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Zweiunddreissigstes Kapitel. Im Dorf

Das Haus des Bürgermeisters, mit seinen stolzen Fresken »Christus vor Pilatus«, liegt noch völlig still im Morgengrauen. Der Bürgermeister schläft noch. Er ist letzter Zeit viel leidend. Ja, es ist, als habe der schlagartige Anfall bei Freyers Flucht ihm den Todesstoß gegeben, denn er hat sich seitdem nicht mehr erholt. – Und wie sein Körper nicht genesen kann, so kann sein Gemüt nicht verschmerzen. Der eiserne Mann hat gleichsam gerostet an Leib und Seele. Die Politur und Elasticität des edeln Stahls hat offenbar gelitten. Des öftern muß er sich schonen, aber niemand darf es wissen, denn für einen Charakter wie er ist es die tiefste Demütigung, sich krank und hinfällig zu zeigen.

Als Ludwig Groß durch heftiges Klingeln die Morgenruhe des Hauses stört – öffnet zuerst die Bürgermeisterin mit wenig erfreuter Miene. »Mein Mann schlaft noch!« bedeutet sie dem Zeichenlehrer.

»Ja, das kann alles nichts helfen, Sie müssen ihn wecken – ich komme in einer dringenden Angelegenheit!«

Die besorgte Frau sträubt sich immer noch, aber da steht oben an der Treppe der Bürgermeister. »Was gibt es denn? Wenn etwas Dringliches ist, bin ich immer zu sprechen. Guten Morgen, Zeichenlehrer, geh nur in die Stube, ich komme gleich.« –

Ludwig Groß tritt in das niedere, aber freundlich blau getünchte Gemach, wo an allen Fenstern Blumenstöcke stehen und im ersten Morgenschein bunte Lichter umherstreuen. An der Wand prangt der ehrwürdige Glasschrank, das Prachtstück jedes wohlhäbigen Ammergauer Hauses, in dem der Brautkranz der Frau und der Ehrenpokal des Mannes aufbewahrt werden, die Hochzeitsgeschenke – Tassen mit goldenen Inschriften: »Zum ewigen Andenken«, die der Frau gehören, und Halbekrügeln von Preisschießen her oder Geschenke von Passionsbesuchern, die dem Mann gehören. In der Epheunische der Zimmerecke ein altes Kruzifix – darunter eine Holzbank mit einem Tisch, auf dem Schreibereien liegen. An dem Pfeiler zwischen den Fenstern ein paar Heiligenbilder, darunter ein Pack Theaterzettel von den Uebungstheatern her, die der Bürgermeister in Scene gesetzt. An der gegenüberliegenden Wand ein vierbeiniges Möbels mit schwarzem Leder überzogen, welches »das Sofa« heißt – daneben der große trauliche Kachelofen, hinter dem die Frau Bürgermeisterin die Milch zum »Aufwerfen« stehen hat. – An einem zweiten Pfeiler ein Wandschränkchen in der dicken Mauer mit einem kleinen Schreibpult und endlich eine schöne polierte Wendeltreppe, die durch ein Loch in der Decke direkt ins Schlafzimmer führt und der Hochsitz der beschaulichen scheckigen Hauskatze ist. – Das ist das Heim eines großen, weit über seine Grenzen hinauslodernden Geistes, der sich verzehrt im Kleinlichen und für den die großen Epochen der Passionsspiele das einzige sind, worin er sich ausleben kann, wo er ein gewaltiges Feld für seine Fähigkeiten und seinen Ehrgeiz hat, – wo er eine Entschädigung für die zehnjährige Prosa kleiner gedrückter Verhältnisse findet. Aber die zehnjährigen Intervallen sind zu lang und der alternde Mann verliert allmählich die Spannkraft und Schwunghaftigkeit, die sich ohne Einbuße über die Entbehrungen eines Decenniums wegsetzen könnte. – Er versucht allerlei, um wenigstens aus der kleinen Misere der Armut herauszukommen, was ihm nicht gelingt und ihn dadurch noch mehr bedrückt. So, im Kampf mit dem Realismus, fortwährend die Fahne des Ideals hochhaltend, in innere und äußere Widersprüche verwickelt, reibt sich der unglückliche Mann auf, auch ein Märtyrer in seiner Art – wie die meisten Ammergauer.

»Nun – was gibt's?« fragt er jetzt ins Zimmer tretend. »Nimm Platz.«

»Gelt, der Herr Vetter nehma's mir nit übel, aber wissen's, mei Mann muß sein Kaffee trinka, sonst wird's ihm schlecht!« Die Frau Bürgermeisterin bringt das Frühstück herein und stellt es vor ihrem Mann auf den Tisch. »Gelt, laß'n fein nit kalt wer'n!« mahnt sie und zieht sich diskret wieder zurück. Sogar die Katze nimmt sie mit hinaus, damit die Herren ganz ungestört und allein sind!

»Trink nur, trink!« sagt Ludwig und wartet ein wenig, bis der Bürgermeister das kärgliche Frühstück genossen hat, was schnell genug getan ist. »Nun? Also!« fragt dieser nochmals und schiebt die Tasse zur Seite. –

»Ich hab' dir eine Neuigkeit zu bringen: Freyer ist da!«

»Ah!« Der Bürgermeister ist jäh zusammengezuckt und eine beängstigende Röte steigt in seinem Gesicht auf. Er streicht sich mit der etwas nervös zitternden Hand durch das einst so schöne, jetzt ergraute Haar: »Freyer –! Wie kommt der hierher?«

»Das weiß ich nicht – die Frage erstarb mir auf den Lippen, als ich ihn sah. –«

»Wieso?«

»Ach, das ist ein Anblick, krank, halb verhungert – in Lumpen, ein Ecce-Homo. Ich meinte, das Herz müsse mir brechen, als ich ihn sah!«

»So, so – also die Nemesis ist schon da!«

»O, sprich nicht so, – eine solche Nemesis ist zu hart! Ich weiß nicht, wie's ihm gegangen, – ich konnte ihn noch nichts fragen, aber das weiß ich, daß Freyer nichts getan haben kann, was eine solche Strafe verdiente. Wie der Mann heruntergekommen ist, davon machst du dir gar keinen Begriff. Er liegt daheim bei mir, – unfähig, mehr ein Glied zu rühren.«

Der Bürgermeister zuckt die Achseln: »Was soll ich denn dabei tun? Du weißt, ich kann mich nicht für selbstverschuldetes Unglück erwärmen, mit dem besten Willen nicht.«

»Das brauchst du auch nicht, du sollst mir nur helfen, dem Unglücklichen wieder einige Existenzmittel zu verschaffen. – Er hat ja noch seinen Anteil von den vorigen Passionseinnahmen zu gute. Er war ja nicht bei der Verteilung und hat doch vier Monate vom Mai bis August den Christus gespielt, – soviel ich mich erinnere, hätten ihn etwa sieben- bis achthundert Mark getroffen.«

»Ganz richtig! Aber da er durchgegangen war und noch dazu Haus und Hof sehr großartig den Armen verschrieb – konnte ich doch nicht denken, daß ich ihm das Kapital als Notpfennig aufsparen müsse und er schon so bald in die Lage käme, der Gemeinde zur Last zu fallen!«

»Was hast du denn mit dem Geld gemacht?«

»Weißt du's denn nicht mehr? Verteilt hab' ich's mit dem andern!«

Ludwig stampft mit dem Fuß: »O Herrgott, das war meine einzige Hoffnung! Aber geholfen muß ihm werden, er hat kein Gewand, keine Schuhe mehr! Ich habe keinen Pfennig im Haus, als was wir zum Leben brauchen. – In diesem Anzug kann er sich nicht sehen lassen, da tut er sich eher den Tod an. Wir können ihn doch nicht dem Gespött preisgeben – wir müssen uns in ihm ehren, er ist immerhin der beste Christus gewesen, den wir je hatten, und wenn auch die Spiele durch ihn unterbrochen wurden, so verdanken wir ihm doch einen größeren Erfolg und eine höhere Einnahme, als wir sie sonst in einer ganzen Saison erzielten. Und dafür sollten wir ihn leer ausgehen lassen – wie den Dichter in Schillers Teilung der Erde, weil er zu spät kam?«

»Ja –« der Bürgermeister dreht mit den feinen Fingern den Schnurrbart: »Es tut mir leid für ihn – aber es ist nun einmal geschehen und nicht zu ändern!«

»Es muß geändert werden, die Leute müssen das Geld wieder herausgeben!« ruft der Zeichenlehrer heftig.

Der Bürgermeister sieht ihn mit seinen durchdringenden, von den müden Lidern halbüberschatteten Augen an. »Verlang's ihnen einmal!« sagt er mit überlegener Ruhe und Kälte. »Geh einmal hin und hol's – wenn noch was da ist!«

Der Zeichenlehrer beißt sich auf die Lippen: »Dann muß etwas von Gemeinde wegen geschehen!«

»Das kann ich nicht sagen ohne einen Gemeindebeschluß!«

»Nun ja, so laß doch einsagen und halte eine ganze Gemeinde!«

»Hm, hm!« Der Bürgermeister lächelt: »Das wird sich nicht gut machen lassen. Was meinst du wohl, was mir die Leute antworten werden, wenn ich komme und den Antrag stelle: Herr Freyer ist uns durchgegangen, hat die Vorstellungen unterbrochen, uns um circa hunderttausend Mark geschädigt, uns und das Passionsspiel vor der ganzen Welt diskreditiert und verlangt dafür eine Belohnung von achthundert Mark aus der Gemeindekasse?«

Ludwig läßt hoffnungslos die Arme sinken. »Dann weiß ich nicht mehr, was tun – ich muß meine hilflosen, alten Schwestern erhalten – ich kann ihn nicht unterstützen, sonst würde ich gewiß keinem Menschen ein gutes Wort geben. Ich meine eben, es sei eine Ehrensache für uns Ammergauer, daß wir ein Gemeindemitglied nicht im Stiche lassen, wenn es arm und hilfsbedürftig in die Heimat zurückkehrt, und noch dazu einen Mann wie Freyer, dem wir mehr zu verdanken als vorzuwerfen haben, da könnt ihr sagen, was ihr wollt. Wir sind denn doch keine Strafanstalt!« –

»Nein, aber auch keine Versorgungsanstalt!«

»Nun, wir brauchen weder das eine, noch das andere zu sein, sondern nur eine Gemeinde freier Männer, die der Gedanke der Liebe allein beherrschen sollte, es aber leider schon längst nicht mehr tut!«

Der Bürgermeister lehnt ruhig im Stuhl, der Zeichnungslehrer erhitzt sich immer mehr, je kälter der andere bleibt.

»Du steckst dich immer hinter die Gemeinde, wenn du etwas nicht willst, – wenn du aber etwas willst, dann hat dich die Gemeinde noch nie geniert!«

Der Bürgermeister greift sich an den Kopf, als ob das Denken ihm weh täte. Er gehört entschieden zu den Menschen, die ihr Herz gleichsam im Kopf haben. Wenn etwas seinem Herzen weh tut, so greift es auch sein Gehirn an. Er schweigt lange, während Ludwig zitternd vor Erregung im Zimmer auf und ab geht. Endlich spricht er nicht ohne einen Anflug bitteren Humors:

»Ich weiß es wohl, so sagt ihr immer, wenn ich euch etwas nicht recht mache. Ich wollte einmal sehen, was aus euch würde mit euren widersprechenden, leidenschaftlichen Künstlertemperamenten und euren Gefühlsstandpunkten, bald Für, bald Wider, heute ›Hosianna‹ und morgen ›Kreuzige‹, wenn ich nicht die Ruhe und Festigkeit für euch bewahrte! Wenn ich, der die Verantwortlichkeit des Handelns trägt, so rasch die Meinung wechselte wie ihr und ich jeden eurer momentanen Impulse zur Tat machte – so müßte ich mindestens die Kraft haben, heute hinzurichten und morgen, wenn's euch gereut hat, den Betreffenden wieder aufzuerwecken, ihn allenfalls, aber auch ohne Schaden für seine Gesundheit abermals anzunageln, damit die Komödie von vorn anfangen kann! – Als vor zehn Jahren Freyer uns um eines unsittlichen Verhältnisses willen im Stiche ließ und allem, was uns heilig war, ins Gesicht schlug, – da lagst du mir in den Armen und beweintest hier an meinem Herzen die Abscheulichkeit seiner Tat, – jetzt – weil ich mich nicht gleich von ein paar Lumpen und Fetzen und der Armesündermiene eines moralischen Katzenjammers rühren lasse, – jetzt wird jedenfalls, umgekehrt, am Busen des Freundes über die Härte und Gefühllosigkeit des Bürgermeisters geweint! Das bin ich schon gewohnt, ich kenn' euch ja, ihr Heißsporne!«

Er holt unter dem Ofen ein Paar Stiefel heraus. »Da schau her – ich bin grad im Besitz von zwei Paar Stiefeln. Davon kannst du eins deinem Schützling bringen, daß er wenigstens anständig bei mir erscheinen kann, um sich mit mir zu besprechen. Das tu' ich nicht auf Gemeindekosten! Und einen alten Rock kann ich dir auch noch geben, – ich wollte ihn zwar eben meinem Anton ins Seminar schicken, – aber – na, es tut's auch so! Ich bitte mir nur aus, daß du ihm nicht sagst, von wem die Sachen sind, sonst haßt er mich, weil ich in der Lage war, ihm zu helfen – statt er mir

»O wie schlecht kennst du ihn –« wirft Ludwig ein.

Der Bürgermeister lächelt: »Ich kenne die Ammergauer – und er ist einer!«

»Ich danke dir in seinem Namen,« sagt Ludwig schnell versöhnt. –

»Ja, siehst du, das dankst du mir und das ist doch das wenigste. Das ist eine Privatwohltätigkeit, die ich jedem Lump erweisen kann, wenn er mich dauert. Aber, daß ich als Bürgermeister streng über die Ehre Ammergaus wache und zuerst prüfe, wen ich der öffentlichen Teilnahme empfehle, das machst du mir zum Vorwurf! Bevor ich einen Gemeindebeschluß veranlasse und amtlich für ihn auftrete, muß ich wissen, ob er es auch wert ist und was es für eine Bewandtnis mit ihm hat.« Er greift sich wieder an den Kopf: »Schicke ihn mir auf die Kanzlei – dann wollen wir weiter sehen.«

Ludwig reicht ihm die Hand: »Nichts für ungut, wir wissen ja doch, wie wir's meinen.«

Als der Zeichenlehrer fort ist, holt der Bürgermeister tief Atem und bleibt eine Weile in Gedanken versunken sitzen. Dann schaut er auf die Uhr, nicht um zu sehen, welche Zeit es ist, sondern um zu prüfen, ob denn die Unterredung so lange gedauert hat, daß sich sein Kopfweh und seine Erschöpfung normal daraus erklären lassen. Das Ergebnis scheint ihn nicht zu beruhigen. »Was soll das werden?«

Die Bürgermeisterin schaut zur Tür herein: »No, Vater, was hat's denn geb'n!«

Der Bürgermeister nimmt seinen Hut: »Freyer ist wieder da!«

»Jesus Maria!« Die Frau schlägt die Hände zusammen.

»Ja, das war eine große Aufregung für mich. Bereite die Anastasia vor, daß sie's nicht zuerst von fremden Leuten erfährt. Sie hat ja mit sich abgeschlossen, aber alterieren wird sie's natürlich doch! Und vor allem, daß mir nichts im Laden davon geredet wird, ich will nicht, daß es schon im Dorf herumkommt, am wenigsten durch uns. Adieu!«

Auf dem Haus des Bürgermeisters ruht eine kleine Gerechtsame: das Salzmonopol und ein kleines Viktualienlädchen, wo der rastlose Fleiß der aufopfernden Frau ein paar Groschen herausschlägt. »Wann i's nit zammhalt' – wer soll's denn zammhalten?« pflegt sie mit scharfer Anspielung auf des Gemahls geringen Sparsamkeitssinn zu sagen. Deshalb erwähnt der Bürgermeister auch noch nichts von seiner heutigen Verschwendung mit den Stiefeln und dem Rock. Er könnte jetzt keine, noch dazu berechtigte Vorwürfe ertragen. – Man muß eben manchmal über seine Verhältnisse gehen, wenn man in einer »Stellung wie die seine« ist, – aber die Frauen verstehen das nicht. Drum rettet er sich wie gewöhnlich vor dem häuslichen Strafgericht in die unnahbaren Regionen seiner Kanzlei.

Die Schwester des Bürgermeisters wohnt nicht mehr im Hause. Sie hat, als sie älter wurde, ein Austragstübl in der Nähe der Kirche bezogen, das sie von mütterlicher Seite geerbt und wo sie allein und still lebt als »ehrengeachtete Jungfrau«, wie der Pfarrer von Ammergau sagt. –

»Ja, wer soll denn jetzt wieder zu der Stasi hinrenna,« jammert die Bürgermeisterin, »wann ma alle Händ' voll z'tun hat? Als ob die 's nit noch früha g'nuag erfahret. Der heiratet sie doch nimmer! Rosel, Rosel!«

Des Bürgermeisters jüngste Tochter, die prädestinierte Maria der Zukunft, kommt aus dem Laden.

»Lauf g'schwind nüber zur Tant' und sag ihr, daß der Herr Freyer wieder kommen is, der Vater hat's g'sagt! – No – jetzt hupf au no auf vor Freud – des werd' wohl was schön's sei!«

»Spielt der wieder 'n Christus?« fragt die Kleine.

»Was weiß i – der Vater sagt ei'm ja nix! Not tät's scho – sie hab'n ja kein'. O mit dem Passion, der kost unserm Vater noch 's Leben!«

Die Ladenglocke, der lieblichste Klang für die sorgenvolle Frau, ertönt – Käufer darf man nicht warten lassen, und ist's auch nur ein Packl Modekaffee. Sie eilt in den Laden und Rosel zur Tante Stasi. –

Heute hat die brave Bürgermeisterin einen guten Tag. Das ganze Dorf kauft bei ihr ein, um etwas Näheres über das interessante Ereignis zu erfahren, das natürlich die Schwestern Groß schon in aller Frühe herumgebracht haben. – Und da die Bürgermeisterin strengstes Schweigen beobachtet, so erfindet man, was man nicht weiß – und natürlich nur das Aergste und Unglaublichste. Bis Mittag sind die tollsten Gerüchte im Umlauf, und Parteien haben sich gebildet, die sich schon heftig streiten.

Die arme Bürgermeisterin ist in der größten Bedrängnis. Alles will Auskunft von ihr und wie leicht könnte ihr da eine unvorsichtige Aeußerung entschlüpfen! Sie vergißt vor lauter Schweigen ganz, daß sie eigentlich gar nichts zu verschweigen hat – weil sie ja selbst nichts weiß! Aber schon die Angst, ein Wort zu viel gesagt zu haben, bedrückt die gewissenhafte Frau so sehr, daß sie später auch, dem Gatten zum Heile, auffallend duldsam ist und ihm den gewohnten Vorwurf erspart, nicht an Weib und Kind gedacht zu haben, als sie erfährt, daß er Stiefel und Rock verschenkte! –

So geht in dem merkwürdigen Dörfchen immer das Größte mit dem Kleinsten Hand in Hand. Aber das Große erliegt auch manchmal dem Kleinen, wenn ihm der Humor fehlt, sich darüber wegzusetzen.


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