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Dreizehntes Kapitel.
Zum größten Flusse Nordpersiens.

Am 6. Dezember regnete es fein und dicht; der Himmel war mit dicken Wolken bedeckt, und allgemeine Dunkelheit schwebte über Tabris, als ich Monsieur Mornards gastfreies Haus verließ und in Begleitung zweier Reiter weiterfuhr. Ich hatte für die 44 Farsach, die man bis Sendschan rechnet, einen »Teskereh« oder Fahrpaß erhalten, und dem abgeschlossenen Kontrakte gemäß war der Besitzer des Wagens verpflichtet, mich in fünf Tagen nach jenem Orte zu befördern. Bis zur ersten Station sollte das Gepäck auf einer Araba gebracht, nachher aber auf Saumpferde geladen werden. Da ich es unterwegs aller Wahrscheinlichkeit nach aus den Augen verlieren würde, suchte ich mir noch erst alle die Sachen heraus, deren ich während der ersten Tage in Teheran zu bedürfen glaubte. Diese Vorsichtsmaßregel erwies sich später als wohlbedacht, denn das Gepäck langte zwei Wochen zu spät an; wahrscheinlich war es in irgendeiner Posthalterei liegengeblieben und niemand hatte sich darum gekümmert – aber in Persien hat man nie Eile. Erst energische Befehle des Postministeriums machten den Trödelfritzen Beine, und nun wurde es in verzweifelter Eile, ja mit so toller Geschwindigkeit weiterbefördert, daß verschiedene Sachen in entsetzlicher Verfassung ankamen und etwa zwei Dutzend wertvoller photographischer Platten gänzlich ruiniert waren.

Mit einem Gefühl der Erleichterung lasse ich die letzten Gassen hinter mir zurück, seelenfroh, daß ich jetzt nicht mehr Kindern und Eseln, die mir in den Weg laufen, Arme und Beine abfahren kann. Bald sind wir mitten zwischen kuppelförmigen Hügeln, und das vom Gelände und vom Regennebel verdeckte Tabris entschwindet meinen Blicken. Mit guter Geschwindigkeit traben die Pferde bald über offene Plateauebenen, bald über tiefe Rinnen, bald auch, wie in Basmindsch, über eine dreibogige Brücke aus Stein und Ziegeln, die einen kleinen Bach überspannt. Dünne Steppenstauden in Braun und Rot schmachten am Rande des Weges, dessen Bahn kleine, dem Lokalverkehr dienende Kamelkarawanen austreten; die langen Züge der Höckertiere des Orients, die wir auf dem Wege von Trapezund sahen, fehlen hier. Um so allgemeiner sind die Eselkarawanen, die einander in langen Reihen nach der Stadt folgen und aus Hunderten mit Heu-, Stroh- und Kornsäcken beladener Tiere bestehen.

An einem Flusse mit einer aus vier gewölbten Bogen bestehenden Brücke liegt Seidabad, wo wir nach dreieinviertelstündiger Fahrt ankamen, um eine Weile zu rasten und die Pferde zu wechseln. Mein Kutscher ist schlechter Laune und behauptet, daß es unmöglich sei, Sendschan in fünf Tagen zu erreichen, in weniger als sieben gehe es nicht. Aber ich kenne meine Pappenheimer schon lange und weiß, daß es nur eines Tomanscheines bedarf, damit mein Kutscher das Leben in anderen Farben sehe und sich ihm die Länge des Weges verringere. Er klettert infolgedessen sehr schnell wieder auf seinen Bock, und wir gelangen auf guter Straße schnell nach Schible, dessen steil ansteigende Dorfstraße dicht aneinander gedrängte Esel versperren und neben dem noch ein altes Karawanserai aus der Zeit des großen Schah Abbas steht.

Gleich hinter dem Dorfe beginnt der Anstieg zum Schiblepasse, der an und für sich niedrig und so leicht zu überschreiten ist, daß ein Reiter ihn kaum gewahr werden würde. Für ein Fuhrwerk ist er aber kein Kinderspiel, denn in kurzen, unangenehm steilen Zickzackkrümmungen mit einer vielfach gewundenen Schlucht zur Rechten führt der Weg nach der Paßhöhe hinauf. Es gießt, es ist dunkel und düster, und der Weg wird immer weicher, immer tückischer; die Pferde gleiten aus, die Räder rutschen in dem weichen Schlamm auf dem steilen Abhang rückwärts, und stellenweise ist die Lage so riskant, daß man lieber zu Fuß geht.

Von dem Passe geht es sehr steil abwärts; auch hier gibt es halsbrecherische Stellen. Der Regen prasselt auf das Verdeck, das eine gefährliche Einrichtung ist, da es mich am Hinausspringen im richtigen Augenblick hindern würde, falls der Wagen einen schlüpfrigen Abhang hinuntergleiten sollte. Mein Kutscher und sein blutjunger Fuhrknecht gehen hallorufend und die Peitsche schwingend vor den Pferden, um sie zu zwingen, sich beim Ausgleiten und Glitschen im Schlamm mit aller Kraft rückwärts anzustemmen.

Am Südufer des kleinen Sees Guru-köl, der links liegen bleibt, zeigen sich viele Hunderte wilder Enten. Dörfer sind nicht zu sehen, wohl aber gutbestellte Felder. In dem Dorfe Hadschi Agha-su wird eine Weile gerastet. Einige Frauen, die in »Kadscheweh«, in überdachten, mit Gardinen versehenen Holzkörben auf Kamelen reisten, brachen gerade nach Tabris auf; wahrscheinlich gehörten sie zu dem Harem eines vornehmen Herrn.

Auf der Weiterfahrt sieht man hier und dort kleine graue Dörfer. Im Dorfe Tikme-dasch gibt es ein »Tschaparchaneh«, ein Wirtshaus für Reisende mit Posthalterei. Ich langte hier in der schwach durch den Mond bekämpften Dunkelheit an und ließ mir schnell ein Kaminfeuer anzünden, um meine regendurchweichten Sachen zu trocknen.

Als ich mich am 7. Dezember wieder zur Abreise rüstete, erklärten die Geleitssoldaten, ihre Pferde seien erschöpft und sie wollten deshalb lieber nach Tabris zurückkehren. Nachdem ich sie aber darauf aufmerksam gemacht hatte, daß sie mich auf Befehl des Generalgouverneurs begleiteten, stiegen sie mit verdrießlicher Miene zu Pferd und kamen mit. Der Wind ballt die Nebeldünste immer mehr zusammen; sie werden dichter und verhindern den Ausblick, so daß man, neben einer der schwarzen Stangen der englischen Telegraphenlinie stehend, ihre beiden Nachbarinnen nicht sieht.

Außerhalb des Dorfes Gadschin ist ein Karawanserai aus der Zeit des Schah Abbas noch in so gutem Zustand, daß es benutzt werden kann; rings um das stattliche Gebäude gruppieren sich elende Lehmhütten – ein Bild des Unterschieds zwischen der guten alten Zeit und der neuen, zwischen Aufschwung und Verfall. Überall erhält man durch solche Denkmale einen deutlichen Begriff von dem Scharfblick des großen Schahs und dem Interesse, mit dem er den Handel und die Entwicklung seines Reiches verfolgte.

In Gadschin hätten eigentlich die widerspenstigen Krieger gegen neue ausgewechselt werden sollen. Da es diesen aber nicht beliebte, sich einzustellen, und die alten entlassen wurden, fuhr ich ohne Geleite weiter, und das ist hier, fern vom Lande der Kurden, auch kein großes Risiko. Nizam-ul-Saltanehs schöne Versprechungen einer Bedeckung auf dem ganzen Wege lösten sich in leeren Dunst auf; ebenso soll es mit den meisten anderen Dingen im modernen Persien gehen: ein äußerer prahlerischer Schein, ein schöner Anfang, der im Sande verläuft. So war es auch mit dem Gepäck, das so fein in seiner Araba abkutschierte und dann einfach liegen blieb. So ist es auch mit den Landstraßen, die in unmittelbarer Nähe der Städte prachtvolle, gutgepflegte Alleen sind, für deren Erhaltung draußen auf dem Lande aber gar nichts geschieht. Ein degeneriertes Geschlecht, ohne regelrechte Obrigkeit, ohne Disziplin und ohne Gehorsam; eine Moral, die an übertünchte Gräber erinnert; eine Sprache, die eine der reichsten Literaturen hervorgebracht hat, jetzt aber von einem Volk gesprochen wird, das den Glauben an sich selbst verloren hat, und die in einem Lande gesprochen wird, das als selbständiger Staat zum Untergang verurteilt zu sein scheint. Überall stößt man auf Verfall und Verwahrlosung, auf eine Gleichgültigkeit, die keine andere Lebensregel kennt, als die sehr bequeme, alles drunter und drüber gehen zu lassen. Und dennoch: hat man Persien einmal besucht, so sehnt man sich dorthin zurück, freut sich, wieder dorthin zu kommen, und fühlt sich wohl unter seinem gemütlichen, harmlosen Volke.

Der Nebel verzieht sich; jetzt unterscheidet man auf der Straße vor sich schon sechs Telegraphenstangen. Eine aus jungen Kamelen bestehende Karawane zieht in derselben Richtung wie wir; durch das Schellengeklingel erschreckt, beginnen die langbeinigen Tiere davonzulaufen, verlieren ihre Lasten und verwickeln sich gegenseitig in ihre Stricke. In einem sehr tief eingeschnittenen Tale liegt das Dorf Karatschemen mit seinem Flusse. Vor einem kleinen Kawechaneh halten wir Rast und geben den Pferden Gerstenmehlklöße zu fressen.

Im nächsten Tal, das ebenfalls ein Fluß durchströmt, rastete eine Kamelkarawane, deren Führer in einer gemütlichen Gruppe rauchten und plauderten. Es hat gar keinen Zweck, daß man versucht, alle diese Abflußtäler zu zählen, denn es geht den ganzen Tag über immerfort hinauf und hinunter, und gewöhnlich kann man nur Schritt fahren. Bergauf geht der Kutscher zu Fuß, und wenn es nachher wieder bergab geht, bremst er. Alle größeren Täler haben Namen, die ich im Vorbeifahren aufzeichne. Auf jedem neuen Hügel erschließt sich eine weite Aussicht nach Osten und Westen.

Im Grunde eines Tales liegt das Dorf Garibdust inmitten schöner Pappeln. In ihrer geschützten Lage in der Tiefe der Täler, vom Wasser durchströmt, erscheinen diese Dörfer wie Oasen in einer Wüste. Das nächste in der Reihe heißt Turkman-tschai, das größte Dorf, das wir im Laufe des Tages passiert haben. Langsam und vorsichtig fahren wir durch seine engen, verwickelten Gassen. Auf einem offenen Platze am Bach wird ein Schaf geschlachtet.

In Turkman-tschai wurde einst auch Persien zerstückelt, denn hier wurde im Jahre 1828 der Friede geschlossen, durch den Feth Ali Schah zwei seiner besten Provinzen verlor. Turkman-tschai gehört jetzt einem Herrn mit dem Titel Munewer-es-Saltaneh, hat 500 Häuser und wirft eine Jahreseinnahme von 4000 Toman ab.

Hadschi-gias, das Dorf, in welchem ich die Nacht zubrachte, besteht aus 100 Häusern, besitzt 4000 Schafe und steht unter dem Muktadir-es-Saltaneh in Teheran, der aus ihm alljährlich 2000 Toman Einnahme bezieht. Man baut Weizen und Gerste, Gemüse und Melonen, und in den Gärten reifen Trauben, Äpfel, Birnen, Aprikosen, Mandeln und Walnüsse. Alle Einwohner des Dorfes sind türkischer Abstammung, und ihr »Ältester« führt den Titel »Ak-sakal« (Weißbart).

Ein guter Kerl nahm sich meiner an und brachte mich nach dem Balachaneh des Stationshauses, das keine Fenster besaß, dafür aber drei Türen, die auf eine offene Altane hinaus führten. Im Kamin des Zimmers briet er ein Hühnchen über der Glut und verschaffte mir Brot, saure Milch, Tee und Weintrauben. Ich selber hatte weiter keinen Proviant bei mir als Zucker, und mein Speiseservice bestand aus Löffel, Gabel und Messer; ich lebte hier ungefähr wie reisende Mohammedaner, was ebenso praktisch wie lehrreich war. In Persien taxiert man den Rang und die Würde des Reisenden nach der Anzahl seiner Diener – je mehr es um ihn herum von solchen Faulenzern und Nichtsnutzen wimmelt, desto größer ist sein Ansehen und desto mehr Rücksicht kann er beanspruchen. Da ich nicht einen einzigen Diener hatte, sondern den Kutscher oder seinen Knecht meine Sachen in das Zimmer der Posthalterei hinausbringen ließ, sah man mich selbstverständlich für einen Reisenden an, dem es seine Mittel nicht erlaubten, sich auch nur den geringsten Luxus zu gestatten. Als man mich danach fragte, erklärte ich, daß die Droschke zu schwer geworden wäre, wenn ich Dienerschaft mitgenommen hätte, und daß mein Dienertroß mich in Teheran erwarte. Die guten Leute warteten mir jedoch stets auf und bedienten mich aufs beste, und da ich mit ihnen in ihrer eigenen Sprache reden konnte, die ich vor vielen Jahren in Baku erlernt hatte, war es keine Kunst, ihr Vertrauen zu gewinnen.

Nach einem Frühstück, das in allem ein Abbild des Abendessens war, setzte ich am folgenden Morgen die Reise auf dem endlosen Wege nach Teheran fort. Schon beim ersten Abhang, den es oberhalb des Dorfes hinaufging, streikten die Pferde und gingen rückwärts; schnell sprang ich aus dem Wagen, um nicht mit bergab zu rutschen. Doch der Kutscher wurde ihrer wieder Herr. Eine Weile darauf mußten wir über eine hölzerne Brücke, die so schmal war, daß die vier nebeneinander gespannten Pferde nur eben darauf Platz fanden. Sie drängten sich so dicht aneinander, wie sie nur konnten, und die beiden äußersten waren nahe daran, hinabzustürzen, denn die Brücke hatte kein Geländer. Doch auch hier kamen wir glücklich hinüber und überschritten dann drei unangenehm tiefe Täler.

Im Dorfe Suma begegneten uns zwei Reiter aus Mianeh, die mir ein Telegramm vom Nizam-ul-Saltaneh brachten; er teilte mir darin mit, daß er Befehl zu neuem Eskortewechsel erteilt habe. Indessen hatten die Soldaten die Sache selbst schon entschieden und waren umgekehrt.

Die beiden Reiter konnten mir die erfreuliche Mitteilung machen, daß der Paß des Kaplan-kuh, den wir vor uns hatten, nicht verschneit sei; der starke Schneefall, der weiter nördlich eingetreten war und dort alle Berge weiß gekleidet hatte, hatte sich also nicht bis hierher erstreckt.

Jenseits der Dörfer Kara-tschö und Bolanlik fahren wir über die Höhen, die sich am linken Ufer des Karangu-tschai erheben und die uns noch von Mianeh trennen. Als es bergauf ging, mußte ich zu Fuß gehen, und der Wagen mußte von hinten geschoben werden. Glücklich oben auf dem Rücken angelangt, hatten wir auf beiden Seiten jähe Wände und eine weite Aussicht über dieses ungemein durchschnittene Land mit seinen flachgewellten Höhen, die viel zu abgerundet und einförmig sind, um irgendwie malerische Landschaftsbilder zu geben. In der Ferne wird Mianeh sichtbar, dank dem graublauen Rauchschleier, der aus seinen Schornsteinen aufsteigt.

Die Kette des Kaplan-kuh tritt jetzt in ihrer vollen Länge hervor und beherrscht mit ihrem schweren, völlig schneefreien Kamme den ganzen östlichen Horizont. Wir kommen in das breite Tal des Mianeh-tschai, dessen Boden voller Sandbänke, Geröll und Erosionsrinnen ist, die von großen Wassermassen zu gewissen Zeiten des Jahres zeugen. Der Fluß selbst, der durch all die Flüsse und Bäche, die wir seit Tagen überschritten haben, gebildet wird, ist jetzt ganz unbedeutend, obgleich sein trübes, graues Wasser, als wir vierzehnmal durch ihn hindurchfuhren, an tieferen Stellen bis über die Räder des Wagens reichte und den Boden des Fuhrwerks bedeckte. Hier nützt der Versuch, eine Straße anzulegen, gar nichts; man fährt da, wo es am besten geht. Im Frühling und Sommer, sowie auch nach heftigen Regengüssen ist der ganze Talgrund überschwemmt.

Rechts bleibt Mianeh-bagh liegen, wohin vom Fluß aus ein Kanal führt, und bald darauf erblickt man die kleine Stadt Mianeh mit ihren Häusern, Bäumen, Heuschobern und Äckern in einer Talweitung. Wir verlieren uns in einem Gewirr einförmiger, grauer Lehmhütten, die alle ganz gleich aussehen und unter denen nur eine einzige kleine grüne Moscheekuppel den Blick fesselt.

Während der Stunde Zeit, die ich Mianeh opferte, dessen größte Berühmtheit in einer Art sehr giftiger Wanzen bestehen soll, sprach ich bei dem Vorstand des Telegraphenamts vor, einem Deutschen namens Renz aus Odessa, der mit Weib und Kind schon drei Jahre hier lebte. Er erzählte mir, daß der Ferman Ferma in Teheran Eigentümer der Stadt sei und daß ihr »Maliat« (Ertrag) sich jährlich auf 8000 Toman belaufe. Gärten fehlen in Mianeh ganz, kommen aber in den Dörfern der Umgegend vor; dagegen wird hier viel Reis und ein wenig Weizen gebaut, und die Gegend lebt hauptsächlich von Ackerbau. Zucker, Tee, Manufakturwaren usw. werden aus Rescht und Tabris bezogen; das Leben ist hier kostspieliger als in Sendschan und Tabris. Über Mianeh geht die englische Telegraphenlinie mit drei Drähten, von denen zwei Kalkutta und London verbinden und einer Persien gehört, das sich diesen Draht bei Erteilung der Konzession ausbedungen hat. Auf russischem Territorium tragen die gußeisernen Stangen vier Drähte, von denen Rußland kontraktlich über zwei verfügt. In Persien sind auf jeder Werst mindestens zwölf und höchstens zwanzig Telegraphenstangen errichtet, in Kaukasien im allgemeinen sechzehn und in Rußland zwanzig.

Bei Mianeh fließen mehrere Flüsse und Bäche zusammen, die sich hier fächerartig von Westen und Südwesten her sammeln. Sie bilden miteinander den Fluß, den wir vor kurzem unter dem Namen Mianeh-tschai oder Karangu-tschai kennengelernt haben und der ein Nebenfluß des größten Flusses Nordpersiens ist, des Kisil-usen (hier Gisit-ösen ausgesprochen), der fern im Süden in der persischen Provinz Kurdistan entspringt und unterhalb der Stadt Mianeh ein sehr scharfes Knie nach Südosten bildet, um schließlich bei Mendschil und Rudbar das Bergsystem des Elburs zu durchbrechen und sich in nordwestlicher Richtung bei der Stadt Rescht unter dem Namen Sefid-rud in das Kaspische Meer zu ergießen. Kisil-usen ist tatarisch und bedeutet »der rote Fluß«; Sefid-rud ist persisch und bedeutet »der weiße Fluß«. In mehreren Teilen seines Laufs markiert der Fluß die charakteristischen Längentäler, die sich zwischen parallelen Bergketten hinziehen. Denn Persien ist, ebenso wie Tibet, ein typisches »Faltenland«, wie man ein Gebirgsland nennt, dessen Ketten durch Horizontalschub parallel zueinander emporgepreßt sind.


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