Charles de Coster
Uilenspiegel und Lamme Goedzak
Charles de Coster

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LXIII

Die zweihundert Gulden waren den Weg alles Irdischen gegangen. Uilenspiegel kam nach Wien und verdang sich bei einem Wagner, der allwege seine Gesellen schalt, sie sollten den Schmiedebalg nicht zu schnell gehn lassen. »Ha, ho,« schrie er immerfort, »folgt mit den Bälgen!«

Eines Tages machte Uilenspiegel, als der Herr in den Garten ging, den Balg los, lud ihn sich auf die Schultern und folgte seinem Meister; als der ganz verdutzt war über diesen Aufzug, sagte Uilenspiegel zu ihm: »Herr, Ihr habt mir befohlen, mit den Bälgen zu folgen; wo soll ich denn den da hinlegen, während ich den andern holen gehe?«

»Lieber Knecht,« antwortete der Herr, »so hab ichs nicht gemeint; trag den Balg wieder an seinen Ort.« Gleichwohl gedachte er ihn diesen Streich bezahlen zu lassen. Von nun an stand er täglich um Mitternacht auf, weckte seine Gesellen und hieß sie arbeiten. Die Gesellen sagten zu ihm: »Herr, warum weckst du uns mitten in der Nacht?«

»Es ist eine Gewohnheit von mir,« antwortete er, »meine Gesellen in den ersten acht Tagen nur die halbe Nacht im Bette zu lassen.«

Auch die folgende Nacht weckte er seine Gesellen um Mitternacht. Uilenspiegel, der in der Bodenkammer schlief, nahm sein Bett auf den Rücken und stieg also bepackt in die Schmiede herab. Der Herr sagte zu ihm: »Bist du verrückt? Was läßt du dein Bett nicht auf seinem Platze?«

»Es ist eine Gewohnheit von mir,« antwortete Uilenspiegel, »daß ich in den ersten acht Tagen die Hälfte der Nacht auf meinem Bette und die andere Hälfte darunter verbringe.«

»So, so,« antwortete der Meister; »aber ich habe noch die andere Gewohnheit, unverschämte Gesellen auf die Straße zu werfen mit der Erlaubnis, daß sie die erste Woche auf dem Pflaster und die zweite darunter verbringen dürfen.«

»In Euerm Keller, Herr, wenn es Euch recht ist, bei den Bierfässern,« antwortete Uilenspiegel.


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