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Die Taufe

Als das kleine Mädchen in Skrolycka zum Pfarrer gebracht werden sollte, um die heilige Taufe zu empfangen, benahm sich Jan, ihr Vater, sehr dumm; es fehlte nicht viel, so hätte er von seiner Frau und auch von den Gevatterleuten heftige Schelte bekommen.

Erik in Fallas Frau wollte das Kind über die Taufe halten. Sie fuhr mit der Kleinen im Arm nach dem Pfarrhaus, und Erik in Falla ging selbst neben dem Wagen her und führte die Zügel; die erste Wegstrecke bis zum Duvnäser Hüttenwerk war so schlecht, daß man sie kaum einen Weg nennen konnte, und Erik auf Falla wollte vorsichtig sein, wenn er ein ungetauftes Kind im Wagen fuhr.

Jan in Skrolycka hatte der Abfahrt aufmerksam zugesehen. Er hatte das Kind selbst aus dem Hause herausgeholt, und niemand wußte besser als er, welch prächtige Leute das waren, die jetzt das Kind übernahmen. Erik in Falla war beim Fahren ebenso zuverlässig wie in all seinem anderen Tun, das wußte Jan sehr wohl, und die Mutter in Falla hatte selbst sieben Kinder geboren und aufgezogen, das wußte Jan auch; deshalb hätte er sich also nicht im geringsten beunruhigt zu fühlen brauchen.

Aber als die kleine Gesellschaft seinen Augen entschwunden war und er sich wieder an seine Grabarbeit auf Erik in Fallas Brachfeld gemacht hatte, da überkam ihn plötzlich eine furchtbare Angst. Wie, wenn nun Erik in Fallas Pferd durchging? Oder wenn der Pfarrer das Kind in dem Augenblick, wo es ihm von der Patin übergeben wurde, fallen ließe? Oder wenn die Mutter in Falla das Kind in so viele Tücher und Decken gehüllt hätte, daß es erstickt war, wenn sie mit ihm am Pfarrhaus ankämen?

Jan sagte sich selbst, es sei sehr unrecht, wenn er sich solche Sorgen mache, da er ja Erik in Falla und dessen Frau als Gevatterleute habe. Aber die Angst ließ ihn nicht los. Und plötzlich hielt er es nicht mehr aus; er stellte den Spaten weg und machte sich, wie er ging und stand, auf den Weg nach dem Pfarrhaus.

Er nahm den Richtweg über die Hügel und lief aus Leibeskräften. Und richtig, als Erik von Falla in den Wirtschaftshof der Pfarrei hineinfuhr, war Jan Andersson von Skrolycka der erste Mensch, den er erblickte.

Es ist ja ganz und gar nicht schicklich, daß Vater oder Mutter dabei sind, wenn die Kinder getauft werden, und Jan sah auch gleich die Unzufriedenheit der Gevatterleute, weil er nach dem Pfarrhof gelaufen war. Erik winkte ihn nicht zur Hilfe beim Pferd herbei, sondern spannte selbst aus, und die Mutter von Falla nahm das Kind hoch auf und ging, ohne ein Wort zu Jan zu sagen, die Anhöhe hinauf und in die Pfarrküche hinein.

Da die Gevatterleute Jan offenbar nicht sehen wollten, wagte er es nicht, näher herbeizukommen. Aber als die Nachbarsfrau an ihm vorbeiging, klang ein leises Piepsen aus dem Bündel heraus an Jans Ohr, und nun wußte er wenigstens eins, das Kind war unterwegs nicht erstickt.

Er fühlte wohl, wie töricht er sich benahm, weil er nun nicht schnurstracks wieder heimging; aber jetzt war er ganz fest überzeugt, daß der Pfarrer das Kind fallen lassen werde, und so konnte er nicht anders, er mußte dableiben.

Eine Weile wartete er auf dem Wirtschaftshof, dann ging er nach dem Wohnhaus und trat in den Flur.

Es ist so unpassend wie nur möglich, wenn der Vater des Kindes bei der Taufe mit zum Pfarrer kommt, namentlich wenn er solche Gevatterleute für sein Kind hat, wie Erik von Falla und Erik von Fallas Frau. Als nun die Tür zu der Amtsstube des Pfarrers aufging, nachdem eben die heilige Handlung begonnen hatte, und Jan Andersson von Skrolycka sich in seinem schlechten Arbeitsanzug vorsichtig ins Zimmer hereinschob und also keine Möglichkeit mehr war, ihn wieder hinauszuschicken, da gelobten sich die beiden Gevatterleute in ihrem Herzen, sobald sie nach Hause kämen, Jan wegen seines unpassenden Benehmens ordentlich die Leviten zu lesen.

Alles ging bei der Taufe, wie es sich gehörte, ohne den kleinsten Zwischenfall, und Jan Andersson hatte durchaus keine Entschuldigung für sein Eindringen. Gerade vor Schluß der Handlung öffnete er die Tür wieder und schob sich sachte in den Flur hinaus. Er sah ja, daß alles ohne ihn wohl und gut ablief.

Nach einer kleinen Weile kam Erik in Falla mit seiner Frau auch auf den Flur heraus. Sie wollten wieder in die Küche gehen, wo die Mutter in Falla das Kind aus allen überflüssigen Tüchern herausgeschält hatte.

Erik in Falla ging voraus und machte seiner Frau die Küchentür auf; aber als er dies tat, stürmten zwei junge Katzen in den Flur herein, und gerade vor den Füßen der Mutter in Falla kugelten sie übereinander; dadurch stolperte die Mutter in Falla und war auf dem Punkt, zu Boden zu stürzen.

Sie kam in ihren Gedanken gerade noch so weit: »Jetzt stürz' ich mit dem Kinde hin, und es fällt sich zu Tode, und ich werd' unglücklich Zeit meines Lebens,« als sie von einer kräftigen Hand erfaßt und aufrecht gehalten wurde.

Und als sie sich umsah, so war der Helfer in der Not niemand anders als Jan in Skrolycka, der im Flur geblieben war, ganz wie wenn er gewußt hätte, daß man ihn hier brauchen würde.

Aber ehe sich die Mutter in Falla wieder von ihrem Schrecken erholt hatte und etwas zu Jan sagen konnte, war er verschwunden. Und als sie mit ihrem Mann nach Hause gefahren kam, stand er wieder draußen bei seiner Grabarbeit.

Nachdem das drohende Unglück verhindert worden war, hatte er gefühlt, daß er nun ruhig nach Hause gehen konnte.

Aber weder Erik noch seine Frau sagten etwas zu ihm wegen seines unpassenden Benehmens. Statt dessen lud ihn die Mutter in Falla zum Kaffee herein, in dem erdigen, lehmbespritzten Anzug, in dem er da draußen auf dem herbstlich feuchten Brachfeld seine Arbeit verrichtete.


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