Deutsche Balladen
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Das Lied von der Bernauerin

(Otto Ludwig, 1813 – 1865)

        Soll ich die Märe bringen,
die mir bewegt den Sinn?
So sagen wir und singen
von der Bernauerin.

»Ich weiß nicht mehr zu raten,
zu helfen nimmer weiß,
so möge Gott in Gnaden
aufnehmen meinen Geist.

Doch wie ich nun geduldig
verlieren muß den Leib,
so wahr bin ich unschuldig
und meines Herren Weib.

Und sagt Herrn Ernstens Schreiben,
das Badermägdelein,
das könne leben bleiben,
woll's seine Schnur nicht sein,

So sag ich's doch und schwören
will ich's noch tausendmal:
ich bin in Zucht und Ehren
Herrn Albrechts Ehgemahl.

Der Frauen höchster Adel
ist ihre Frauenehr,
die hab ich sonder Tadel,
hat keine Fürstin mehr.«

Sie nahm das Ringlein abe,
das Ringlein war von Gold,
ihr gab's der edle Knabe,
der sie nicht lieben sollt.

»Leb wohl, der mir ihn geben,
leb wohl, mein liebster Knab;
so wohl sollst du mir leben,
wie ich geliebt dich hab.«

Und um des Hemdleins Falten
herum ein Tuch sie wand.
»Sollt mir das Tuch nicht halten,
das wär mir eine Schand.

Nun bitt ich nur zumeisten,
daß nur das Totenweib
und keines Manns Erdreisten
berühre meinen Leib.«

Da griff nun so behende
der wilde Henker dar
und wand um seine Hände
ihr goldnes langes Haar

und faßte sie darüber
mit seiner linken Hand
und schwang sie hoch hinüber
über der Brücke Land.

Es wichen rings die Wellen,
so wie sie fiel darein
als wollten sie Gesellen
so schlimmer Tat nicht sein,

und trugen wie auf Armen
empor den schönen Leib,
als hätt' es ist Erbarmen,
das schöne Fürstenweib.

Da faßte mit der Stange
der Henker wieder dar
und wand darum das lange,
das weiche goldne Haar

und tauchte sie mit Schnelle
und hielt sie fest darin;
und traurig zog die Welle
über die Tote hin.

Da kam ihr Herr von Böhmen
herangesprengt zu Roß;
wie er's erfuhr, in Strömen
die Zähr' ihm niederfloß.

»Nicht soll dem Alten frommen
die himmelschrei'nde Tat;
weit mehr hat er genommen,
als er mir geben hat.

Auf, Fischer fischt mir eilig
nach ihrem süßen Leib –
weh doch, weh um mein heilig,
getreues reines Weib!

Es ward sein Weib geborgen,
von fürstlich edlem Sinn
zur Fürstin je erkoren
als die Bernauerin.

Und um solch Weib getragen
hat Jammer nie ein Mann;
so muß ich um sie klagen,
so lang ich klagen kann.«

 


 


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