Charles de Coster
Uilenspiegel und Lamme Goedzak
Charles de Coster

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III

Lamme kam zurück, dicke Tropfen schwitzend und blasend wie ein Delphin. »Ach!« sagte er, »ich bin unter einem schlechten Stern geboren. Nachdem ich tüchtig hatte laufen müssen, um diese Frau einzuholen, die gar nicht die meinige und alt war, sah ich an ihrem Gesichte, daß sie gut fünfundvierzig Jahre hatte, und an ihrer Haube, daß sie niemals verheiratet war. Sie fragte mich unfreundlich, was ich mit meinem Wanst im Klee zu tun habe. ›Ich suche meine Frau, die mich verlassen hat,‹ sagte ich sanft; ›und da ich Euch für sie angesehn habe, bin ich Euch nachgelaufen.‹

Auf diese Worte hin sagte die alte Jungfer zu mir, ich solle nur schleunigst wieder gehn, woher ich gekommen sei, und daß mich meine Frau verlassen habe, das sei wohlgetan gewesen in Anbetracht, daß alle Männer Spitzbuben, Taugenichtse, Ketzer, Verräter und Giftmischer seien, die die Mädchen verführten, auch wann die schon im reifen Alter seien, und sie werde im übrigen ihren Hund auf mich hetzen, wenn ich nicht ehestens sähe, daß ich weiterkäme.

Und das tat ich, nicht ohne Angst; denn zu ihren Füßen lag knurrend ein großer Schäferhund. Als ich aus ihrem Felde draußen war, setzte ich mich nieder und biß, um mich zu erholen, in dein Stück Schinken. Ich war jetzt auf einem Raine zwischen zwei Kleefeldern. Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch; als ich mich umwandte, sah ich den großen Schäferhund der alten Jungfer, aber nicht mehr drohend, sondern sanft und lüstern mit dem Schweife wedelnd: er wollte an meinen Schinken. Ich gab ihm ein paar kleine Brocken, als seine Herrin dazukam, und die schrie: ›Schnapp ihn! Schnapp ihn mit dem Fangzahn!‹

Ich lief, und der große Schäferhund lief an meinen Fersen; er riß mir ein Stück aus den Strümpfen, und ein wenig Fleisch war auch dabei. Der Schmerz brachte mich in Zorn, ich wandte mich um und schlug ihn mit dem Stocke so heftig auf die Vorderpfoten, daß ich ihm zum mindesten eine brach. Er fiel nieder und schrie in seiner Hundesprache: ›Barmherzigkeit!‹ Und die gewährte ich ihm. Unterdessen bewarf mich seine Herrin mit Erde, weil sie keine Steine hatte, und ich lief.

Ach, ist es nicht grausam und ungerecht, daß sich ein Mädchen, die nicht hübsch genug ist, einen Mann zu bekommen, an armen Unschuldigen, wie ich, rächt?

Ganz schwermütig kam ich in das Kaberdoesken, das du mir angegeben hast, in der Hoffnung, dort Trost im Bruinbier zu finden. Aber ich ward getäuscht. Beim Eintritt sah ich einen Mann und eine Frau, die sich prügelten. Ich bat sie, sie möchten so gut sein, ihre Schlacht zu unterbrechen und mir einen Krug Bruinbier zu geben, und wäre es nur eine Pinte oder sechs. Aber die Frau, ein rechter Stokvisch, antwortete mir wütend, wenn ich mich nicht sofort aus dem Staube machte, so werde sie mich den Schuh schlucken lassen, womit sie den Kopf ihres Mannes bearbeitete. Und so bin ich jetzt da, mein Freund, tüchtig verschwitzt und ordentlich müde. Hast du nichts zu essen?«

»Ja,« sagte Uilenspiegel.

»Endlich!« sagte Lamme.


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