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Vorwort.

Schon der Name Indien genügt, um die Phantasie des Lesers zu entflammen. Er glaubt, laue Winde in Palmen und Mangobäumen säuseln zu hören, und er denkt an das heiße Leben und den ewigen Kampf ums Dasein unter tropischen Dschungeln. Vor seiner Einbildung treten glänzende Züge indischer Fürsten auf, durcheinander wimmelnde Scharen braungebrannter Hindus, prachtvolle Elefantenkarawanen, Tiger, die der Rachsucht des Jägers zu entfliehen suchen, goldene Pagoden und Marmortempel, weiß wie der Schnee des Himalaja.

Aber mein Buch heißt: »Nach Indien«! Es behandelt nur den Weg nach dem Lande der tausend Sagen! Und dieser Weg führt durch das uralte, öde, abgelebte Persien. »Aber,« sagt man, »Persien ist ja das Land der Dichter und der Rosen; dort sangen Saadi und Hafis ihre herrlichen Lieder, dort erheben sich noch immer die Ruinen der prachtvollen Paläste der Achämeniden«! Ja, das ist wahr, und die Brennpunkte Irans sind auch schon unzählige Male beschrieben worden, von Herodot, der Bibel und den Keilinschriften in Bisutun, vom unsterblichen Marco Polo und vom ritterlichen Chardin an bis zum vielgereisten Houtum-Schindler, dem kühnen Vambery und dem gelehrten Lord Curzon.

Aber ich vermeide absichtlich die Wege, die der Fuß anderer betreten hat. Und das ist heutzutage gar nicht so leicht, denn Persien ist nach allen Richtungen hin schon von Europäern durchquert worden. Auf dem Wege von Trapezund nach Teheran ist es sogar unmöglich. Im Osten der Hauptstadt dagegen geht es leichter, denn dort liegen die Routen der Forscher weniger dicht nebeneinander. Die große Salzwüste wurde nur von zweien durchschritten.

Die eigentliche Forschungsreise fängt also erst von Teheran an, und da, vor den Toren Teherans, beginnt auch schon die Wüste. Dann ist auf dem ganzen Wege nach der Grenze Indiens nichts als Wüste!

Ich habe es versucht, dieses leblose Land so treu als möglich zu schildern. Besonders schenke ich meine Aufmerksamkeit der eigentümlichen Salzwüstenform, die Kewir genannt wird. Um das Problem ihrer Entstehung zu beleuchten, habe ich in einigen Kapiteln die Resultate, zu denen andere Reisende gelangt sind, zusammengestellt. Beim Aussuchen dieses Materials hatte ich eine unschätzbare Hilfe an Dr. Otto Quelle in Gotha, der mit Hilfe seiner umfassenden Kenntnisse und seiner Belesenheit in asiatischer Literatur die Titel festgestellt und mir Auszüge aus Werken über Ostpersien besorgt hat. Meine Ansichten über Marco Polos Weg von Kuh-benan nach Tun werden vielleicht Widerspruch finden – aber das kann ich nicht ändern!

Die beiden Karten sind von Oberstleutnant A. H. Byström gezeichnet, der weder Zeit noch Mühe gespart hat. Die erste Karte hat den Zweck, einen Überblick über den Verlauf meiner Reise zu geben. Der Spezialkarte liegen meine 232 Originalblätter zugrunde, von denen jedoch einige fünfzig aus Belutschistan aus politischen Gründen nicht benutzt werden durften, sowie die neuesten englischen und deutschen Karten. Der Survey of India hat nach den Originalblättern eine vorläufige aus elf Blättern bestehende Karte hergestellt. Nach demselben Original hat Oberstleutnant Byström während des vergangenen Jahres eine Detailkarte im Maßstab von 1: 300 000 ausgearbeitet, die in einer wissenschaftlichen Arbeit in sieben Blättern erscheinen soll. Diese sieben Blätter nun liegen der hier veröffentlichten Spezialkarte zugrunde. Um ihre Übersichtlichkeit nicht zu beeinträchtigen, sind auf ihnen nur die wichtigeren Namen nebst allen Lagerplätzen eingetragen. Für andere Wüstengrenzen als diejenigen, die ich selber durchmessen oder gekreuzt habe, kann ich aber nicht einstehen. An manchen Stellen, z. B. in der nordwestlichen Kewir, sind die Grenzen überhaupt unbestimmt, und außer den großen Wüstengürteln gibt es ohne Zweifel noch viele kleinere. Das östliche Persien ist unendlich reich an Kewirgebieten; den meisten Reisenden, die das Land besucht haben, ist es aber nicht nötig erschienen, sie auf ihren Routenkarten anzugeben.

Mit seiner gewöhnlichen Gründlichkeit hat Dr. Nils Ekholm die Meereshöhen ausgerechnet. Eine große Anzahl davon ist auf der Spezialkarte angegeben, um das Verständnis der Terrainzeichnung zu erleichtern.

Die Gesteinsarten, von denen im Texte da und dort die Rede ist, sind nach den mitgebrachten Proben von Lektor Anders Hennig in Lund bestimmt worden.

Die Photographien sind bis auf wenige meine eigenen. Meine Zeichnungen mögen dazu beitragen, dem Leser einen Begriff von dem persischen Volkstypus zu geben – andere Ansprüche erheben sie nicht.

Allen Vorgenannten und meinem Vater, der, obgleich Invalide und 84 Jahre alt, das oft schwer leserliche Manuskript ins reine geschrieben hat, und meiner Schwester Alma, die das Register zur schwedischen Ausgabe ausgearbeitet hat, möchte ich meinen herzlichsten Dank aussprechen.

Stockholm, 16. Oktober 1910.
Sven Hedin.

siehe Bildunterschrift

Eine Bewohnerin der Wüste


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