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Neunundvierzigstes Kapitel


Die Geschichte des Hundes. – Die Geschichte Wei-dschun-dschen's (Taubenei-Kopf). – Fernere Nachrichten über den Steinbruch des roten Pfeifentons. – Geschiebe in der Prärie. – Chemische Analyse des roten Pfeifentons.


Ich komme nun endlich zu der lange versprochenen »Geschichte des Hundes«. Nachdem wir, nämlich Baptiste, Bogard und ich, von der Mündung des Yellow-Stoneflusses etwa 170 Meilen stromabwärts zurückgelegt hatten, landeten wir bei dem Handelsposten der amerikanischen Pelzcompagnie, welcher der Obhut des Herrn Laidlaw anvertraut ist und etwa 250 Meilen oberhalb St. Louis liegt. Wir wurden herzlich willkommen geheißen und nachdem wir an einer wohlbesetzten Tafel Platz genommen, sagte Herr Laidlaw zu mir: »Nun, lieber Freund, ich freue mich, Sie wohl zu sehen. Sie haben gewiß, seit Sie uns verließen, viele schöne Indianer gesehen und gewiß manches interessante Bild mitgebracht. Aber hier in unserer Nähe ist seit Ihrer Abreise wegen der Gemälde viel Lärm gewesen. Sie haben natürlich am Yellow-Stone nichts davon erfahren, aber ich versichere Ihnen, daß bei uns kein Tag ohne irgendeinen Lärm oder Auflauf in dieser Beziehung vergangen ist. Der ›Hund‹ ist noch nicht tot, obgleich mehrmals nach ihm geschossen wurde und ihm der Arm zerbrochen ist. Die Freunde des ›kleinen Bären‹ haben den Bruder des ›Hundes‹, einen braven Mann, überfallen und getötet. Sie bereuen es jetzt, daß sie statt des größten Schurken einen der besten Männer der Nation getötet haben und sinnen daher mehr als je auf Rache. Sie haben bereits mehrmals nach Ihnen gefragt; sie wissen, daß Sie den Fluß hinaufgefahren sind und erklären, daß Sie an allem Unglück schuld seien und wenn sie den ›Hund‹ nicht finden könnten, so würden sie sich aufmachen, um Sie zu suchen! Diese unglückliche Angelegenheit hat eine Aufregung unter den Sioux bewirkt, wie ich sie noch nicht erlebt hatte, seit ich in diesem Lande bin. Mein teurer Freund, Sie dürfen deshalb Ihre Reise in diesem schutzlosen Zustande nicht stromabwärts fortsetzen. Eine starke Streifpartei der Horde des ›kleinen Bären‹ lagert jetzt weiter unten an dem Flusse und es würde Ihr Leben in Gefahr bringen, wenn Sie dort anhielten, wozu Sie vielleicht gezwungen würden.« –

Ich muß hier für einen Augenblick etwas weiter zurückgehen. Als ich etwa vier Monate vor der Zeit, von welcher ich hier spreche, am Bord des Dampfbootes »Yellow Stone« den Missouri hinauffuhr, verweilte ich mehrere Wochen in diesem Handelsposten, wo 600 Siouxfamilien versammelt waren, die auf einer weiten Prärie an dem Ufer des Flusses ihre Zelte aufgeschlagen hatten.

Dieser Handelsposten, der unter Herrn Laidlaw's Aufsicht steht, ist der Versammlungsort und die Haupthandelsniederlage für den mächtigen Stamm der Sioux, die wohl noch aus 50000 Seelen bestehen mögen. Zu der erwähnten Zeit befanden sich dort etwa 5000–6000 dieser Indianer, um das Dampfboot zu sehen und den Agenten für die Indianerangelegenheiten zu sprechen. Während unseres dortigen Aufenthalts war ich sehr fleißig mit malen beschäftigt, denn die angesehensten Häuptlinge und Medizinmänner des Stammes waren dort anwesend. Das Malen war etwas ganz neues und unerklärliches für dieses Volk und erregte das größte Erstaunen; alles andere, selbst das Dampfboot, wurde darüber vergessen.

Anfangs hegten sie einige Besorgnisse über die Folgen, die eine so auffallende und unerklärliche Operation für diejenigen haben könnte, die sich ihr unterwarfen; nachdem man sie aber mit dem Zweck der Malerei bekannt gemacht hatte, betrachteten sie es als eine Ehre und ich hatte vollauf zu tun. Mein Zimmer war beständig mit den Häuptlingen angefüllt, die sich nach ihrem Range auf die Erde setzten und in dieser Reihenfolge mußte ich sie malen, wobei diejenigen ausgeschlossen wurden, die sich durch nichts ausgezeichnet hatten.

Der erste, den ich malte, war der schon früher erwähnte Ha-wan-ghi-ta (Eichhorn), Oberhaupt der Nation, und nach ihm kamen die geringeren Häuptlinge ihrem Range gemäß an die Reihe, da ich aber unmöglich alle malen konnte, so befürchtete ich Unannehmlichkeiten. Die Medizinmänner oder Oberpriester, die von vielen als die Orakel und die wichtigsten Personen des Stammes betrachtet werden, wurden in der Tat eifersüchtig und redeten außerhalb der Hütte zu dem Volke, sagten, daß sie alle Narren seien; daß diejenigen, die sich malen ließen, bald sterben würden; daß die Bildnisse, die einen bedeutenden Teil Leben in sich hätten, in den Händen der Weißen fortleben, diejenigen aber, die sie vorstellten, nach dem Tode keine Ruhe haben würden.

Obgleich die bereits von mir gemalten durch diese Reden etwas beunruhigt wurden, so wollten sie es sich doch nicht merken lassen, während die, welche noch nicht gemalt waren, jenen an Mut nicht nachstehen wollten, und daher der Gefahr, die sie alle mehr oder weniger fürchteten, Trotz boten. Um diese Zeit entstanden Streitigkeiten unter den Häuptlingen und Kriegern der verschiedenen Banden, und an die Stelle der bunten Fröhlichkeit trat das furchtbare Kriegsgeschrei und der ganze Lärm eines indianischen Gefechts. Ich war damals mit dem Bildnisse Mah-to-tschih-ga's (Kleiner Bär), eines edlen schönen Mannes von der Onc-pa-pa-Horde, beschäftigt, und zwar malte ich das Gesicht fast im Profil, so daß ein Teil davon in den Schatten trat. Das Bild war beinahe vollendet, als ein Indianer namens Schon-ka (der Hund), Häuptling der Kas-a-schi-ta-Bande, ein böser, mürrischer, von den Häuptlingen aller anderen Banden verachteter Mann, in die Hütte trat, sich dem Bilde gegenübersetzte, und nachdem er es einige Zeit betrachtet hatte, die Worte sprach: »Mah-to-tschih-ga ist nur ein halber Mann!«

Eine Totenstille herrschte bei diesen Worten in dem Wigwam, während die Häuptlinge sich ängstliche Blicke zuwarfen, und offenbar wegen der Folgen dieser Äußerung besorgt waren. Endlich fragte Mah-to-tschih-ga, ohne die Augen zu bewegen, mit festem Ton: »Wer sagt das?«– »Schon-ka sagt es und Schon-ka kann es beweisen,« war die Antwort. Bei diesen Worten richtete Mah-to-tschih-ga seine Augen mit einem Blicke, worin sich die tiefste Verachtung aussprach, auf Schon-ka und fragte: »Warum sagt Schon-ka das?« – »Frage We-tschasch-a-wa-kon (den Maler), er wird es dir sagen; er weiß, daß du nur ein halber Mann bist – er hat nur die eine Hälfte deines Gesichts gemalt, und weiß, daß die andere Hälfte nichts taugt!«

»Wenn der Maler es sagt, will ich es glauben, aber wenn der ›Hund‹ es sagt, so muß er es beweisen.«

»Schon-ka sagt es und Schon-ka kann es beweisen; wenn Mah-to-tschih-ga ein Mann ist und es nötig hat, daß ihm die weißen Männer Ehre erzeigen, so möge er sich nicht schämen, sondern tun, was Schon-ka getan hat; gib dem weißen Mann ein Pferd und dann laß ihn dein ganzes Gesicht sehen, ohne dich zu schämen.«

»Wenn Mah-to-tschih-ga einen weißen Mann tötet und ein Pferd stiehlt, so mag er sich schämen, einen weißen Mann anzublicken, bis er ihm ein Pferd bringt! Wenn Mah-to-tschih-ga sich in einen Hinterhalt legt und einen ehrenwerten und tapferen Sioux ermordet, weil er ein Feigling und nicht tapfer genug ist, ihm in ehrlichem Kampfe entgegenzutreten, dann mag er sich schämen, einem weißen Mann ins Angesicht zu blicken, bis er ihm ein Pferd gegeben hat. Mah-to-tschih-ga kann jedem ins Gesicht schauen und blickt jetzt auf ein altes Weib und eine Memme!«

Bei diesen Worten stand »der Hund« plötzlich auf, hüllte sich in seine Büffelhaut und verließ, unter dem Gelächter aller Häuptlinge, den Wigwam.

Der »kleine Bär« verfolgte ihn mit den Augen bis er die Hütte verlassen hatte und nahm dann ruhig seine frühere Stellung wieder ein. Als sein Bildnis fertig war, stand er auf und überreichte mir einen schönen Rock von Hirschleder, der reich mit Stachelschweinstacheln und Skalplocken verziert war und auf dem er alle seine Kämpfe dargestellt hatte. Er verließ sodann den Wigwam und an der Tür des seinigen trat »der Hund« auf ihn zu und fragte ihn: »Was meint Mah-to-tschih-ga mit den letzten Worten, die er zu Schon-ka sagte?« – »Ma-to-tschih-ga sagte es und Schon-ka ist kein Dummkopf – das ist genug.« Bei diesen Worten ging »der Hund« schnell nach seiner Hütte und »der kleine Bär« trat ebenfalls in die seinige, wo er sogleich seine Flinte lud und dann, wie es bei ihnen gebräuchlich ist, sich mit dem Gesicht auf die Erde warf, um den Großen Geist um Beistand anzuflehen. Seine Frau, die seinen aufgeregten Zustand bemerkte und üble Folgen befürchtete, zog, ohne von dem Vorfall etwas zu wissen, heimlich die Kugel aus der Flinte.

In diesem Augenblicke rief »der Hund« außerhalb der Hütte: »Wenn Mah-to-tschih-ga ein ganzer Mann ist, so möge er herauskommen und es beweisen; Schon-ka ist es, der ihn ruft!« – Die Frau schrie auf, aber es war zu spät; er hatte die Flinte ergriffen und sprang zur Tür hinaus. Beide schossen gleichzeitig. Der Hund entfloh unverwundet; aber der kleine Bär wälzte sich in seinem Blute und sonderbarerweise war die ganze Seite des Gesichts, welche im Bilde fehlte, und die, wie der Hund sagte, nichts tauge, vom Kinn bis zum Ohr, mit Einschluß eines Teiles der Nase und des einen Auges, weggeschossen. Wer mit den Sitten und Gebräuchen der Indianer bekannt ist, der kann sich einen Begriff machen von der Aufregung, die dieser Vorfall unter mehreren tausend in eifersüchtige Horden geteilten Sioux hervorrief. In einem Augenblick waren alle mit Flinten oder Bogen bewaffnet; die Freunde des »Hundes« sammelten sich um ihn und er floh unter einem Hagel von Pfeilen und Kugeln; aber die Mitglieder der Onc-pa-pa-Horde, welcher der Ermordete angehörte, eilten von allen Seiten zur Rache herbei, es entspann sich ein Kampf auf der Prärie und dem »Hunde« wurde der eine Arm zerschossen, doch gelang es ihm endlich zu entkommen.

Am folgenden Tage starb »der kleine Bär« an seinen Wunden und wurde beerdigt. Seine Frau war untröstlich bei dem Gedanken, daß sie die unmittelbare, wenngleich unschuldige Ursache seines Todes geworden war.

Dieser wunderbare und unglückliche Vorfall wurde bald das allgemeine Gespräch im ganzen Dorfe und die abergläubische Menge betrachtete mich als die Ursache alles Unheils. Ich packte daher schnell meine Gemälde und Gerätschaften ein und alle, sowohl die Pelzhändler, als die Reisenden, waren bereit, mich zu schützen. Ich entging indes der unmittelbaren Rache wohl hauptsächlich dadurch, daß ich mein aufrichtiges und herzliches Bedauern zu erkennen gab, indem ich der Witwe und den Verwandten des Getöteten ansehnliche Geschenke gab und nebst Herrn Laidlaw und den übrigen Herren ihm ein ehrenvolles Begräbnis veranstaltete und über seinem Grabe eine schöne Siouxhütte errichtete, auf deren Spitze eine weiße Flagge wehte.

Dem ehrenwerten und tapferen Mah-to-tschih-ga wurden viele Tränen nachgeweint und alle Krieger seiner Horde schwuren, nicht eher zu ruhen, als bis »der Hund« den Tod ihres Häuptlings und Führers mit dem Leben gebüßt habe.

An dem Tage der Beerdigung reiste ich am Bord des Dampfbootes nach der Mündung des Yellow-Stoneflusses ab, und während meiner Abwesenheit hatten die Freunde des Ermordeten fast das ganze Land der Sioux durchstreift, ohne den »Hund« auffinden zu können. Unglücklicherweise kommt sein Bruder, ein ehrenwerter und von allen, die ihn kannten, geachteter Mann, ihnen in den Weg und der Durst nach Rache verleitet sie, ihn zu töten. Tiefe Reue folgte jedoch dieser raschen Tat, und der Gedanke, einen so edlen Mann statt eines solchen nichtswürdigen getötet zu haben, steigerte ihre Erbitterung gegen den »Hund« auf das höchste und sie schwuren, ihre Waffen nicht eher niederzulegen und weder Weib noch Kind zu umarmen, bis vollständige Rache das Haupt des Schuldigen getroffen habe. So stand diese Angelegenheit, als ich auf meiner Reise den Fluß abwärts Herrn Laidlaw wieder besuchte, wie ich zu Anfang dieses Kapitels erzählt habe.

Die Aufregung unter den Sioux hatte den ganzen Sommer hindurch angedauert. Viele von ihnen betrachteten mich als den alleinigen Urheber alles Mißgeschicks; ich hätte, meinten sie, gewußt, daß die eine Hälfte von des Mannes Gesicht nichts tauge, sonst würde ich sie nicht auf dem Bilde weggelassen haben; ich müsse folglich auch alles aus dieser Weglassung entstandene Unheil vorher gewußt haben; ich sei daher ein gefährlicher Mann, und wenn der Hund nicht aufzufinden sei, so müsse ich für meine Vermessenheit büßen. Es wurden Ratsversammlungen gehalten und in aller Feierlichkeit mein Tod beschlossen. In einer dieser Versammlungen erhob sich ein junger Mann von der Onc-pa-pa-Horde und sagte: »Das Blut zweier Häuptlinge ist soeben auf die Erde geflossen und hundert Bogen sind gespannt, um noch mehr Blut zu vergießen! Auf wen sollen wir sie richten? Ich bin ein Freund der weißen Männer, aber es ist einer hier, dessen Medizin zu groß ist – er ist ein großer Medizinmann! Seine Medizin ist zu groß! Er war der Tod Mah-to-tschih-ga's! Er machte nur eine Seite seines Gesichts! Er wollte nicht die andere machen – die Seite, welche er machte, war lebend, die andere war tot und Schon-ka schoß sie weg! Wie ist das? Wer soll sterben?«

Nach diesem sprach Ta-sih-kih-da-tscha von der Janktonhorde: »Vater! dieser Medizinmann hat uns großen Kummer verursacht! Du sagtest zu unseren Häuptlingen und Kriegern, sie müßten sich malen lassen – du sagtest, er sei ein guter Mann und wir glaubten dir! – Du dachtest so, mein Vater, aber du siehst, was er getan hat! Er sieht unsere Häuptlinge und Frauen an und macht sie dann lebend! Auf diese Weise hat er unsere Häuptlinge hinweggeführt und wenn sie tot sind, kann er ihre Geister quälen! – Sie werden unglücklich sein. Wenn er sie dadurch lebend machen kann, daß er sie erblickt, so kann er uns viel Unglück zufügen! – Du sagst, sie lebten nicht – wir sehen ja ihre Augen sich bewegen! ihre Augen folgen uns, wohin wir auch gehen, das ist genug! Ich habe nichts mehr zu sagen! –«

Auf diesen Redner folgte ein junger Mann der Onc-pa-pa-Horde: »Vater! Du weißt, daß ich der Bruder Mah-to-tschi-gas bin! Du weißt, daß ich ihn liebte – beide Seiten seines Gesichts waren gut und der Medizinmann wußte dies auch! Warum ließ er die Hälfte seines Gesichts weg? Er brauchte sich nie zu schämen, sondern blickte dem weißen Mann immer gerade ins Gesicht! Warum wurde jene Seite seines Gesichts weggeschossen? Dein Freund ist nicht unser Freund und er hat sein Leben verwirkt. Du mußt uns sagen, wo er ist – wir müssen ihn sehen!«

Sodann nahm Toh-kei-i-to (ein Medizinmann der Janktonhorde, einer der besten Redner) das Wort: »Mein Freund, es sind junge Leute, die soeben gesprochen haben – ich fürchte mich nicht! Dein weißer Medizinmann hat mein Bildnis gemalt und es war gut – ich freue mich darüber – ich bin sehr froh, zu sehen, daß ich leben soll, nachdem ich tot bin! – Ich bin alt und fürchte mich nicht! – Einige unserer jungen Leute sind närrisch. Ich weiß, daß dieser Mann viele unserer Büffel in sein Buch hineingesteckt hat! denn ich war bei ihm und wir haben seitdem keine Büffel zu essen gehabt; es ist wahr – aber ich fürchte mich nicht! Seine Medizin ist groß und ich wünsche ihm alles gute – wir sind Freunde!«

Auf diese Weise wurde die Angelegenheit während meiner Abwesenheit von dem abergläubischen Volke erörtert und deshalb gab Herr Laidlaw mir den Rat, einen anderen Weg einzuschlagen, weil an der Mündung des Cabriflusses, siebzehn Meilen stromabwärts, einige hundert Indianer von der Horde des »kleinen Bären« gelagert seien, die mich ihrer Rache opfern würden. Allein trotz dieses wohlgemeinten Rates setzte ich meine Reise mit Baptiste und Bogard in dem kleinen Kanoe stromabwärts fort. Als wir bei dem erwähnten Lager der Sioux vorüber kamen, hielten wir uns am entgegengesetzten Ufer, und obgleich die gewöhnliche Einladung (welche darin besteht, daß mehrere Kugeln einige Ruten vor dem Fahrzeug ins Wasser geschossen werden) auch an uns erging, so ließ man uns doch, als wir nicht darauf achteten, ruhig weiter ziehen, da wir nicht erkannt wurden. In St. Louis erzählte mir der Major Bean, der einige Wochen später dort ankam, daß » der Hund« endlich bei den Black Hills (schwarzen Bergen) getötet worden und diese Angelegenheit somit für immer abgemacht sei.

Dies ist die »Geschichte des Hundes«, die den Tod dreier tapferer Krieger veranlaßte und auch beinahe einem »großen Medizinmann« das Leben gekostet und den Leistungen seines Pinsels für immer ein Ziel gesetzt hätte! Übrigens wird diese Geschichte unstreitig zu einer höchst wunderbaren Sage unter den Sioux Veranlassung geben und durch Erzählung und Gesang von Geschlecht zu Geschlecht unter diesem abergläubischen Volke fortgepflanzt werden.

Nachdem ich diese merkwürdige und unglückliche Geschichte beendigt hatte, wurde ich aufgefordert, die

Geschichte von Wei-dschun-dschoe (Taubeneikopf)

zu erzählen und ich tat dies so, wie ich sie zuerst Baptiste erzählt hatte.

»Nun, Baptiste, ich versprach dir gestern abend eine Geschichte zu erzählen; war es nicht so?«

» Oui, Monsieur, oui, von der Taubenkopf.«

»Nein, Baptiste, von dem Taubeneikopf. Der indianische Name dieses Mannes in der Sprache der Assinneboiner war Wei-dschun-dschoe.«

»Wie! comment? Wei-dschun-dschoe, le frère de ma douce Wih-ni-on-ka, le fils du Chef Assinneboin? Aber, excusez, fahren Sie fort, s'il vous plait

»Wei-dschun-dschoe war ein Krieger der Assinneboiner – jung, stolz, schön, tapfer und voll Anstand. Er war Sieger in manchem Kampfe gewesen, zahlreiche Skalpe von den Köpfen seiner Feinde schmückten seinen Anzug und er hatte gerechte Ansprüche auf die höchsten Ehrenstellen des Landes, denn sein Vater war Häuptling der Nation.«

» Le même! derselbe – mon frère – mon ami! Bien, ich seien composé, fahren Sie fort, Monsieur!«

»Dieser junge Assinneboiner wurde vom Major Sanford, dem Indianeragenten, auserwählt, um seinen Stamm bei der Gesandtschaft zu vertreten, die sich im Winter des Jahres 1832 unter der Führung des genannten Offiziers nach Washington begab.«

»Als die Gesandtschaft von der Mündung des Yellow-Stoneflusses den Missouri hinabfuhr und die ersten Ansiedlungen der Weißen erreichte, fingen Wei-dschun-dschoe und ein anderer Indianer seines Stammes an, für jedes Haus, an dem sie vorüber kamen, einen Einschnitt in das Rohr ihrer Pfeife zu machen, um bei der Rückkehr ihren Landsleuten zeigen zu können, wie viele Häuser der weißen Männer sie auf ihrer Reise gesehen hätten. Anfangs ging dies ganz gut, aber je weiter sie den Fluß hinabfuhren, um so zahlreicher wurden die Wohnungen und bald waren nicht nur die Pfeifenrohre, sondern auch die Handgriffe ihrer Kriegskeulen mit Einschnitten bedeckt. Als daher das Boot eines Tages anlegte, stiegen Wei-dschun-dschoe und sein Begleiter ans Land, schnitten sich lange Stäbe, schälten die Rinde ab und begannen nun die Einschnitte von den Pfeifenröhren und der Kriegskeule auf die Stäbe zu übertragen, zugleich aber auch für jedes Haus, an dem sie vorüberfuhren, ein neues Zeichen hinzuzufügen. Auch diese Stäbe waren bald mit Einschnitten bedeckt und in den nächsten Tagen noch mehrere andere, so daß sie zuletzt nicht wußten, was sie mit ihren Stäben machen sollten, und als sie nun gar St. Louis, eine Stadt von 15000 Bewohnern erreichten, da warfen sie, nach einer kurzen Beratung, alle ihre Stäbe in den Fluß!«

»Ich befand mich bei der Ankunft der Gesandtschaft in St. Louis und benutzte deren Aufenthalt, um mehrere Indianer zu malen. Der erste war Wei-dschun-dschoe, der nur mit Widerstreben den von dem Major Sanford und von mir an ihn gerichteten Anforderungen nachgab, indem seine Furcht und sein Stolz einen harten Kampf zu bestehen hatten. Er erschien mürrisch in meinem Zimmer, hatte aber glänzende Toilette gemacht. Er trug seine Nationaltracht; die Beinkleider und der Rock waren von dem Fell des Bergschafes, reich mit Stachelschweinstacheln und Skalplocken verziert; drüber hing sein langes Haar in Flechten fast bis auf die Erde; den Kopf bedeckte der Schmuck aus den Federn des Kriegsadlers – sein Mantel war die Haut eines jungen Büffelstiers, auf der seine Kriegstaten abgebildet waren – Köcher und Bogen hatte er umgehängt und sein Schild war aus der Halshaut eines Büffels gemacht.«

»Nachdem ich ihn und seinen Gefährten gemalt hatte, reisten sie in Begleitung des Majors Sanford nach Washington ab. Dort war Wei-dschun-dschoe überall voran – er war der erste, der dem Präsidenten die Hand reichte – der erste, der ihn anredete und der letzte, der ihn verließ – aber er war auch nicht unempfindlich gegen den Beifall und die Bewunderung des schönen Geschlechts. Er besuchte die größeren Städte, sah die Forts, die Schiffe, die Kanonen, Dampfboote, Luftballons usw. und kehrte im nächsten Frühjahr nach St. Louis zurück, von wo ich auf meinem ersten Ausfluge nach dem Yellow-Stoneflusse die Reise in seine Heimat auf demselben Dampfboote mit ihm machte.

Er hatte in Washington sein prächtiges Nationalkostüm gegen einen vollständigen Militäranzug ausgetauscht; vielleicht war dieser ein Geschenk des Präsidenten. Als er auf dem Verdecke des Dampfbootes erschien, trug er einen Rock vom feinsten blauen Tuch mit Goldtressen besetzt, auf den Schultern zwei gewaltige Epauletten, um den Hals eine glänzend schwarze Binde, und seine Füße waren in ein Paar wasserdichte Stiefel mit hohen Absätzen gezwängt, wodurch sein Gang unsicher und schwankend wurde.«

»Ha, ha, ha! – pardon, Monsieur Cataline, ich muß lachen – er waren ein fein Gentleman, wie?«

»Auf dem Kopfe trug er einen hohen Biberhut mit breiter Silbertresse und einem zwei Fuß langen roten Federbusch; der steife, grade Rockkragen reichte ihm bis über die Ohren hinaus und über den Rücken hing sein langes, mit roter Farbe geschmücktes Haar in Flechten herab. Um den Hals trug er eine große silberne Medaille an einem blauen Bande und an einem breiten über die rechte Schulter gehenden Riemen hing ein breiter Säbel. Die Hände waren mit ziegenledernen Handschuhen bekleidet, in der Rechten trug er einen großen Fächer, in der Linken einen blauen Regenschirm. So hatte man in Washington den armen Wei-dschun-dschoe ausstaffiert und in diesem Aufputz stolzierte er, das »Yankee Doodle« (Nationallied der Amerikaner) pfeifend, auf dem Verdecke des Dampfbootes umher.«

»So reiste ich mit diesem neugebackenen Gentleman von St. Louis aus über 400 Meilen weit und ich konnte ihn nie ansehen, ohne zu lachen, denn er sah wirklich aus wie ein gestiefelter Kater!«

» Diable! das sein ein guter Vergleich! Ich haben ihn gesehen, wenn er sein angekommen bei der Yellow-Stone; Sie wissen, ich waren dort. Ich mußten lachen, wenn er sein heruntergekommen von der Boot und alle die Assinneboins waren dort, ihn zu sehen. Ich waren fast tot vor lachen.«

»Nachdem Wei-dschun-dschoe in seiner Heimat angekommen und die üblichen Begrüßungen unter seinen Freunden vorüber waren, begann er die einfache Erzählung seiner Erlebnisse unter den Weißen; aber seinen Landsleuten erschien alles so unglaublich, daß sie ihn für einen Lügner erklärten. ›Er ist,‹ sagten sie, ›unter den Weißen gewesen, die große Lügner sind und alles, was er dort gelernt hat, ist, daß er zurückkehrt und Lügen erzählt.‹ Er verfiel schnell in Ungnade, verlor alle Aussicht auf eine bedeutende politische Stellung, wurde von den Häuptlingen gemieden und als ein verlorenes Glied des Stammes betrachtet. Nur der große Haufe des Stammes lauschte noch am Feuer den Erzählungen des ›vielgereisten Indianers‹.

»Am Tage nach seiner Ankunft verfertigte seine Frau sich aus den Schößen, als einem überflüssigen Teile des Rockes (es war ein Frack), ein Paar Beinkleider und aus der silbernen Huttresse ein Paar Strumpfbänder. Den so verkürzten Rock trug nunmehr sein Bruder, während er selbst mit Köcher und Bogen, aber ohne Rock, erschien und seine staunenden Freunde sein feines Hemd mit kostbaren Hemdknöpfen bewunderten. Der Säbel behauptete noch immer seinen Platz, aber schon um mittag vertauschte er die Stiefeln mit Mokassins, und in diesem Aufzuge saß er erzählend unter seinen Freunden, wobei er jedoch einem Fäßchen Branntwein, das er aus Washington mitgebracht, so fleißig zusprach, daß ihm endlich die Zunge zu schwer wurde.

»Eine seiner Geliebten hatte ihre Blicke auf seine schönen seidenen Tragebänder gerichtet und am nächsten Tage sah man ihn, Yankee Doodle und Washingtons Marsch pfeifend, mit dem Branntweinfäßchen unter dem Arme nach der Hütte seiner alten Bekanntschaft hinschwanken. Sein weißes Hemd war auf anstößige Weise verkürzt worden – seine blauen, mit Goldtressen besetzten Pantalons waren in ein Paar komfortable Beinkleider verwandelt – dabei hatte er Bogen und Köcher umgehängt und der breite Säbel, welcher auf der Erde nachschleppte, war ihm zwischen die Beine gekommen und diente ihm so gewissermaßen als Steuer, um ihn sicher über die ›unruhige Oberfläche der Erde‹ hinwegzuführen.«

»Auf diese Weise waren zwei Tage vergangen, das Fäßchen war leer und von seinem ganzen stattlichen Aufzuge war ihm nur noch der Regenschirm übrig geblieben, an dem nun sein ganzes Herz hing und den er in jedem Wetter bei sich führte, während er übrigens wieder eine Lederkleidung trug. In diesem Aufzuge, mit dem Regenschirm, als dem einzigen noch übrigen Beweis seiner ehemaligen Größe, in der Hand, fing er nun an, in nüchternen Augenblicken seinem Volke einfach und wahr zu erzählen, was er auf seiner Reise im Osten gesehen und erlebt hatte. Aber zum Unglück für ihn war dies alles für sie zu wunderbar und zu unwahrscheinlich, als daß sie es hätten glauben können. Er erzählte der staunenden Menge, die sich stets um ihn versammelte, von der großen Menge Häuser, die er gesehen – von den großen und kleinen Städten mit all' ihrem Reichtum und Glanz – von dem Reisen auf Dampfbooten, Postwagen und Eisenbahnen. Er beschrieb unsere Forts, die Schiffe von 74 Kanonen – die großen Brücken – das große Rathaus in Washington und was darin geschehe – die wunderbaren Maschinen in dem Patentbüro, das er die »größte Medizinhütte« nannte, die er jemals gesehen – er schilderte die große Militärparade, die er in New York sah – das Aufsteigen des Luftballons in Castle Garden – die Menge der weißen Menschen, die Schönheit der weißen Squahs (Frauen) – aber dies alles überstieg so sehr das Fassungsvermögen seiner Zuhörer, daß es »unmöglich wahr sein konnte« und er mußte daher »der größte Lügner in der ganzen Welt« sein Zum Unglück für diesen armen Teufel war sein Reisegefährte, der seine Aussagen hätte bestätigen können, auf dem Heimwege an der Bräune gestorben..

Er erlangte indes einen Ruhm anderer Art: man nannte ihn den Medizinmann, und zwar einen von der außerordentlichsten Art: denn wer imstande sei, so außerordentliche und sinnreiche Dinge zu ihrer Unterhaltung zu erfinden und heraufzubeschwören, der müsse mehr als ein gewöhnlicher Mensch sein. Seine »Medizin« war jedoch so groß, daß die Häuptlinge und alle ihn als das außerordentlichste Wesen betrachteten und ihm diejenigen Ehrenbezeigungen und Hochachtung erwiesen, die in dem Indianerlande denen zuteil werden, die sich durch ihre »Medizin« oder »Mysterien« auszeichnen. Man nannte ihn nicht nur die »größte Medizin«, sondern auch die »Lügenmedizin«. Allein die Achtung und Bewunderung, die man ihm anfangs bewies, ging bald in Scheu, dann in Furcht und zuletzt in Schrecken über, so daß sie endlich übereinkamen, die Welt von einem Ungeheuer zu befreien, das so übermenschliche Fähigkeiten besitze.

»Wie! Monsieur Cataline, sie haben gesucht, ihn zu töten?«

»Ja, Baptiste. Der Unglückliche lebte auf diese Weise drei Jahre lang, während welcher Zeit er fortfuhr, alles was er auf seiner Reise in dem ›Fernen Osten‹ erlebt hatte, zu erzählen, bis seine Medizin so beunruhigend groß wurde, daß sie glaubten, ihn als Zauberer töten zu müssen. Ein junger Mann des Stammes übernahm die Ausführung dieses Vorhabens. Er hatte mit den anderen Verschworenen die feste Überzeugung, daß Wei-dschun-dschoe's Medizin zu groß und daß er ein so gewaltiger Lügner sei, daß eine Flintenkugel ihn nicht töten werde. Die Ungewißheit, was zu tun sei, währte mehrere Wochen, bis der junge Mann einen Traum hatte, der alle Schwierigkeiten hob. Er begab sich nämlich, der Vorschrift des Traumes gemäß, in das Fort an der Mündung des Yellow-Stoneflusses, und trieb sich so lange um das dortige Vorratshaus herum, bis es ihm gelang, den Henkel eines eisernen Topfes zu stehlen, der, wie er glaubte, die erforderlichen Eigenschaften besaß. Er ging nun in den Wald und feilte so lange an dem Henkel bis dieser in den Flintenlauf hineinpaßte. Nun kehrte er mit der Flinte unter der Büffelhaut wieder in das Fort zurück, stellte sich hinter Wei-dschun-dschoe, der mit dem Pelzhändler sprach, und zerschmetterte ihm den Kopf!«

» Sacré! vengeance! oh, mon Dieu! Lassen Sie mich schreien, immer! Oh, es seien nicht wahr, ich hoffe Monsieur, nicht wahr?«

»Ja, Baptiste, es ist wahr. So endigten die Tage und die Größe und aller Stolz und alle Hoffnungen Wei-dschun-dschoe's, des Taubeneikopfes. Er war ein tapferer Krieger, der an 2000 Meilen weit reiste, um den Präsidenten und die großen Städte der zivilisierten Welt zu sehen, und der, weil er bei seiner Rückkehr die Wahrheit und nichts als die Wahrheit erzählte, verachtet und als Zauberer ermordet wurde.«

Von dem St. Anthony-Wasserfalle reisten wir, d.+h. Herr Wood, ich und unser indianischer Führer O-kup-pih, längs des St. Petersflusses etwa 17 Meilen weit, überschritten ihn zuerst an einem Punkte, der »Traverse des Sioux« heißt und dann etwa sechs Meilen oberhalb der Mündung des Terre Bleu. Hier verließen wir den St. Petersfluß, und nachdem wir in nordwestlicher Richtung etwa 25 Meilen weit über eine der schönsten Prärien der Welt zurückgelegt hatten, erreichten wir den Fuß des Côteau des Präries, wo sich, wie bereits erwähnt, Herr La Tromboise uns anschloß. Dieser Landstrich, sowie die Gegend am St. Petersflusse, hat größtenteils sehr fruchtbaren Boden und einen Überfluß an trefflichem Wasser, das aus tausend Quellen hervorsprudelt. Schon in der Entfernung von mehreren Meilen sahen wir den Bergrücken wie eine am Horizont stehende blaue Wolke vor uns und wir merkten es kaum, als wir an seinem Fuße angekommen waren, so allmählich erhebt sich das umliegende Land. Über diese Schwellen oder Terrassen, die sich allmählich übereinander erheben, reisten wir acht bis zehn Meilen weit, bis wir endlich den Rücken erreichten. Von dem Rücken bis an den Fuß, eine Strecke von acht bis zehn Meilen, sieht man nach allen Richtungen hin weder Baum noch Gebüsch, dagegen ist das ganze Land mit einem grünen Rasen von fünf bis sechs Zoll langem Grase bedeckt, und unser Führer versicherte uns, daß der Westabhang, nach dem Missouri hin, dem östlichen hinsichtlich der Neigung, der Länge und der Baumlosigkeit ganz gleich sei.

Oben auf der Höhe dieses Walles oder Rückens fanden wir den berühmten Steinbruch oder Fundort der roten Pfeife. Das merkwürdigste ist hier eine senkrechte Mauer von Quarz, 25–30 Fuß hoch, die sich, mit der entblößten Seite nach Westen gerichtet, etwa zwei englische Meilen weit von Norden nach Süden erstreckt und sich dann an beiden Enden unter die Prärie verliert, die dort etwas höher ist und jene Quarzmasse wahrscheinlich noch auf viele Meilen weit bedeckt. Ein kleiner Bach, der etwas hinter der Quarzmauer aus mehreren Quellen entspringt, hat die Erde hinweggespült und fließt nun auf eine Strecke von zwei englischen Meilen über einer vollkommen ebenen Quarzfläche und stürzt sich dann über den Rand der Mauer in ein kleines Bassin hinab, von wo er dem Missouri zufließt, in den er sich unter dem Namen »Big Siouxfluß« ergießt.

Diese schöne Mauer besteht aus mehreren horizontalen Schichten von hellgrauem, rosenrotem und fleischfarbigem Quarz und ist, fast auf der ganzen senkrechten Seite und auf mehreren Morgen der horizontalen Oberfläche, wie poliert oder durch Schmelzung verglast.

Am Fuße dieser Mauer liegt eine ebene, etwa eine halbe englische Meile breite Prärie und hier ist der Fundort des roten Pfeifensteins. Die Indianer graben zu diesem Zwecke durch mehrere schiefrige Schichten des roten Steins hindurch bis zu der Tiefe von vier oder fünf Fuß In den vielen älteren und neueren Ausgrabungen konnte ich erkennen, daß diese Schichten an verschiedenen Punkten eine sehr verschiedene Mächtigkeit hatten und an einigen Stellen von einer vier bis fünf Fuß mächtigen Schicht eines Gesteins überlagert wurden, das der untersten Schicht der Quarzmauer ähnlich oder in der Tat ein Teil davon war.. Aus den zahlreichen Spuren von älteren und neueren Ausgrabungen ergibt sich, daß dieser Ort seit vielen Jahrhunderten des roten Steins wegen besucht worden ist, und aus der großen Anzahl von Gräbern und Überresten alter Befestigungswerke, sowie aus den noch vorhandenen Sagen scheint hervorzugehen, daß die Indianerstämme seit langer Zeit eine abergläubische Verehrung für diesen Ort gehegt und daß die verschiedenen Stämme regelmäßige Wanderungen dorthin unternahmen, um ihre Pfeifen zu erneuern.

Einige Ruten von der Quarzmauer entfernt und auf der Prärie, wo der Pfeifenstein gegraben wird, liegen fünf gewaltige Gneisblöcke in einer Reihe nebeneinander, von denen der kleinste 12–15 Fuß, der größte 25 Fuß im Durchmesser hat. Der Feldspat dieser Geschiebe ist sehr großkörnig und es liegen Kristalle darin von einem Zoll Dicke. Die abgerundete Oberfläche der Blöcke ist ganz mit grauem Moose überzogen, wodurch sie ein sehr altes und ehrwürdiges Ansehen erhalten. Unter diesen befinden sich die beiden oben erwähnten Löcher oder Öfen, worin, nach der Erzählung der Indianer, die beiden Frauen, die Schutzgeister dieses Ortes, sich aufhalten.

Die Indianer hegen eine so große Ehrfurcht vor diesen Steinen, daß sie stets dreißig bis vierzig Schritte von ihnen entfernt bleiben, wenn sie um die Erlaubnis bitten, etwas von dem roten Stein für ihre Pfeifen holen zu dürfen.

Diese fünf Geschiebe unterscheiden sich wesentlich von den vielen tausend Blöcken, die in dem großen Tale des Missouri und Mississippi, von dem Yellow-Stoneflusse bis fast an den Meerbusen von Mexiko, zerstreut sind. Diese letzteren zeigen eine unendliche Mannigfaltigkeit in der Färbung, und man sieht sie vom Weißen durch alle Schattierungen bis zum Dunkelroten, sowie gelbe, blaue (?) und fast pechschwarze.

Der Côteau des Präries bildet die Wasserscheide zwischen dem St. Petersflusse und dem Missouri. Sein südliches Ende liegt etwa in der Breite des St. Anthony-Wasserfalles und gleich weit von beiden Flüssen entfernt. Von hier streicht er in nördlicher, etwa 2–3 Grad gegen Westen abweichender Richtung 50–60 Meilen weit und dacht sich allmählich gegen Norden ab. An seinem Ostfuße entspringen der St. Petersfluß und seine Nebenflüsse, am Nordfuße der Red River (rote Fluß) nebst mehreren anderen in die Hudsonsbai sich ergießenden Flüssen, am Westabhange der Jaquesfluß und einige andere Nebenflüsse des Missouri und am Südfuße der Red Cedar- (rote Zeder-), Ioway- (Aiowä-) und der Moinesfluß.

So erstreckt sich dieser wunderbare, zehn bis zwanzig Meilen breite Wall mehrere hundert englische Meilen weit. Er steigt von allen Seiten ganz allmählich an, ohne Baum, ohne Strauch und, ausgenommen bei dem Pfeifensteinbruche, ohne Felsen – überall sieht man, so weit das Auge reicht, nur eine gleichförmige Grasdecke. Dagegen sind sowohl der Rücken als die Abhänge mit Granitgeschieben besäet[R].


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