Jeremias Gotthelf
Uli der Pächter
Jeremias Gotthelf

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Nun traf es sich, daß der Bodenbauer nicht in einem ruhigen Augenblick ankam, wo man Zeit hatte zu denken: «was will der und wo kömmt er her?» Es wurde gebrüllt, gestritten, gelärmt, und als Joggeli den Bodenbauer von weitem sah, rief er: «O Vetter, Vetter, wie gut ist doch, daß du kömmst; da haben sie mich zwischeninne, als ob sie mich morden wollten, hilf mir, Vetter, rate mir.» Es waren nämlich Gerichtspersonen da der bekannten Schuld wegen. Da solche Formalitäten allenthalben anders sind, so enthalten wir uns aller nähern Spezialitäten.

Der Sohn, welcher eben erst heimkam von einer Rundreise, auf welcher er bei Freunden Rat und Trost erst halbschoppen-, dann schoppen-, endlich flaschenweise geschöpft, wollte sie vom Hause wegprügeln, Joggeli wollte nichts unterschreiben, auch keinen Abschlag geben, kein Zeugnis, daß das Ding bei ihm verrichtet worden sei. Er rühre keine Feder mehr an, sagte er, ein Narr sei, wer es tue. Wenn er gewußt, wie man sich damit verfehlen könne, er hätte sein Lebtag keine zur Hand genommen. Trinette und Elisi gränneten einander an, erst aus der Ferne, rückten sich aber näher und näher, und wäre Vreneli nicht dazwischen gestanden, so wären sie einander sicher bis auf Nagelweite nahegerückt. Weiber liefern ihre Gefechte gern in nahen Distanzen, je näher je lieber. Männer haben es bisweilen umgekehrt. Die Gerichtspersonen begehrten ebenfalls auf. Hinter dem Mist krähte der Hahn, und zwei feindselige Hunde gingen zähnefletschend um einander herum.

Auch Vreneli verließ seinen Posten unbedacht, grüßte den Bodenbauer freundlich; da, risch, die Trinette auf das Elisi, dann, ermutigt durch das Beispiel, ein Hund auf den andern, und ein Brüllen, Wälzen, Spektakel entstand von Hunden, Trinetten, Elisi bunt durcheinander, daß niemand wußte, war man ganz im Tierreich oder noch halb und halb unter Menschen. Man riß Weiber und Hunde auseinander, nahm es aber nicht so genau, ob die Fußtritte Weiber oder Hunde trafen. Bekanntlich streckt man auch die Hände nicht gern zwischen streitende Weiber oder beißende Hunde, man kriegt gern Zähne drein. Nun, am Ende stoben die zusammengebissenen Parteien heulend auseinander, und die andere Partei, welche eigentlich nicht beißen wollte, sondern bloß reden, konnte ihre Verhandlungen wieder eröffnen. Die Gerichtspersonen beklagten sich bitterlich und sprachen des Bodenbauers Vermittlung dringlichst an. Sie trügen ja keine Schuld an der Sache, sagten sie, täten nichts als ihre Pflicht, begehrten nichts, als was gesetzlich sei; da ließen sie sich nicht persönlich beleidigen, dafür sei ein Richter. Die Leute ins Unglück zu bringen, begehrten sie nicht, sie seien bereits tief genug darin; das sollten die Leute begreifen, dünke sie.

«Ja aber, Vetter Johannes, Vetter Johannes! Der Lumpenhund, der Spitzbube hat mich betrogen, ists dann recht, daß ich bezahle? Soll ich allein darunter leiden, daß der Spitzbube mich betrogen hat?» Der Vetter Johannes sagte, das könne er begreiflich nicht entscheiden, da er nicht wisse, worum es sich eigentlich handle und was die Vorgänge seien. Nun erzählen es ihm alle, aber das Ding war noch schwerer zu fassen als eine neubarbarische, das heißt philosophische Vorlesung. Endlich brachte der Bodenbauer Ordnung in das Chaos, begriff, und endlich sagte er, das sei eine fatale Sache, sie bekümmere ihn sehr. Er könne nicht begreifen, daß man da so mir nichts dir nichts mit den Gerichten komme, ehe man gütlichen Weg versucht, das sei sonst Sitte. Da mußte auf die Einrede der Gerichtspersonen Joggeli endlich sagen, es seien ihm zwei Briefe gekommen mit allerlei Redensarten, die er nicht begriffen. Er habe nicht gedacht, daß das was zu bedeuten hätte, und das Papier abseits gelegt; es könnte ihm jeder Narr schreiben und in den Brief tun, was ihm gefalle. «Ja so,» sagte der Bodenbauer, «also geschrieben hatten sie; aber angefragt vorher, wie die Sache sich verhalten, das wird nicht geschehen sein. Das wäre jedenfalls anständig gewesen, aber die Sache ist, wie sie ist, mit Prügeln macht sich das allweg nicht. Gebt eine Antwort, daß eine Einigung Zeit und Platz hat, eines Tages macht sich das allweg nicht.»

So geschah es endlich, das Gerichtspersonal entfernte sich und der Bodenbauer wollte ebenfalls gehen. Aber er mußte bleiben und sollte raten. «Ja,» sagte er, «die Sache ist schlimm. Da wird wenig anders zu machen sein als Zahlen.» Die Unterschrift ableugnen täte er nicht, von wegen es möge gegangen sein, wie es wolle, unterschrieben sei unterschrieben; ein Dritter vermöge sich dessen nichts, und wenn er auch unter der Decke sein sollte, so sei es noch nicht bewiesen. Elisis arme Kinder könnten ihn dauern, denen sei es abgestohlen; daneben, wie er Vetter Joggelis Vermögen kenne, schade das weiter niemanden etwas. Vielleicht daß, was Joggeli dem Tochtermann geschwitzt, als Weibergut könne geltend gemacht werden, und was später noch auf diese Seite fallen werde, solle er alsbald durch ein Testament bestimmen und regeln, daß der flüchtige Vater nichts mehr dazu zu sagen habe.

Ein Wort gab das andere, und endlich sah der Bodenbauer mit Schrecken zwei Dinge: daß Joggelis Vermögen nicht mehr das war, was es gewesen, und Joggeli statt ein Mann ein Kind sei, das nicht wußte, was es machte, nicht zurechnungsfähig war. «Wißt Ihr was, Vetter,» sagte er endlich, «wißt Ihr was: geht vor Eure Gemeinde und begehrt einen Beistand, der in diesen verwickelten Dingen mit Verstand Euch beistehe. Ihr seiet alt, Euer Sohn weit, und was es koste, zahltet Ihr gern.» Potz Himmel, wie fuhr da Johannes, der Sohn, auf! Ehe daß er dulde, daß der Vater gevogtet werde, schlage er Himmel und Erde entzwei, brüllte er. «Da würdest du zu tun haben,» sagte der Bodenbauer ruhig. «Mache was du willst, aber wäre ich an deiner Stelle, ich besönne mich nicht zweimal; daneben mach, was du willst, die Sache ist nicht meine, sondern ganz hauptsächlich deine. So wie ich merken mag, hast du deinen Teil auch erhalten, und den guten Vater habt ihr beerbt bei Lebzeiten. Es scheint da allweg viel weggegangen zu sein. Kommt nun deiner Schwester Vormundschaftsbehörde dahinter, so trittet sie klagend auf, beschuldigt den Vater unverständiger Handlungen usw. Dann sieh, wie es geht. Begehrt ihr es aber selbst, so behaltet ihr die Sache in Händen, könnt euch mit eurer Gemeinde verständigen, und die Sache läuft so böse nicht. Wenigstens friedlich, soviel an euch.»

Da wolle er lieber den Teufel fressen samt dem Stiel und die Großmutter als Dessert, als daß er seinen Vater wolle bevogten lassen. Wer es gut meine, könne so nicht raten, aber wer was Unsauberes in der Wäsche habe, kriegte es vielleicht auf diese Weise am leichtesten ohne Wascherlohn wieder, brüllte der brüllhafte Wirt. «Ja so,» sagte der Bodenbauer, «ist das so gemeint. Sieh, dir sagt man nur Rubigenstrub, aber doch hielt ich dich für witziger. Ich meinte es gut, dein Vater dauert mich, du aber nicht. Dir bessert es nicht, bis du von der tauben Kuh gefressen hast, und dann vielleicht noch nicht. Ich habe da allerdings etwas in der Wäsche, aber ich vermag den Wäscherlohn zu bezahlen, und wäre er noch einmal so groß; ich bin kein Wirt, der am Verlumpen ist. Und weißt, ich zahle den Wascherlohn noch dazu gerne, ich weiß, ich erhalte ihn wieder; ich würde für Uli lieber zehntausend Gulden zahlen als für dich tausend, weißt! Und jetzt behüt euch Gott und lebet wohl; wem nicht zu raten ist, ist auch nicht zu helfen!» So sprach der Bodenbauer hochaufgerichtet und im Zorn. Denn in solchen Punkten verstand er nicht Spaß. Sie hätten ihm nicht gesagt, daß er helfen solle; wenn sie dann seine Hülfe begehrten, so wollten sie es ihm sagen lassen, sagte Johannes, der Rubigenstrub, halblaut. Die Frau selig habe viel auf dem gehabt, jetzt sehe man, was er sei, sagte Joggeli, der von der ganzen Sache wenig oder nichts mehr begriff.

«Fraueli,» sagte der Bodenbauer zu Vreneli, «wenn du mir nicht so lieb wärest, so wäre ich mein Lebtag böse über dich, daß du mich da hineingezogen. Aber so habt ihr Weiber es, ihr meint, es müsse allenthalben geholfen sein, und wo eure Arme zu kurz sind, stoßt ihr die Männer hinein. Da ist nicht mehr zu helfen, das ist, was ich euch sagen wollte. Macht euch gefaßt auf alles, wo ich wohne, wißt ihr, wenn ihr was nötig habt; und solltet ihr rasch fort müssen, so hat mein Tochtermann ein klein Heimwesen, welches für den Aufenthalt euch vielleicht anständig wäre. So viel im Vorbeigang, damit ihr euch nicht etwa ängstigt und nach dem ersten Besten faßt. Sie haben den Alten ausgesogen auf eine heillose Weise, wie Spinnen eine Fliege. Vielleicht daß noch Ordnung zu machen, etwas zu retten wäre, aber Ordnung zu rechter Zeit will der dicke Büffel nicht, er weiß warum. Nun wird alles drüber und drunter gehen, vielleicht gibt es Prozesse, vielleicht Gott weiß was, kurz zählt darauf, innerhalb Jahresfrist ist das Gut verkauft und der Alte, wenn Gott sich seiner nicht erbarmt, im Spital, oder der reiche Glunggenbauer kann von Türe zu Türe sein Essen suchen.» «Nein, Gevattersmann, nein, das geschieht nicht; eher tue ich es für ihn, aber solange ich sonst noch ein Stück Brot habe, hat er auch,» sagte Vreneli. «Er war nie gut gegen mich, aber auch nicht böser als gegen andere Leute. Ich aß sein Brot, als mir niemand welches gab, so soll er es nun auch bei mir haben.» «Das ist brav,» sagte der Bodenbauer. «Es ist schade, daß du nicht eine große Bäuerin bist, du hättest den Sinn dafür und könntest Vielen Gutes tun, daneben ist noch alles möglich.»

Trotz ihrer Fassung und des Bodenbauers Anerbieten erschreckte sie die Lage der Dinge doch, so arg hatten sie dieselbe nicht gedacht, so nahe den Wendepunkt nicht geglaubt. Ein oder zwei günstige Jahre noch, und sie hätten sich erholt gehabt. Uli hätte gerne die Richtigkeit von Bodenbauers Ansicht in Zweifel gezogen. Aber Vreneli sagte: Je mehr es darüber nachdenke, desto überzeugter werde es von derselben. Die Schlingel seien nicht umsonst so oft dagewesen und sicher nicht bloß wegen der Kurzweil. Die Beiden hätten was gebraucht. Bei einem einfachen Bauernwesen habe man keinen Begriff, was zwei solche Bursche in einer Wirtschaft oder im Handel durchzubringen vermöchten. Das gehe zweispännig oder vierspännig, wenn die Weiber helfen und nichts nutz seien, wie an beiden Orten der Fall sei. Uli meinte, wenn man nie viel gehabt, so könne man sich noch drein schicken, nichts mehr zu haben, und es liege die Hoffnung nahe, wieder zu gewinnen, was man verloren. Wenn aber so große Vermögen, mit denen man es nicht hätte machen können, dahingingen, so komme ihm das Totgrämen sehr begreiflich vor. «Da ist keine Hoffnung, wieder zu Vermögen zu kommen, und das Leben mit Nichts, wo man an so viel gewöhnt war, muß eine wahre Hölle sein. Es muß einem zumute sein, als sei man eingenäht in einen Gallensack. Die Hauptsache für uns ist nun die, daß wir mit Ehren davonkommen, wenn schon mit sonst nichts als vielleicht noch mit Schulden.» Sie wollten machen, was möglich, und daneben das Beste hoffen, bis hieher hätten Gott und gute Leute sie nicht verlassen und würden es wohl auch ferner nicht. Und wenn es sein, die Prüfung bis dahin gehen sollte, daß sie in Pfändung fielen, so müßten sie sich auch darein schicken, sie hätten dabei doch den Trost, daß es weder mutwillig noch verschuldet sei, sondern hervorgebracht durch Unglück von höherer Hand, dachten sie.

Ihr Schicksal lag allerdings in der Schwebe, hing von Gottes Segen und des Bodenbauers gutem Willen hauptsächlich ab. Diesem waren sie dreihundert Taler schuldig, ihr Geld, welches sie auf Zins gehabt, war eingezogen. Dagegen hatten sie freilich eine Schrift vom Wirt von fast vierhundert Talern auf dem Papier. Aber ob sie nicht mehr wert sei als etwa österreichisches Papier oder gar nichts, das wußten sie noch nicht. Ein ganzer Zins von achthundert Talern war nächstens fällig, dazu noch der Zins für die Effekten. Nun hatten sie freilich etwas Geld vorrätig, etwas konnten sie noch machen, aber achthundert Taler sind eine Summe. Bis zur Ernte mußten sie auch leben, und ob ihnen am Zins etwas geschenkt werde, das war unter obwaltenden Umständen mehr als zweifelhaft. Freigebig war Joggeli sein Lebtag nie gewesen, dazu besaß er eine zu kleinlichte Natur. Eine solche Natur kann bei großem Vermögen und einer guten Frau noch so quasi mit Ehren durchkommen, ohne als ein Geizhals verschrieen zu werden.

Genau genommen ist es eigentlich gar keine große Kunst, bei großem Vermögen nicht schmutzig und ungerecht zu sein. Aber wenn das Vermögen geschwunden oder sonst klein ist, das Geld nirgends reicht, immer neue Forderungen kommen und dazu immer neue Verluste: da nicht zu machen, was man kann, die Schere ins Fleisch gehen zu lassen, wo man was zu scheren hat, nicht den letzten Tropfen auszupressen, wo man das Recht zum Pressen zu haben glaubt, das ist schwer. Darüber können so Viele sich nicht erheben, sondern halten sich an dem Spruche: Mache jeder, was er kann. Sie mußten dieses auch von Joggeli erwarten, der dazu alle Tage kindischer, fast ganz regiert wurde von dem Sohne, der ganz erwildet war und im Lande herumfuhr wie der Teufel im Buche Hiob. Dazu kam noch die Abschatzung der Effekten, welche Uli zur Nutzung hatte. Beim Abtreten des Gutes mußten die wieder geschätzt werden. Den Minderwert mußte er ersetzen, etwaiger Mehrwert ward ihm vergütet. Hier konnte es einige hundert Gulden auf- oder niedergehen ohne eigentliche Ungerechtigkeit, aber doch je nachdem man ihm wohl oder übel wollte. Dann kam es wie gesagt hauptsächlich darauf an, ob er die Pacht ausmachen oder früher davongestoßen werde, was bei Verkauf des Gutes oder Tod des Besitzers gegen eine billige Entschädnis freilich der Fall sein konnte, und ob die Jahre gesegnet oder ungesegnet seien.

Er überzeugte sich immer mehr, daß der Bodenbauer richtig gesehen und richtig geraten hatte. So wie der Fall mit dem Tochtermann bekannt war, schneite es von allen Seiten Forderungen und Abkündigungen, wie es geht in solchen Fällen. Es hatten gar Viele Ursache zur Angst, wenn der Glunggenbauer noch mehr solche Stücklein gemacht hätte, so könnte es ihnen fehlen. Joggeli stand noch mancher Schuld als Bürge zu Gevatter und ganz besonders bei seinem Sohne. Diesem wurden nun alle Schulden, welche ablöslich waren, und von den unablöslichen die ausstehenden Zinse eingefordert; das lief zu großen Summen auf, den Forderungen konnte auf keine Weise begegnet werden. Da machte es Johannes wie Viele, er wehrte sich mit Prozessen; das ist aber akkurat, wie wenn man, um dem Fegfeuer zu entrinnen, in die Hölle springt. Er verflocht auch seinen Vater in diese Prozesse, und namentlich verführte er ihn, wegen den fünfzehntausend Talern einen Rechtshandel zu beginnen. Das war ein Geflecht von Prozessen, Forderungen aller Art, daß es einem vernünftigen Menschen die Haare zu Berge gestellt hätte.

Dies ward bekannt. Allgemein hieß es, wenn der Tochtermann am Schwiegervater den Schelm gemacht, so sei es sich nicht zu verwundern, denn der Sohn sei noch der viel ärgere Schelm an ihm gewesen. Elisi, das nirgends anders zu sein wußte als in der Glungge, heulte und lärmte, bis endlich der Gemeindebehörde seiner Heimat, welche eben nicht zu den erleuchteten gehörte, die Augen aufgingen, so daß sie auf Bevormundung von Joggeli drang. Nun erst gab es Spektakel. Dieser Antrag kam Joggeli vor wie ein Majestätsverbrechen, und hätte er die Macht gehabt, er hätte die Antragsteller erst köpfen lassen. Begreiflich gab das einen neuen Prozeß auf die andern alle. Diese Prozesse sind die allerangreiflichsten für die Person, welche bevogtet werden soll und es nicht annehmen will. Die Antragsteller sind also genötigt, ihr Begehren gehörig zu begründen. Um das zu können, müssen sie nun alle möglichen Merkmale aufführen, daß der Besagte nicht mehr imstande sei, sein Vermögen selbst zu verwalten. Freilich werden Kinder, welche so was begehren, im Eingang sagen, wie das Begehren ihr Herz zerreiße, wie sie es aber den eigenen Kindern schuldig seien; sie werden nie anders reden als von ihrem geliebten, verehrten, unglücklichen Vater, werden dann aber dazu alle Schwachheiten, Dummheiten, welche er von den ersten Hosen an gemacht, aufzählen. Ja sie sind imstande, des Vaters Heirat mit ihrer Mutter als seine größte Dummheit, als ein Zeichen seiner momentanen Verrücktheit anzuführen. Zuweilen wird des Vaters kindischer Zustand nicht von der Heirat, sondern von der Mutter Tod weg datiert. Dann wird aber doch gesagt, daß er eigentlich sein Lebtag nie ein Mann gewesen, die Mutter die Hosen angehabt hätte, seit sie aber gestorben, sei er vollends dumm geworden. Nichts wird geschont, sein Bild nicht bloß aschgrau, sondern brandschwarz gemalt. Das alles nun muß der Betreffende lesen, sollte es verdauen und kann nicht, geschweige sich daran erbauen. Dann muß er ein ander Bild von sich entwerfen lassen, wo er wie ein Herrgott strahlt, und hat er Malice auf seine verstorbene Frau, so wird der munter ausgewischt, wobei er sie jedoch immer seine liebe Selige nennt, welche er dem lieben Gott von ganzem Herzen gönne. Hintendrein kommen Ärzte, manchmal noch der Pfarrer und manchmal noch Andere und untersuchen einen nach Stand und Vermögen gründlich und nicht gründlich: ob der zu Bevogtende dumm sei oder gescheut, entweder ganz oder halb, zurechnungsfähig oder nicht, zurechnungsfähig entweder ganz oder halb. Das ist für den Betreffenden eine äußerst interessante und lehrreiche Untersuchung, man kann es sich denken!


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