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Dreizehntes Kapitel

Wenn die Menschen die geheimnisvolle Art kennten, durch die ihr Leben von innen her den Gesetzen des Weltalls gehorchen muß, genau wie ein Baum, das Wasser oder ein Tier, und daß sie auf genau dieselbe Weise mit dem Dasein anderer Menschen verflochten sind, so würden sie es nicht mehr als so aberwillig ansehen, daß die wahren, entscheidenden Ereignisse nicht jene äußeren, geräuschvollen Vorgänge des irdischen Schicksals, jene in die Sinne fallenden Siege und Niederlagen mit Jubel und Tränen sind, sondern Bewegungen unseres Innern, geräuschlos wie der Flug von Licht und Schatten und unerbittlich wie die Affinität und Gravitation, daß ein Schicksal längst entschieden ist, wenn es in die Erscheinung tritt, so wie Blüte und Fäulnis sich erst infolge der Reife und des Zerfalles zeigen können und wie kein Echo ohne vorhergehenden Laut entstehen kann. Aber, da die Menschen die Formen ihrer sinnlichen Wahrnehmungen für das Wesen der erfahrenen Tatsachen halten, daher rührt aller Schmerz, alle Enttäuschung, alle Verzweiflung auf Erden. Denn wenn die Glocke des äußeren Schicksals klingt, wissen die meisten Menschen schon nicht mehr, daß und wann sie geläutet hat.

Als Peter Brindeisener am anderen Morgen aufstand, war eine Veränderung mit ihm vorgegangen, die er nicht begriff. Er fühlte sich am Körper wie zerschlagen, so, als sei er im Schlaf bis zum letzten Tröpfchen Kraft durch Abgründe gewandert, und auch sein Gemüt war wohl nicht finster, aber vollkommen leer und kraftlos. Er schob nach einigen Bissen das Frühstück von sich und ging über den verlotterten Hof, durch die verwahrlosten Felderbreiten in den Fürstlich Arenbergschen Forst an die Stelle des Hornwassergrundes, wohin ihn als Knabe die Furcht vor dem Tode seiner Schwester Amalie einst getrieben hatte. Dort warf er sich der Länge nach in das weiche Waldgras und starrte auf das kleine Bächlein, das seine Wellen lautlos, wie flüssiges Glas, über die Steine trieb. Und er hatte nicht lange gelegen, so kam im Anschauen des geräuschlosen Vorüberquellens des kleinen Wasserlaufes ganz deutlich die Erinnerung, daß ihn damals beim Anblick der Kreise, die nach dem Versinken hineingeworfener Steine über den stillen Spiegel gezogen waren, das Wissen um den Tod als ein Würgen in der Brust so schreckhaft angefallen hatte. Die Erinnerung daran war so deutlich, daß er in seinem Halse denselben Knoten des unterdrückten Schluchzens fühlte wie damals. Und indem er sich über dieses Spiel seines Innern verwunderte, sprach er, als sei es eine Erklärung dieser Vorgänge, über die er keine Macht besaß, die Worte, die sich zwischen seine letzte juristische Arbeit geschoben hatten: »Überhaupt spürt kein Ertrinkender die Wasser, die ihn bedecken, und so fühlst du auch nicht den Tod, den du stirbst.« In Furcht stand er auf, lehnte sich an einen Baum und dachte daran, daß er gestern abend gegen seinen Willen unaufhaltsam hatte weinen müssen. Zugleich fiel ihm das Gespräch mit seinem Vater ein, der nahe Niederbruch ihrer Existenz, die Verkommenheit seines Bruders und der Rat seines Vaters, durch die Heirat des Lenleins alle von der Zerstörung zu erretten. Und nun erkannte er den Grund seiner unterirdischen Trauer. Wie betäubt starrte er auf diese Dunkelheit.

Endlich erwachte er aus dem Versinken, sah hilfesuchend durch die Kronen der Waldbäume auf den Himmel und blickte gramvoll, als er sich lange in das blaue Fleckchen Äther vertieft hatte. »Natürlich«, sagte er dumpf, »ist damit alles endgültig zerschlagen. Alles. Alles. Alles.« Er setzte sich langsam in Bewegung, und während ihn wieder das Weinen im Halse würgte, summte er leise: »Wie gerne dir zu Füßen säng' ich mein tiefstes Lied.« Dabei rannen ihm kalte Schauer über den Körper, daß er das verzweifelte Singen abbrechen mußte.

Ohne zu wissen, wohin er wandere, war er aus dem Hornwassergrund heraus über einen Hügel hinaufgekommen und gelangte auf einen Waldweg, von dem er wußte, daß er zum Hofe zurückführe und kurz vor dem Ende des Waldes in die neuerbaute Chaussee münde. Auf dem ging er zurück und stand bald unter den letzten Bäumen, unter sich den Sintlingerhof und das Gut seines Vaters. Die Felder des Heiligenbauers lagen im Lichte der hohen Vormittagssonne. Ein leichter Wind trieb die erntenahen Ährenbreiten in fruchtschweren Wogen auf und nieder. Die Raine lagen wie grüne Bretter dazwischen. Es war ein friedevoller, tüchtig besorgter, liebevoll gehegter Wohlstand, und der Sintlingerhof mit dem altersbraunen Holz seiner massigen Scheunenbreite, der langen Stallreihe und dem überragenden Wohnhaus stand stolz und sicher auf seiner Hügelkuppe, und das Flimmern des vollen Lichtes witterte einen himmlischen Schimmer um seine schweren, hohen Schobendächer.

Auf die Felder seines Vaters wagte er kaum zu sehen, denn die segnende Sonne, die dort den Reichtum zu voller Entwicklung gebracht hatte, war hier wie sengender Ungezieferfraß durch die Furchen gegangen, daß die Früchte mager, ausgezehrt, wie von einer Krankheit befallen, der Ernte entgegensiechten. Auf einer Waldwiese mähte sein Bruder Gras, und eine Kleinmagd rechte das karge Bärtlein Grünfutter zusammen. Und da er mit einem Blick all die Verwahrlosung um den Hof seines Vaters, diesen riesigen, zusammenfallenden, braunen Bovist, umspannte, kam ihm das bittere Wissen, daß sein jahrelanges, ungezügeltes Genußleben mit schuld war an diesem unrettbaren Verfall. Allein, wenn er den törichten Gedanken seines Vaters nachgab und seine himmlische Liebe zu Helene wirklich zur Ehe mit ihr mißbrauchte, so, das fühlte er, hob er seine verfallenden Angehörigen nicht aus dem Strom ihres Versinkens, sondern zog sich und das wundersame Mädchen mit in das grämliche Verkommen. Gerade, als er dies sann, hörte er von der Waldwiese her einen gellen, lachenden Schrei und sah, wie sein Bruder, der wohl noch halb trunken von der durchzechten Nacht war, die Sense wegwarf und auf die Magd zusprang, die die Bürde Gras aus den Armen fallen ließ und in den Wald flüchtete, Jakob in gierigen Sätzen hinterher.

Obwohl er wußte, daß es keinen Sinn hatte, weil die Entfernung zu groß war, schrie er ihm entrüstet eine Verwünschung zu und lauschte dann mit angehaltenem Atem in die Stille des Sonnenfriedens. Kein Laut war zu vernehmen, und nach einer Weile sah er die Magd an einer anderen Stelle aus dem Walde hervorstürzen und in eiligem Lauf dem Brindeisenerhofe zustreben. Wenn noch ein Fünkchen Hoffnung geglimmt hatte, sich und seine Liebe in das sonnige Leuchten seiner Seele zu retten, durch diesen Vorgang war alles in ihm ausgelöscht. Er setzte sich, wo er stand, unter den Baum und verfiel in Brüten, was nun zu geschehen habe, ob er gleich hinunter in den Hof seiner Eltern ging und, ohne Helene gesehen zu haben, davonfuhr, oder ob er sich noch ein letztes traumhaft schönes Zusammensein mit ihr gönne, um über dem schweren, harten Leben, das jetzt für ihn anhob, für immer einen seligen Schimmer zu besitzen, an dem er sich aufrichten konnte.

Die Sonne stieg höher und höher, die Mittagsglocken der Dörfer rundum summten schläfrig in die Schwüle, von dem Hemsterhuser Turm schlug es eins: Peter Brindeisener saß und sann und konnte zu keiner Entscheidung in sich kommen. Da, als er wieder einmal an einen Entschluß herangewirbelt war und das Gesicht zu einem blinzelnd visierenden Blick über das Hügelgewoge unter sich hob, sah er Helene armverschlungen mit ihrer Mutter, wohl nach dem mittäglichen Mahle, zu einem kurzen Gang ins Feld aus dem Hofe treten. Sie hatte ein geblümtes Hauskleidchen an, eine grüne Zierschürze vorgebunden und trug um den Hals einen breiten, weißen Kragen. Ihr blondes Haar blühte wie eine weißgoldene Krone um ihren Kopf. Dann und wann löste sie im säumigen Wandeln den Arm aus dem ihrer Mutter und bückte sich nach einer Blume am Wegrande, die sie betrachtend der Sintlingerin zeigte. An dem Feldbirnbaum unterhalb der Hohen Kippe hörte er sie laut lachen und sah, wie sie ihre Mutter zu umfassen strebte. Da die Bäuerin sich aber fröhlich wehrte, begann sie, die Arme auseinander geworfen, unter jubelndem Singen allein den Weg hinunterzutanzen, daß die Röcke flogen, bis sie mit einem hohen Jauchzer der glückvollen Erschöpfung sich fast fallend in das Gras des Abhanges setzte.

Peter Brindeisener verschlang das Bild jugendlicher Lebensberauschtheit mit durstigen Augen. Sein Trübsinn schwand, wie von einer glühenden Stichflamme hinweggeschmolzen.

Als die beiden in den Hof zurückgekehrt waren, saß er noch immer mit hämmernden Pulsen, und die ganze Welt hing ihm als ein flimmernder Schleier vor den Augen. Endlich raffte er sich auf und sprang unter einem höhnisch übermütigen Lachen auf die Beine. Diese Ferienwochen sollten ihm als einem Seligen am Arm seines Engels vorübergehen. Dann mochte kommen, was kommen mußte. Gott sei Dank hieß er noch immer Peter Brindeisener und nicht Peter Kadaver.

Den Hut in die Luft schwenkend, sang er trotzig »heute ist heut« und schritt strack aufgerichtet die neue Straße hügelab dem Hofe seines Vaters zu.

Und so brachen Liebeswochen für die Kinder der beiden Fremdhöfe an, die ganz der Ernte jenes Jahres glichen, in die sie fielen. Ein Rausch der Fülle bei Glut und hoher Sonne, Tage voll flimmernden Lichtes und Nächte traumhaft blauer Sternenentrücktheit.

Am Tage schaffte jedes, Peter sowie das Lenlein, mit auf dem Felde bei der Erntearbeit, der Student emsig und hingegeben, als liege ihm wirklich daran, nach dem Rat seines Vaters die ersten Schritte von den Büchern ins Bauernwesen hineinzutun, das Lenlein voll Glück und Heiterkeit, als sei das alles keine Arbeit, sondern nur ein Spiel, das ihr Gelegenheit bot, vom Felde ihrem Geliebten über den Grenzweg zuzusingen oder vom hohen Erntefuder herab mit dem bunten Kopftuch wie einer Freudenfahne zu winken oder Augenblicke nur stillzusitzen und ihn drüben im Sonnenflimmern am Walde wie ein traumhaftes, unwirkliches Wesen hin und wieder zu sehen. An den Abenden saßen sie dann scherzend und lachend entweder beieinander auf dem Torbänklein unter der Linde oder in der Laube oder gingen das kurze Weglein des Blumengartens hin und wider oder verloren sich ins Feld hinaus bis an den Wald, wo sie wohl standen und auf die tief verdunkelte Baummauer sahen, hinter der ein Glück unversehens über sie gekommen war, das so lange vorher begonnen hatte. Aber, wo sie auch saßen, kauerte irgendwo der Sintlinger, regungslos wie ein Stein, heimlich wie ein Schatten, abgewandt und achtlos; wo sie gingen, erblickten sie ihn auf fernem Rain in tiefem Brüten zweck- und ziellos hinschreiten, mit keinem Ruf heranzuholen, durch nichts aus seiner Verschollenheit zu locken. Und wenn es vorkam, daß Peter Brindeisener in der Stube des Sintlingerhauses beim Licht der Lampe am Tisch saß, so verharrte der wunderlich gewordene Heiligenbauer auch da in abseitiger Versunkenheit, fast ohne ein Wort zu sprechen. Nur wenn Peter diese und jene Schnurre aus seiner Studienfahrt so lustig und blühend erzählte, daß Johannas volle Brust in glücklichem Lachen nur so schütterte und das Lenlein mit verzehrendem Augengeleucht zuhörte oder mit zugefallenen Lidern sich in ihre frühere Welt zurücksinken ließ, quoll dann und wann ein so unbändiger Strom gramvoller Dunkelheit aus seinen tiefen Augen, daß alle betreten wurden, weil niemand wußte, was in dem geheimnisvollen Manne vorging. Das Lenlein allein faßte sich aus diesen vorüberstreichenden Bedrückungen immer am ersten und immer auf dieselbe Weise. Sie sprang auf und verfiel in kindliches, überstürztes Lachen, hüpfte trällernd durch die Stube und spaßte sich in übermütiger Fröhlichkeit zur Tür hinaus vor den Hof; und einmal, als sie bis an den Rand des Abhanges gekommen war, wo sie standen und in die laue Nacht hinausschauten, ließ sich Helene unversehens zu Boden fallen und rollte in ausbrechender Tollheit zum Schrecken Peters über den Hofhügel hinunter. Wie von unerfindlich albischen Strudeln erfaßt, verschwand sie unter singendem Prusten im Dunkel zu seinen Füßen, und als er ihr bestürzt nachsprang, kam sie ihm auf halber Höhe schon wieder entgegen, lief wie blind an ihm vorbei, kehrte sich aber nach zwei Schritten um, warf sich von oben her an seine Brust und verschwand jagend und unter seligem Gelächter in den Hof, wie von der Nacht davongeführt.

Aber wie die Tage gingen, die Felder sich leerten, die Glut in der stillen Luft knisterte und die Nächte noch Hitze brauten, fiel dies Lodern öfter und öfter über Helene. Und Peter Brindeisener gab sich willig dem Rausch hin, von dem sie erfüllt war. Sie streiften oft den ganzen Tag durch die Wälder, denn Johanna, die Sintlingerbäuerin, hatte jede Sorge um ihr Töchterchen an der Seite des Studenten verloren, daß sie nie dachte, sich oder eine andere Person den beiden als Sittenwächter aufzudrängen, wohl aus dem Instinkt heraus, daß das Lenlein in der heiligen Kindhaftigkeit ihres Wesens beschützt genug sei.

So konnten die beiden nach Herzenslust tanzen bis tief in die Nacht, wo immer in der Umgegend sich eine würdige Gelegenheit bot. Am zweiten Sonntag der Ferien fuhren sie zu einem Gartenkonzert, das eine Militärkapelle in der Waldmühle gab, und schwelgten während des sich anschließenden Kränzchens bis nahe an die Mitternacht durch den großen, hell erleuchteten Saal. In der dritten Woche vergnügten sie sich auf dem Rochusfest in Dingden. Sie besuchten die Kreisstadt und fuhren zu Schiff ein Stück auf dem Rhein. Und Helene, die all das zum erstenmal sah, erlebte und genoß, kam aus dem Entzücken und hohen Glück gar nicht heraus. Bald war sie ganz ein züngelndes weißes Feuer, voll unbändiger Lust, bald spielte sie sorglos bunt und kraus wie ein Vögelchen um Peter, und dann wieder kamen stille Stunden über sie, als wandle sie noch im Licht ihrer jenseitigen Augen, und Brindeisener zitterte in einer Liebe, die ihm wie Verzweiflung weh tat.

Dann ereignete es sich, daß er wohl mitten im Lachen und im Spiel der Fröhlichkeit von einem dunklen Geiste befallen wurde. Besonders, wenn sie von einem Lustgange oder einer Ausfahrt zurückkehrten, vor dem Abschiede, verwandelte sich sein Wesen oft so, daß er ohne Grund ihren Arm erschreckt fahren ließ oder gar von ihr zurücktrat, sie schmerzvoll ansah und mit sich rang, als kämpfe er, ihr etwas Hartes und Bitteres zu verheimlichen, was ihr doch am Ende nicht erspart werden konnte. »Lenlein«, sagte er gegen das Ende der Zeit hin einmal, »Lenlein, ich verstehe dich nicht. Du mußt es doch sehen. Das glaube ich nicht.« Und als das liebe Kind im Erschrecken in ihn drang, ihm doch zu sagen, was es gäbe, sie wisse nicht, was er meine, schrie Peter in schmerzhaftem Glück ihren Namen hinaus und hob sie in die Luft, als müsse er sie von sich in den Himmel zurückwerfen, aus dem sie stammte. An diesen Tagen auch geschah es, daß Helene, nachdem sie wieder zu Boden gekommen war, betäubt und wankend neben Peter hinging, mit geschlossenen Augen, als sei sie wieder blind geworden. Zaghaft, unsicher, auf bebenden Füßen wandelte sie vor sich hin, als sei sie ganz allein. Auf die Frage Peters, was sie sinne, fing sie mit einer vollkommen anderen Stimme so leise zu reden an, daß er kein Wort verstehen konnte und doch davon auf eine schreckhaft tiefe Weise ergriffen wurde.

Und da er dem Hofe seines Vaters zuschritt und dann bei offenem Fenster im Bett lag, war dies sylphenhafte Reden des Lenleins im Laut des Nachthauches, der ums Dach strich, im Gesäusel der Bäume, ja sogar in dem bleichen Monddunst, der zum Fenster herein über die Diele sank. Es war so tief und ganz drin, daß er sein Lauschen nicht mehr aushalten konnte, aufstand, sich halb anzog, eine Weile aus dem Fenster lehnte, und dann auf bloßen Füßen lautlos die Stube auf und nieder schritt. Er mußte sich losmachen von ihr. Das ertrug er nicht mehr. Es zerriß ihn. Es war, als steige und sinke er zu gleicher Zeit. Was nutzte es ihm, diesen unwirklichen Traum länger gewaltsam festzuhalten? Aber wenn er sich nur vorstellte, daß er davonging, so fühlte er den Atem aus seiner Brust weichen und das Herz stillstehen. Die ganze Welt erlosch. Sein Dasein lag da wie vergessener Unrat, zu dem er zurückkehrte, um sich wieder von ihm zu nähren. So kämpfte er bis an das Grau des Morgens. Da setzte er sich müde und fröstelnd auf den Bettrand, sah auf seine Füße, spreizte die Zehen auseinander und sagte dumpf: »Gott zerstört mich. Gott zerstört mich.«

Als es ganz licht geworden war, erhob er sich steif, atmete, schwer auf und dehnte die Arme bei geschlossenen Fäusten nach hinten. Dabei sagte er langsam: »Dann muß ich eben durch eine dunkle Tür davongehen ... davongehen ... in meine Nacht.«

Darauf warf er sich, wie er war, aufs Lager, wühlte sich hinein und schlief wie nach einem Prügelschlag auf den Kopf ein.

Aber merkwürdig, nach dieser Auseinandersetzung mit sich brach bei Peter ein ungestümes, wildes Feuer aus. Seine Fröhlichkeit glich vulkanischen Stößen, er ging einher, als fresse er die Erde mit seinen Schritten, tanzte, als wolle er das Lenlein zerstören, lachte ein klirrendes Lachen, und seine weißblauen Augen funkelten. Bei Ausfahrten begann er zu schwelgen und tröstete seinen Vater wegen des vielen Geldverbrauches, daß es nicht mehr lange dauere, bis er in aller Form um Helene anhalte. Aber solange er noch nicht Gewißheit habe, könne er sich doch nicht lumpen lassen. Das Sintlingerlenlein wurde oft furchtsam und saß verzagt mit geschlossenen Augen beim Schäumen seiner Lust. Der Sintlinger wich ihm aus, wo er nur konnte, und ließ sich im Hause nicht mehr blicken, so oft Peter in seiner Stube zu Besuch weilte. Die Bäuerin nur, die sonst alle bunten Frohfahrten der beiden mit glücklichem Lächeln gewährt hatte, hielt tapfer aus, höchstens, daß in ihrem Gesicht manchmal ein dunkles Verwundern und auf ihrer Stirn sogar hier und da ein bedenkliches Krausen aufkam. Mit Befriedigung hörte sie darum, daß Peters Ferien nur noch vierzehn Tage währten, und meinte, so solle ihr Kind ruhig die sehnsüchtig erwartete Lust bis zuletzt haben. Zumal sie an Helenens Wesen merkte, daß der »ewige Zucker« ihr sowieso nicht mehr mundete. Nicht, daß das Mädchen es mit Mienen verriet oder gar darüber sprach. Aber sie arbeitete ruhiger, ging oft wieder still und betrachtsam durchs Haus, richtete sich im Felde auf und versank mit wesenlosen Augen träumend in die Höhe, und einmal traf sie Helene im Garten, hingerissen und andächtig vor einer Blume knien, auf der sich regungslos ein Falter sonnte. Und als sie endlich die lautlos hinter sie getretene Mutter gewahrte, blickte sie sich nach dem Davonfliegen des Schmetterlings mit schimmernden Augen um und sagte leise und süß, wie in ihrer verwunschenen Zeit: »Weißt du, Mutter, einst, als ich noch ein kleines Kind war, konnte ich ganz gewiß mit den Schmetterlingen reden. Ja, ja, ganz gewiß.« Dann stand sie, verwundert das Köpfchen bewegend, auf, strich sich sinnend die Schürze zurecht, ging von der Mutter weg an die Stelle des Zaunes, wo sie der erste Liebesgruß Peter Brindeiseners bis ins Herz getroffen hatte, und schaute in die Welt hinaus. Sie begann auch, wie sie die Lust an ihrem Gehaben einbüßte, an den grellbunten Kleidern das Vergnügen zu verlieren, und wenn es ihr nach gegangen wäre, so hätte sie mit einem Griff all die geblümten, leuchtend bekrausten, überschmückten Kleider aus dem Schrank entfernt und wieder sich in die weichen, matten, leisen Farben und Stoffe gehüllt, zu denen sie in der blicklosen Zeit eine solch geheimnisvolle Neigung gedrängt hatte. Unzweifelhaft haben bei dieser Rückkehr Helenens in die Vorliebe einer vergangenen Zeit die spöttlichen Blicke und Bemerkungen Peters auch eine Wirkung ausgeübt. Denn er hatte sich beim Anblick seiner oft allzu schreiend bunt und bäuerlich geschmückten Helene nicht immer des Spottes ganz enthalten können, der bei ihm ja nicht allein aus den Verletzungen des Geschmacks, sondern doch mehr aus der Bitterkeit über sich und sein ganzes Leben rührte. Aber das hübelheilige Mädchen, dem mehr und mehr die Kraft des inneren Gesichtes wieder zurückkehrte, ist sicher durch dieses kleine Ungenügen des Geliebten an ihr auch nicht bloß in die weibliche Eitelkeit, sondern viel tiefer in jene Gegend der Seele getroffen worden, wo wir die Wesensverdunkelungen der Menschen schon wahrnehmen, ehe wir sie deutlich verstehen. Irgendein Kummer schwelte um ihren Peter, ein Mißklang schrillte aus ihm, ein Drücken und Ballen ging von ihm aus und zog oft wie ein Schattennebel hinter seiner leuchtend lauten Fröhlichkeit. Sie erlebte das in der Bildkraft ihrer allsichtigen Seele und brachte es aus Furcht und Beklemmung doch nicht über sich, ihn selbst oder ihre Mutter danach zu fragen. Sie wurde in der Einsamkeit stiller Augenblicke nur oft von einer Ratlosigkeit befallen, daß sie forschend an sich niedersah, um zu erkennen, was mit ihr vorgegangen sei, oder sie ergriff mitten in schlafloser Nacht mit der linken die rechte Hand, legte den Kopf in ihren bloßen Arm und sagte dabei inbrünstig und, beschwörend seinen Namen leise vor sich hin: »Peter! – Peter!!« In jener Zeit verschwand der Landrat Zwinin wegen schwerer Verfehlungen aus sittlicher Zuchtlosigkeit von seinem Posten, und wenn seine heimliche Flucht auch schon vorher erfolgt war und in der Gegend besprochen wurde, so drangen die ersten Nachrichten davon erst jetzt an das Ohr des Sintlingermädchens, die sicher deswegen wieder von der Erinnerung an den Makel befallen worden ist, den die Berührung mit diesem entarteten Menschen am Tage der Straßeneinweihung ihr zugefügt hatte. Zudem dünstete nach dem Verschwinden des verlorenen Mannes, wie es gar nicht anders möglich ist, eine Wolke von Gerüchten über Personen der Umgegend auf, die im geheimen denselben Zuchtlosigkeiten frönten wie dieser Unhold. Daß der Name Jakob Brindeiseners, Peters Bruder, auch und mit Recht durchgehechelt wurde, nimmt nicht wunder, und als eines Tages nach einem bösen Auftritt die Kleinmagd den Brindeisenerhof verließ, erzählte man sich, sie sei von dem dumpfen, menschenscheuen Kloben von Jakob überwältigt worden und gehe damit um, ihm deswegen das Gericht auf den Hals zu schicken.

All dieses, das nur undeutlich und weitab um das hübelheilige Mädchen braute, beschwerte doch die Luft der Ratlosigkeit, ungewisser Beklemmung und dunkler Ahnung noch, von der sie ohnedies sich umdrängt fühlte. Und als sie wieder einmal gegen die Schattenschleier rang, die ihr vor die Seele sanken, wohin sie blicken mochte, hörte sie das ängstliche Summen einer Fliege neben sich durch die Luft huschen und erschrak davon so sehr, daß sie ihre Beine weich werden fühlte und sich auf einen Stuhl setzen mußte. Es war in ihrer Stube, wo ihr das geschah. Der tiefe Abend drang als grauer Brodem durch die geöffneten Fenster. Außer einigen Vögeln, die mit leisem, hohem Piepen nach einem Schlafplatz in den Lindenkronen suchten, regte sich kein Laut in der Natur. Helene sah sich um und saß dann regungslos in einer unerklärlich gierigen Furcht mit geschlossenen Augen da und lauschte, fast mit aussetzendem Herzen, ob sich das Summen wiederhole. Es blieb nicht nur still, langsam wurde die Stube, die Lindenkronen, der ganze Hof, ja sogar die Welt draußen von einem lastenden Stocken erfaßt. Und als dieses Erlöschen um sie den höchsten Grad erreicht hatte, sah sich das hübelheilige Mädchen bei eingesunkenen Lidern am Morgen jenes Tages über das Feld flüchten, an dem ihr im Walde ihr Geliebter und das Augenlicht geschenkt worden waren. Sie sah sich erschreckt die Lerche in der Hand halten, die tot aus der Luft gefallen war, und horchte, genau wie jetzt, das angstvoll brünstige Summen einer Fliege an ihrem Ohr, hingerissen. Helene erlebte das alles grell bis in jede Einzelheit und sah sich dann stolpernd weiter übers Feld jagen, bis sie mit Händen und Knien die Straßenböschung erklomm. An dieser Stelle erlosch die innere Bilderreihe. Helene öffnete die Augen und sah sich in ihrer fast nachtdunkel gewordenen Stube um. Dann stand sie vom Stuhl auf und ging in einer Art traumhafter Geführtheit quer über die Stube auf den Kleiderschrank zu. Dabei fiel ihr ein, daß Eintagsfliegen nach der Meinung der Leute ein besonders inbrünstiges Summen an sich haben. Aber nun war das Entsetzen ganz aus ihr geschwunden. Sie öffnete den Schrank, und während sie ihre Kleider der Reihe nach mit den Händen genau betastete, erinnerte sie sich noch, an jenem entscheidungsreichen Tage ein zart helles, besonders weiches Musselinkleid getragen zu haben. Darauf ließ sie den Schrank offenstehen, kehrte auf den Stuhl zurück und verfiel in ein Sinnen, das mehr tiefe Hingenommenheit war. Als sie daraus erwachte, war es ganz tiefe Nacht geworden. »Wer weiß?« sagte sie leise zu sich, trat ans Fenster und griff in den nassen, glatten Blättern einer Lindenkrone umher. »Wer weiß?« sprach sie dabei weiter leise zu sich. »Peter geht in acht Tagen wieder nach Münster. Ich will mir genau ein solch zart hellblaues, einfaches Kleid machen lassen, wie ich es damals getragen habe, als er mir im Walde das Gesicht geschenkt hat. Damit werde ich ihn beim Abschied überraschen.

Ich will mir auch die Haare genau so kämmen. Alles soll sein wie damals. Dann wird vielleicht seine Fröhlichkeit wieder heiter werden, wenn er sieht, daß ich ganz so sein will wie früher. Und alles, was dunkel geworden ist seitdem an der Welt, an meinem Vater, an Peter und auch an mir, alles, alles, alles vergeht dann wieder.«

Sie schloß die Augen und öffnete sie bei allem, das noch zu tun war, nicht mehr. Als sei sie wieder die Blinde, deckte sie das Bett ab, zog sich aus, ging durch das Zimmer, die Tür zuzuriegeln, und lag mit eingesunkenen Lidern, bis der Schlaf sie aus der Welt führte.

*

Kaum, daß am anderen Morgen das Grau sich in die erste Helle aufgelöst hatte, kam Helene im kurzen Röckchen und in der Nachtjacke, leise fröstelnd von der Kühle, zur größten Überraschung an das Bett der Mutter, und nachdem sie ihr mit einem unendlich weichen Kusse einen guten Morgen gewünscht hatte, begann sie ohne irgendeine Begründung, wie es die Art der Kinder ist, von dem Anliegen zu sprechen, das sich ihr gestern abend auf so merkwürdige Art aufgedrängt hatte. Sie redete so ergriffen, so zärtlich von der Notwendigkeit, sogleich, nein, heut, wenigstens, ehe die angefangene Woche zu Ende sei, ein neues Kleid zu besitzen, daß die Bäuerin, die bis jetzt liegend zugehört hatte, sich mit lächelndem Verwundern halb aufrichtete, ihr mit der freien Hand die Haare aus der Stirn strich und in gütigem Vorwurf sagte: »Ach geh, Lenlein, wegen so was lauft man doch nicht vor dem ersten Hahnenschrei aus dem Bett. Ich glaube, da hast du am Ende gar noch die Nacht nicht geschlafen.« Denn wirklich, die Augen des hübelheiligen Mädchens hatten einen übernächtigen Schimmer und liefen bei der halben Ablehnung ihrer Mutter voll Wasser. So verharrten die beiden eine Weile in wortlosem Gegenüber, die Bäuerin immer noch mit verwundertem Kopfschütteln, das Lenlein mit gesenktem Gesicht, ratlos an den Fingern zupfend. Mit einmal aber riß sich das Mädchen aus der Gebücktheit auf, umarmte leidenschaftlich ihre Mutter und, den Kopf an ihre Brust gegraben, wiederholte sie unter Geschluchz die Bitte nach einem zart hellblauen, weichen Kleide, wie sie es einst besessen habe. Bei all dem liebevollen Hin und Wider entschlüpften Helene wider Willen eine Reihe von Bemerkungen, aus denen Johanna erkannte, wer den Anstoß zu der leidenschaftlichen Aufgeregtheit und dem närrischen Plan des Lenleins gegeben habe. Doch ließ sie sich von dieser Einsicht nichts anmerken, sondern bat das Mädchen unter Liebkosungen, sich zu beruhigen. Es solle in allem seinem Willen nachgehen, und wenn ein Pferd frei sei, so könne sie ihretwegen schon diesen Vormittag zu der Schneiderin nach Bocholt fahren und alles besorgen, wie sie es wünsche. Nur eine Bedingung knüpfte sie daran, auf dieser Fahrt an eine Zusammenkunft mit Peter Brindeisener nicht zu denken, weil in den letzten Tagen so viel ärgerliche Vorkommnisse auf dem Hofe sich ereignet hätten, mit der Magd und Jakob, Streitereien und allerhand Zank, daß es auch wegen der Leute gut sei, eine gewisse Zurückhaltung zu üben. Ja, sie denke, Peter selbst müsse es peinlich sein, unter diesen Umständen ihr gegenüberzutreten. Denn es sei ihr doch auch aufgefallen, daß er seit einigen Tagen sich nicht sehen lasse.

Das hübelheilige Mädchen hatte, wieder an den Fingern zupfend, der Mutter aufmerksam zugehört, und da sie nun schwieg, stand Helene vom Bettrand, wo sie gesessen hatte, auf, bewegte mit großen, nachdenklichen Augen und fernem Ernste zustimmend den Kopf und sagte dann leise nichts als: »Ich danke dir, Mutterlein«, küßte ihr flüchtig den Mund und verschwand geräuschlos wie eine Erscheinung aus dem Zimmer, daß Johanna ihr lange nachschauen mußte. Aber der Arbeitstag auf dem Sintlingerhofe war schon eingeteilt, kein Gespann in den Frühstunden entbehrlich, und so mußte sich das Lenlein gedulden bis nach dem Mittag, wo die Pferde abgefüttert waren. Dann sollte sie von Gottlieb hinüber nach Bocholt kutschiert werden: Johanna hatte sich diese Begleitung Helenens ausgedacht, weil die geheime Abneigung Meixners gegen Peter Brindeisener ihr die Sicherheit vor etwas gewährleistete, was sie nicht benennen konnte.

Helene betrieb die Entwirrung der ganzen Angelegenheit mit einer sanften, unausweichlichen Hartnäckigkeit, und fand an ihrem Vater, dem Sintlinger, eine fühlbare Unterstützung gegen alle Hindernisse, die die Bäuerin unauffällig herbeizuziehen wußte. Dabei trat der Heiligenbauer aus der über ihm lastenden Verdunkelung und Schweigsamkeit nicht heraus, saß horchend am Tisch, ließ seine großen, schwarzen Augen langsam von der Frau zur Tochter und wieder zurückgehen, preßte die abgemagerten Hände gegeneinander und stützte dann wieder sinnend den Kopf auf. Am Ende langte er über den Tisch, faßte des Lenleins Hand und rief in ausbrechender Liebe: »Kind, liebes Kind, gut! Du fährst also um eins.« Dabei strahlte sein verhärmtes Gesicht das erstemal nach langen Monaten so licht auf, daß des Lenleins Scheu vor ihrem unheimlich gewordenen Vater mit einem Male ganz verschwunden war. Sie sprang auf, umarmte ihn und küßte ihn auf die Augen, die Stirn, den Mund. In einem Sturm der Zärtlichkeit bat sie ihren »liebsten Vater«, »den besten auf der ganzen Welt«, um Verzeihung wegen allem, was sie ihm angetan habe, kurz, war so aufgelöst und ergriffen, daß der Heiligenbauer ganz betroffen und verwirrt wurde. Dann ging sie, schon zur Abfahrt gekleidet, mit ihm auf das Feld, und die beiden verbrachten eine unvergeßliche Stunde unter dem sonnenhohen, wolkenlosen Spätsommerhimmel in einem so von der Tiefe zusammengeströmten Einssein, wie es ihnen nur in den schönsten Augenblicken der verwunschen-seligen Vergangenheit beschieden gewesen war. Helene war ganz das entrückte, hübelheilige Mädchen von früher und ließ während der ganzen Zeit ihre Hand nicht aus der seinigen.

Im Hausflur trennte sie sich von ihm und ging auf ihr Zimmer, um noch einiges vor der Abfahrt zu besorgen. Während sie die Stufen der Treppe langsam emporstieg, fiel ihr ein, was die Mutter von den unangenehmen Vorgängen auf dem Brindeisenerhofe gesprochen hatte, und daß Peter sicher unter diesen bösen Ereignissen sehr leide. Da genügte es doch nicht, bis auf den Tag der Abreise zu warten, um ihm zu helfen und seine Hoffnung und freudige Zuversicht wieder aufzurichten. Bis dahin konnte irgend etwas, vielleicht noch Dunkleres geschehen, und sie trug dann die Schuld, weil sie feig und kleinmütig, nur der Leute halber, ihn mit seinem Schmerz allein gelassen hatte. Was scherte sie das Geschwätz der Menschen, wo es sich um Peters Glück und ihre Liebe handelte! Und auch die Mutter würde in Wahrheit nicht zürnen, wenn sie ein Versprechen nicht hielt, was zu halten etwas Böseres bedeutete, als es zu brechen. Also schrieb sie, auf ihrem Zimmer angekommen, einen kurzen Brief, in dem Peter ersucht wurde, nachmittags um vier Uhr halbwegs zwischen Bocholt und Hemsterhus an der Zwieselkiefer – einem in der ganzen Umgegend bekannten Baume – zufällig aus dem Walde auf die Straße zu treten. Es fahre zu dieser Zeit jemand vorüber, der mit ihm notwendig zu sprechen habe.

Diesen Brief schickte sie mit einem Kuhmädchen, der sie Achtsamkeit und Verschwiegenheit einschärfte, hinüber in den Brindeisenerhof. Dann betrieb sie tätig und befreit die Zurüstung zur Abfahrt und nahm von der Mutter noch eine Reihe von Aufträgen zu Besorgungen in Hemsterhus entgegen. Um ein Uhr fuhr sie Gottlieb in einem leichten Halbsitzer den Hügel hinunter. Der Brindeisenerhof lag verfallen und grämlich in der stillen Mittagssonne, einsam, als sei jedes Leben längst in ihm erloschen. Sein morsches Tor war geschlossen, kein Gesicht zeigte sich am Fenster. Helene fühlte ein Bangen in sich aufsteigen, und als sie von dem Zufahrtswege in die neue Chaussee einbogen, bat sie Gottlieb, schnell zu fahren, denn ihr war, als könne sie zu spät kommen. Bald aber mußte sie über ihren Einfall lächeln, denn überhastete Eile mußte nur dazu führen, daß sie vor der festgesetzten Zeit an dem besprochenen Punkte vorüberkam und damit Peter verfehlte. Als sie darum durch Hemsterhus waren und sich dem Walde näherten, ließ sie die Gangart des Pferdes mäßigen und gab sich dem Zauber des mittagsstillen Waldes hin, dessen Bäume sich in verschlafenem Traume kaum merklich bewegten. An der Zwieselkiefer fuhr ein schmerzendes Zucken in ihr auf, und sie mußte zurücksehen, ob Peter etwa schon hinter dem Stamm auf sie lauere. Aber der Platz war leer, und Helene lehnte sich in einer leisen Enttäuschung zurück, fühlte sich müde werden, schloß die Augen, und durch eine traumvolle Unruhe hindurch hörte sie immerfort das große, stete Brausen des Waldes, das auch klang wie fernes Rauschen eines mächtigen Wassers, auf sie eindringen.

Sie traf die Schneiderin nicht zu Hause und mußte sich von deren betagter Mutter Maß nehmen lassen. Enttäuscht stieg sie die enge Holzstiege wieder hinunter. Ihr war weh ums Herz, daß sie nicht in das stille, weiße Gesicht der alten Jungfrau hatte sehen und ihren Namen nicht hatte aussprechen können. Schon auf der Straße kehrte sie um, hastete eilig die Treppe wieder hinauf, öffnete die Tür und sagte: »Bitte, Frau Seiler, sagen Sie mir, wann kommt Fräulein Babette heim?« Sie achtete aber gar nicht auf die Erklärungen der Greisin, sondern stand mit wogender Brust und sog die weltverlorene Stille der übersauberen Stube in sich ein. Dann ging sie zögernd davon und machte sich Vorwürfe, warum sie nicht einen Augenblick sich auf einen Stuhl gesetzt habe, um den leisen Zauber des Schneiderstübchens länger zu genießen. Auch der Gang zu dem Schnittwarenhändler war erfolglos. Man hatte wohl einige Musseline auf Vorrat, die so weich und duftig waren, wie sie wünschte. Aber ein solch zartes Hellblau sei eine ausgefallene Farbe, das verlange niemand in der Gegend, und deswegen könne es nicht geführt werden. Höchstens der Großhändler Stenzel in Dingden könne vielleicht so etwas in seinem Laden haben.

Helene traten die Tränen in die Augen, als sie die Straße hinunter dem Gasthaus zuschritt, in dem Gottlieb eingekehrt war. Sie erwog, ob es nicht angängig sei, jetzt gleich nach Dingden hinüberzufahren, hörte aber von Meixner, daß man über Hemsterhus zurück müsse und dann vor dem Abend kaum in Dingden ankomme, auch wenn er das Pferd treten lasse, was das Zeug halte. Helene fuhr sich kummervoll über die Augen und strengte sich an, einen Ausweg zu finden. Aber es kam dabei nichts heraus, als daß sie nur immer Peter niedergeschlagen und kummervoll vor sich gehen sah, weil sie ihm nicht zeigen konnte, wie sie eigentlich war. Und ihm alles sagen, von allen Sorgen sprechen, die sie sich um seinetwillen machte, nein, das hätte sie wohl noch vor einer Woche fertiggebracht, aber jetzt war ihr das nicht mehr möglich. Sie erhob sich wie aus einer Betäubung und sah, daß die Uhr schon über die dritte Stunde hinausgerückt war. Noch eine Viertelstunde nur, und sie mußte Peter im Walde verfehlen. Gottlieb erschrak über die jagende Hast, von der Helene nach dem langen, versunkenen Dasitzen gepackt wurde, riß das Pferd aus dem Stall, und kaum fünf Minuten später schoß das Gefährt mit den beiden davon. Das Herz des Heiligenhoflenleins war wie von heißer Flugasche erfüllt, die von einem Brande aufstiebt. Sie sah alles durch graues Staubgewölk, Gottlieb, der, zurückgestemmt, das galoppierende Pferd fest im Zügel hielt und es doch mit Zurufen und Peitschenkreisen auch antrieb, die Bäume, die, ruckend in die Höhe gerissen, vorbeieilten, und wartete nur immer gespannt, ob nicht bald der mächtige, geteilte Schirm der Zwieselkiefer über dem Walde zu ermitteln sei. Meixner mußte einen Verdacht geschöpft haben, daß dieser Baum in irgendeinem Zusammenhange mit dem so plötzlich veränderten Wesen Helenens stehe. Denn als die graugrüne Kieferkuppe in der Ferne aufstieg, ließ er das dampfende Pferd langsamer gehen. Sowie man aber in deren Nähe gekommen war, erhob er sich, schrie und peitschte so auf das Tier ein, daß der Staub wieder aufwirbelte und der Wagen in höllischer Eile dahinrasselte. Helene sah, wie plötzlich ein Mann hinter dem Baum hervorsprang und gestikulierend auf das Gefährt zulief, schrie gell den Namen Peters und Gottliebs, und als dieser das Pferd nur noch mehr antrieb, traf sie Anstalten, aus dem jagenden Gefährt herauszuspringen. Da riß Meixner das Tier mit einem Ruck zurück und musterte, bitter und blaß, das Lenlein, das ihm wegen des unsinnigen Fahrens mit verlegener Stimme Vorwürfe machte und dabei, Tränen in den Augen, ein glückliches Lächeln um den Mund, Peter zuwinkte, der mit großen Schritten langsam herankam.

»Eine dolle Fahrt«, sagte er, höhnisch lächelnd und an den Wagen herantretend, »das kann einen ja umbringen. Gottlieb, was fällt dir denn ein? Das ist ja die reine Kaputtfuhre! Hahaha! Guten Tag, Lenlein! Ja, ja, auch blaß, wie? Haha!« Er reichte ihr die Hand, nahm den Hut ab und trocknete sich das schweißüberströmte Gesicht.

Helene blickte bestürzt auf seine unruhigen, umzuckten Augen, seinen nervösen Mund, sah ihn zwischen den spöttisch hervorgeschnarrten Worten die Lippen mit den Zähnen nagen und legte bekümmert ihre Hand auf seine Linke, mit der er sich am Wagen anhielt.

»Willst du nicht hereinkommen?« fragte sie furchtsam. Er schüttelte nur den Kopf. »Oder wollen wir zusammen zu Fuß gehen, wenn du zu erhitzt bist? Gottlieb kann langsam vorausfahren und wartet in der Hemsterhuser Schenke. Ich habe im Dorfe noch Besorgungen zu machen.«

»Hemsterhuser Schenke ist gut«, murmelte Peter Brindeisener bitter.

»Was sagst du, Lieber?« fragte Helene schüchtern.

»Ach, nich nötig. Meine Liebe, nur keine Umstände. Nich nötig. Halten wir's nur, wie es immer gewesen ist. Du fährst, ich gehe zu Fuß nebenher. So, das ist das beste. Darum, Gottlieb, langsam Hott und Hü.«

Meixner zupfte das Pferd in Gang, und Peter, die Hand am Wagen, schritt aufgereckten Leibes, weit ausholend nebenher.

Helene schaute manchmal verstohlen auf den Zerstörten, der finster, das Auge in die Ferne gerichtet, ohne ein Wort neben dem Wagen ging.

Auf einmal ließ er die Hand vom Wagen fallen, schwenkte ausgelassen den Arm in die Luft und fing an, mit seiner schönen Stimme ein Studentenlied zu singen:

»Bin ein fahrender Gesell,
Kenne keine Sorgen.
Labt mich heut ein Felsenquell,
Tut es Rheinwein morgen.«

»Gefällt dir das, liebes Lenlein?« fragte er nach dem ersten Vers.

Das hübelheilige Mädchen schaute ihn angstvoll an. »Nicht lustig, mein Kind? So, so. Nun, also, eine wehmütige Platte.«

Und er sang:

»Der Sang ist verschollen.
Der Wein ist verraucht.
Stumm irr ich und trübe umher ...«

Aber das Lenlein ertrug die schwermütige Melodie nicht. Qualvoll schrie sie:

»Um Gottes willen, Peter, hör auf! Ich muß sonst sterben.«

In Brindeiseners Lebenshaus waren Fenster und Türen eingeschlagen, beim Aufschrei des Lenleins zerriß aber doch der finstere, wilde Taumel, mit dem er sich fühllos machte. Er sah erschüttert herum, trat an die Zurückgesunkene heran, fuhr ihr liebkosend mit der Hand über die Wange und sagte behend: »Armes, liebstes Lenlein. Ich kann nicht dafür.«

Dann trat er wieder zurück und ging zusammengesunken, vor sich hin grübelnd, neben dem Wagen, bis sie aus dem Walde herauskamen und die ersten Dächer von Hemsterhus zu sehen waren. Als sie langsam die Wegbiegung hinfuhren, mit der die Bocholter Straße in die neue Chaussee mündet, sah Peter durch die Bäume des Gartenstreifens Mathinka Meixner von dem Fenster des Gasthauses zurücktreten. Da verzog sich sein Gesicht in bitterem Krampf. »Auch das noch! Nun, also Schluß«, schoß es ihm durch den Kopf. Er trat an den Wagen, um Abschied zu nehmen und davonzueilen. Aber als er das Lenlein sah, die bleich, wie geistesabwesend im Wagen lehnte und, von seinem jähen Herantreten aufgescheucht, ihm kümmerlich zulächelte, verließ ihn auf einen Augenblick die Verhärtung seines Gemütes, und er brachte es nicht über sich, der Wunden mit brüskem Davongehen noch einen Stoß zu versetzen. »Komm, liebes Lenlein«, sagte er weich, »du bist von der Aufregung ja ganz mitgenommen. Liebes, liebes Kind! Sei mir nicht böse. Aber das Leben wirtschaftet mit mir nicht gut.«

Sie waren nun vor der Schenke angekommen. Aber das hübelheilige Mädchen rührte sich nicht; sie saß regungslos, als wolle sie nicht mehr aufstehen, und lächelte nur tapfer. »Komm, wir wollen einen Augenblick hineingehen. Da trinkst du einen Kaffee, wir plaudern wie sonst, du erholst dich, und Gottlieb macht indessen für dich die Besorgungen.«

»Ja, ja, Peter«, antwortete sie endlich gehorsam, »wenn du meinst. Es ist wohl das beste.«

Sie erhob sich langsam und ging wie verschlafen mit ihm in das Gasthaus, nachdem sie Gottlieb eine Besorgung aufgegeben hatte. Als sie an der Haustür angekommen waren, sagte sie leise: »Du, Peter, war das nicht das Mathinklein, vom Meixner-Elis aus Querhoven?« und auf seine Bejahung schüttelte sie schmerzvoll den Kopf. »Mir tut das arme Mädchen leid. Sie soll so schön sein, und die Leute reden so viel Schlimmes über sie. Sei nicht hart zu ihr, lieber Peter. Aber nun komm, mir ist schon wieder ganz gut.« Brindeisener öffnete ihr die Tür und dachte dabei: »Ich Lump, ich Lump, gemeiner.«

Die große Gaststube war vollkommen leer. Auf mehreren Tischen, die für besseren Besuch bestimmt waren, lagen saubere, rot gewürfelte Tücher. An den Wänden hingen bunte Plakate: »Trinkt alten Dessauer.« – »Dortmunder Union.« – »Salem Aleikum Gold. Etwas für Kenner.« Mit einem Blick hatte Peter beim Hereintreten das Mathinklein gestreift, die hoch, geschmückt, voll, im Schenkhaus stand. Aber er wandte sich sofort ab, sprach Belangloses mit dem Lenlein und las dabei die Anpreisungen an den Wänden. Dabei dirigierte er sie an einen Hinteren Tisch. Mathinka Meixner verfolgte mit geringschätzigem Lächeln die betretene, schüchterne Art, in der das hübelheilige Mädchen zwischen den Tischen hin an ihren Platz ging. Nachdem die beiden sich gesetzt hatten, trat sie in aufreizender, frischer Keckheit, mit leichter Handbewegung die Frisur ihres reichen, dunklen Haares zurechtdrückend, an den Tisch und fragte nach einer liebenswürdigen Einleitung mit dem gewinnendsten Lächeln »nach dem Wunsch der Herrschaften«, ganz so, als sei sie noch Direktrice in einem großen Geschäft.

Das Lenlein wagte nicht, zu ihr aufzublicken, sondern beschäftigte sich mit ihrem Handtäschchen. Peter Brindeisener ging eine rote Woge übers Gesicht, und mit vorbeiflüchtendem Blick bestellte er für Helene eine Tasse Kaffee, für sich ein Glas Bier und ein Dutzend Zigaretten. Als das Bier vor ihm stand, ergriff er das Glas, schüttete es halb in seinen Schlund, rauchte sich eine Zigarette an, lehnte sich mit unwilligem Auflachen zurück, und da Lenlein, über dies neue Losfahren erschreckt, zu ihm aufsah, sagte er laut, wie in der Fortsetzung einer unterbrochenen Unterhaltung: »Es ist ja Unsinn!« Das hübelheilige Mädchen verfärbte sich, ergriff seine Hand und flüsterte bittend: »Gut sein, lieber Peter, gut sein.« Er aber neigte sich nahe zu ihr und begann leidenschaftlich und leise auf sie einzureden: »Sieh mal, Lenlein, es ist nicht anders, was hilft's? Jawohl, sieht man nicht dem brutalen Leben festen Auges in die Visage, wollte sagen Gesicht, festen Auges, ohne Gefühlsmengerei, dann hilft alles, alles nichts. Wenn man bestehen will, bleibt einem am Ende nichts übrig, als, gleich dem König Salomo, lachend alles puren Unsinn zu nennen.«

»Und mich«, wollte das Lenlein gekrampften Herzens fragen, »und unsere Liebe?«

Aber Mathinka Meixner brachte den Kaffee, und das Lenlein ergriff mit zitternder Hand den Löffel, rührte betäubt das schwarze, bittere Getränk um und trank schweigend. Denn sie hatte in der Verwirrtheit vergessen, Zucker und Sahne hineinzutun.

Peter Brindeisener fing einen spöttischen Blick des Mathinkleins auf, sah ihren vollen Busen, ihre schlanke Taille, den schönen Hals, die heißen Augen, erbleichte einen Hauch lang und begann wieder, halb ärgerlich und überstürzt, auf Helene einzureden. Er wurde tiefer und tiefer in seine Zerrissenheit zurückgerissen und zerfetzte spottend, höhnisch, lustig, wie ein Irrsinniger sich selbst blutig schlägt, alles Schöne, Heilige und Hohe seines Lebens in unbändiger Gier. Dabei trank er unmäßig.

Das Mathinklein beobachtete die wachsende Erregung des wildernden, blonden, sehnigen Mannes und das einsinkende, unscheinbare Lenlein, das ratlos und stumpf dasaß, und was sie beim Eintritt der beiden nur überschattet hatte, davon wurde sie jetzt ätzend in die Brust gepackt. Daß der Sintlinger ihren Vater in den Schandtod getrieben habe und dies käsig-blasse, blöde Mädchen, das Lenlein, schuld war am Scheitern ihrer ersten Liebeshingabe an Peter Brindeisener in jener Fluchtnacht nach dem Hemsterhuser Aufruhr, der ihrem Vater das Leben gekostet hatte.

Eine unbezähmbare Leidenschaft, Haß und Rache gegen das hübelheilige Mädchen erfaßte sie, und sie brach in unbändig höhnisches Lachen aus.

Da richtete sich das hübelheilige Mädchen auf, schloß einen Moment die Augen und sagte dann gütig und ruhig zu Peter: »Nun muß ich aber gehen und die Besorgungen machen. Lebe wohl, Peter.« Sie nahm das Täschchen an sich und ging leise und kühl davon.

Starr aufgerichtet, mit großen, fast entsetzten Augen schaute ihr Peter Brindeisener nach, dann stützte er den Kopf in beide Hände und verfiel in finsteres Grübeln. Nun war er durch das dunkle Tor hinausgewandert, und die Welt war zugeschlagen.

»So, jetzt kann ich gehen«, murmelte er dumpf. Auf einen Laut vom Schenkhaus hin hob er schwer den Kopf und sah, daß das Mathinklein ihn betörend heiß und bereit anglühte.

»Da mach keine Augen, Mathinklein«, sagte er in verwittertem Gram, »das ist eine andere wie wir beiden. Verstehst du? Da sind wir zwei bloß lumpiges Gemüse. Ja, ja!«

Dann kehrte er sich ab, versank in Brüten und trank weiter; aber er wurde nicht trunken. In der Nacht brach er endlich auf.

Es war heller Mondschein. Als er den Sintlingerhof in dem kühlen Schimmer auf seinem Hügel liegen sah, sprang er über den Graben und stieg durch den Obstgarten zu ihm hinan.

»Einmal kann ich noch tun, als ob ich lebendig wär'«, sann er, »und unter den Fenstern der Heiligen sitzen.«

Er bog um die Ecke und ließ sich auf das Bänklein unter den Linden nieder, im tiefen Schatten, im Zustand vollkommener Ausgeleertheit.

Dann und wann blies es in den Linden schwach auf, als stoße ein Schlafender leise den Atem aus. Im Mondlicht draußen zitterte und flitterte es wie von lautlosen Insektenflügeln.

Da wurde das Fenster über ihm geöffnet, und das Lenlein beugte sich weit heraus. So verharrte sie regungslos, wohl eine halbe Stunde, wie ihm deuchte.

Dann sang sie leise, fast in sich hinein:

»Schön ist die Jugend bei frohen Zeiten,
Schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr.
Drum sag' ich's noch einmal:
Schön sind die Jugendjahr',
Schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr.«

Als sei der Mondschein über der Welt tönend geworden, so sang sie das ganze Lied, klar, beseligt, ohne Schmerz und ohne Schatten.

Dann zog sie sich zurück und schloß ruhig das Fenster.

Peter Brindeisener aber lief davon wie ein Gehetzter.

Am anderen Morgen sahen Waldarbeiter ein rotseidenes Umschlagtuch auf dem Buchteich schwimmen.

Sie fischten es heraus, und am Abend wußte die ganze Gegend, daß das Sintlingerlenlein im Wasser den Tod gefunden hatte.


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