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Vierunddreißigstes Kapitel


Aiowa's. – Konzas. – Das Scheren des Kopfes. – Pahnis. – Die Blattern unter den Pahnis. – Die Meinung des Majors Dougherty über den Pelzhandel. – Die Groß-Pahnis. – Otos. – Omahas


Die Indianer, die in der Nähe des Fort Leavenworth wohnen und es regelmäßig besuchen, sind die Aiowäs, Konzas, Pahnis, Omahas, Otos und Missourier (noch im Urzustande), und Delawarer, Kickapus, Potowatomies, Weahs, Peorias, Schawanos, Kaskaskias (halbzivilisierte Überreste von Stämmen, welche die Regierung in den letzten Jahren in die Nähe des Forts versetzt hat). Die zuletzt genannten Stämme sind größtenteils Ackerbauer und treiben Rindvieh- und Pferdezucht. Sie lebten an der Grenze in der Nähe der zivilisierten Menschen und wurden endlich bewogen, ihr Land gegen einen größeren unkultivierten Landstrich, den die Regierung von den wilderen Stämmen kaufte, zu vertauschen.

Von den zuerst genannten Stämmen sind die Aiowäs am meisten von dem Urzustande abgewichen, da sie hauptsächlich von ihren Kornfeldern leben; ihre Wohnungen, Kleidung, Gebräuche usw. sind jedoch noch ganz die der wilden Indianer. Sie bilden einen kleinen Stamm von etwa 1400 Seelen, die in einem bequemen kleinen Dorfe, einige englische Meilen von dem Ostufer des Missouri, oberhalb des Forts Leavenworth, leben Siehe Anmerkung 30..

 


Anmerkung 30.

Über den gemeinsamen Ursprung der Otos, Aiowäs und Missouris teilte ein alter Häuptling dem Indianer-Agenten, Major Bean, folgende Sage mit:

Es war vor der Ankunft der Weißen in Amerika, als ein großer Haufen Indianer, wir nennen sie Fischesser (Hoton-ga) und sie wohnen an den Seen, unzufrieden war und beschloß, nach Südwesten zu wandern, um Büffel zu jagen, und sie taten also. Am Puant-See teilten sie sich und die, welche zurückblieben, behielten ihren ursprünglichen indianischen Namen, aber die Weißen nannten sie aus irgendeiner Ursache Winnebagos. Die übrigen, die unternehmender waren, setzten ihre Reise fort, bis sie den Mississippi und die Mündung des Aiowä-Flusses erreichten: dort lagerten sie sich auf dem sandigen Ufer und teilten sich abermals; ein Teil beschloß, nicht weiter zu gehen, und diejenigen, die weiterzogen, nannten die auf dem Sandufer Zurückbleibenden Pa-hó-dschi oder Staubnasen; aber die Weißen, die sie zuerst am Aiowä-Flusse auffanden, nannten sie Aiowäs. Die übrigen setzten ihre Wanderung fort und erreichten den Missouri bei der Mündung des Grand River. Es waren nur zwei Häuptlinge unter ihnen und sie gaben sich hier den Namen Ni-iu-ta-dsche, d. h. »die, welche an der Mündung ankommen«, wurden aber von den Weißen die Missouris genannt. Der eine Häuptling hatte einen einzigen Sohn, der andere eine schöne Tochter, und da beide edles Blut hatten, so hielten sie es nicht für unrecht, sich eine oder zwei Nächte zu entfernen. Dies reizte jedoch den Vater des unglücklichen Mädchens zu solchem Zorn, daß er seine Krieger zum Kampfe rüstete. Es kam indes nicht zum Kämpfen; doch trennte sich der Vater des unglücklichen Sohnes von den Übrigen und zog den Missouri weiter aufwärts, worauf sie sich Wach-toch-ta-the nannten; woher sie den Namen Otos erhalten haben, weiß ich nicht. Die Fischesser oder Winebagos, wie wir sie nennen, blieben noch östlich vom Mississippi im Staate Illinois.

Nachdem die Aiowäs alles Land, auf dem sie sich zuerst angesiedelt, an die Vereinigten Staaten abgetreten hatten, wanderten sie westlich vom Staate Missouri zwischen die Wasser des Missouri und des kleinen Platte-Flusses. Da die Missouris im Kampfe mit den Osagen unglücklich waren, so trennten sie sich hier wieder, und ein Teil lebt jetzt mit den Aiowäs, ein anderer mit den Otos. Die Otos zogen den Missouri weiter aufwärts, bis sie an den Big-Platte kamen, der in den Missouri mündet, überschritten diesen und lebten eine Zeitlang oberhalb seiner Mündung; aber in den letzten Jahren haben sie am Platte-Flusse, etwa 80 englische Meisen (zu Wasser) oberhalb des Missouri gewohnt.


 

Der gegenwärtige Häuptling dieses Stammes ist Nothsch-ih-ning-ä (die weiße Wolke), Sohn des vor kurzem verstorbenen Häuptlings gleichen Namens, der sich die Liebe seines Stammes und die Achtung aller Weißen, die ihn kennen lernten, erworben hatte. Der jetzige Häuptling trug, als ich ihn malte, eine Büffelhaut um den Leib und ein Halsband von den Krallen des greulichen Bären, nebst mehreren Wampumschnüren um den Hals; auch war er mit Schild, Bogen und Köcher versehen. Außerdem malte ich noch Wei-ih-jogh (der verständige Mann), der ein breites Silberband mit einem Kamme von Pferdehaaren um den Kopf trug; Pa-ta-cutschi (die aufschießende Zeder) und Was-com-möe (der geschäftige Mann). Die beiden letzteren hatten eine Büffelhaut um den Leib geschlungen und Turbane von bunten wollenen Schals, die sie von den Pelzhändlern gekauft, auf dem Kopfe; um den Hals trugen sie ebenfalls Halsbänder von Bärenkrallen, Perlen- und Wampumschnüre und in den Ohren Perlengehänge; die nackten Schultern waren auf sonderbare Art mit roter Farbe bemalt.

Die Konzas, 1560 Seelen stark, wohnen zwölf bis sechzehn Meilen von Fort Leavenworth am Konzasflusse, zehn Meilen oberhalb seiner Vereinigung mit dem Missouri. Sie stammen unstreitig von den Osagen ab, wie sich aus ihrer Persönlichkeit, ihrer Sprache und ihren Überlieferungen deutlich ergibt. Bei meiner Anwesenheit wohnten sie in der Nähe der Osagen, mit denen sie, trotz der Verwandtschaft, zuweilen erbitterte Kämpfe bestehen. Der gegenwärtige Häuptling dieses Stammes ist unter dem Namen »Weiße Feder« bekannt, ein sehr gesitteter, gastfreundlicher Mann, von stattlicher Größe, der etwas englisch spricht und alle Reisenden freundlich aufnimmt. Ich bedaure sehr, daß ich das Bildnis dieses berühmten Häuptlings nicht in meiner Sammlung besitze; doch malte ich einige ausgezeichnete Krieger dieses Stammes, wie Scho-mi-cos-hi (Wolf), Mitsch-o-schin-gah (der kleine weiße Bär), Tschesch-u-hong-hä (der gutgesinnte Mann) und Wä-hon-gä-shi (kein Narr), die sämtlich, wie die meisten Indianer dieses Stammes, ein ganz römisches Profil haben.

Der Gebrauch, den Kopf zu scheren und ihn mit einem Kamme von den Haaren des Hirschschwanzes zu schmücken, findet sich bei diesem Stamme, sowie bei den Osagen, den Pahnis, Sakis, den Fuchsindianern und Aiowäs, aber bei keinem der übrigen mir bekannten Stämme, wenn nicht zuweilen einzelne diesen ihnen fremden Gebrauch nachahmen. Dagegen findet man aber auch an der Grenze Beispiele, daß einige Indianer der genannten Stämme das Haar lang wachsen lassen, um den Weißen nachzuahmen.

Das Haar wird so dicht als möglich am Kopfe abgeschoren und nur auf dem Scheitel läßt man einen etwa zwei Zoll langen Büschel Haare von der Größe der inneren Handfläche stehen, in dessen Mitte ein Kamm von rotgefärbten Haaren des Hirschschwanzes und von Pferdehaaren befestigt wird; zuweilen fügt man auch noch die Federn des Kriegsadlers hinzu. In der Mitte des erwähnten Haarbüschels befindet sich ein kleinerer, den man so lang als möglich wachsen läßt, niemals abschneidet und geflochten durch ein zierlich geschnitztes Holz steckt, das durch die Mitte des Kammes hindurchgeht. Durch diese Flechte, auf deren Erhaltung sie große Sorgfalt verwenden, geht ein kleines Stückchen Holz oder Knochen, das den Kamm auf dem Kopfe erhält. Die kleine Flechte nennt man bei diesen Stämmen die Skalplocke; sie wird mit der größten Gewissenhaftigkeit erhalten und man würde es einem Krieger als Feigheit auslegen, wenn er sie abschnitte und es dadurch demjenigen, der ihn im Kampfe besiegt, unmöglich machte, seinen Skalp zu erbeuten.

Bei den Stämmen, die auf diese Weise das Haupt scheren und schmücken, wird der Kamm stets blutrot, dagegen der obere Teil des Kopfes und gewöhnlich auch ein großer Teil des Gesichts mit Zinnober gefärbt. Sie schneiden das Haar mit kleinen Scheren ab, die sie von den Pelzhändlern kaufen, und sie erzählten mir, daß, ehe sie Scheren hatten, sie sich ihrer Messer zu diesem Zwecke bedienten und als sie auch noch keine Messer besaßen, das Haar mit glühenden Steinen absengten, was ein sehr langweiliges und schmerzhaftes Verfahren war.

Mit Ausnahme der hier genannten, lassen alle übrigen Stämme Nordamerikas das Haar so lang als möglich wachsen und schneiden nur ungern das kleinste Büschelchen davon ab.

Die Pahnis sind eine sehr mächtige und kriegerische Nation, die am Platteflusse, etwa zwanzig Meilen oberhalb seiner Vereinigung mit dem Missouri, wohnt und den ganzen Landstrich von der Mündung bis an den Fuß des Felsengebirges in Anspruch nimmt. Gegenwärtig besteht dieser Stamm aus 10000–12000 Seelen. Früher waren sie doppelt so stark, allein im Jahre 1832 wurden durch die Pelz- und Branntweinhändler die Blattern eingeschleppt und es starben an dieser furchtbaren Krankheit in wenigen Monaten mehr als 10000 Personen.

Die Omahas (1500), die Otos (600), und die Missouris (400 Seelen) leben jetzt in der Nähe und unter dem Schutze der Pahnis. Sie alle waren einst mächtige Stämme, deren Zahl aber durch die Blattern so vermindert wurde, daß sie ihren mächtigen Feinden, den Sioux, Pahnis, Sakis und Fuchsindianern nicht länger Widerstand zu leisten vermochten und sich daher den Pahnis anschlossen, unter deren Schutze, wie gesagt, sie gegenwärtig stehen.

Diese unglückliche Zeit wird noch lange in den Überlieferungen dieses Volkes fortleben. Der große Stamm der Sioux litt auch sehr durch die Krankheit, ebenso die Osagen und Konzas, besonders aber die Puncahs, die fast ganz ausgerottet wurden.

Von den Verwüstungen, die diese Krankheit unter dem armen Volke, das kein Heilmittel dagegen kennt, anrichtet, kann man sich in der zivilisierten Welt keine Vorstellung machen. Schrecken, Mutlosigkeit und Verzweiflung bemächtigen sich dieser Unglücklichen beim Ausbruche der entsetzlichen Krankheit und oft springen sie, wenn das Fieber den höchsten Grad erreicht hat, in den Fluß, wo sie augenblicklich den Tod finden, oder sie stoßen sich das Messer in das Herz, oder stürzen sich in Abgründe, um den Qualen eines langsamen Todes zu entgehen,

Der Handel mit den einst so mächtigen Pahnis, der vor dem Ausbruch der Krankheit der einträglichste war, ist jetzt sehr unbedeutend, da die Indianer sehr mißtrauisch gegen die Pelzhändler sind, die ein so furchtbares Unglück über sie gebracht haben, dem die Hälfte ihres Stammes zum Opfer fiel; auch haben, nach dem Aufhören der Krankheit, dem indianischen Vergeltungsrecht gemäß, bereits viele Weiße dafür mit ihrem Leben büßen müssen.

Die Pahnis waren stets als ein sehr kriegerischer und feindseliger Stamm bekannt, allein ganz besonders war dies der Fall, nachdem die Blattern unter ihnen gewütet hatten; indes ist es dem Major Dougherty, der mehrere Jahre Agent der Pahnis war, bei seiner genauen Kenntnis des indianischen Charakters und durch seine unerschütterliche Rechtlichkeit gelungen, das gute Einverständnis mit den »bleichen Gesichtern« wiederherzustellen.

Ich will hier einen Bericht, den dieser aufrichtige Freund der roten Männer dem Kriegssekretär erstattet hat, im Auszuge mitteilen, da er wohl verdient, auch außerhalb der Archive der Regierung bekannt zu werden.

»Vergleicht man diesen Bericht mit denen der vorhergehenden Jahre, so wird man finden, daß die Indianer sowohl in Schulkenntnissen, als im Ackerbau wenig Fortschritte gemacht haben.«

»Ich bin entschieden der Meinung, daß, solange es den Pelzhändlern und Träppers erlaubt ist, sich unter den Indianern aufzuhalten, alle Bemühungen der Regierung, ihre Lage zu verbessern, fruchtlos sein oder wenigstens durch den Einfluß dieser Menschen auf die verschiedenen Indianerstämme größtenteils vereitelt werden.«

»Alle Bemühungen der Agenten (und anderer Personen, die die Absichten der Regierung und der menschenfreundlichen Gesellschaften zur Ausführung zu bringen suchen) sind in so direktem Widerspruche mit den Interessen des Pelzhändlers, daß der Agent entweder diesen Interessen beständig entgegentreten, oder durch Übersehen ungehöriger Handlungen seine Pflicht gröblich verletzen muß; und es ist eine merkwürdige und beklagenswerte Tatsache, daß die Zentralregierung, während sie alles aufbietet und keine Kosten scheut, um die Fortschritte der Urbevölkerung zu fördern, gleichzeitig duldet, daß ihre Absichten durch die Pelzhändler vereitelt werden. Solange man diesen und den Träppers den Zutritt in das Land der Indianer gestattet, wird auch die Einfuhr von geistigen Getränken unvermeidlich sein, welche Strafen man auch darauf setzen mag; und solange jene Einfuhr nicht wirksam verhindert worden ist, werden alle Bemühungen der Regierung, auch mit den unermüdlichsten Agenten, nutzlos sein. Es würde, nach meiner Ansicht, besser sein, die ganze Kontrolle über die Indianer den Pelzhändlern zu überlassen, als zu gestatten, daß sie sich überall den Absichten der Regierung widersetzen, und daß diese Widersetzlichkeit auch dem unwissendsten Indianer deutlich werden muß.«

»Während der Agent der Regierung den Indianern rät, die Jagd aufzugeben, sich anzusiedeln und Ackerbau zu treiben, dringt der Pelzhändler ständig in sie, ihm Felle zu verschaffen.«

»Ich bin weit davon entfernt, in der Ausübung meiner Pflicht durch persönliche oder ungeeignete Bewegungsgründe geleitet zu werden; ich unterwerfe meine Ansicht über diesen Gegenstand dem aufrichtigen Urteil der Welt, und ich bin überzeugt, man wird einsehen, daß der Pelzhändler und die gegenwärtige Politik der Regierung betreffs der Indianer ewig miteinander im Streite sein müssen.«

»Die zu den verschiedenen Stämmen gesandten Missionare haben unstreitig redliche Absichten. Ich glaube dies nach dem, was ich gesehen habe; aber leider fangen sie ihr Werk damit an, womit sie aufhören sollten. Sie müßten den Indianer zuerst arbeiten lehren und zu diesem Zwecke derartige Schulen unter ihnen errichten; sie müßten ihn bewegen zu Hause zu bleiben, seine unstete Lebensweise aufzugeben und unabhängig von der Jagd zu leben. Nachdem man diesen Zweck erreicht, würden sie empfänglicher sein für die Verbesserungen in moralischer und religiöser Hinsicht und ihrer Zivilisierung weniger Schwierigkeiten darbieten.« –

Die Pahnis sind in vier Horden oder Familien geteilt, nämlich: die Großpahnis, Tappagepahnis, die republikanischen Pahnis und die Wolfpahnis.

Jede dieser Horden hat einen Häuptling, aber diese vier Häuptlinge stehen wieder unter einem Oberhaupt, dem alle gehorchen. An der Spitze der Großpahnis befindet sich gegenwärtig Schon-kä-kei-hi-ga (der Pferdehäuptling) und ihm zur Seite steht der alte Missourihäuptling Hah-tschi-ki-sug-gä (der die Osagen tötet.)

Die Pahnis leben in vier Dörfern, die wenige englische Meilen voneinander entfernt an den Ufern des Platteflusses und ihren Verbündeten, den Omahas und Otos, so nahe liegen, daß sie im Falle eines Angriffs von einem anderen Stamme sich leicht gegenseitig Hilfe leisten können.

Über diese wilden Stämme werde ich später noch einiges mitteilen. Unter allen diesen Stämmen sowie unter den halbzivilisierten Überresten, die aus dem Gebiete der Union vertrieben wurden, befinden sich Missionen und Schulen, auch sucht man den Ackerbau bei ihnen einzuführen, und sie werden den besten Beweis liefern für den Erfolg jener menschenfreundlichen Bemühungen, die mit dem verderblichen Einflusse der Branntweinverkäufer zu kämpfen haben, die nur darauf bedacht sind, ihre Börsen zu füllen und ihre Gelüste zu befriedigen.


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