Charles de Coster
Uilenspiegel und Lamme Goedzak
Charles de Coster

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LXXVI

Am nächsten Tage kamen die Schergen und Ausrufer der Gemeinde in Klaasens Haus, um alles Gerät auf die Straße zu bringen und zum gerichtlichen Verkaufe zu schreiten. Von Katelijnens Wohnung aus sah Soetkin sie die Wiege aus Eisen und Kupfer herabtragen, die sich immerdar von dem Vater auf den Sohn in dem Hause Klaasens vererbt hatte, wo der arme Tote geboren war ebenso wie Uilenspiegel. Dann trugen sie das Bett herab, wo Soetkin ihr Kind empfangen und so süße Nächte an der Schulter ihres Mannes verbracht hatte. Dann kam der Schrein, wo sie das Brot verschlossen gehabt hatte, der Schrank, wo zu guten Zeiten das Fleisch gewesen war, und Pfannen, Kessel und Kochgeschirre, die nicht mehr so glänzten wie in den Tagen des Glücks, sondern schmutzig waren von dem Staube der Verwahrlosung. Und die riefen ihr die Familienschmäuse ins Gedächtnis, zu denen die Nachbarn kamen, angelockt durch den Duft.

Dann kamen ein Faß und ein Fäßchen einfaches und doppeltes Bier und in einem Korbe die Weinflaschen, mindestens dreißig an der Zahl. Und alles wurde auf die Straße gebracht bis auf den letzten Nagel, dessen Krachen die arme Witwe hörte, als er aus der Mauer gerissen wurde.

Ruhig saß sie da, ohne zu schreien oder zu klagen, und sah bekümmert zu, wie ihre geringen Reichtümer ausgeboten wurden. Der Ausrufer hatte ein Licht angezündet, und das Gerät wurde vergantet. Das Licht war ganz herunter gebrannt, als der Zunftmeister der Fischhändler alles um einen geringen Preis gekauft hatte, in der Absicht, es wieder zu verkaufen; er schien sich daran zu letzen wie ein Wiesel, das das Hirn einer Henne saugt. Uilenspiegel sagte in seinem Herzen: »Du wirst nicht lange lachen, Mörder.«

Der Verkauf war zu Ende, und die Schergen, die alles durchwühlt hatten, hatten die Karlsgulden noch nicht gefunden. Der Fischhändler rief: »Ihr sucht schlecht, ich weiß, daß Klaas siebenhundert hatte; jetzt sind es sechs Monate her.« Uilenspiegel sagte in seinem Herzen: »Du wirst nicht erben, Mörder.«

Gählings wandte sich Soetkin zu ihm. »Der Angeber!« sagte sie, ihm den Fischhändler zeigend. »Ich weiß es,« sagte er.

»Willst du, daß er von deines Vaters Blut erbe?«

»Lieber läge ich einen Tag lang auf der Folterbank,« antwortete Uilenspiegel.

Soetkin sagte: »Auch ich; aber verrate ja nichts aus Mitleid, wie groß auch der Schmerz sei, den du mich erdulden siehst.«

»Ach! Du bist ein Weib,« sagte Uilenspiegel.

»Armer Schelm,« sagte sie, »ich habe dich zur Welt gebracht und verstehe zu leiden. Aber du, wenn ich es sähe . . .« Dann erbleichend: »Ich werde die Jungfrau bitten, die ihren Sohn am Kreuze gesehn hat.«

Und weinend liebkoste sie Uilenspiegel. Und so schlossen sie einen Vertrag des Hasses und der Kraft.


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