Deutsche Balladen
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Der Todesbote

(Johann Heinrich Jung, 1740 – 1817)

        Es zog einmal im Mondenschein
ein Jüngling über Land;
er ritt ein braunes Rösselein,
den Zügel in der Hand.
Es äugselten die Sternlein klar,
ein Windchen Kräuselte sein Haar,
im flossen milde Tränen.

Sein Weg ging durch den wilden Wald
nach einem festen Schloß;
den hohen Turm erblickt er bald.
Nun spornt er stracks sein Roß
und trapp! trapp! ging's den Wald hinein,
bald wollt er bei Joringe sein;
sein Herz vor Liebe wallte.

Nun ging der Wald bald linker Hand
bei dunklen Buchen hin,
und bei den dunklen Buchen stand
ein Reiter, stolz und kühn.
Der Jüngling stutzt, doch ritt er zu
und schrie so mutig: Wer bist du?
daß Berg und Tal erschallte.

Nun stand der Reiter auf dem Pfad
und drückte los den Pfeil;
er rief: Hier findest du keine Gnad,
dein Schatz wird mir zuteil!
Des Jünglings Brust quoll mildes Blut,
es wallte fort in roter Flut
auf seine Lenden nieder.

Der Jüngling ächzt die Seele aus,
gestreckt am Wege hin;
sein Roß trabt nach Jorindens Haus.
Jorinde schaute hin;
sie schaute, ob ihr Liebster käm',
daß sie ihn in die Arme nähm'
und an ihr Herze drückte.

Von weitem hörte sie den Trab
von seinem braunen Roß;
nun flog sie bald den Hof hinab,
allwo ein Bächlein floß.
Nun hörte sie kein Traben mehr,
das Rößlein stand! – der Sattel leer.
Der Mond war schwarz am Himmel.

Sie schrie wild ihrem Jüngling zu,
und sieh, im Mondenschein
rief eine Eule Schuhuhu!
Sie schaut den Wald hinein,
ein Schattenbild wankt zu ihr her,
sie eilt und schwankt, ihr Fuß war schwer,
und schloß ihn in die Arme.

So kalt wie Eis! – mit hellem Schrei
sank sie zur Erde hin.
Der Reiter ritt nun auch herbei,
der schwarze Valentin;
er hob sie auf sein fahles Pferd
und führte sie nach Ritterswert,
so hieß die Räuberhöhle.

Jorinde flehte Tag und Nacht
um einen sanften Tod,
und endlich ward ihr Wunsch vollbracht,
Gott sahe ihre Not.
Es trat am sanften Mondenschein
ein Engel in ihr Kämmerlein,
in Sternenlicht gekleidet.

Jorinde komm! im sanften Ton
sprach ihr der Engel zu:
komm, ernte nun der Tugend Lohn,
komm her zur stolzen Ruh!
Nun schloß er ihren sanften Blick
und führte sie zum ew'gen Glück,
wohl auf Elias Wagen.

Drauf kehrt er um und hüllte sich
in falbe Blitze ein
und trat zu Valentin fürchterlich
in seinen Saal hinein:
Er lag und dachte mancherlei
des Nachts ums erste Hahngeschrei,
für Angst konnt er nicht schlafen.

Erstarrt sah er mit rotem Blick
des Todesboten stehn;
der winkte ihm und trat zurück;
nun war's um ihn geschehn.
Der Geist des wilden Valentin
starrt vor dem Todesengel hin,
er stürzte ihn zur Hölle.

 


 


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