Charles de Coster
Uilenspiegel und Lamme Goedzak
Charles de Coster

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IX

Uilenspiegel wuchs, als er entwöhnt war, wie eine junge Pappel. Klaas küßte ihn jetzt nicht mehr so häufig, aber er liebte ihn in einer herben Art, um ihn ja nicht zu verzärteln. Wann Uilenspiegel beim Nachhausekommen klagte, er habe bei einem Raufhandel Püffe bekommen, schlug ihn Klaas, weil nicht er die andern geschlagen habe; und bei dieser Erziehung wurde Uilenspiegel stark wie ein junger Leu. Wann Klaas abwesend war, verlangte Uilenspiegel von Soetkin einen Kreuzer, um spielen zu gehn. Unwillig sagte Soetkin: »Was hast du not, spielen zu gehn? Bleib lieber daheim und binde Wieden!«

Wann nun Uilenspiegel sah, daß sie ihm nichts gab, schrie er wie ein Adler; aber Soetkin schlug mit den Pfannen und Schüsseln, die sie in einem hölzernen Troge wusch, einen mächtigen Lärm, als ob sie ihn nicht mehr anhören wollte. Nun begann Uilenspiegel zu weinen, und die süße Mutter ließ ab von ihrer verstellten Härte, trat zu ihm, liebkoste ihn und sagte: »Hast du genug mit einem Silbergroschen?« Nun müßt ihr wissen, daß der Groschen sechs Kreuzer galt. Also liebte sie ihn allzusehr, und wann Klaas nicht da war, war Uilenspiegel König im Hause.


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