Deutsche Balladen
Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die Wut der Frauen

(Johann Friedrich Löwen, 1727 – 1771)

Bänkelballade über eine wahre Begebenheit, die sich im Januar 1759 in Hamburg ereignete

        Ach! hört mit Furcht und Grauen
ihr guten Männer an,
wozu die Wut der Frauen
euch alle reizen kann.

Glaubt nicht, daß ihr auf Erden
stets euren Himmel habt,
wenn euch bei viel Beschwerden
der Kuß der Schönen labt.

Quält in dem Weltgetümmel
den Mann des Ehstands Pflicht:
so glaubt, der gute Himmel
schloß seine Ehe nicht.

So glaubt, er kaufte teuer
den kurzen Zeitvertreib;
so glaubt, ein Fegefeuer
ward ihm sein liebes Weib.

Dann kennt er ohne Zweifel
die Hölle ganz genau:
denn mehr als sieben Teufel
quält eine böse Frau.

In Eheprüfungsstunden
hat mancher Hahnrei oft
beim Trost, den er empfunden,
auf Rache mit gehofft.

Er dacht an seine Brüder
und an der Ehe Lauf
und setzte manchem wieder
zwölfend'ge Hörner auf.

Drum nehmt, geplagte Männer,
Geduld und Tröstung wahr:
zankt eure Frau im Jenner,
zankt ihr im Februar.

Hat sie im März von Ränken
das starre Köpfchen voll,
greift im April zu Schwänken
und macht im Mai sie toll.

So standhaft wechselt immer;
merkt diesen treuen Rat:
tut nie, was einstens schlimmer
ein armer Ehmann tat.

Er, der bei grauen Haaren
ein rasches Mädchen nahm
und nunmehr schnell erfahren,
wie man zu Hörnern kam, –

er glaubte, da zur Rache
sein Alter ihn gelähmt,
es sei sein schöner Drache
durch Schmeicheln leicht gezähmt.

Allein, wie grimmig flogen
nicht oft dem armen Tropf,
der schrecklich sich betrogen,
die Schlüssel nach dem Kopf.

Sie droht, er mußte fliegen
und kommen, wenn sie rief,
und unterm Stuhle kriechen,
saß ihr das Kopfzeug schief.

Zehn scharfe Nägel fuhren
ihm öfters durch den Bart
und hinterließen Spuren
von ihrer Gegenwart.

Einst, schrecklich ist's zu sagen!
wollt er das erstemal
zu widersprechen wagen,
da seh er seine Qual.

Mir, rief sie, mir zu wehren!
und ich, ich schweige still?
Dein Wunder sollst du hören,
ein Wort ist gnug: »ich will«

Schon flammten ihre Blicke;
ein Wörtchen sprach er nur,
als schnell in die Perücke
Glas und Pantoffel fuhr.

Er schwieg und lief verzaget
fünf Treppen unters Dach;
da hat er viel geklaget –
du Muse, klag ihm nach.

»Ach! ist ein Mann auf Erden
wohl so geplagt als du?
Erst muß ich Hahnrei werden,
dann Prügel noch dazu?«

Er dachte drauf mit Schmerzen
an alle seine Not
und fühlte Wut im Herzen
und knirscht und rief den Tod.

Der Tod, der ungebeten
oft kömmt mit Ungestüm,
kroch doch in diesen Nöten
nicht unters Dach zu ihm.

Und weil er nicht gekommen,
so hat er wehmutsvoll
gar den Entschluß genommen,
den keiner nehmen soll.

»Der, welcher sich erhenket,
schloß er, fühlt kurze Pein.
Mein Weib, wenn man's bedenket,
wird stets mein Henker sein.

Was acht ich denn der Qualen
von einem Augenblick?
da schon zu tausend Malen –
komm her, geliebter Strick!«

Es war der letzte Jenner,
als sich der Geck erhing
und für geplagte Männer
die Märterkron empfing.

 


 


 << zurück weiter >>