Charles de Coster
Uilenspiegel und Lamme Goedzak
Charles de Coster

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XXI

Wie er größer wurde, bekam er Geschmack daran, auf den Messen und Märkten herumzustreifen. Wann er einen Spielmann traf, der die Hoboe, die Fiedel oder den Dudelsack spielte, ließ er sich um einen Plappart zeigen, wie man diese Instrumente zum Klingen bringt. Vornehmlich aber wurde er ein Meister in der Kunst, auf dem Rommelpot zu spielen; das ist ein Instrument, verfertigt aus einem Topfe, einer Blase und einem steifen Strohhalm. Und folgendermaßen machte er es: er spannte die befeuchtete Blase auf den Topf, befestigte sie rundherum mit einem Schnürchen, steckte den oben geknoteten Strohhalm dazwischen, so daß er den Boden des Topfes berührte, und zog dann die Blase fest an, bis Gefahr war, daß sie platzte. Am Morgen trocken geworden, klang sie, wenn man darauf schlug, wie eine Handtrommel, und schnarrte, wenn man den Halm strich, lieblicher als eine Fiedel. Und Uilenspiegel zog am Dreikönigstage mit seinem Schnarrtopf, der das Gebell der Hunde wiedergab, vor die Haustüren Christnachtslieder singen, und ihn begleitete eine Schar Kinder, deren eines einen Stern aus glänzendem Papier trug.

Wann irgendein Maler nach Damme kam, um die Mitglieder einer Gilde in Kniestücken auf die Leinwand zu bringen, bat ihn Uilenspiegel, begierig, ihm bei der Arbeit zusehn zu dürfen, er möge ihm erlauben, die Farben zu reiben; und er nahm sonst keinen Lohn als ein Stück Brot, drei Heller und einen Schoppen Bier. Mit dem Reiben beschäftigt, beobachtete er das Tun seines Meisters. Ging dieser weg, versuchte er zu malen wie dieser, nahm aber durchaus Scharlachrot. Er versuchte Klaas, Soetkin, Katelijne und Nele zu malen, ebenso wie Kannen und Kübel. Als Klaas seine Schildereien sah, meinte er, sein Sohn könnte einmal, wenn er sich tüchtig erweise, täglich die Gulden nach Dutzenden verdienen, indem er die Aufschriften auf den Speelwagens, den Lustfuhrwerken in Flandern und Seeland, mache.

Auch lernte er von einem Metzen Holzschnitzen und Bildhauen; dieser Meister war gekommen, um auf dem Chor von Unserer Frau einen solchen Stuhl zu bauen, daß der Dechant, ein bejahrter Mann, darin sitzen könne und es doch den Anschein habe, er stehe auf seinen Beinen. Uilenspiegel war es, der das erste Messerheft schnitt, dessen sich die von Seeland bedienten. Er machte das Heft in der Form eines Käfigs. Drinnen rollte ein Totenkopf, und darüber lag ein Hund. Und das bedeutet: Getreu bis in den Tod.

Und so begann Uilenspiegel Katelijnens Weissagung zu bewähren, indem er sich als Maler, Bildner, Bauer, Edelmann, alles miteinander, bewies; denn von dem Vater auf den Sohn führte die Familie Klaas drei wirkliche silberne Kannen auf einem Felde von Braunbier.

Aber Uilenspiegel war in keinem Berufe beständig, und Klaas sagte ihm, er werde ihn aus dem Hause jagen, wenn das Spiel so fortgehe.


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