Silvio Pellico
Meine Gefängnisse
Silvio Pellico

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Habe ich diese meine Erlebnisse aus Eitelkeit, bloß um von mir zu reden, niedergeschrieben? Ich wünsche, daß dem nicht so sei; und soweit jemand als Richter über sich selbst aufzutreten vermag, so glaube ich, daß die Absichten doch etwas edlere waren, die ich dabei im Auge gehabt habe: – ich dachte, daß ich durch die Erzählung der Leiden, die ich erduldete, und mit der Darstellung der Tröstungen, welche nach meiner Erfahrung selbst im schwersten Unglücke dem Menschen noch erreichbar sind, dazu beitragen könnte, manchem Elenden Stärkung zu gewähren; – ich wollte Zeugnis davon geben, daß ich inmitten meiner langen Martern es dennoch nicht bestätigt gefunden habe, daß die Menschheit so ungerecht sei, daß sie eine so harte Beurteilung verdiene, und daß treffliche Gemüter so spärlich vorhanden sind, wie man es gewöhnlich von ihr behauptet; – auffordern wollte ich edle Herzen, den Sterblichen recht zu lieben, nicht ihn zu hassen, unversöhnlichen Haß allein zu hegen gegen gemeine Verstellung, gegen Verzagtheit, gegen jede sittliche Erniedrigung; – eine allbekannte Wahrheit wollte ich wiederholen, die so oft schon vergessen ward: daß Religion und Philosophie, die eine wie die andere, entschlossenen Willen und besonnenes Urteil heischen, und daß es ohne das gemeinsame Vorhandensein beider Bedingungen weder Gerechtigkeit, noch sittlichen Wert, noch feste Grundsätze gibt.



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