Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Neununddreißigstes Kapitel


Das Regiment marschiert nach dem Pahni-Dorfe. – Beschreibung und Ansicht des Dorfes. – Ratsversammlung im Dorfe. – Befreiung des Sohnes vom Richter Martin. – Auslieferung der drei Pahni- und Keiowäfrauen an ihre Landsleute. – Rückkehr des Regiments nach dem Camantschendorfe. – Bildnisse der Pahni-Picts, Keiowäs und Weicos. – Lager am Canadianflusse. – Ungeheure Büffelherden und großes Gemetzel unter ihnen. – Ungewöhnliche Erkrankung der Soldaten. – Schlechtes Wasser. – Der Hornfrosch. – Tod des Generals Leavenworth und des Leutnants Mac Clure.


Da ich krankheitshalber die Dragoner nicht nach dem Dorfe der Pahnihs begleiten konnte, so nahm Chadwick mein Skizzen- und Taschenbuch mit sich und ich gebe den folgenden Bericht nach den Aufzeichnungen meines Freundes:

»Wir marschierten vier Tage durch ein schönes Land, größtenteils Prärie und gewöhnlich am Fuße einer gewaltigen Bergkette von rötlichem Granit, die sich, ohne einen Baum oder Strauch, an manchen Stellen zu ungeheurer Höhe emportürmte. Diese Massen lagen in solcher Verwirrung über und durcheinander, als ob sie aus den Wolken herabgefallen wären. So fanden wir die Berge, die das Pahnihdorf am Ufer des Red-River, etwa zwanzig Meilen von dem großen Dorfe der Camantschen, einschließen. Das Dragonerregiment lagerte sich im Viereck etwa eine halbe englische Meile vom Dorfe, wo wir drei Tage blieben. Das Dorf besteht aus 500–600 Wigwams, die aus langem Präriegrase gemacht sind, das auf Stangen ruht, die oben zusammengebogen sind, so daß die Hütten in der Ferne das Ansehen von Bienenkörben haben.

Zu unserem großen Erstaunen fanden wir, daß diese Indianer große Felder von Mais, Kürbissen, Melonen und Bohnen besitzen, und da auch Büffel in Menge vorhanden sind, so leben sie sehr gut.

Am Tage nach unserer Ankunft hielt der Oberst Dogde mit dem Häuptling in dessen Hütte eine Beratung, wobei die meisten Offiziere zugegen waren. Er sagte ihnen, daß er in friedlicher Absicht komme und daß die Regierung wünsche, einen dauernden Frieden mit ihnen zu schließen. Sie schienen sehr erfreut hierüber zu sein.

Der erste Häuptling dieses Stammes ist ein sehr alter Mann, der dem Obersten Dodge mehrmals auf sehr beredte Weise antwortete und ihn der freundlichen Gesinnungen der Häuptlinge und Krieger gegen die bleichen Gesichter versicherte. Nachdem der Oberst den Zweck unseres Kommens auseinandergesetzt, fügte er hinzu, daß er von ihnen Auskunft über die Ermordung des Richters Martin und seiner Familie am False Waschita erwarte, da die Camantschen uns gesagt, die Pahni-Picts hätten dies Verbrechen begangen. Der Oberst sagte auch, daß er von den Camantschen erfahren, die Pahni-Picts hätten den Sohn des Ermordeten bei sich und er erwarte, daß sie ihm diesen ausliefern würden, indem dies die unerläßliche Bedingung des mit ihnen abzuschließenden Freundschaftsbündnisses sei. Sie leugneten indes alles und erklärten auf das bestimmteste, daß sie weder von dem Morde, noch von dem Knaben etwas wüßten. Die Forderung wurde mehrmals wiederholt und ebensooft alles geleugnet, bis endlich ein Neger, der bei den Pahnis lebte und sehr gut englisch sprach, in die Hütte kam und aussagte, daß vor kurzem ein Knabe in das Dorf gebracht worden sei und jetzt als Gefangener unter ihnen lebe. Diese Aussage erregte große Überraschung und Unwillen in der Versammlung und der Oberst erklärte den Häuptlingen, daß sie in der Hütte bleiben müßten und daß alle friedlichen Unterhandlungen abgebrochen würden, bis der Knabe herbeigeholt wäre. Bei diesen Worten verharrten alle eine Zeitlang in düsterem Schweigen. Der Oberst sagte ihnen nun, daß er, als Beweis seiner freundschaftlichen Gesinnungen gegen sie, von ihren Feinden, den Osagen, zwei Pahni- und ein Keiowämädchen, die einige Jahre bei jenen Indianern als Gefangene gelebt, gegen einen hohen Preis losgekauft und den weiten Weg bis hierher mitgebracht habe, um sie ihren Freunden und Verwandten zu überliefern, daß sie diese aber nicht eher sehen würden, bis der Knabe ihm übergeben sei. Auch verlangte er noch die Auslieferung eines Jägers (Ranger) aus den Vereinigten Staaten, namens Abbé, der in dem vorhergehenden Sommer von ihnen gefangen genommen wurde. In bezug aus diesen Mann erklärten sie, daß ein Trupp Camantschen, über die sie keine Kontrolle hätten, ihn gefangen und über den Red River in das mexikanische Gebiet geführt hätten, wo er getötet worden sei. Wegen des Knaben hielten sie eine lange Beratung, und da sie ihre Pläne durch die Aussage des Negers vereitelt sahen, andererseits aber von den friedlichen Gesinnungen des Obersten überzeugt waren, da er ihnen die Gefangenen von den Osagen zurückbrachte, so ließen sie den Knaben herbeiholen, den sie mitten in einem Maisfelde verborgen hatten. Als der Knabe, ein munterer, kluger Bursche von neun Jahren, in die Hütte kam, rief er mit großem Erstaunen aus: »Wie! hier sind weiße Männer?« und als der Oberst ihn nach seinem Namen fragte, erwiderte er: »Ich heiße Mattheu Wright Martin.« Der Oberst umarmte ihn und gab sogleich den Befehl, die Pahni- und Keiowämädchen herbeizuholen. Als diese in die Hütte traten, wurden sie sogleich von ihren Verwandten und Freunden erkannt und mit der größten Freude begrüßt und umarmt. Der ehrwürdige alte Häuptling, dem bei diesem Beweise von der Freundschaft der weißen Männer das Herz aufging, erhob sich von seinem Sitze, umarmte den Obersten, an dessen linke Wange er die seinige legte und blieb in dieser Stellung mehrere Minuten, während die Tränen ihm aus den Augen rannen. Dann umarmte er jeden Offizier der Reihe nach auf dieselbe schweigende und herzliche Weise, eine Zeremonie, die über eine halbe Stunde währte Der oben erwähnte Knabe wurde von den Dragonern, die abwechselnd für ihn sorgten, wohlbehalten nach Fort Gibson gebracht und dort einem Offizier übergeben, der den beneidenswerten Auftrag erhielt, den verloren geglaubten in die Arme seiner trostlosen Mutter zurückzuführen..

Von diesem Augenblick an nahm die Beratung, die bis dahin sehr ernst und ungewiß geführt worden war, eine freundschaftliche Wendung, und der alte Mann befahl, den Dragonern etwas zu essen zu geben, da sie wohl hungrig sein würden.

Das kleine Lager, das sich in einem traurigen Zustand befand, da schon vor zwölf Stunden die letzten Lebensmittel aufgezehrt waren, wurde sehr erfreut durch die Ankunft mehrerer Frauen, die getrocknetes Büffelfleisch und frischen Mais brachten. Es erschien dies wie eine Gabe des Himmels, denn das Land von dem Dorfe der Camantschen bis hierher war ganz von Wild entblößt und unsere letzten Lebensmittel waren aufgezehrt.

Während die Beratungen mehrere Tage in befriedigender Weise fortdauerten, kamen die Krieger der Keiowäs und Weicos, zweier benachbarter befreundeter Stämme weiter westwärts, sowie zahlreiche Trupps anderer Camantschen, die von unserer Ankunft gehört hatten, herbei, so daß endlich über 2000 dieser wilden und furchtlosen Männer versammelt waren, die von ihren Pferden herab mit den Waffen in der Hand unser elendes kleines Lager anstaunten, in dem sich nur 200 Mann befanden, die halb verhungert und zur Hälfte so krank waren, daß sie im Falle eines Angriffes keinen erfolgreichen Widerstand hätten leisten können.«

Das Kommando kehrte nach einer Abwesenheit von vierzehn Tagen in einem traurigen Zustande fast ohne Lebensmittel nach dem Dorfe der Camantschen zurück, wo es ebenfalls nichts zu essen gab. Der Oberst Dodge ließ daher sofort Anstalten treffen, um nach den Quellen des Canadian-River (Kanadischer Fluß) aufzubrechen, eine Strecke von etwa zwanzig Meilen, wo wir, wie die Indianer versicherten, unzählbare Büffelherden finden würden. Es vergingen indes noch mehrere Tage mit den Zurüstungen und während dieser Zeit kamen täglich Haufen von Pahnih-Picts, Keiowäs und Camantschen aus anderen Dörfern, um uns zu sehen, und viele von ihnen erboten sich freiwillig, uns bis an die Grenze zu begleiten. Dies alles gab mir wieder hinreichende Beschäftigung für meinen Pinsel.

Die Pahnih-Picts sind unstreitig ein zahlreicher und mächtiger Stamm, der mit den Keiowäs und Weicos das Land an den Quellflüssen des Red-River und bis in den südlichen Teil des Felsengebirges hinein bewohnt. Der alte Häuptling gab mir durch Zeichen mit den Händen und Fingern zu verstehen, daß sie zusammen an 3000 Krieger hätten; ist dies richtig und rechnet man nach der gewöhnlichen Regel auf vier Personen einen Krieger, so würde dies 12000 Seelen ergeben. Wenn man indes berücksichtigt, daß die Indianer bei solchen Gelegenheiten immer etwas übertreiben, so kann man wohl 8000–10000 mit Zuverlässigkeit annehmen. Da diese Indianer mit dem großen Stamme der Camantschen verbündet sind, mit ihnen gemeinschaftlich jagen und schmausen und bereit sind, gemeinschaftlich ihr Land zu verteidigen, so würden sie, wenn man sie auf ihrem Grunde und Boden angriffe, in der Tat einen furchtbaren Feind bilden.

Die Pahnih-Picts nennen sich selbst Tow-ih-ähdschi, ein Name, dessen Bedeutung ich nicht erfahren konnte. Sie sind nicht mit den Pahnihs verwandt, die 200 Meilen weiter nördlich am Platteflusse wohnen und die sie nur als Feinde kennen; es findet sich zwischen beiden weder Familien- noch Stammverwandtschaft, noch irgendeine Ähnlichkeit in der Sprache oder den Gebräuchen. Die Pahnihs am Platteflusse scheren das Haupt, während die Pahnih-Picts diesen Gebrauch verabscheuen und gleich den Camantschen und anderen Stämmen ihr Haar lang wachsen lassen.

Der oben erwähnte alte Häuptling der Panih-Picts, Wi-ta-ra-scha-ro, den ich gemalt habe, war ein vortrefflicher gutherziger alter Mann von neunzig oder mehr Jahren; er begleitete uns mit einem Teil seines Volkes bis zum Fort Gibson, wo er, wie ihm der Oberst Dodge versprochen hatte, für die uns bewiesene Freundschaft ansehnliche Geschenke erhalten sollte.

Den zweiten Häuptling, Skei-si-ro-ka, lernten wir als einen sehr liebenswürdigen Mann kennen, der bei seinem Stamme in großer Achtung stand.

Die Pahnih-Picts erscheinen gleich den Camantschen zu Fuß sehr plump und ungeschickt, sind aber ebenfalls treffliche Reiter. Unter den Frauen dieses Stammes sahen wir mehrere, die hinsichtlich ihrer Formen und des Ausdrucks sehr hübsch waren, obgleich sie eine sehr dunkle Farbe hatten. Die Kleidung der Männer besteht, wie bei den Camantschen, aus Beinkleidern und Mokassins von gegerbtem Leder und außerdem tragen sie noch den Schurz (Breech-Cloth), der ebenfalls von gegerbten Häuten oder Pelzwerk gemacht und oft sehr hübsch mit Muscheln und dergleichen verziert ist. Bei der Wärme des Klimas tragen sie über dem Gürtel selten ein Kleidungsstück, auch haben sie gewöhnlich keine Kopfbedeckung, wie man sie bei den nördlichen Stämmen findet, wo das kältere Klima dergleichen notwendig macht.

Die Frauen der Camantschen und Pahnih-Picts sind stets sehr anständig und bequem mit einem langen Gewande von Hirschhaut bekleidet, das vom Kinn bis zu den Knöcheln reicht und oft sehr hübsch verziert und mit langen Reihen von Hirschzähnen besetzt ist, die höher geschätzt werden als jeder andere Schmuck.

Die Keiowäs sind ein schönerer Menschenschlag als die Camantschen und Panihs, groß und gut gewachsen, haben einen leichten und anstandsvollen Gang und langes Haar, das oft bis auf die Erde reicht. Man findet bei ihnen gewöhnlich das schöne, im Norden so häufige römische Profil, wodurch sie sich bestimmt von den Camantschen und Panih-Picts unterscheiden. Die Sprache der Keiowäs und Weicos ist von derjenigen der Camantschen und Panih-Picts gänzlich verschieden und diese Stämme sind sich in dieser Beziehung völlig fremd In bezug auf diese mehrmals in diesem Werke erwähnte Verschiedenheit der Indianersprachen verweise ich auf das im Anhange B. mitgeteilte Vokabularium mehrerer Sprachen.

Der erste Häuptling der Keiowäs, namens Teh-tut-sah, war ein sehr wohlgesitteter, hochherziger Mann, der die Dragoner und Offiziere, solange sie sich in seinem Lande befanden, sehr freundlich behandelte. Sein langes Haar, das er in mehreren Bündeln zusammengebunden und mit großen silbernen Nadeln verziert hatte, reichte ihm bis zum Knie hinab. Er begleitete uns nebst mehreren anderen seines Stammes bis zum Fort Gibson.

Die beiden Keiowäkinder, Bruder und Schwester, die aus der Gefangenschaft bei den Osagen losgekauft wurden, um ihrem Stamme zurückgegeben zu werden, habe ich gemalt; aber nur das Mädchen sah die ihrigen wieder, der Knabe wurde am Dadignis in der Nähe des Forts Gibson von einem Widder in den Unterleib gestoßen und so heftig gegen einen Zaun geschleudert, daß er augenblicklich starb.

Kots-a-to-ah (der geräucherte Schild) ist ein berühmter Mann dieses Stammes, fast sieben Fuß groß und nicht nur einer der tapfersten Krieger, sondern auch der schnellste Läufer der ganzen Nation; man erzählt von ihm, daß er einen Büffel im Laufe überhole und ihn dann mit der Lanze oder dem Messer erlege!

Usch-ih-kitz (der mit der Feder ficht), Oberhaupt des Weicostammes, zeichnet sich dadurch aus, daß er nach jeder Rede, die er bei unseren Zusammenkünften hielt, alles, was ihm in den Weg kam, gleichviel ob Freund oder Feind, umarmte.

Sechs angestrengte Tagemärsche brachten uns von dem Dorfe der Camantschen an das Nordufer des Canadianflusses, wo wir in einer schönen Ebene und mitten unter zahllosen Büffeln unser Lager aufschlugen. Wir verweilten dort mehrere Tage, um Menschen und Pferden einige Erholung zu gönnen und getrocknetes Fleisch für die bevorstehende Reise zu sammeln.

Die benachbarten Ebenen waren auf viele englische Meilen weit nach allen Seiten hin mit grasenden Büffelherden bedeckt; es hatten daher Offiziere und Soldaten hinreichende Gelegenheit ihre Jagdlust zu befriedigen, was sie denn auch in vollem Maße getan haben. Von früh bis in die Nacht hinein war das Lager verödet, denn alle zerstreuten sich in kleinen Trupps nach allen Richtungen, um Tod und Verderben unter die armen Tiere zu bringen, die auf die mutwilligste Weise getötet wurden, ohne daß man sich in den meisten Fällen damit aufhielt, das Fleisch abzuschneiden. In zwei Tagen wurden mehrere hundert Stück getötet und kaum von einem Dutzend das Fleisch benutzt. Die armen Tiere, die sich überall von ihren Feinden verfolgt und angegriffen sahen, waren zuletzt so erschreckt und verwildert, daß sie bald hierhin, bald dorthin rannten und oft gerade auf die Jäger zuliefen, von denen sie dann mit Leichtigkeit erlegt wurden; ja sie kamen sogar in unser Lager, sprangen über die Feuer, stießen Kessel und Töpfe um, verjagten die Pferde und brachten das ganze Lager in Aufruhr.

Als wir endlich wieder aufbrachen, wurden die Kranken, die nicht reiten konnten, auf Tragbahren, die zwischen zwei Pferden befestigt waren, fortgeschafft. Fast alle Offizierzelte waren in Lazarette umgewandelt und überall hörte man seufzen und stöhnen. Die ganze Strecke von dem Camantschendorfe bis zu dem Lager am Canadianflusse besteht aus Prärie, und zwar ist es meist hohes, trockenes Land ohne Wasser, woran wir oft großen Mangel litten. Wir waren Tag für Tag den brennenden Sonnenstrahlen ausgesetzt, ohne daß auch nur eine Wolke die Hitze gemildert oder ein Gebüsch uns Schatten gegeben hätte. Das Gras war größtenteils verdorrt und bot unseren Pferden kaum eine kärgliche Nahrung. Zuweilen war mehrere englische Meilen weit kein anderes Wasser zu finden, als in den stehenden Pfühlen, worin die Büffel sich herumgewälzt hatten. Oft, wenn wir zu diesen schmutzigen Lachen kamen und die Büffel vertrieben, stürzten unsere Pferde unaufhaltsam darauf los, tranken gierig das schmutzige und verdorbene Wasser und stürzten in einigen Fällen tot nieder – auch die Menschen (mich nicht ausgenommen) sprangen von den Pferden, tranken im Übermaße das widrige, lauwarme Wasser und füllten auch noch ihre Feldflaschen damit an, um unterwegs das schmutzige Getränk zu genießen.

Wir sahen auf unserem Marsche viele tiefe Schluchten, auf deren Boden sich Spuren von wilden und reißenden Flüssen zeigten, die aber ausgetrocknet waren und wenn sie, wie dies zuweilen der Fall, kühles und klares Wasser enthielten, so war es so salzig, daß selbst unsere Pferde es verschmähten.

Das verdorbene und unverdauliche Wasser, sowie die intensive Hitze in der heißesten Zeit des Sommers bewirkten eine beispiellose Erkrankung unter den Menschen und Pferden. Beide litten und starben an derselben Krankheit, nämlich an einem schleichenden und schmerzhaften Gallenfieber, das in eine tödliche Affizierung der Leber überzugehen schien.

In diesen Tagen litt ich an einem heftigen Fieber. Mein treuer Freund Joe (Joseph) Chadwick ritt stets neben mir, füllte für mich die Feldflasche, sammelte die Mineralien, die meine gelbsüchtigen Augen im Vorbeireiten entdeckt hatten, oder leistete mir andere Dienste, als ich zu schwach war, um ohne Hilfe mein Pferd besteigen zu können. Wir sammelten während des Marsches über diese trockenen, ausgedörrten Ebenen viele merkwürdige Mineralien und außerdem eine Anzahl Hornfrösche Siehe Anmerkung 34., die wir in Blechbüchsen aufbewahrten und auf diese Weise lebend nach Hause zu bringen hofften. Mein Freund Joe fing mehrere dieser Tiere, deren Horn ½–¾ Zoll lang und sehr spitz war. Ich hatte diese sonderbaren Tiere während meines Aufenthaltes am oberen Missouri so häufig gesehen, daß sie nichts neues für mich waren; dagegen war Freund Joe von einer wahren Froschmanie besessen und nahm jeden mit sich, den er fand, wobei er sich schon im voraus darauf freute, welches Aufsehen diese Tiere daheim machen würden Als ich mehrere Monate später meinen Freund in St. Louis besuchte, zeigte er mir seine Hornfrösche, die sich in ihren Blechbüchsen ganz wohl befanden, obgleich sie mehrere Monate ohne Nahrung darin gelebt hatten..

 


Anmerkung 34.

Der Hornfrosch ( Ceratophris varius B. oder Rana cornuta Auct.) hat seinen Namen von den sonderbaren tutenförmigen, etwa drei Linien langen Augenlidern oder kegelförmigen Augendecken, die dem Tiere das Ansehen geben, als ob es Hörner trage, worin die Augen sitzen. Diese Augenlider können herabgesenkt werden, um die Augen zu bedecken.


 

Als wir nach einem beschwerlichen Tagemarsch gegen abend Halt machten und uns nach Wasser und einem bequemen Lagerplatze umsahen, ritt ich mit Chadwick nach einem entfernten Gehölz, um zu sehen, ob dort vielleicht Wasser vorhanden sei. Wir fanden in der Tat einen kleinen stehenden Pfuhl und als unsere Pferde hineingingen, um zu trinken, sahen wir zu unserer Überraschung plötzlich eine Menge Frösche, die auf der Oberfläche des Wassers hinsprangen, bis sie das Land erreichten. Mehrere blieben in der Mitte auf dem Wasser sitzen und wenn wir sie störten, so sprangen sie in die Luft, kamen mit dem Kopfe voran wieder herab und verbargen sich auf dem Grunde. Das war etwas für Freund Joe! Zuerst Frösche mit Hörnern und nun gar Frösche mit Schwimmfüßen, die auf der Oberfläche des Wassers herumspringen und darauf sitzen konnten! Wir bemühten uns vergeblich, eines dieser Tiere zu fangen und beschlossen daher, am nächsten Morgen zurückzukehren. Im Lager teilten wir unsere wichtige Entdeckung mit, wurden aber dafür ausgelacht. Da wir indes nicht an demjenigen zweifeln konnten, was wir mit eigenen Augen gesehen hatten, so waren wir schon frühzeitig an dem bekannten Orte, wo es auch Chadwick gelang, eines jener wunderbaren Tiere zu fangen; allein bei genauer Untersuchung ergab sich, daß es ein ganz gewöhnlicher, aus unseren Knabenjahren uns sehr wohlbekannter Frosch war, den nur, gleich uns, die Notwendigkeit gezwungen hatte, sich zu dieser Pfütze zu flüchten, deren Wasser so zähe und schleimig war, daß ein Frosch nicht nur auf der Oberfläche mit trockenen Füßen und ohne einzusinken herumspringen konnte, sondern auch oft nur mit Mühe unterzutauchen vermochte. Im Lager wurden wir wegen unserer Frösche mit Schwimmfüßen tüchtig ausgelacht und der arme Chadwick mußte später öfters seine kleinen Lieblinge aus der Tasche hervorholen, um unsere Reisegefährten zu überzeugen, daß Frösche wirklich zuweilen Hörner haben.

Es erreichte uns hier ein Eilbote aus dem Lager, das am False Waschita zurückgeblieben war, mit der betrübenden Nachricht, daß der Generalleutnant Leavenworth, der Leutnant Mac Clure und zehn oder fünfzehn Soldaten dort gestorben seien. Dies verbreitete allgemeine Niedergeschlagenheit in unserem kleinen Lager und namentlich betrachteten die Kranken, die an derselben Krankheit litten, wie ihre dort verstorbenen Kameraden, dies als eine schlechte Vorbedeutung und gaben alle Hoffnung auf, wieder gesund zu werden.

Der General scheint uns noch einige Tage bis zu den Croß-Timbers, etwa 10–12 Meilen vom False Waschita, gefolgt zu sein, wo ihn der Tod ereilte. Ich bin überzeugt, daß sein Tod eine Folge der oben (im 36. Kapitel) erwähnten Jagd auf ein Büffelkalb war. Da ich täglich neben ihm ritt und mit ihm speiste, so bemerkte ich, daß seit jener Stunde, wo er mit dem Pferde stürzte, seine Züge sich auffallend verändert hatten und als ich eines Tages zu ihm sagte: »General, Sie haben einen bösen Husten,« da erwiderte er: »Jawohl, ich habe mir den Tod geholt, als ich jenes verteufelte Büffelkalb verfolgte, und es ist sehr gut, Catlin, daß Sie mein Bildnis gemalt haben, ehe wir abmarschierten, denn dies wird wohl alles sein, was mein geliebtes Weib jemals wieder von mir sehen wird.«


 << zurück weiter >>