Margarete Böhme
Tagebuch einer Verlorenen
Margarete Böhme

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Wieder mal was Neues zu registrieren.

Vater heiratet wieder. Und wen? Madame Lene Peters.

Donnerwetter, die hat's verstanden. Ich habe ordentlich ein bißchen Respekt vor ihrer Klugheit, oder vielleicht vor ihrer Verschlagenheit.

Vorigen Sonntag Vormittag sagte Vater es mir.

Mir schien, er war etwas bedrückt. Es könnte nicht so weitergehen, sagte er, die Wirtschaft mit den Haushälterinnen. Eine Frau müsse wieder ins Haus. Da er keine Lust habe, erst lange auf Brautschau zu gehen, nähme er die erste »beste«, nämlich die Peters, die ja eine sehr nette, resolute, propre und sparsame Frau sei. Ob ich etwas dagegen habe? – –

»Nein,« sagte ich und wurde totenblaß, denn das Blut rann mir eiskalt zum Herzen. – Ich dachte an Elisabeth, die ihr junges Leben hingeben mußte, um dieser falschen, ordinären Person, die sicher früher mal Dienstmädchen war, den Platz zu räumen. Freilich ist Lene Peters schlauer als die arme, arglose Elisabeth es war. Sie will erst den standesamtlichen Zivilversorgungsschein. –

»Du sollst nicht darunter leiden, mein Herzenskind,« sagte Vater, der mein Erblassen wohl falsch deutete. Dein Vermögen ist dir sichergestellt und du brauchst dir nichts von ihr befehlen zu lassen. Sie hat dir gar nichts zu 61 sagen. Wenn mal was vorfällt, sollst du dich nur an mich wenden. – Nächsten Sommer fahren wir beide, du und ich – nach Sylt oder Zoppot. Du sollst die Welt kennen lernen und bewundert werden, mein Einziges.«

Ich antwortete nicht und hielt still wie ein Schlachtlamm, als er mich küßte.

Am andern Tag wurde das Aufgebot bestellt. Samstag über drei Wochen wollen sie sich trauen lassen. Meinetwegen, mir ist alles egal. Ich wünsche ihnen Glück.

* * *


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