er. Karl Ohm Schnoor war dem Richter wohl von Hörensagen bekannt, vielleicht nicht von der allerbesten Seite. Der Rat hielt seine Heiterkeit im Zaum und lächelte kaum, wenn Karl Ohm ein lautes Lachen so bestimmt erwartet hatte, daß er sichs selbst gestattete. Aber, als Karl Ohm Schnoor die Geschichte von dem Buchweizenkloß erzählte, der von einem Teller herabfiel, unbemerkt unter und hinter eine Lade rollte und dort ein Jahr liegen blieb, sich zu einem Ungetüm auswachsend, das, wie man schließlich die Lade rückte, fürchterlich aussah, Schimmelfühlfäden hatte von einem Meter Länge, so fürchterlich aussah, daß alles in Entsetzen davonstob und dann mit Mistforken zurückkehrte, von denen man keinen Gebrauch machte, vielmehr, damit kein Unglück geschehe, dem Untier von oben her, indem man die Zimmerdecke aufbrach, zu Leibe ging ... als Karl Ohm diese Geschichte erzählte, da war der Rat in Gefahr, aus der Rolle zu fallen. Der Erzähler nötigte (dem übelwollenden Rat gegenüber ein schöner Triumph), dem Amtsrichter nötigte er nicht allein ein Lächeln, sondern sogar ein leises, freilich von den widerwilligen Kiefern unterdrücktes Lachen ab.

Gleich nach Tisch fuhr der Richter davon. Auf dem Heimwege wollte der Lotterieschatz ihm nicht aus dem Kopf. Hinnerk Schmidt hat wahrscheinlich das Geld von Peter mit warmer Hand geschenkt erhalten. »Ja, ja, so wird es sein.« Der Gerichtsrat sah auf die im Sandweg mahlenden Räder. Da nun, dachte er weiter, die Schenkung jedenfalls nicht gerichtlich ›insinuiert‹ worden ist, und die altrömische Bestimmung von den 500 Solidi bei uns noch immer zu Recht besteht, so könnten im günstigsten Fall gültig nicht mehr als 4666[2/3] Mark in Hinnerk Schmidts Vermögen übertragen worden sein. Schade, daß ich nicht daran gedacht habe, ihn hierauf aufmerksam zu machen. Denn für ehrlich halte ich ihn trotz alledem. Sein Rückhalt ist der witzige Ohm, und der allein ist schuld daran, daß er sich auf Heimlichkeiten versteift.


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